Robin Mayerle

Schatten der Zitadelle


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aber seine Waffen lagen außer Reichweite. Die Kräfte schwanden ihm langsam. Zu viele Verletzungen hatte er erlitten. Aus dem Nichts sah er die Kettenpeitsche auf sich zuschnellen...

      Jedoch prallte sie an einer unsichtbaren Schutzschicht ab. Ungläubig sah er zur Seite. Margha zwinkerte ihm zu, dann wandte sie sich wieder ihrem eigenen Widersacher zu. Er nickte dankend.

      Und er nutzte die Chance, griff nach der Kette und krallte sich daran fest. Das Ungeheuer hielt verdutzt inne, aber dann schwang es erneut seine Waffe, um Broxx gegen den Boden zu hämmern. Dieser jedoch nutzte den Schwung der Ausholbewegung, ließ in der Luft los und landete auf dem Rücken des Feindes. Er packte die geschwungenen Hörner und zog so fest er konnte daran, Risse zeichneten sich rundherum am Kopf ab. Das Ungetüm brüllte und wand sich vor Schmerzen, schließlich rissen die Hörner aus der Schädelplatte. Übrig blieben zwei Löcher, aus denen grünes Blut quoll.

      Trotz der enormen Qualen fasste das Ungeheuer wieder einen klaren Gedanken und versuchte Broxx mit der riesigen Pranke von seinem Rücken zu fegen. Aber dieser war schneller. Er rammte eines der Hörner durch die Hand in das Nackenfleisch der Kreatur, Blut spritzte ihm ins Gesicht, das Monster sank in die Knie.

      Das andere Horn fest in der Hand haltend sprang der Mor'grosh zurück auf den Boden. Er schritt langsam auf seinen Feind zu, der mit einem markerschütternden Brüllen und Zähnefletschen auf ihn wartete, was ihn wenig beeindruckte.

      Dann stieß er ihm das Horn ins Herz, ehe er ihn verschlingen konnte.

      ***

       Obwohl der Gegner besiegt war, hatte Broxx keine Zeit sich auszuruhen. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Margha und Elune unter heftiger Bedrängnis standen.

      Er rannte zu ihrer Hilfe. Als er sie beinahe erreicht hatte, schwang der ogerähnliche Schatten seine Keule auf die beiden Frauen zu. Margha formte einen Schatzzauber für die Elfe, aber sie war nicht schnell genug, um sich selbst zu helfen. Im letzten Moment versuchte sie dem Angriff auszuweichen, jedoch wurde sie am Oberkörper gestreift. Die Kettenrüstung, die sie trug, schützte sie vor größeren Verletzungen, aber die Wucht des Schlags schleuderte sie zu Boden.

      Bewusstlos blieb sie liegen. Aufgrund des Schutzzaubers verschont geblieben, stand Elune nun kurz geschockt da und rührte sich nicht vom Fleck. Ehe sie sich wieder gefangen hatte, packte der Schatten die zierliche Elfe mit seiner riesigen Klaue und hob sie in die Luft, wollte sie fressen.

      Als Broxx mit ansehen musste, wie Margha weh getan wurde, stieg eine enorme Wut in ihm hoch. Er konnte es nicht ertragen, sie leiden zu sehen. Es war so ähnlich wie bei Theta. Sie bedeutete ihm schon nach der kurzen Zeit, die er sie jetzt kannte, etwas. Hitze breitete sich in ihm aus, er kochte innerlich; und er begann, die Kontrolle zu verlieren. Er spürte, dass sich der Wolfsdämon in seinem Inneren regte...

      … und er ließ ihn gewähren. Die Kraft des dunklen Wesens würde es ihm erlauben, seine Freunde zu retten und die Feinde zurückzuschlagen.

      Seine Glieder begannen zu wachsen, Haare sprossen auf seiner hellbraunen Haut und in seinem Mund bildeten sich scharfe Reißzähne. Die Augen leuchteten rot.

      Dies alles geschah in wenigen Sekunden, aber für Broxx verging die Zeit deutlich langsamer, da der Zorn sein Bewusstsein veränderte.

      Sobald die Verwandlung vollzogen war, stürmte er auf den Schattenoger los. Der ließ vor Schreck die Elfe, die er eben noch verschlingen wollte, fallen und versuchte Hals über Kopf, sich dem mutierten Mor'grosh rechtzeitig entgegen zu stämmen, doch er konnte der Wucht der Angriffs nicht standhalten und wurde zu Boden geworfen. Broxx stürzte sich auf ihn und zerfleischte ihn mit Fängen und Klauen, das grüne Blut spritzte nur so und bedeckte seinen ganzen Körper.

      Mit rasendem Puls rannte der Halbork nun auf das nächste Ungetüm zu und metzelte dabei alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte. Lurd war über Mrosh gebückt und hantierte an dessen Brustpanzer herum. Anscheinend war der Ork schwer verletzt worden, denn er rührte sich nicht. Broxx kümmerte sich nicht darum.

