sein und fast keine Ersparnisse mehr haben! Aber je länger wir über diese Probleme nachdachten, desto deutlicher wurde, dass sie alle lösbar sind (Sabbatjahr, viele freie Wohnungen in Leipzig, mehr sparen).
Die Vorteile einer solchen Reise rückten immer mehr in den Vordergrund. Es reizte uns, aus dem täglichen Trott auszubrechen. Kein Acht-Stunden-Job, kein Wocheneinkauf, kein Fernsehabend, kein 14-tägiger Jahresurlaub. Stattdessen bot sich uns die Möglichkeit, ein Jahr lang in den Tag hinein zu leben, nur zu tun, wozu wir Lust haben, jeden Tag ein kleines Abenteuer zu erleben, heute nicht zu wissen, wo wir morgen schlafen werden, fremde Länder und Kulturen kennen zu lernen, die Wunder der Natur zu erleben - kurz: die Welt zu entdecken.
An dem Punkt, als uns das bewusst wurde, war aus der fixen Idee ein fester Entschluss geworden: Wir gehen auf Weltreise!
Unser Abenteuer beginnt
… mit jeder Menge Vorbereitungen. Die To-Do-Liste quoll die kommenden Monate geradezu über. Spanisch lernen, Passbilder machen, Tickets buchen, Klamotten, Ausrüstung und Reiseapotheke kaufen, Impfungen, Vorsorge-Check beim Zahnarzt, internationalen Führerschein und Reisepass beantragen, Auslandskrankenversicherung und Reiserücktrittsversicherung abschließen, Kündigungen, Nachmieter fürs WG-Zimmer suchen, Möbel verkaufen, Visa beantragen. Das und vieles mehr musste noch bis zum September erledigt werden. Aber was tut man nicht alles für ein Jahr Reisen!
8 Spritzen in 28 Tagen
Keine Angst, ich war weder auf die schiefe Bahn geraten, noch lag ich krank im Bett. Ganz im Gegenteil diente die Prozedur dazu, mich vor Krankheiten zu schützen. Ich war impfen!
Auf dem Plan standen Stoffe gegen Tetanus, Diphtherie, Polio, Tollwut, Hepatitis A, Gelbfieber (Lebendviren!) und Typhus. Klingt nach Marathon, war aber ein Sprint. Nur drei Termine verordnete der Doktor. Für mich hieß das, pro Sitzung bis zu vier Piekser ertragen!
Vorteil einer solchen Mehrfach-Impfung: Es werden mehr Antikörper gebildet. Gefährlich ist die Methode nicht. Außer ein paar Stunden Gliederschmerzen, einer Nacht mit Fieber und einem Minus von rund 280 Euro auf meinem Konto habe ich nichts gemerkt.
Jetzt fehlte nur noch ein Großeinkauf in der Apotheke, um die gesundheitliche Vorsorge abzuschließen.
The Point of no Return
… war erreicht. Wir hatten die Flugtickets gekauft!
Viele Varianten und Angebote haben wir verglichen.
Möglichkeit eins: Zunächst nur das erste Ticket kaufen und unterwegs je nach Bedarf Flüge buchen. Das kann eine günstige Variante sein, da es vor allem in Asien viele Billigflieger gibt. Zudem könnte im Last-Minute-Angebot das ein oder andere Schnäppchen dabei sein. Wir haben uns trotzdem dagegen entschieden, da es uns zu unsicher war, auf Billigflüge zu setzen, die es später vielleicht gar nicht gibt. Außerdem hätte es bedeutet, dass wir unterwegs ständig im Internet nach Schnäppchen hätten Ausschau halten müssen. Das raubt doch sehr viel Zeit und Nerven.
Eine weitere Variante wäre, alle Flüge als Einzeltickets von zu Hause aus zu buchen. Unser Test ergab jedoch, dass dies sehr teuer ist (mehr als 4.000 Euro). Zudem wären die Flugzeiten fest, was die Flexibilität stark einschränkt.
Wir haben uns dann für die dritte Variante, das Round-The-World-Ticket entschieden. Dieses Ticket ist speziell für Langzeitreisende gedacht, die große Distanzen per Flugzeug zurücklegen. Für eine Weltreise also perfekt!
Es gibt zwei große Anbieter, STA-Allianz und One-World. Beide arbeiten mit unterschiedlichen Fluggesellschaften auf der ganzen Welt zusammen. Folglich darf man nur mit diesen Fluggesellschaften fliegen. Bei unserer Route hat One-World die günstigsten Verbindungen.
Bei One-World gibt es wiederum zwei verschiedene Ticketarten. Bei dem einen ist der Preis gestaffelt nach der Anzahl der angeflogenen Kontinente. Beim anderen sind die zurückgelegten Meilen entscheidend. Wir haben das kontinentbasierte Ticket (One-World-Explorer) gekauft.
