Shey Koon

Vatermissbrauch


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an mir, gab erst nach, als ich aufrecht auf dem Bett saß. Melanie brachte mir einen kühlen Energiedrink. Beide saßen sie vor mir, blickten mich erwartungsvoll mit ihren lebendigen Augen an und warteten ab.

      „Ladys, zuerst das Training, dann können wir in die Stadt.“ Die exklusive Goethestraße in der Frankfurter Innenstadt lag von Königstein nur 20 Autominuten entfernt, also kein Grund zur Eile.

      „Das Trainingsprogramm haben wir längst absolviert, während der Herr munter geschlafen hat.“ Eve und Melanie drehten ihre Köpfe, zeigten mir ihre kunstvoll gerichteten Hochsteckfrisuren, reckten ihre manikürten Finger in die Höhe und lächelten amüsiert. „Unser Spa-Vormittag ist erfüllt. Wir können also auf der Stelle aufbrechen.“, forderte mich Eve auf. Melanie grinste unverschämt hinterher.

      In unserem Trio hielt eindeutig Eve das Zepter in der Hand. Was blieb mir anderes übrig. Ich stand auf, verzichtete auf die sonstigen Aufputschmittel und zog mir sommerliche Kleidung über. Melanie spielte mit ihrer schwarz umrahmten Brille, fragte höflich beim Concierge an, ob wir eine Limousine mit Fahrer buchen könnten, gab die Liste der Luxusboutiquen durch, denen wir einen Besuch abstatten wollten und bedankte sich herzlich für den außergewöhnlichen Service.

      „Melanie, warum fragst du so überaus freundlich? Deine persönlichen Wünsche zu erfüllen, das ist die Aufgabe des Concierge. Dafür wird er schließlich bezahlt.“ Eve schüttelte verständnislos ihren Kopf. Ich konnte nicht an mich halten.

      „Weißt du, die Kunst des Concierge besteht darin, dass er seine Stellung nicht nur als eine notwendige Pflichtaufgabe behandelt, nur um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern als sein leidenschaftliches Engagement dem Gast des Hauses gegenüber. Er ist der Meister, der dir wie Aladin in der Wunderlampe deinen persönlichen Wunschtraum zur Erfüllung bringt. Dieser fantastische Realitätsdesigner erschafft uns unser luxuriöses Panorama des Lebens, solange wir in der Villa Rothschild Kempinski zu Besuch sind.“, klärte ich Eve auf. „Genau genommen ist er der Schöpfer unserer Erlebniswelt. Nicht nur das. Er sieht alles, er hört alles, jedoch er schweigt und macht einfach. Diese Qualität ist nur wenigen Menschen zu Eigen. Er hat unseren ehrlichen Respekt verdient, da stimme ich Melanie bedingungslos zu.“

      „Poch, poch, poch.“ Es klopfte an der Türe, Melanie öffnete, ich beobachtete Eve, stellte erstaunt fest, dass sie mit dem korrekt gekleideten Concierge Augenkontakt herstellte. Argwöhnisch musterte ich die beiden, doch es entzündete sich kein Feuer des Flirts, nein, in ihren Augen spiegelte sich die Hochachtung wieder, die dem begabten Magier gebührte. Er begleitete uns zum hauseigenen Limousinen-Shuttle, der Chauffeur öffnete galant die Türe des Jaguars und fuhr uns schweigend nach Frankfurt.

      Kaum in der Stadt angekommen, verabschiedete ich ihn und begleitete meine Ladys in die Luxusboutiquen, ließ mir eifrig von dem köstlichen Launengold einschenken, bestaunte die Wandlungskraft ihrer Schönheit, unterstützte die Wahl der Beraterin

      oder lobte die Wahl von Eve und Melanie. Die Stunden flossen dahin, der Sekt perlte, die edlen Pakete stapelten sich bis unter die Decke, warteten darauf, mit dem Service in unser Domizil gebracht zu werden. Ich war bereit meinen zwei Schönheiten die gesamte Welt zu Füßen zu legen. Unerwartet verspürte ich das Bedürfnis, eine ordinäre Zigarette zu rauchen. Das Verlangen erlebte ich nur, wenn ich ausgiebig Sekt trank, anscheinend gab es da einen Zusammenhang.

      Ich ging aus der Türe, schnorrte bei einem vorbeilaufenden Passanten, der mir sympathisch erschien, steckte mir die Zigarette an und rauchte. Ich freute mich des Tages und blies den Rauch aus. Erst unmerklich, ich schnupperte, der schleierhafte Duft des Parfüms lag in der Luft, das wohlbekannte Aroma nahm den Raum um mich ein. War es abermals nur eine Einbildung? Ich blickte mich nervös nach allen Seiten um, suchte, meine Augen wanderten hektisch über die Gesichter der spazierenden Leute. Befand sie sich unter ihnen? Angespannt rauchte ich weiter. Nichts passierte. Ich ging zurück in die Luxusboutique, verdrückte mich auf die Toilette, wusch mir meine Hände, erfrischt mein Gesicht. Ich hatte eindeutig zu viel Launengold auf nüchternen Magen getrunken. Mit schwammigen Knien betrat ich den Verkaufsraum.