      Als er seinen Feind erreicht hatte, machte er einen großen Satz und rammte dem Schatten die Klaue in die Brust, die Krallen traten aus dem Rücken wieder hervor. Er nahm den toten Körper und schleuderte ihn auf eine Gruppe näher rückender Feinde.

      Anschließend bahnte er sich seinen Weg durch die heranstürmenden Kreaturen zu dem Krater im Berg. Dort angekommen stemmte er sich mit aller Kraft gegen die Felswände, doch es geschah nichts.

      Broxx kam noch einmal das Bild der bewusstlos am Boden liegenden Margha vor Augen. Er blickte sich um. Elune stand in der Nähe der Halborkin und verteidigte sie gegen alle Angreifer. Sie standen und heftiger Bedrängnis.

      Erneut steigerte sich seine Wut.

      Rasend vor Zorn stemmte er sich wieder gegen den Fels. Es ertönte ein leises knacken. Risse fraßen sich in das Gestein. Dann gab der Berg nach. Schnell trat Broxx zur Seite und Felsbrocken verschütteten den Krater.

      Noch einmal blickte der Mor'grosh sich um, Zufrieden stellte er fest, dass Margha und seine anderen Gefährten in Sicherheit waren. Erst jetzt spürte er die unglaubliche Müdigkeit, die sich über ihn gebreitet hatte. Der Einfluss des Dämons wich von ihm und er verlor das Bewusstsein.

      ***

       Als Margha wieder erwachte, lag sie unter einigen kuscheligen Fellen auf einer Strohmatratze. Sie grub sich aus und setzt sich am Rande des Bettes auf. Anscheinend befand sie sich in einem der Gästezimmer der Löwenfeste, denn die Wände bestanden aus dem selben Material und waren ebenso nur karg behangen.

      Beim Umschauen im Zimmer bemerkte sie, dass in einem zweiten Bett noch jemand lag. Sie fühlte sich etwas schwach, denn der Angriff hatte sich schwer getroffen.

      Mit wackeligen Beinen erhob sie sich und schritt auf ihren Zimmergenossen zu. Er lag von ihr weggedreht, aber nach einer Weile kehrte er ihr die Vorderseite zu. Es war Broxx.

      Sie betrachtete ihn. Ihr blick glitt über die in der Gefangenschaft wild gewachsenen Haare, die flache Stirn, die geschlossenen Augen, den wohlgeformten Mund, über den muskulösen Hals und Nacken, die muskelbepackten Arme, den gestählten Oberkörper...

      Dann schlug Broxx plötzlich die Augen auf und sie wandte verlegen den Blick ab.

      Als sie wieder hinsah, starrte er ihr direkt in die Augen. Das tiefe Braun seiner Iris zog sie magisch an. Sein Gesichtsausdruck spiegelte Verwunderung und Neugierde wieder.

      Außerdem glaubte sie für einen Moment, ein Gefühl der Zuneigung darin zu erkennen, doch nach wenigen Augenblicken war es schon wieder verschwunden. Dennoch hoffte sie, dass sie sich nicht getäuscht hatte.

      „Wo sind wir?“ Die Frage riss sie aus ihren Gedanken. „Und wie viel Zeit ist seit der Schlacht vergangen?“

      „Ich...“, aber ihr Antwortversuch wurde unterbrochen.

      „Ihr befindet euch in der Festung des Kriegshäuptlings. Meinem Palast.“ Thrakk hatte lautlos das Zimmer betreten. „Und die Schlacht hat vor zwei Tagen stattgefunden. Ihr beiden habt solange geschlafen. Aber das hattet ihr euch wirklich verdient.

      Wir sind dir zu tiefstem Dank verpflichtet, Broxx. Ohne deine Hilfe hätten wir diesen Hinterhalt wohl nicht überstanden.“

      „Es ist nicht die glücklichste Begebenheit, dass ich mich verwandelt habe, zumindest für mich persönlich... Dennoch ehrt mich eure Dankbarkeit. Ansonsten kann ich nur sagen, dass das wohl Eures Volkes auch mir am Herzen liegt, Kriegshäuptling. Schließlich bin ich auch zu einem Teil Ork.“ Er grinste, dann wurde er wieder ernst. „Außerdem habe ich noch eine Rechnung mit diesen Schattenwesen offen. Und dazu brauche ich Eure Hilfe. Ich muss mit Euren Schamanenältesten sprechen.“

      „Es soll dir jeder Wunsch gewährt werden, den ich dir erfüllen kann. Ich werde ein Treffen arrangieren.“

      Er wandte sich zum gehen, drehte sich aber noch einmal um.

      „Achja... Euer Gefährte, Mrosh, ist tot. Er hat ein Leben im Kampf gelassen. Ein gutes Ende.“

      Ernst blickte