Günter von Saint-George

Und tschüss, mach's gut...


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Thermaltradition nach Frankreich als weltweit zweigrößter Anbieter der Therapien. Doch Naceur Mani, Direktor des Tourismusbüros in Frankfurt, mag den Begriff Gesundheitstourismus allein nicht gelten lassen. „Wir bieten unseren Gästen Wohlfühlvergnügen und Harmonie für Körper und Geist“, läßt er wissen. Die mitgereiste Expedientengruppe wird neugierig. Fremdenverkehrschef Mani führt sie -sozusagen zum Beleg - geradewegs in eine der Vorzeigeanlagen von Yasmine Hammamet. Hier betreibt die Hotel-Kette Hasdrubal mit der 5 Sterne „Thalassa & Spa“-Herberge auf 5.500 Quadratmetern das größte Therapie-Zentrum der Gegend. Es lasse keine Wünsche offen, schwärmt jedenfalls General Manager Mohamed Ali Jlaiel, der seit Eröffnung vor zehn Jahren das Haus führt.

      Zu den Verwöhnprogrammen zählen Meerwasserbehandlungen wie Sprudelbäder, Algen- Schlamm- und Rosmarinpackungen , aber eben auch Unterwasserstrahlduschen, Aroma- und Blütenberieselungen oder Hydro- und Reflexzonenmassagen. Einzelne Zentren haben spezielle Thalassokuren gegen Rheuma und Gelenkentzündungen, Antistress-Therapien für Manager, Anti-Raucher-Kuren oder spezielle Anwendungen für junge Mütter im Programm. Weil die tunesische Gesetzgebung festgelegt hat, daß bei allem Hammam nie fehlen darf, sind orientalische Dampfbäder selbstverständlich. Vorwiegend Schweizer, Franzosen und Italiener sind im Hasdrubal zu Gast, darunter viele Stammkunden. Auch immer mehr deutsche Urlauber quartieren sich in Port Et Kanatoui oder auf Djerba ein, wo die Kettel ebenfalls mit luxuriösen Häusern vertreten ist.

      30 Thalasso-Anlagen gibt es derzeit in Tunesien. 15 Zentren sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre unter anderem in Hammamet, Tarbaka, Monastir, Sousse und auf Djerba folgen. Dazu gehört das bereits geöffnete 5 Sterne Resort „The Russelior“ mit 420 Betten und einem Garten mit mehr als 2.000 Palmen. Oder ein von Möwenpick betriebenes Thalasso-Hotel mit 500 Betten, das ab Juli zu buchen ist. Investorengelder für Neuanlagen sprudelten vornehmlich aus den Emiraten, Niederlanden, Lybien und Kuwait, heißt es. In einer groß angelegten Anzeigenkampagne und auf Roadshows will Tunesien zeigen, was es in dem speziellen Segment zu bieten hat.

       Yasmine Hammamet mit Casino, Medina und Yachthafen

      Urlaubsidylle aus der Retorte

      In den Gassen wimmelt es von Jasminverkäufern, die mit duftenden Blumensträußchen gute Geschäfte machen. Nach altem Brauch steckten sich früher junge Männer die Blüten hinters Ohr, um zu zeigen, daß sie heiraten wollen. „Yasmine“ gilt als Symbol für Tradition und Wohlgefühl. Heute steht ihr Name für eines der größten Projekte der tunesischen Tourismusindustrie.

      Nördlich vom Golf von Hammamet schufen engagierte Architekten ein hochmodernes Ferienzentrum: Yasmine Hammamet. Auf einer Fläche von 277 Hektar entstanden, 45 Hotels mit 20.000 Betten, Casino, Medina, ein Golfplatz und ein luxuriöser Yachthafen. Alles wurde von privaten Investoren finanziert. Die meisten der Nobelanlagen grenzen direkt an dem knapp vier Kilometer langen Sandstrand. Vertreten ist, was in der Hotellerie einen Namen hat: Iberostar, Holiday In, Interconti und Clubs wie Magic Life, Aldiana oder Club med. Die einheimische Kette Hasdrubal glänzt hier seit 2000 mit einem riesigen Thalassoareal und einem Haus mit der weltgrößten Suite, die es mit einer Größe von 1. 542 Quadratmetern sogar bis ins Guiness-Buch der Rekorde schaffte.

      Die künstliche Stadt setzt auf Tradition: Das Design der Minarette, Bazare und der Moschee erinnern an Baustile in Damaskus, Istambul oder Marrakesch, die Fassaden der Villen und Wohnhäuser an das Blau von Sidi Bou Said und an die Märchen aus 1001 Nacht An einer 1,5 Kilometer langen Strandpromenade drängeln sich Boutiquen, Restaurants, Cafes, Galerien, Diskotheken und Beach Clubs dicht an dicht.

      Einen Kindertraum erfüllte sich wohl Abdelwaheb Ben Ayed beim Bau der Medina von Yasmine Hammamet. Der tunesische Geschäftsmann mit Sinn für viel Ursprünglichkeit und Freizeitspaß investierte mehr als 100 Millionen Euro in seine „arabische Welt“. Mächtige Stadttore gewähren Einlaß in einen Komplex, der als Sammelsurium traditioneller Souks, Restaurants, Türkischem Hamam und Krimskramsläden täglich Tausende von Touristen anzieht. Besonders Kinder finden ihren Spaß im nahegelegenen „Carthagoland“, einem Vergnügungspark à la Disney. Bewacht wird das Areal von Hanibals Kriegern aus Pappmaschee, die - auf Elefanten reitend - Furcht und Schrecken verbreiten.

