Michael Geigenberger

Tres Amigos 1


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sehen, das wirft ja dann ein ganz neues Licht auf den Fall!“ Wildfang beugt sich über die Schulter um selbst nachzulesen. „Er hat sie alleine letztes Jahr dreimal besucht.“ „Also kannten sie sich auf jeden Fall besser. Das erklärt auch, warum sich der Grafensohn von ihr an das Lenkrad mit Handschellen fesseln ließ.“ „Du spinnst doch, was hat er?“, fragt Gerd Wildfang ungläubig. „Ja, sieh mal, so haben wir ihn im Wagen aufgefunden.“ Wildfang starrt auf das Foto, das Lauenstein ihm hinhält. Tatsächlich ist der Grafensohn mit Handschellen am Lenkrad fixiert. „Es war wohl so eine Art erotisches Spiel, deshalb stand auch seine Hose offen.“

      „Jetzt hör aber auf! Dann wollten sie gemeinsam ihm Sexrausch aus dem Leben scheiden?“ „Das wäre eine Erklärung.“, meint Dietmar lächelt. „Gibt es weitere Unterlagen? Vielleicht irgendetwas aus einer Reisetasche?“ „Nicht viel, nur eine Kontonummer einer Kölner Bank. Eine Vollmacht, ausgestellt auf eine „Freizeit AG“.

      „Was ist das für eine Firma?“, hackt Wildfang nach. „Da sind wir gerade am Telefonieren. Es scheint so etwas wie ein Freizeitpark zu sein. Aber eines ist uns aufgefallen, der Besitzer ist ein Graf Weißenhahn.“ „Der den wir in Salzburg…?“ „Da sind wir uns nicht sicher, der Vorname wurde mal vor etlichen Jahren bei einem Notar geändert.“

      „Da müssen wir dranbleiben!“ In diesem Moment kommt der zuständige Arzt der Intensivstation zu dem Treffen von Lauenstein und Wildfang hinzu. Er hat Neuigkeiten meint er, der Patient hat zusätzliche Würgemale am Hals. „Sie wollte ihn zusätzlich erwürgen? Oder was soll das heißen?“ „Das ist eine ganz abgefahrene Sache. So wie es aussieht, hat sie ihn mit einem Schal an der Kopfstütze festgebunden.“

      „Und warum kann man das auf den Fotos nicht sehen?“ „Wir müssen davon ausgehen, dass sich der Schal beim Unfall selbst gelöst hat. Aber das erklärt die Würgemale und das Foto des Zeugen.“ „Also müssen wir davon ausgehen, dass beide gemeinsam aus dem Leben scheiden wollten. Vielleicht hat sie ihn aber erst von ihrem „Vorhaben“ informiert, als er sich nicht mehr wehren konnte.“ Die Spekulationen finden kein Ende, aber eine wirkliche Erklärung hat keiner parat. Die Sekretärin von Lauenstein erklärt, „Nun haben wir endlich eine Verbindung zur „Freizeit AG“ in Köln bekommen. „Und? Reden sie schon, was gibt es?“

      „Die Gesellschaft wurde bis zum Tod von einem Grafen von Weißenhahn und seinem Sohn geführt. Hauptberuflich waren aber beide in der Pharmabranche. Die Firma heißt Pharma-Weißenhahn. Der Senior und sein Sohn sind gemeinsam bei einem Flug über Arizona mit einer Privatmaschine abgestürzt. Aber jetzt kommt es: Im Testament war festgelegt, dass bei einem Tod der beiden, alles an eine Stiftung übergeht.“

      „Und? Gibt es die Stiftung?“, will Hauptkommissar Lauenstein wissen. „Ja klar, die sponsert jedes Jahr einen Preis in der Nachwuchsförderung.“ „Dann machen Sie uns einen Termin für morgen Vormittag, wir nehmen den Wagen nach Köln“, meint Gerd Wildfang. Susanne versucht mit einem Besenstiel das Kuvert hinter dem Schrank hervor zu angeln. „Gleich hab ich es, wenn du mal etwas mit hinlangen würdest, ginge es leichtert.“

      „Bin ja schon da!“, meint Tomas. Dann endlich fällt das Kuvert auf den Boden. „So jetzt bin ich aber gespannt, was es da noch gibt, was wir übersehen haben.“ „Du meinst…was du übersehen hast“, korrigiert ihn Susanne. Gemeinsam gehen sie jedes Blatt nochmals durch, bis sie auf eine Kölner Telefonnummer stoßen. Noch ahnen sie nicht, wer der Inhaber dieser Nummer ist, aber Susanne ist die Frau der Tat und wählt umgehend die Nummer. „Stiftungsrat Weißenhahn, am Apparat Inge Niedermeier.“ Vor lauter Schreck legt Susanne gleich wieder auf. „Die Nummer gehört zu einem Weißenhahn! Da muss es eine Stiftung geben.“ Susanne und Tomas sehen sich etwas verwirrt an. „Was machen wir jetzt?“ „Lass uns doch alles erst mal zusammenschreiben, was wir alles haben! Dann sehen wir was uns noch fehlt?“, schlägt Susanne vor.

