Jörg Gugel

Mephisto


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wie ein Dämon, viel eher wie ein Schwein mit Saugrüssel, erklärte ihm den Weg zum Freany Haze dem „besten Laden in diesem verdammten Loch“, wie er es nannte und hielt seine Hand offen, um seinen Lohn zu empfangen. Dies war offenbar Sitte in Alborqu: für jeden noch so kleinen Gefallen verlangte man eine Vergütung. Der Teufel ging jedoch einfach an der Gruppe vorbei.

      Wie er erwartet hatte, kam von hinten ein zornig gegrunztes: „Hey, wo ist mein Anteil, du Schweinehund?“

      Mephisto konnte sich ein abfälliges Grinsen nicht verkneifen, besonders, wenn eine Schweinefresse wie dieser Fimir ihn so bezeichnete. Allerdings fiel ihm daraufhin schmerzlich ein, dass er Dämonen, egal wie strunzblöd, hässlich, ausfallend oder brutal sie auch waren, nicht verletzen durfte, wenn es sich vermeiden ließ. Und durch seine Provokation, die ihm schon auf der Zunge lag, wäre dies genauso ein von ihm verschuldeter Angriff.

       Sie fragen, warum Teufel andere, niedere Dämonen nicht mit Vorsatz verletzen dürfen? Weil Dämonen die Diener der Teufel sind, damit Besitz von Satan und Mephisto würde mit der Verstümmelung eines niederen Dämons sein Eigentum beschädigen. Ganz einfach deshalb.

      Mephisto kramte ein paar goldene Münzen aus seinen Taschen hervor und warf sie den gierigen Trollen, Fimiren und Halbmenschen zu: „Da habt ihr euren Lohn! Werdet glücklich damit – ich meine so glücklich man hier werden kann“, sagte er verächtlich und machte kehrt, um den Weg einzuschlagen, den ihm der Fimir erklärt hatte. Während die Gruppe der schmuddeligen Dämonen sich schlagend und prügelnd um das Geld zankten, kam ein Ork vorbeigehuscht, machte sich absolut unbemerkt das Gold zu eigen, dass traurig und verlassen neben der Staubwolke aus prügelnden Schweinefressen bestand und rannte gackernd davon!

      Mephisto ging die Hauptstraße Alborqus entlang und dachte sich: „Zur Hölle, was ist das hier bloß für ein trauriger, heruntergekommener Ort“, während er an verfallenen Häusern, zerstörten Parkbänken, Pfützen von Erbrochenen und Kothaufen vorbeilief, was alles irgendwie gleich roch.

      Es musste schlimm sein, hier auf Ewig weilen zu müssen. Noch während er darüber sinnierte, wie es wäre, bis in alle Zeit in diesem Ort gefangen zu sein, plätscherte auf einmal ein übel riechender Strahl auf ihn hinab.

      „Uääärhhh“, rief er zornig, als er erkannte, was ihn da getroffen hatte und schüttelte sich vor entsetztem Ekel!

      Er blickte hasserfüllt nach oben, um den Ursprung dieses unwillkommenen Geschenks auszumachen und sah das zerstörte, abgemagerte Gesicht einer jungen Frau, deren Miene absolute Hoffnungslosigkeit und Schmerzen verriet.

      „Verdammtes Weib, kannst du nicht aufpassen?“, schrie er sie an und drohte mit seiner Faust.

      Anschließend ging er in Flammen auf, um sich zu reinigen (dabei achtete er besonders darauf, dass er kein Haus oder ähnliches in Brand setzte, obwohl er hier nichts Erhaltenswertes würde zerstören können). Ein Gargoyle, der seine Schmach gesehen hatte, lachte boshaft und zeigte mit seiner Steinklaue auf ihn, denn der junge Teufel hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes wieder einmal <schwarz geärgert>, als die todbringende Flüssigkeit auf seinem siedend heißen Körper hinabgeregnet und Löcher in seine Haut gefressen hatte!

      „Halt den Mund, du Wicht“, drohte der Teufel halb taub vor Schmerz.

      „Ha, warum sollte ich? Lässt dich von einer Frau von oben anreihern, sah urkomisch aus, sag ich dir“, antwortete dieser gehässig.

      Wieso erkannte hier eigentlich niemand, was er war? Dann würden ihm solche Unverschämtheiten erspart bleiben.

      „Jetzt hör mal zu! Weißt du überhaupt, wer ich bin?“, fuhr er den ahnungslosen Steinmenschen an, der immer noch hämisch lächelte.

      „Nein, keine Ahnung! Siehst aus, wie ein schwächlicher Mensch mit Hörnern. Na los, willst dich mit mir anlegen, oder was?“

      In Sekunden hatte Mephisto einen Feuerball in seiner Hand erzeugt, war blitzschnell genau vor dem Gargoyle zum Stehen gekommen und packte diesem am Hals, woraufhin er augenblicklich schreckensbleich wurde.

      „Was bist du denn für einer?“, stammelte er.

