Tom Bleiring

Schattenwelten II


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war es auch gewesen, der Duncan darum gebeten hatte, Amanda mit nach Moskau zu nehmen, um ihr mehr Außendiensterfahrung zu verschaffen.

      Duncan interessierte sich kaum für die Dinge, die seine Agenten in ihrer Freizeit machten, doch bei Vasco und Amanda hegte er einen gewissen Verdacht.

      Die beiden trainierten häufig zusammen, wie er erfahren hatte, doch selbst er musste zugeben, dass dies noch kein Grund war, den beiden eine Affäre anzudichten.

      Derzeit hatte er Amanda auf eine Erkundungsmission geschickt.

      Das Büro war erst am Morgen eingerichtet worden, und Duncan wollte vermeiden, dass sich in seiner Nähe irgendwelche Spitzel oder Anhänger des Dunklen Meisters verbargen.

      Bei Amanda konnte er sicher sein, dass sie jedes Versteck in der Umgebung ausfindig machen würde, auch wenn er nicht wusste, wie sie das anstellte.

      Sie hatte einfach den Instinkt und das Talent dafür, woher auch immer.

      Und sie verfügte auch über das Talent, solche Rattenlöcher zu säubern.

      Duncan setzte sich an einen der Schreibtische und starrte zur grauen Decke hinauf.

      >>Kyle, ich brauche ein neues Auto, << sagte er.

      >>Was ist mit ihrem Alten passiert? , << fragte dieser neugierig.

      >>Mir ist ein Spiegel ins Heck gekracht, << antwortete Duncan und unterdrückte ein Gähnen.

      >>Und wenn ich nicht schnell einen Kaffee bekomme, dann fall ich vom Stuhl. <<

      Kyle grinste und holte ihm einen Becher frischen Kaffee, während Vasco sich zu Duncan setzte.

      >>Sir, sie hatten vor ihrem Aufbruch den Auftrag gegeben, alle wichtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Moskaus auflisten zu lassen.

      Ich habe den Job ausgeführt und alle Personen markiert, die schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind.

      Moskau hat wohl in der Vergangenheit als Schlupfloch für viele Leute gedient, die mehr oder weniger Anhänger der dunklen Seite gewesen waren. <<

      Duncan nippte an seinem Becher. Er mochte den italienischen Akzent von Vasco, doch nun sah er den jungen Italiener finster an.

      >>Man kann nicht mehr oder weniger Anhänger des Dunklen Meisters sein, << sagte er ernst.

      Entweder man ist einer, oder aber man ist keiner! <<

      >>Entschuldigung, Sir, << erwiderte Vasco ebenso ernst, >> aber es scheint wirklich so, als wären in Moskau mehr Exilanten mit fragwürdiger Vergangenheit, als es in irgendeiner anderen Großstadt der Welt.

      Zum Beispiel dieser Grogorin, ein Industrieller, der sein Geld mit Öl macht. <<

      Duncan sah überrascht auf.

      >>Alexander Grogorin? , << fragte er.

      Vasco nickte.

      >>Was können sie mir über diesen Mann sagen? Hatte er direkten Kontakt zum Dunklen Meister? <<

      Vasco blätterte in seinen Unterlagen und schüttelte schließlich den Kopf.

      >>Darüber finde ich nichts, << sagte er, >> aber er hatte lange Zeit sehr gute Geschäftskontakte zu Drago Ramius und William Argyle. Die Namen dürften ihnen bekannt sein. <<

      Duncans Miene nahm einen grimmigen Ausdruck an.

      >>Und ob ich die beiden kenne! , << zischte er wütend.

      Vasco spürte den unterdrückten Zorn und blätterte weiter.

      >>Hier heißt es, dass Grogorin vor seinem Wechsel nach Moskau als Antiquitätenhändler in London tätig war, der zahlreiche Aufträge von Ramius und Argyle erhalten hat.

      Kurz vor Beginn des Aufstandes verschwand er plötzlich für einige Wochen, tauchte dann hier in Russland auf und kaufte sich bei Russia Oil ein, einem der größten Öllieferanten der Welt.

