Michael Geigenberger

Shoel - endlich frei!


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hinzugekommen. Mit dem freundlichen Österreicher, der vorgestern kam, sind wir nun vier Fahrzeuge, die sich die Abende gemeinsam verschönern.

      Es wird viel Bier getrunken, unser österreichischer Neuankömmling bevorzugt Bier mit Korn, was zu späterer Stunde unweigerlich zu Missverständnissen führt.

      Sein Humor ist etwas anstrengend, so dass meine Holländer zur Rechten sich beleidigt fühlen. Martin wollte aber gar nicht beleidigen, wie er meint, er wollte bloß einen unpassenden Witz über die Holländer mit ihren Wohnwagen loswerden. Was natürlich schwer daneben ging.

      Schnell hat Shoel erkannt, dass es Zeit wird das Weite zu suchen. Am letzten Abend erhalten wir dann Besuch von einer Polizeistreife. Die Herren meinen, dass dies hier kein öffentlicher Campingplatz sei. Der befinde sich einen Kilometer weiter, sei übrigens gut ausgeschildert.

      Sie blieben freundlich und mein Holländer zur Linken lud sie auch sofort auf ein kühles Bier ein. Die Beamten ließen sich nieder und es sollte eine gute Stunde dauern, bis sie sich wieder auf den Weg machten.

      Gleich am nächsten Morgen brachte Shoel seine Campingartikel in den Wagen und kündigte seine Weiterreise an.

      „Wohin denn?“ wollten natürlich alle neu gewonnen Freunde wissen. Shoel konnte darüber leider keine Auskunft geben, da er es zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht wusste. Neue Freunde sind ja okay, aber dass sie sich seiner Reise anschließen, nein, das wollte er auf keinem Fall riskieren. Sicher findet er neue Freunde an einem anderen Platz.

      2. Reise in die Camarqué

      Die Spanisch Französische Grenze, ist nach einer guten Stunde erreicht. Shoel wollte in die Provence, mit einem Kurzbesuch in der Camarqué.

      Ein Grenzhaus gibt es inzwischen nicht mehr. Der Übergang zwischen den Ländern ist fließend. Nur eine Tafel weist noch darauf hin, dass man sich nun in Frankreich befindet.

      Shoel wirft noch einen kurzen Blick auf die Straßenkarte, aber im Grunde weiß er genau wohin er will.

      Wie gut, dass er noch in Spanien getankt hat, Shoel ist geschockt von den Benzinpreisen die an einer Tankstelle in Frankreich angezeigt werden.

      Montpellier ist bereits die nächste Ausfahrt, hier will Shoel von der Autobahn abfahren. Er befindet sich nun im Gebiet Languedoc-Roussillon. Das Meer ist zum riechen nah. Ohne lange nachzudenken steuert er sein Fahrzeug an einen nahe gelegenen Strand. Die Luft ist deutlich durchsetzt von einem Salzgeruch, kommend von den groß angelegten Salzseen. Salz zu riechen soll ja sehr gesund sein, denkt Shoel. Da gibt es doch in Deutschland Kurorte mit teuer installierten Salinen?

      Ein großer Parkplatz ist angezeigt und so gibt es kein Halten mehr. Wolkenloser Himmel erinnert an den Satz, dass Gott ein Franzose gewesen sein muss. „Wie Gott in Frankreich!“ So fühlt sich Shoel, als er sich sein kleines Klapptischchen richtet. Eine Brotzeit ist angesagt. Wie gut, dass sich Shoel an der Grenze noch ein frisches Baguette mitgenommen hat.

      Die Sonne ist so stark, dass er sogar die Markise herausdrehen muss um sich keinen Sonnenstich einzufangen. Vom Baguette bricht er ein breites Stück herunter, tunkt es in sein Kaffeehaferl. Eigentlich ist es ja eher ein Milchhaferl mit einem Schuss Kaffee darin. Genüsslich schlürft er an seinem Gebräu und beißt dann wieder von seinem Brot ab. Nebenbei betrachtet er den Strand an dem sich im Moment nur wenige Menschen tummeln. Noch ist es zu früh, in einer Stunde sieht das hier ganz anders aus. Der Mistral ist heute mild gestimmt, so gibt es sogar Touristen, die sich mit dem noch feuchten Sand des Strandes zu Architekten empor schwingen.

      Shoel hätte richtig Lust auch mal wieder, so wie in seiner Kindheit eine mächtige Sand-Burg zu bauen. Vielleicht morgen früh, wenn noch keine Touristen am Strand sind?

      Ganz in der Nähe muss etwas passiert sein. Shoel beobachtet ein unruhiges Treiben. Zuerst vernahm Shoel nur einen lauten Knall, ähnlich einer Explosion.