      Der Teufel deutete auf seine Hörner: „Kleine Hilfe für dich, Gargoyle!“

      Sein Blick folgte dem zeigenden Finger, doch er schien immer noch ratlos: „Schwächlicher Mensch mit Hörnern aufm Kopf, hätte ich gesagt. Allerdings hab ich grad gesehen, dass du das nicht bist!“

      Mephisto verlor langsam seine Geduld und rief: „Verdammt noch mal, ich bin ein Teufel! Dein Herr und Meister!“ Und endlich war auch bei diesem Dämon der Groschen gefallen.

      Er stotterte: „M-m-meister, ver-verzeiht mir! I-i-ich hab Euch n-nicht erkannt. Ab-aber wenn Ihr erlaubt, i-i-ich war nicht d-der einzige, der gelacht hat. Schaut zu der Frau, die Eu-eu-euch entehrt hat. Sie lacht ebenfalls“ und er deutete mit seiner Klaue nach oben.

      Mephisto drehte sich schnell um und starrte mit Verblüffung im Gesicht nach oben.

      Sein Blick blieb an der verzweifelten Frau hängen, die immer noch kreidebleich im Gesicht war und fast hätte er die schwarzen Augen übersehen, denn nur wenige Sekunden später waren diese wieder normal.

      Der Teufel ließ augenblicklich den Gargoyle los und hastete, flog nach oben auf den Balkon, wo die Frau stand. Diese erschrak und rannte in das schäbige Haus zurück. Kaum war Mephisto ihr in das schmutzige Zimmer gefolgt, da flog auch sie aus dem Fenster und landete auf dem nächsten Dach, nicht ohne ihrem Verfolger vorher einen letzten, angsterfüllten Blick zuzuwerfen.

      Auf den Dächern von Alborqu entbrannte plötzlich eine halsbrecherische Verfolgungsjagd! Die Frau stürmte mit einem panischen Angstschrei davon, hinter ihr der fluchende Verfolger! Die Dämonen der Stadt betrachteten das Schauspiel neugierig. Adrenalin schoss durch Mephistos Körper und er flog schneller, doch sein Opfer war ebenfalls flink! Es sprang mit einer rasanten Geschwindigkeit von einem Dach zum anderen und schüttelte Mephisto fast ab, als sie auf den Straßen landete und zu Fuß davoneilte, wobei sie ebenfalls ein erstaunliches Tempo zurücklegte! Hie und da einen Dämon oder Mensch aus dem Weg schubsend bahnte sie sich den Weg durch die engen Gassen und rannte schließlich in einen zerstörten, felsigen Quader aus grob gebrannten Backsteinen! Der Teufel folgte ihr hinein! Kaum war er durch die Eingangstür gehechtet, musste er ausweichen, damit er nicht von einem schweren, eisernen Kerzenhalter erschlagen wurde, der auf ihn zugeflogen kam!

      Nur Sekundenbruchteile sah er ein Bein hinter einem Vorhang verschwinden und setzte die Jagd fort! Als er den Behang zur Seite zerrte und hastig durch den Bogen sprintete, stolperte er und fiel fast die dahinter liegende Treppe hinunter, konnte sich aber an dem seitlichen Geländer festhalten! Ein irres, unmenschliches Gelächter schallte von unten herauf, verstummte jedoch schnell wieder, als ob sein Verursacher sich schnell mit der Hand den Mund zugehalten hatte, aus Angst, seine Position verraten zu haben! Am Ende der Treppe ging es wieder durch eine Gittertür! Hinter ihr zweigten drei unterirdische Gänge ab! Mephisto besah sich die Abzweigungen, überlegte kurz, welchem Gang er folgen sollte, erinnerte sich jedoch wieder, dass er Magie beherrschte und schickte durch jeden Stollen einen flammenden Feuerstrahl! Beim mittleren ertönte ein entfernter Schmerzschrei, woraufhin er hinterher hechtete. Während er rannte, schoss er weitere, alles zerstörende Feuerbälle in die Dunkelheit, die bei jeder Kugel diesem lohenden Infernos kurzzeitig entfloh, um dann doch wieder zurück zu schleichen! Immer wieder ertönte der gequälte Schmerzschrei ihrer schrillen Frauenstimme! Es dauerte nicht lange und sie erschien wieder in seinem Blickfeld! Da ihm das Rennen langsam zuwider war und er sich eingestehen musste, dass sein Opfer ebenso schnell war wie er selbst, beschwor er mit einer schnellen Bewegung eine Mauer am Ende des Ganges herauf und die Frau, die sich kurz umgedreht hatte, um zu sehen, wie viel Abstand noch zwischen ihr und ihrem Verfolger bestand, drehte sich zu spät wieder nach vorne, kreischte ein letztes mal und knallte hart gegen den unnachgiebigen Stein!

      Nicht mehr lange und der Teufel hatte sie endlich erreicht. Sie lag bewusstlos auf dem Boden. Aus der Nähe sah sie noch erbärmlicher aus, als Mephisto zuvor erkannt hatte. Sie sah aus, als wäre sie innerhalb kürzester Zeit um Jahrzehnte gealtert: Sie hatte schmutziges, blondes