Robin Mayerle

Schatten der Zitadelle


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sie im Gegenzug um ihre Unterstützung.

      Der Rückhalt der Orks und – das sei dir versichert – meinen größten Respekt hast du dir mit dem Einsatz deines Lebens im Kampf verdient.

      Brecht so bald wie möglich auf.

      Er sah jeden Einzelnen der Gefährten einige Sekunden lang ernst an.

      Broxx nickte. „Ich danke Euch, Thrakk. Das weiß ich sehr zu schätzen.

      Dann kommt, Kameraden. Lasst uns uns beraten.“

      ***

      Broxx lag im Bett. Nebenan schlief Margha, die beiden waren trotz angebotenem Zimmerwechsel dort geblieben, wo sie nach der Schlacht geruht hatten.

      Jetzt döste er hier und dachte nach.

      Die Gefühle für die Halborkin wurden immer stärker und jedes Lächeln, jeder Augenaufschlag bescherte ihm ein Hochgefühl. Er spürte eine Wärme in sich, wie noch nie zuvor.

      Es war wundervoll. Und langsam verdrängte dieses tolle Gefühl die Trauer und den Schmerz über Tethas und Mroshs Verlust.

      Außerdem dachte er über die Bedrohung durch die Schatten nach. Er hatte eine sehr schlechte Vorahnung und war überzeugt, die Angriffe waren nur der Anfang von etwas Größerem, wusste jedoch nicht, warum. Irgendetwas an diesen Wesen weckte eine starke Abneigung in ihm.

      Vielleicht lag es daran, was sie ihm und den anderen angetan hatten, vielleicht regte sich auch die Seuche in ihm, wenn er den Kreaturen gegenüberstand.

       Die Seuche... Ich muss ein Gegenmittel finden, koste es, was es wolle. Ich will und werde mich nicht in ein Scheusal verwandeln. Vorher...

      Er führte den Gedanken nicht zu Ende, denn in diesem Moment flüsterte Margha:

      „Broxx... Seid Ihr wach?“

      „Ja, bin ich. Und dutzt mich doch bitte“, flüsterte er zurück. Er blickte sie an, doch in der Finsternis konnte er wenig erkennen.

      „Gut.“ Er meinte, ein Lächeln zu auszumachen. Dann wurde sie wieder ernst. „Ich habe Angst, vor dem, was auf dieser Mission alles passieren könnte...“

      „Ich habe auch Angst, Margha. Aber ich muss Tetha – und nun auch Mrosh – rächen. Solange werde ich nicht ruhen, bis die Verantwortlichen gebüßt haben.“

      „Ihr... Du hast Angst? Aber du bist der tapferste und wohl auch stärkste Krieger, der mir je begegnet ist!“

      „Nicht um mich. Ich habe Angst um diejenigen, die ich liebe.“ Er sah dorthin, wo er ihre Augen vermutete.

      „Ich verstehe... Danke. Ich dachte schon, ich sei die Einzige mit diesen Gefühlen.“

      „Gern geschehen“, erwiderte Broxx.

      Dann wandte er sich verwirrt ab und versuchte zu schlafen.

      IV. Reich der Menschen

      Es war der Abend des zweiten Reisetages zur Hauptstadt der Menschen. Die Sonne tauchte den Himmel in viele verschiedene Nuancen von orange, rosa und blau.

      Der Wüstensand wich langsam dem trockenen, spärlich bewachsenen Boden der Steppe.

      Margha saß neben Broxx auf einer von Moohls gezogenen Kutsche. Die rhinozerosähnlichen, starken Lasttiere leisteten Großartiges.

      Je zwei von ihnen zogen einen riesigen Wagen mit massig Gepäck und einem Zimmer für zwei Personen. Dieses war ziemlich geräumig, beinhaltete es doch ein Stockbett, eine große Kommode, ein Nachtkästchen mit einem Spiegel darüber und einen Tisch in der Mitte. Alles in allem war die Kutsche sehr luxuriös ausgestattet und stellte eine komfortable Art zu reisen dar. Der Kriegshäuptling hatte keine Kosten gescheut, um es seinem Helden und dessen Gefährten so bequem wie möglich zu gestalten.