      Kapitel: 9 Die seltsame Tochter

      Zu dem gleichen Schluss sind die Kollegen Lauenstein und Wildfang auch schon gekommen. Vor allem fragen sie sich, was die Tochter Dorothea von Weißenhahn mit dem Familienclan zu tun hat. Nur eines steht mittlerweile bereits fest, sie war erbberechtigt. Weiter hat sich inzwischen herausgestellt, dass Hans-Heinrich von Weißenhahn, sie vom Flugplatz in Frankfurt persönlich abgeholt hat. Das kam soeben durch das Fax gerattert. Bei der Einreise gab es ein Problem mit ihrem Pass, da er abgelaufen war. Hans-Heinrich konnte das erklären und versprach dem Zöllner, dass er sich persönlich um die Verlängerung in Frankfurt kümmern werde. Er musste der Einreisebehörde eine Bestätigung unterschreiben.

      Von dort sind sie aber nicht direkt auf die Autobahn, sondern in ein nahe gelegenes Hotel gefahren. Im Airport Hotel reservierten sie ein Doppelzimmer für drei Tage. Gesehen wurden sie in dieser Zeit nicht. Ob sie wirklich die ganze Zeit dort waren, ist auch unerheblich. Auf der Videoüberwachung sieht man sie beide zwei Tage vor dem Unfall beim auschecken. Also waren sie noch weiter unterwegs. Aber wo? Das wird zu klären sein. Wildfang meldet sich mit einer Idee zu Wort. „Könnte es nicht sein, dass sie in Köln bei der Stiftung waren und versucht haben Klarheit zu bekommen? Schließlich wäre in der Erbfolge Dorothea von Weißenhahn an der Reihe gewesen. Sie hätte die Leitung der Stiftung übernehmen müssen. So steht es wenigstens in der Satzung.“

      „Moment Mal, da steht zuerst der Vater von Dorothea. Aber gibt es ihn überhaupt noch?“, fragt Hauptkommissar Lauenstein. „Nach unseren Unterlagen ist er wie vom Erdboden verschwunden. Aber jetzt lass uns erstmal zum Essen gehen! Außerdem brauch ich noch ein Hotelzimmer.“ „Ach, Blödsinn, du schläfst bei mir! Das Bett von meiner Frau ist doch frei.“ Auf diesen Vorschlag hin beginnen alle Anwesenden im Raum laut zu lachen. Anscheinend hat sich jeder auf seine Weise vorgestellt, wie die beiden nebeneinander im Ehebett liegen. „Für heute machen wir Schluss. Morgen fahren wir erst mal nach Köln zur Stiftung. Dann sind wir um einiges klüger.“ Auch Ester die Witwe des Grafen von Weißenhahn meint, dass sie erst mal Klarheit haben muss. Sie hat es sich gemütlich gemacht und blättert in den verschiedenen Unterlagen. Ein Pizzaservice hat sie bestens versorgt. Zuerst hatte sie zwar vor in das Edelrestaurant in der Bahnhofstraße zu fahren, aber dann überkam sie die Müdigkeit. Sie schaltet noch den Fernseher ein und blättert in den Kuverts, ohne eigentlich nach etwas Bestimmten zu suchen.

      Dann findet sie einen dünnen Umschlag, den sie bisher übersehen hat. Er ist beschriftet mit dem Wort „Salzburgbeteiligung“. Sie entnimmt die Unterlagen und stellt fest, dass es ein Dokument eines Notars ist. Dieter vom Dirndlgeschäft in Salzburg hat sich ein Darlehen vom Grafen geben lassen und zur Sicherheit sein Geschäft mit dem gesamten Inventar verpfändet. Weiter steht hier, dass Dieter von Weißenhahn wohl adoptiert wurde und das gerademal vor sechs Monaten. Warum hat er Dieter adoptiert und es ihr verschwiegen? Wenigsten ihr hätte er es sagen müssen, dass sie nun einen zusätzlichen Erben haben, und es ist sogar ein richtiger Sohn von ihrem Gatten. Aber nun versteht sie, warum Dieter so zutraulich wurde. Er ging wohl davon aus, dass sie Bescheid weiß. Sie beginnt über die neue Situation nachzudenken. Dieter ihr Stiefsohn? Vielleicht hat er ja gerade deshalb seinen Vater umgebracht umso an seinen Erbanteil zu gelangen.

      Dann wäre ja auch das Kuvert hinfällig. Als Sohn würde er mit seiner Stiefmutter ja alles gemeinsam erben, die ganzen Millionen. Da fällt ihr wieder ein, dass ja die Gelder verschwunden sind, vielleicht hat ja Dieter sie bereits abgehoben? Nun wird ihr angst alleine bei dem Gedanken, Dieter müsste sie ja dann auch aus dem Weg schaffen, damit er endlich an das Vermögen könnte. Dann steht auf einem weiteren Blatt, das sich Dieter verpflichtet, sich bei allen Casinos sperren zu lassen. Was? Er ist ein Spieler? Ester ist entsetzt. Na, wenn das der Kommissar erfährt. Doch die neuen Erkenntnisse steigern nur Esters Panik. Vielleicht ist ja Dieter schon auf dem Weg zu ihr nach Zürich! Ester sieht auf die Unterschrift des Notars und stellt erleichtert fest, dass das Dokument in Salzburg gefertigt wurde. Er wird von dieser Wohnung nichts wissen, davon ist sie überzeugt. Sie muss schnellstens zurück nach München und sich mit dem Kommissar Wildfang treffen. In ihrem Kopf beginnt alles zu verschwimmen. Das liegt aber auch an der zweiten Flasche Rotwein. Zu schnell hat sie ihn getrunken und dann sieht sie auf das Etikett und stellt fest, dass er ziemlich stark ist. Ester ermahnt sich zur Ruhe. Aber Köln, das ist jetzt noch wichtiger.