      Der Besuch des Parks ist wie ein Schnellgang durch die abwechselungsreiche Historie Tunesiens. Von der Schiffsreise des karthagischen Seefahrers Hanno, den punischen Kriegen, der Eroberung von Tunis durch Rotbart bis zu den Einmischungen von Byzantinern und Andalusiern reicht das Spektrum dieses spielerisch und anschaulich präsentierten Geschichtsunterrichts. Ganz nebenbei wurde kurzerhand auch der berühmte Prachtzug des Herrschers Bey von der Wüste ans Meer versetzt. Der „Lézard Rouge“ ist dabei nur eine von vielen Attraktionen des Vergnügungsparks.

      Ähnlich wie Yasmine Hammamet entsteht derzeit ein anderes, aber kleineres Projekt auf dem Reißbrett. Das Feriendorf wurde nach dem Vorbild von Port El Kantaoui zehn Kilometer südlich in Essaloum gebaut, mit einem Thalassozentrum, Golfplatz und einer Marina.

       „Vorsicht Kamele“ warnen Verkehrsschilder in der Wüste

      Meer ohne Wasser

      Von den wuseligen Küstenorten Tunesiens ist die Einsamkeit nur ein paar Autostunden entfernt. Tozeur am Salzsee Chott el Jerid im Westen ist das Eingangstor zur Sahara. Die Beduinen nennen die Wüste „Meer ohne Wasser“. Sie lockt mit weiten Dünen, grünen Oasen und einer „roten Eidechse“.

      Mustapha spornt sein Pferd an. Die Mittagshitze macht dem alternden Gaul arg zu schaffen. Die Kutsche schaukelt über Asphaltstraßen und Schotterwege der Saharahauptstadt. Ein Touristenpaar aus Frankreich ist mit der Droschke auf Entdeckungstour. Zu sehen gibt es Lehmziegelbauten kleine Paläste und Dutzende von Minaretten. Natürlich bunte Läden im Zentrum, viele Moscheen und die mehr als 300 000 Dattelpalmen, die die Stadt berühmt macht. Von hier aus starten Ausflüge in die Wüste und Oasen.

      „Vorsicht Kamele“ warnt ein Verkehrsschild am Rand der schmalen Asphaltpiste Der Geländewagen sucht sich wenige Hundert Meter abseits seinen kurvenreichen Weg durch Einöde und hellbraunes Sandgeröll. Wie aus dem Nichts tauchen plötzlich Kamelherden und Tausende von Palmen vor schroffer Felslandschaft auf. Die Kulisse kündigt die abgelegenen Bergoasen Chebika, Tamerza und Mides in Nähe der Grenze zu Algerien an. Wasserfälle sprudeln aus Gebirgsgestein und speisen die Bewässerungskanäle. Lehmhäuser klammern sich in schwindelnder Höhe an schroffe Felswände.

      Bereits zu Zeiten römischer Eroberer hatte Chebika eine wichtige Aufgabe als Wach- und Beobachtungsposten, um wichtige Karawanenrouten auszuspähen. Wenige Kilometer weiter wartet Tamerza mit seinen alten Kashbahs, Wohn- und Speicherburgen. Hier findet sich auch das einzige Luxushotel weit und breit. Das Tamerza Palace mitten in der Wüste bietet sich auch für eine Tourpause mit Erfrischungsbad im Pool und stärkender Kost vom Grill an. Die Oasenbewohner hatten es da weiniger komfortabel. Einst von Überschwemmungen heimgesucht, verließen sie ihr Dorf, brachten sich oberhalb der Berghänge in Sicherheit und siedelten neu an. Die Ruinen von Alt-Tamerza zählen heute ebenso zu den Touristenattraktionen wie die Gebirgsoase Mides nahe des Seldja-Canyons. Händler haben sich darauf eingestellt, erfrischen Urlauber mit tue à la menthe, einem süßen, durstlöschenden Pfefferminztee, oder ermuntern geschäftig zum Kauf leuchtend roter Granatäpfel, Dattelstauden und Palmensprößlingen als Mitbringsel für die Lieben daheim.

      Nostalgisch durch den Canyon

      Wer weder im Jeep noch auf dem Kamel vorwärtskommen will, der besteigt für eine den Wüstenzug im Bahnhof von Metlaoui und fährt dahin, wo Tunesien am Abenteuerlichsten aussieht. Einmal pro Tag stampft der „Lézard Rouge“ auf alten Gleisen durch den Felsenspalt der Seldja-Schlucht. Der Spaß mit Breitwandkino-Garantie dauert zwei Stunden und kostet weniger als 15 Euro. Dicht vorbei geht es an fast 200 Meter hohe Gesteinswände, die steil in den blauen Himmel ragen. Die engste Stelle des Canyons, wo die Steppe in Wüste übergeht, mißt nur wenige Meter. Immer dann, wenn die liebevoll restaurierte Nostalgielok dampfend und keuchend