      Die Halborkin fühlte sich vollkommen wohl, nicht zuletzt, weil sie viel Zeit hatte, sich mit Broxx zu unterhalten. Schon seit Beginn der Reise sprachen sie über alles, was ihnen einfiel. Auch ernste Themen fanden ihren Weg ins Gespräch. Bei ihm fühlte sie sich sicher und konnte über alles reden.

      Eigentlich sollte sie sich über die bevorstehenden Aufgaben und Herausforderungen Gedanken machen, aber sie dachte nur an Broxx. Letztendlich wurde ihr klar, dass sie in ihn verliebt war.

      Deshalb genoss sie jeden Moment dieser Reise mit ihm.

      ***

      „Sie warten“, sagte der weißhäutige Ork.

      Der Kriegshäuptling betrachtete seinen Morghur, seinen Berater.

      „Ich weiß, mein Freund. Aber es sind unangenehme Nachrichten, die ich ihnen überbringen muss. Gib mir noch einen Moment.“

      Thrakk war nervös. Gleich würde sich zeigen, ob er als Kriegshäuptling etwas taugte oder nicht.

      Dann ging er los. Er schritt durch den mit Wachen und Ratsmitgliedern besaiteten Gang, durch die Vorhänge, hinaus auf die Empore.

      Schließlich stand er am höchsten Punk der Stadt auf dem Rednerbalkon seiner Feste und blickte auf den Versammlungsplatz herab. Er war komplett gefüllt mit Orks. Jung und alt, arm und reich standen dort unten. Sie erwarteten die Rede.

      Sein Volk erwartete ihn.

      Als ihm die Historik seines Auftrittes und sein Einfluss auf den weiteren Verlauf dieser Krise bewusst wurde, fiel plötzlich die gesamte Anspannung von ihm ab.

      Er konzentrierte sich vollkommen auf sein Ziel.

      Dann begann er zu sprechen, zunächst ruhig und leise:

      „Ihr Orks! Meine Orks! Freunde und Brüder.

      Ich komme heute zu euch mit beunruhigenden Nachrichten.

      Eine Bedrohung hat sich aufgetan und wir alle wurden Zeugen eines grausamen Anschlags auf unser Volk.

      Viele unserer tapfersten Krieger mussten an diesem schwarzen Tag ihr Leben lassen.“

      Seine Stimme erhob sich.

      „Doch jemand hat uns in der Not gerettet.

      Einer aus jenem Volke, dem so viele von euch noch immer mit Verachtung begegnen. Ein Mor'grosh.“

      Buhrufe ertönten. Thrakk wurde immer lauter.

      „Doch ich sage euch: Dieses junge Halbblut wird uns mit wertvollem Rat und entschlossener Tat zur Seite stehen und uns sicher aus dieser Krise führen.

      Vertraut ihm!

      Denn diese Bedrohung wird sich verbreiten wie ein Leuchtfeuer. Die Seuche, mit der wir es zu tun haben, wird sich ausweiten.

      Sie wird Freunde zu Feinden machen.

      Broxx habe ich mit der Aufgabe betreut, die anderen Völker zu warnen und die Bedrohung einzudämmen.“

      Er schrie nun beinahe.

      „Doch wir dürfen nicht untätig bleiben!

      Macht euch bereit für den Krieg, meine Brüder!

      Verteidigt eure Familien!

      Verteidigt euer Land!

      Verteidigt euer Volk!

      Und verteidigt eure Freiheit!

      Wir werden diesen Feind vernichten, wie wir jeden vernichten, der sich uns entgegenstellt.

      Wir werden zusammenstehen! Und wir werden siegen!

      Für unser Volk!“

      Einstimmig schrie die versammelte Masse von Grünhäuten ebenso „Für unser Volk!“, riss die Fäuste nach oben und tosender Applaus hallte von den Bergwänden wieder. Die Menge war außer sich.

      Der Kriegshäuptling hatte sein Ziel erreicht.

      Er hatte sie auf seine