Jutta Maschmeier

Stürme der Prärie


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Begrüßung hatte sich Karen auf die große Ledercouch gesetzt. Sie war gespannt darauf gewesen, was ihr Vater von ihr wollte, denn er hatte diesen Gesichtsausdruck, bei dem sie nichts Gutes ahnte.

      „Wie war die Dinnerparty gestern bei den Hensons?“, hatte sie ihn gefragt, obwohl es sie gar nicht interessierte.

      „Ganz amüsant, schade dass ich dich nicht überreden konnte, auch zu kommen. Paul war übrigens auch da. Es wäre eine Gelegenheit gewesen, ihn auch privat näher kennenzulernen“, hatte Mr. Cook vorwurfsvoll geantwortet.

      „So? Und warum meinst du, sollte ich das tun?“, hatte Karen nun schnippisch gefragt.

      „Ach, Karen, geh doch nicht gleich wieder auf Abwehr. Er ist ein netter junger Mann und zufällig auch Single, so wie du. Darf man sich als Vater nicht mal so seine Gedanken machen?“

      „Natürlich darfst du das, Daddy. Aber sprich sie bitte nicht aus. Zwischen Paul und mir ist nichts und wird auch nie etwas sein. Reicht dir das als Antwort?“

      Karen hatte ihren Vater herausfordernd angesehen, doch der war mindestens so dickköpfig wie sie.

      „Nun, weißt du, mein Kind, ich habe da ein wenig mehr Lebenserfahrung als du. Ich sehe es, wenn zwei Menschen zusammenpassen, glaube mir. Ich finde, ihr würdet ein wunderbares Paar abgeben, zumal ich weiß, wie Paul für dich empfindet. Er verehrt dich sehr und er würde dich auf Händen tragen, außerdem könntet ihr zusammen die Firma leiten. Ich würde mich langsam zurückziehen.“

      „Aha, so ist das also.“ Karen hatte ihren Vater nun wütend angesehen.

      „Du traust mir nicht zu, die Firma allein zu leiten! Du denkst, dass eine Frau das nicht kann. Aber da irrst du dich gewaltig. Ich kann diese Firma übernehmen, jederzeit und ich würde sie gut leiten, ob du das nun glaubst oder nicht!“

      Nelson Cook war sich durch sein weißes, volles Haar gefahren und hatte geseufzt.

      „Liebling, ich sage ja nicht, dass du es nicht kannst, aber mir wäre einfach wohler, wenn ich wüsste, dass ein fähiger Mann an deiner Seite wäre. Und Paul ist genau der Richtige, schließlich habe ich ihn ausgebildet“, hatte er versucht, zu beschwichtigen.

      „Also soll ich einen Mann heiraten, den ich nicht liebe, nur damit du in Zukunft gut schlafen kannst?“ Karen war immer lauter geworden.

      „Sagen wir mal so, wenn ihr verheiratet wäret, wüsste ich, dass ihr an einem Strang zieht und euch nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen würdet.“

      „Ach ja, und da bist du dir sicher? Daddy, ich würde lieber die Firma aufgeben, als einen Mann zu heiraten, den ich überhaupt nicht leiden kann. Genau, gib Paul doch die Firma, wenn dich das beruhigt!“, war es aus Karen herausgebrochen.

      Im nächsten Moment hatte sie bereut, was sie da gesagt hatte, doch sie war einfach zu wütend gewesen, um es wieder zurückzunehmen. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass ihr Vater nicht darauf einging, doch da hatte sie sich leider getäuscht.

      „Ach so, ich dachte Cook Industries würde dir etwas bedeuten, aber da habe ich mich wohl auch getäuscht. Genauso wie ich dachte, ich könnte mit dir vernünftig darüber reden und zusammen eine Lösung finden. Du wüsstest doch gar nicht, was du ohne die Firma anstellen solltest, willst du etwa für andere Leute arbeiten? Ist es das, was du willst? Oder willst du dir mit meinem Geld ein schönes Leben machen, Partys feiern und reisen? Ich wusste wirklich nicht, dass du das vorhattest.“

      Nun hatte sich Mr. Cook in Rage geredet. Er holte erst einmal Luft. Seine Tochter konnte einen aber wirklich auf die Palme bringen. Angriffslustig war Karen aufgestanden und hatte sich vor seinem Sessel aufgebaut.

      „Oh nein, Daddy, dein Geld brauche ich nicht und wenn du es so willst, dann werde ich eben für fremde Leute arbeiten. Ich habe damit kein Problem und ich habe es auch nicht nötig, mich von dir aushalten zu lassen. Setz doch deinen lieben Paul auf deinen Sessel, aber wundere dich nicht, wenn du ab heute nichts mehr von mir hörst.“

      Nelson Cook hatte einen Moment überlegt, ob er nachgeben sollte, aber leider einen Moment zu lange. Karen war bereits an der Tür und hatte sie mit einem lauten Knall hinter sich zugeschlagen. Nun, sie würde schon bald wieder auf der Matte stehen, da war er sich sicher. Wo sollte sie auch hin, über viel Bargeld konnte sie nicht verfügen, da das meiste über sein Konto lief, also wäre sie schneller wieder da, als sie dachte. Trotzdem war dieses komische Gefühl im Bauch geblieben, dass er heute vielleicht zu weit gegangen war.