      „Shey, du siehst bleich aus. Ist alles gut bei dir?“, fragte Melanie besorgt nach. Meine Hotties ließen alles stehen und liegen, eilten sofort zu mir. Melanie nahm mein Gesicht zwischen ihre Hände, blickte mir tief in die Augen, küsste meine Lippen. Eve umarmte mich.

      „Es ist alles in Ordnung. Ich habe nur einen unglaublichen Hunger.“, antwortete ich bübisch.

      Melanie bat die Beraterin, sich um die Vielzahl der Pakete zu kümmern, bedankte sich freundlich, während Eve mich resolut an die Hand nahm und nach außen an die frische Luft zog.

      „Shey, du achtest überhaupt nicht auf dich. Das kann so nicht weitergehen.“, schimpfte sie mich.

      „Ich brauche nur eine kräftige Mahlzeit, dann bin ich schnell auf dem Damm. Lasst uns amerikanisch essen! Lecker Sparerips, Bacon und Potatos.“

      Melanie eilte herbei. „Das, mein Liebster, kannst du ganz schnell wieder vergessen. Was du brauchst, ist eine gesunde Gemüsesuppe. Die bringt dich zu Kräften. Ganz in der Nähe gibt es doch dieses vegane Restaurant. Dort gehen wir jetzt hin. Melanie küsste mich abermals. „Und heute wird kein Alkohol mehr getrunken. Hast du mich verstanden? Ist nur zu deinem Besten.“

      Melanie besaß eindeutig mütterliche Ambitionen. Aber es war sinnlos zu widersprechen. Sie hatte Eve ganz klar auf ihrer Seite. Zwei gegen einen. Also fügte ich mich kampflos und wir spazierten zu dem heilsversprechenden Restaurant. Ich wusste eh, wenn ich den aufgezwungenen Ratschlag befolgte, hätte ich meine zwei Gesundheitshüterinnen bis zum späten Abend soweit um den Finger gewickelt, dass ich wenigstens den ein oder anderen Spliff zwischen meinen Lippen halten durfte.

      Nach einem Vevay Teller und einem Chia-Kokos-Pudding mit Obst, trank ich noch reichlich Supergreen-Smoothies. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, denn ich blickte nach dem grünen Mahl in zwei rundum zufriedene Gesichter.

      „Was würde ich nur ohne meine Engel machen. Ich danke Gott jeden Tag, dass es euch gibt.“

      In bestimmten Fällen war es unnötig mich gegen diese geballte Frauenpower aufzulehnen. Ich war der Klügere und beugte mich vor der weiblichen Gewalt. Nach einem ausgedehnten Spaziergang mit anschließender Fütterung der Enten kümmerte sich Melanie um den Shuttle-Service. Es dauerte keine fünfzehn Minuten und wir saßen im Jaguar, der uns in die Villa Rothschild Kempinski zurückfuhr. Ich schnappte mir den silbernen Umschlag, bewegte mich möglichst selbstverständlich zu meiner verzierten Holzbox, holte mir einen gerollten Spliff hervor und zündete ihn an.

      „Geh auf den Balkon, wenn du rauchst! Hier innen wird nicht geraucht.“, ermahnte mich Eve und blickte mich dabei bissig an.

      Ich genoss genüsslich meinen Spliff, zu meinem Bedauern alleine. Meine Ladys huschten ins Badezimmer. High öffnete ich den Umschlag, las nun endlich meinen neuen Auftrag.

      Shan Zeibo. Ich blickte auf das Foto. Eine attraktive Asiatin guckte mir entgegen. „Goldene Perle, wie Doppeldeutig.“, flüsterte ich vor mich hin. Das war also meine zugeteilte Zielperson. Mein Blick verweilte auf dem Bild. „Du bist meinem Auftraggeber eine stattliche Summe wert.“, klärte ich sie auf.

      Ich besaß die Angewohnheit, frühzeitig mit meinen Zielpersonen zu reden, ganz so, als ob sie anwesend wären. Aus der Erfahrung der Jahre konnte ich sagen, dass es mir half, mich in meine Jagdbeute einzufühlen. Sie war erst 26 Jahre alt und wurde bereits als eine der gefährlichsten Personen auf dem Planeten eingestuft. Shan Zeibo betrieb einen Handel mit Versuchskontingenten der besonderen Art. Ihr Fachgebiet galt den menschenverachtenden geheimen Abschlüssen, die die Staaten hinter dem Vorhang der Macht anboten. Angesehene Wissenschaftler, Industrien oder Militärs orderten auf dem Weltmarkt Gebiete, die die korrupten Staatschefs mitsamt ihren Bewohnern an den Höchstbietenden verpachteten. Die freigegebenen Areale durften dann für Versuchszwecke jeglicher Art genutzt werden. Die Tötungsrate des Lebens konnte bis zu einhundert Prozent betragen, solange gewährleistet wurde, dass die Versuche die festgelegten Grenzen nicht überschritten und das Territorium nach der vertraglich vereinbarten Versuchslaufzeit wiederaufbereitet wurde. Shan Zeibo jettete durch die Welt, verhandelte mit käuflichen Staatschefs, Königen,