Shey Koon

Vatermissbrauch


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Augen.

      „Ach Eve, wenn ich nur könnte. Ich bin nicht mehr der, der ich einmal war. Unmöglich umzukehren. Ich folge meiner Bestimmung.“, antwortete ich ehrlich.

      Ich wandte mich Melanie zu, die lustvoll aufstöhnte, streichelte ihr langes rotes Haar, schnupperte den Duft ihrer Haut, küsste ihre Schläfe, ihre Wange, stupste sie mit meiner Nase.

      „Eines Tages wird dein Glück dich verlassen und du wirst sterben. Dann wirst du nicht mehr heimkommen und auf uns aufpassen, dich um uns kümmern, uns lieben. Sind wir dir denn nicht genug? Brauchst du dieses Spiel unbedingt?“

      Melanie stöhnte heftiger und ich streichelte ihr die Brüste, küsste sie voller Leidenschaft und sie kam hemmungslos. Ihr Körper zitterte, sie atmete stoßweise.

      „Ich habe dieses Spiel erfunden. Hast du das schon vergessen? Eve, ich kann nicht einfach aussteigen. Wir befinden uns erst an den Ausläufern des Berges, den wir erstürmen wollen.“ Ich zeigte mit meinem Finger nach oben. „Da oben ist der Gipfel, soweit will ich hinaus. Und die Lösung des Rätsels, die ist noch so weit entfernt.“

      Ich goss meinen Ladys mit Molly versetzten Champagner nach und verschwand ins Badezimmer. Mein reifes Spiegelbild entblößte mich, zeigte mir die Anstrengungen und Freuden, die ich in den letzten 48 Stunden erlebt hatte. Ich begutachtete mein vierzigjähriges Gesicht, wuschelte durch mein graumeliertes Haar.

      „Vielleicht sollte Horst sie färben.“, überlegte ich, wusch mich gründlich, benötigte dringend Schlaf, jedoch der Tag war erst am Anbeginn.

      Der Geruch von gebratenen Eiern mit Speck lockte mich hervor. Ich zog mir legere Kleidung über. Meine Wahl fiel auf Phillip Plein, fiel auf helle Töne, denn diese ließen mich auf wundersamer Weise frischer, ja direkt jugendlicher erscheinen.

      „Shey, Eve sagt die Wahrheit. Was treibt dich überhaupt dazu? Du hast doch uns zwei. Was brauchst du sonst noch?“, fragte Melanie mit ihrem französischen Akzent.

      Eine Wahnsinnsfrau, meine Wahnsinnsfrau, ich hätte die Welt zu einem Herz geformt, wenn sie es verlangt hätte. Ich grinste, neigte meinen Kopf leicht zur Seite, schwieg.

      „Willst du noch eine Geliebte? Sollen wir eine dritte Frau zu uns nehmen. Shey, sag es. Und du bekommst sie.“, schwor Melanie kess, hob ihre drei Finger in die Höhe.

      „Warte! Frag mich doch zuerst, bevor du ihm das versprichst. Ich will mitentscheiden. Außerdem bin ich mir gar nicht sicher, dass ich Shey mit einer dritten Frau teilen will.“, warf Eve angestachelt ein.

      Ihre Eifersucht sprühte aus ihrem bildhübschen Gesicht. Selbst in solchen riskanten Momenten sah sie wunderschön aus.

      „Ja, Shey, sag schon, willst du eine dritte Frau?“, bohrte Eve nach und gleichzeitig töteten mich ihre grünen Augen.

      Sie sah bezaubernd aus, wie ein Engel, der direkt aus dem ewigen Paradies zu mir geflogen kam. Ihre lockige, blonde Mähne umrahmte ihr abwartendes Gesicht. Wenn ich jetzt etwas Falsches gesagt hätte, hätte sie mich auf der Stelle erwürgt. Melanie griente frech und war nicht minder neugierig. Ich blickte ihnen abwechselnd in die Augen, stellte mich mutig ihrer Falle, zwinkerte dreist, goss ihnen Champagner nach.

      „Ihr Zwei. Ich fürchte mich vor euch, wenn ihr wie die wildgewordenen Furien über mich herfallt.“

      Ich verstand mit meinen beiden unberechenbaren Frauen umzugehen, erahnte den unvorhersehbaren Moment, genoss es direkt. Ich hatte die leere Champagnerflasche noch in der Hand, sprang unerwartet auf, schleuderte die Flasche ansatzlos gegen den Boden, tausende Splitter flogen umher, ich schnaubte wild wie ein wütender Stier. „Kommt mir nicht so. Sagt doch, dass ihr noch eine weitere Gespielin wollt. Es langt euch wohl nicht. Ich Narr dachte tatsächlich, wir drei sind glücklich. Jetzt kommt ihr mir mit so einem Unsinn.“

      Ich ging stampfend auf und ab. Eve und Melanie saßen da, ihre Münder weit aufgerissen, sie waren sprachlos. Mit dieser Wendung hatten sie nicht gerechnet. Doch ich setzte noch eines drauf. Ich griff nach der wertvollen Porzellanfigur aus dem späten neunzehnten Jahrhundert, die den Tisch zierte, und warf sie gegen die Wand. Die scharfen Trümmer sausten durch den Raum.