      Davon war Karen überzeugt gewesen. Wütend lief sie durch den Flur. Als sie ihr Büro erreicht hatte, packte sie so schnell wie möglich ihre Sachen zusammen. Suzanne hatte erstaunt in der Tür gestanden und ihre Chefin beobachtet.

      „Was ist denn passiert? Was haben Sie vor, Karen?“ hatte sie gefragt.

      Karen hatte gar nicht aufgeblickt, als sie Suzanne antwortete:

      „Mein Vater hat mich rausgeschmissen, weil ich eine Frau bin! Können Sie sich das vorstellen? Aber das wird ihm noch leidtun, das verspreche ich.“

      Als sie an Suzanne vorbei aus der Tür wollte, war sie kurz stehengeblieben und hatte ihre langjährige Assistentin angesehen.

      „Sie müssen mich vertreten. Sie kennen sich ja aus. Ich verlasse mich auf Sie.“

      „Ja“, hatte diese verwirrt gestottert, „aber wo wollen Sie denn hin?“

      Doch Karen war schon hinausgeeilt. Wieder war die Tür hinter ihr mit einem heftigen Knall zugefallen.

      Erschöpft ließ Karen sich auf ihrem Koffer nieder, die Hitze war mörderisch. Sie hätte im Moment alles für einen Baum und ein bisschen Schatten gegeben. Ganz in Gedanken an den gestrigen Tag war sie ein gutes Stück vorangekommen, doch noch immer war keine Zivilisation in Sicht. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Sie hätte auch genauso gut in ihrem schicken Apartment bleiben können. Sich einfach bei der Konkurrenz bewerben können! Aber nein, sie musste das nächstbeste Flugzeug nehmen und New York so weit wie möglich hinter sich lassen. Aber wo sollte sie hier Arbeit finden, es gab hier noch nicht mal Menschen? Jetzt nur keine Panik, sagte sie sich selber. Es konnte nur besser werden. Irgendwann musste doch mal eine Stadt auftauchen oder zumindest ein Auto. Mühsam erhob sie sich und setzte ihren Weg fort. Wenn sie nur nicht so einen Durst hätte. Zu Hause hätte sie nur ihren großen Kühlschrank öffnen müssen und neben Mineralwasser auch einige Säfte vorgefunden. Ihre Haushälterin sorgte immer dafür, dass alles da war, was sie benötigte. Karen hatte ihr einen Zettel hinterlassen, dass sie Urlaub machen sollte, da sie auf unbestimmte Zeit verreist sei. Um die Bezahlung brauchte sie sich keine Sorgen machen, da das immer von Daddys Konto erledigt wurde. Überhaupt hatte sie sich noch nie über Geld Sorgen machen müssen. Als Tochter von Nelson Cook war es ihr immer gut gegangen. Jetzt hatte sie gerade mal elf Dollar in der Tasche. Damit würde sie nicht weit kommen, also musste sie sich schnell Arbeit suchen. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Hatte sie vielleicht doch etwas vorschnell reagiert? Ganz in Gedanken merkte Karen erst gar nicht, dass sich von hinten ein Auto näherte. Plötzlich hörte sie das Motorengeräusch. Schnell drehte sie sich um. Tatsächlich, da kam ein Auto auf sie zu. Dem Himmel sei Dank. Schnell ließ sie ihre Sachen fallen und stellte sich winkend auf die Straße. Sie würde sich vor das Auto schmeißen, wenn es nötig wäre, es durfte auf keinen Fall ohne sie weiterfahren. Aber das war gar nicht nötig, denn der Wagen hielt genau neben ihr an. Ein junger Mann stieg aus. Ein sehr gut aussehender Mann, wie Karen feststellte. Er war schlank, trug eine dunkle Hose, ein weißes Hemd und hatte dunkles Haar, das ihm ins Gesicht fiel.

      „Haben Sie sich verlaufen, Miss?“, fragte er erstaunt.

      „Gott, bin ich froh, dass Sie gekommen sind“, sagte Karen ganz aufgeregt. „Ich muss in die nächste Stadt, können Sie mich bitte mitnehmen?“

      „Natürlich, steigen Sie ein, ich verstaue Ihr Gepäck hinten“, sagte der junge Mann und öffnete die Heckklappe.

      Das ließ sich Karen nicht zweimal sagen. Sie machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem. Es war angenehm kühl im Auto. Karen lehnte sich erschöpft und erleichtert zurück. Kurz darauf