Bei der Buchung mussten wir die Start- und Zielflughäfen festlegen. Die einzelnen Ticketsegmente verzeichnen nicht nur die Flüge sondern auch die Surface-Strecken. Das sind die Strecken, die man zu Fuß oder per Auto, Bus und Zug zurücklegt. Auf diese Weise ist es möglich, auf einem Flughafen zu landen und von einem anderen Flughafen (in einem anderen Land) wieder abzufliegen.
Auch die Flugzeiten mussten wir angeben. Diese können wir aber kostenfrei bis zwei Wochen vor Abflug wieder ändern. Eine Änderung der Flughäfen wäre hingegen sehr teuer.
Da wir über ein Reisebüro buchen wollten, mussten auch hier Anbieter verglichen werden. Zum Glück gibt es nicht viele Unternehmen, die sich auf RTW-Tickets spezialisiert haben. Das beste Angebot machte Colibri-Reiseservice aus Offenburg. Je 3.080 Euro (inkl. Steuern) für elf Flüge Richtung Osten rund um den Erdball. Hinzu kamen zwei Einzeltickets für insgesamt 395 Euro pro Person. Auch eine Reiserücktritt- und -abbruchversicherung wurde abgeschlossen. Kostenpunkt hierfür je 156 Euro.
Nun blieb uns nur zu hoffen, dass sich unsere Reisekasse vom Schock des Ticketkaufs erholen würde und uns zum Start der Reise wieder gut gefüllt zur Verfügung stünde.
Ich packe meinen Rucksack
Eine häufig gestellte Frage ist: Was nehmt ihr für ein Jahr alles mit? Eine berechtigte Frage, schließlich sind wir nur mit zwei Trekkingrucksäcken (45 und 70 Liter) und zwei kleinen Tagesrucksäcken unterwegs. Die Grundregel heißt also: Reise mit wenig Gepäck. Möglich wird dies durch verschiedene Faktoren.
Zum einen sollte man die Kleidung strategisch clever auswählen. Alle Teile müssen sich gut miteinander kombinieren lassen, schnell trocknen und robust sein. Zu bedenken ist außerdem, dass helle Kleidung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit früher oder später in der Wäscherei verfärbt wird. Richtig klasse sind Klamotten, die sich auf verschiedene Weise einsetzen lassen. Wir haben uns beispielsweise ein Buff gekauft, das man als Schal, Mütze oder Haarband tragen kann. Außerdem nehme ich ein Kleid mit, dass gleichzeitig ein Rock und ein Top ist. Generell sind Materialien aus Baumwolle ausreichend aber hier und da haben wir uns für Outdoor-Kleidung entschieden (Softshell-Jacke, Fleece-Jacke, Trekkinghose). Als Frau musste ich bei den Schuhen schmerzliche Abstriche machen. Nur drei Paar nehme ich mit: Wanderschuhe, Sneaker und FlipFlops. Eine echte Hilfe sind Packsysteme. Dank der kleinen Taschen lässt sich Ordnung im Rucksack schaffen – hier das Paket mit den Hosen, da die Oberteile, dort Unterwäsche und Socken. Man findet die Teile so viel schneller und leichter, und im Gegensatz zu Plastiktüten auch geräuschlos.
Unabdingbar ist aufgrund des geringen Platzangebotes auch spezielle Outdoor-Ausrüstung. So ist ein Mikrofaser-Handtuch mindestens zwanzig Mal kleiner und leichter als ein Handtuch aus Frottee. Gleiches gilt für ein Schlafsack-Inlett aus Seide, das dem Polyester-Schlafsack deutlich vorzuziehen ist. Gekauft haben wir zudem einen Faltbecher, Militärbesteck, eine Wäscheleine, einen Reisefön, eine Verteilersteckdose und einen variablen Adapter für die Steckdosen dieser Welt (beides unverzichtbar!).
Zudem haben wir eine Großbestellung bei der Online-Apotheke aufgegeben. Medikamente gegen Durchfall, Schmerzen und Brechreiz sowie Verbandzeug, Desinfektionsmittel, Malerone (Malaria), Insektenschutz und Sonnencreme haben ihren festen Platz im Rucksack. Unabdingbar ist außerdem der Kulturbeutel, der mit jeglichem kosmetischem Kram gefüllt wird. Auch auf Technik wollen wir nicht verzichten. Kamera, Unterwasser-Cam, Netbook, MP3-Player und Smartphone kommen mit. Neben Spielkarten haben wir uns entschlossen nur ein Buch und den Reiseführer für Südostasien mitzunehmen, da es in nahezu jedem Hostel eine Bücherecke gibt, in der man Bücher unkompliziert tauschen kann.
Die große Leere
Es ist vollbracht. Innerhalb von zwei Wochen wurde jeglicher Besitz verstaut oder verkauft, und wir sind wohnungslos!