      „Ich fass es nicht. Wir drei und sonst niemand! Wenn ihr eine dritte Frau anschleppt, bin ich weg. Dann seht ihr von mir nur noch eine Staubwolke. Das könnt ihr mir aber glauben.“

      Ich schnappte mir das bereitstehende Päckchen, verließ mit knallenden Türen die Suite, und eilte zum Aufzug. Jetzt aber schnell weg. Ich konnte mir das Lachen kaum verkneifen. Wahrscheinlich saßen sie jetzt überglücklich und zufrieden auf der Couch und öffneten sich eine weitere Flasche Schampus, gaben eine Portion Molly dazu und liebten sich triumphierend.

      Ich war auf dem Weg zu Djan, meinem Auftraggeber, ein egozentrischer Multimilliardär, der das Abenteuer liebte, aber andere benötigte, diese gefährliche Lebensweise auszuleben. Ich war einer dieser Anderen.

      Das geschmiedete Tor zu seinem Anwesen öffnete sich automatisch und ich fuhr in den gepflegten grünen Park ein. Ein Pfau stolzierte neben den Kiesweg, als ob er mich begrüßen wollte. Ich winkte ihm zu, fuhr gelassen den geschwungenen Weg entlang, bis zu den marmornen Stufen, die hoch zu einem mit Stein eingerahmten See führten. Ich stieg aus, folgte den Stufen nach oben, und ließ meinen Blick über das grünlich schimmernde Wasser schweifen. Zwischen den Seerosen schwammen leuchtend bunte Kois, die den unermesslichen Reichtum meines Auftraggebers offen zur Schau stellten. Djan war ein Mann, der vielen Leidenschaften nachging, ohne jemals den Preis zu scheuen, die sie von ihm abverlangten. Ein Ruderboot mit zwei schwarz gekleideten Männern glitt auf mich zu. Sie waren das perfekte Abziehbild der ganz in schwarz gekleideten Unbekannten in den Agentenfilmen. Keiner kannte sie, aber sie waren bereit, jederzeit für ihren Boss zu sterben.

      Sie luden mich mit einer Handgeste ein, in das Boot zu steigen. Ich nahm meinen Platz zwischen ihnen ein, und während der eine Ausschau hielt, ruderte sein Partner durch das wellende Wasser. Nach drei Minuten erspähte ich eine weiße Villa, die in dem weiten Wasserbecken errichtet worden war. Mein dicklicher Auftraggeber kniete am Rand des marmornen Stegs, hielt seine linke Hand ins Wasser, die Brille saß

      locker auf seiner Nase und er starrte bewegungslos ins Nass, lauerte wie ein Jäger, wartete ab. Plötzlich schnappte Djan zu, schnappte sich einen Koi, hielt einen Asagi in seinen Händen. Ich selbst war von dieser blauen Koikarpfen Varietät überaus begeistert. Sobald ich sie zu Gesicht bekam, seufzte ich auf, wünschte mir nichts sehnlicher als einen festen Wohnsitz mein Eigen zu nennen und sie in meinem Pool schwimmen zu sehen. Bisher machte es jedoch keinen Sinn, denn die meiste Zeit war ich mit meinen beiden Ladys auf dem Erdball unterwegs, wir verweilten dort, wo unsere Aufträge uns gerade hinführten. Trotz seines Leibesumfangs erhob sich Djan behänd und warf ihn mir zu.

      „Fang! Unser Abendessen. Strotzt vor Lebendigkeit. Lecker Sushi.“

      Ich drehte mich geistesanwesend weg, ließ den zappelnden Fisch an mir vorbeifliegen, wollte mir die Klamotte nicht mit dem Fischgeruch versauen. Als der Fisch aufs Wasser planschte, zuckte ich, Unschuld vortäuschend, mit meinen Schultern. Er kratzte sich an seiner kugeligen Glatze, richtete sich seinen beigen Anzug zurecht und streckte sich.

      „Na, dann gibt es eben Kobe Filet Mignon.“

      Djan schüttelte mir kraftvoll die Hand, lachte schmutzig, wie Kobolde es in Zeichentrickserien nur konnten, zog mich zu sich heran und umarmte mich.

      „Du hast Sky erwischt, ja?“, fragte Djan flüsternd nach, schlug mir dabei mit seiner nassen Hand freundschaftlich auf den Rücken.

      „Ja, sicher. Es ist getan.“, bestätigte ich im gleichen Flüsterton, nickte knapp und Djan bat mich ins Haus. Der Fischgeruch wehte mir um die Nase.

      Ich war jedes Mal auf das Neue überrascht, wenn ich von Djan eingeladen wurde. Sein Interieur bezeugte seinen exquisiten Geschmack für auserlesenes Design. Dunkle schwere Holzmöbel im Kolonialstil und dunkles Leder für die Überzüge staffierten die mit ausladenden Palmen gesäumten Räumen, dazwischen präsentierten sich die geflügelten Kunstwerke, die gekonnt in Szene gesetzt waren. Djan sammelte leidenschaftlich Engelsstatuen, ganz gleich ob sie aus feinem