      Vielleicht ist eine Gasflasche in die Luft geflogen? Er steht auf, geht um sein Fahrzeug und sieht wie einige Strandbesucher zur nahegelegenen Hauptstraße laufen. Ein Unfall, kein Zweifel! Bevor er nun den anderen folgt, räumt er seine Campingsachen in den Wagen. Einen Blick in das Fach mit dem Verbandskasten, hoffentlich ist er dort wo er hingehört. Shoel verschließt sein Fahrzeug und schließt sich den Neugierigen an. Es sind tatsächlich zwei Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt. Eine junge Frau liegt am Straßenrand und Shoel geht zuerst zu ihr, vielleicht kann er ja helfen?

      Tatsächlich kann er helfen. Seine Gedanken kreisen um den Erste-Hilfekurs, den er vor etlichen Jahren besucht hat. Seitenlage, Knie nach vorne ziehen. Arm anwinkeln, alles geschieht wie von Geisterhand. So als würde eine unsichtbare Person ihn leiten.

      Die junge Frau schlägt die Augen auf, blickt ihn an, sie bewegt ihre Lippen, aber ein Ton ist von ihr nicht wahrzunehmen. Sie wird einen Schock haben, denkt Shoel.

      Die Zeit vergeht wie im Sekundentakt. Wann kommt endlich Hilfe, hat überhaupt schon jemand nach einem Krankenwagen und der Polizei gerufen. Shoel überlegt, ob er nicht besser sein Handy holen sollte. Er will aufstehen, aber die verletzte Frau greift nach seiner Hand. Ihr Blick sagt Shoel, dass sie seine Hilfe benötigt. Welche Nationalität wird sie haben, wird er mit ihr sprechen können?

      Dann endlich hört man das Martinshorn eines Polizeifahrzeuges. Es hält dicht bei den verunfallten Fahrzeugen. Ein Beamter tritt an die Seite von Shoel. Er scheint anzunehmen, dass die Frau etwas mit Shoel zu tun hat.

      Er meint, dass ein Krankenwagen gleich eintreffen wird und Shoel solange die Hand der Verletzten halten soll. Das gütige Lächeln eines Beamten beruhigt Shoel. Hat er doch anscheinend alles richtig gemacht.

      Weitere Minuten vergehen, Minuten kommen einem in dieser Situation wie Stunden vor. Aber dann kommt ein Sanitäter an die Seite der verletzten Frau. Shoel will sich zurückziehen, aber die Frau lässt seine Hand nicht los. Krampfhaft versucht sie diese zu halten. Der Sanitäter meint, dass Shoel mit in den Krankenwagen steigen soll. Alle scheinen zu glauben, dass Shoel mit der verletzten Person etwas zu tun hat.

      Wie abwesend geht Shoel neben der Trage her. Hält noch immer die Hand der ihm unbekannten Person. Dann bittet ihn der Sanitäter in den Wagen zu steigen. Shoel überlegt, sollte er nicht besser erklären, dass er die Verletzte gar nicht kennt, dass er nur helfen wollte. Wie wird er zu seinem Fahrzeug zurückkommen?

      Wird es überhaupt noch da sein, wenn er zurück kommt? Die Gegend gilt nicht unbedingt als die Sicherste.

      In dieser einsamen Gegend, könnte es durchaus sein, dass nach Einbruch der Dunkelheit gestohlen wird. Aber er entscheidet sich, bei der Verletzten zu bleiben.

      Shoel ist erst beruhigt, als er feststellt, dass die Klinik in die die verletzte Person gebracht wird, nur wenige Kilometer vom Strand entfernt ist.

      So könnte er durchaus mit einem Taxi zu seinem Fahrzeug zurückkehren. Also wird er bei der Frau bleiben, zumindest solange sie seine Hand fest hält. Im Krankenhaus angekommen, werden ihre Hände von einander getrennt. Noch ein fester Händedruck, dann verschwindet die Frau hinter einem großen Plastikvorhang.

      Was tun? Soll er warten, bis er Bescheid weiß? Wie heißt sie eigentlich, wer ist sie?

      Ein kurzer Blick auf die Uhr, dann entscheidet sich Shoel zu seinem Fahrzeug zurück zu kehren. Er wird es holen und dann wird er auf eine Nachricht warten. Die Ärzte werden sich um die Frau kümmern und was hat er eigentlich mit ihr zu tun fragt er sich immer wieder von neuem.

      Das Taxi hält direkt neben seinem Fahrzeug und der Fahrer wirft einen kurzen Blick auf das praktische Wohnmobil, wie er sich ausdrückt. Praktisch? Ja praktisch ist es schon, wenn auch etwas eng, wie Shoel immer wieder feststellen muss. Shoel schließt sein Fahrzeug auf und erkennt, das er an seiner linken Hand etwas Blut von der jungen Frau hat.

      Das muss ein Zeichen sein, so denkt er. Nun beginnt er die Dinge, die er vor etwa einer Stunde flüchtig in den Wagen geräumt hat ordentlich zu verstauen, so wie es sich als Camper gehört. Alles hat seinen festen Platz, da lässt Shoel keinen Zweifel aufkommen. Dann startet er sein Fahrzeug und überlegt nochmals, ob er