      Inzwischen hat er es zum Vorstandsvorsitzenden gebracht, wie ich dem Dossier entnehme. <<

      >>Er hat die beiden mit Antiquitäten beliefert? << Duncan war verwirrt. Von beiden Männern, Ramius und auch Argyle, hätte er nie vermutet, dass sie sich für Antiquitäten interessieren würden.

      Vielleicht hatte ihn das Spiegelwesen doch nicht belogen.

      Dieser Alexander Grogorin wurde zu einer immer interessanteren Person für ihn.

      >>Gibt es noch mehr Leute in Moskau, die so dicht am inneren Kreis gearbeitet haben? , << fragte er Vasco.

      Dieser blickte erneut auf seine Unterlagen hinab und antwortete:

      >>Nun, es gibt einige Handlanger, die sich nach dem Aufstand hierher geflüchtet haben.

      Aber darunter ist keiner, der so direkt in Verbindung mit einem Mitglied des inneren Kreises stand.

      Es gab viele, die es vorzogen, zu fliehen, bevor man sie in unschöne Vorgänge hineinziehen konnte.

      Eine Menge reicher Feiglinge, wenn ich das so sagen darf.

      Haben den Schwanz eingekniffen, bevor es brenzlig wurde und sie Stellung beziehen mussten. <<

      Duncan erwiderte nichts darauf. Er kannte die Situation und hatte in den letzten zwei Jahren häufiger mit solchen Leuten zu tun gehabt.

      Manche hatten große Profite aus ihrer Nähe zum inneren Kreis, der engsten Gefolgschaft des Dunklen Meisters, gezogen und waren dann abgetaucht, als der Aufstand fehlschlug.

      Sie fürchteten sich nun nicht nur vor der neuen Agentur, die ihnen eventuell auf den Fersen war, sondern auch vor der Rache ihres früheren Anführers.

      Aus diesem Blickwinkel betrachtet verstand Duncan sogar sehr gut, warum ihn die Oberen Moskaus nicht hier haben wollten.

      Sie mussten denken, nun von zwei Seiten aus bekriegt zu werden.

      Und wenn es wirklich so viele Flüchtlinge hier gab, die sich ihre Macht erhalten hatten und sich hier in Moskau versteckt hielten, dann würden sie vermutlich alles tun, um die Agentur aus der Stadt fern zu halten.

      >>Ich werde mich hinten etwas ausruhen, << sagte er und verließ den Büroraum.

      Direkt dahinter lag ein kleiner Raum, in dem man einige Feldbetten aufgebaut hatte.

      Dieser Ruheraum war als Notlösung gedacht, doch Duncan konnte auf den Komfort, den er aus seinem eigenen Haus kannte, durchaus verzichten.

      Er legte sich auf eines der Betten und war innerhalb weniger Sekunden eingeschlafen.

      Als er erwachte, hörte er leises Flüstern aus dem Büro.

      Er konnte die Stimme von Gordon und Amanda erkennen, die sich miteinander unterhielten.

      Duncan rieb sich den Schlaf aus den Augen und erhob sich langsam.

      Sein linker Arm juckte, doch das tat er häufig.

      Seitdem er durch die schwarze Hexerei des Dunklen Meisters entstellt worden war, geschah dies immer wieder.

      Duncan strich seinen Anzug glatt, denn er hatte diesen nicht abgelegt, bevor er eingeschlafen war.

      Und jede Falte darin ärgerte ihn maßlos.

      Gemächlichen Schrittes trat er wieder in das Büro und traf dort auf Amanda und Gordon.

      Die beiden sahen von ihren Papieren auf und unterbrachen ihre Unterhaltung.

      >>Guten Morgen, Sir, << sagte Amanda förmlich.

      >>Kaffee? , << fragte Gordon und wollte aufstehen, doch Duncan bedeutete ihm, sitzen zu bleiben.

      Er griff selbst nach der Kanne und schenkte sich einen Becher mit der schwarzen und recht ölig aussehenden Flüssigkeit