Michael Geigenberger

Tres Amigos 1


Скачать книгу

dann kracht es aber heftig im Karton.“ Wildfang wittert eine Wende und ist nun ziemlich aufgeregt. Nun ist er wieder hellwach und hat Schaum zwischen den Zähnen, das kommt von der Aufregung, das hat er immer, wenn es hektisch wird.

      Kapitel: 7 Ester besucht Zürich

      Ester ist vor zwei Tagen in Zürich bei ihrer Mutter eingetroffen und nun muss Ester feststellen, dass sich der Zustand ihrer Mutter verschlechtert hat. Sie erkennt Ester gar nicht, glaubt eine Vertreterin der Bank vor sich zu haben, dann wiederum hält sie ihre Tochter für eine Ärztin. Ester bemüht sich, aber ein richtiges Gespräch ist mit ihr Mutter nicht zu führen. Sie entnimmt der Tasche ihrer Mutter einen Schlüsselbund und verabschiedet sich dann eilig von ihr. „Von ihnen kaufe ich nichts!“, sagt Esters Mutter entschieden, bevor Ester die Türe hinter sich schließt. Ester nimmt ein Taxi in die Wohnung ihrer Mutter. Eigentlich hat sie ja einen eigenen Schlüssel, aber den hat sie in der Aufregung in München vergessen.

      Vor allem der Tresor ist für sie von Interesse. Diesen Schlüssel hatte sie bisher noch nicht, da er am Schlüsselbund ihres Gatten befestigt ist. Da aber alle bei ihm gefundenen Utensilien noch in Salzburg auf der Wache liegen, braucht sie den Schlüssel ihrer Mutter um Klarheit über ihr Geld zu erhalten. Sie geht durch die recht großzügige Wohnung und überlegt, was wohl daraus werden soll, denn Ihre Mutter wird wohl nie mehr hierher zurückkommen, aber vielleicht sollte sie sich ja hier selbst ein Quartier einrichten. Eine Bleibe in Zürich zu haben, ist sicher kein Fehler, vor allem die kleine Terrasse, die in den Garten übergeht hat es ihr angetan. Sie entschließt sich erstmal gar nichts zu unternehmen, da es ja eine Eigentumswohnung ist spielt es keine Rolle wenn sie für längere Zeit leer steht oder nicht.

      Eigentlich hatten ihre Eltern vor die Wohnung zu verkaufen, aber sie wurden sich nicht einig. Sie wollten immer einen Zeitpunkt abwarten, wo sie einen besseren Preis dafür erzielen konnten. Nachdem der Vater von Ester verstarb, kam die Mutter in ein Pflegeheim. Die Wohnung geriet in Vergessenheit. Ester weiß, dass der Tresor hinter der Kopie eines Rembrandts versteckt ist. Sie hängt das Bild ab und schließt den Safe auf. „Ach, sieh mal einer an, was ist denn hier alles vergraben?“ Ester ist verwundert, der Tresor ist komplett gefüllt. Sie entnimmt etliche Kuverts, die alle fein säuberlich nummeriert und beschriftet sind. Zweimal muss sie gehen um alles auf dem großen Esstisch auszubreiten.

      Auf dem ersten Kuvert, was sie in die Hand nimmt, steht „Versicherung“, dann folgt eines mit der Beschriftung: „Wohnung“. Das siebte Kuvert ist beschriftet mit „Privat“ und sie erkennt die Handschrift ihres Gatten. Sie zieht die Lasche heraus und siehe da, sie ist sprachlos, was sie zu sehen bekommt. Da gibt es Fotos von einem Schloss. Die Beschriftung erklärt ihr, dass es bei Köln sein muss. Es liegen Urkunden dabei. Ein Pachtvertrag, eine Kontonummer von einer Bank in Köln. „Da geht wohl die Pacht hin“, vermutet sie. Sie macht es sich bequem und erfährt nun, dass es ein Familienschloss gibt. Ein Dokument erklärt, dass die Erbfolge einzuhalten ist. So erfährt sie, dass ihr Mann eigentlich der jetzige Erbe sein müsste. Warum hat er niemals darüber gesprochen? Das würde ja bedeuten, dass es nun ihr gehört. Doch dann erstarrt sie. „Es gibt noch zwei Brüder!“ Davon wusste Ester bis dato ebenfalls nichts. Dass ein Verwandter, wie Maximilian ihn immer nannte, in Australien leben würde, davon hat sie gehört, aber sie weiß eben nichts Genaues.

      „Ein Schloss und ich die Schlossherrin, das ist ja toll“, meint sie. Das Selbstgespräch, was folgt, ist nicht zu verstehen, aber Ester klingt übermütig. Dann blättert sie noch in den anderen Kuverts und findet endlich das gesuchte, mit den Kontonummern ihrer Eltern, na ja eigentlich gehören sie Maximilian und ihr. Das war der eigentliche Grund für den Besuch. Maximilian sagte einmal zu ihr: „Wenn mir mal etwas zustößt, dann gehe in die Wohnung deiner Eltern, da gibt es einen Safe... den hab ich extra für uns einbauen lassen.“ Das Kuvert mit den Bankunterlagen und der notwendigen Vollmacht nimmt sie an sich. Das Kuvert mit den Unterlagen für das Schloss in der Nähe von Köln lässt sie im Safe. Sie ruft einen Schlüsseldienst und bittet, auch wenn es etwas mehr kostet, das Türschloss der Wohnung umgehend auszutauschen. Dann setzt sie Wasser auf um sich einen Kaffee zu machen. Im Gefrierfach findet sie noch Croisantes, die sie in die Backröhre schiebt, die Milch ist leider ungenießbar, aber es gibt noch frische Sahne, Marmelade ist ebenfalls im Kühlschrank. Ester macht es sich gemütlich. Sie beginnt darüber nachzudenken, was man eigentlich mit einem Schloss, oder ist es eine Ritterburg, eigentlich anfangen könnte. Sie wird dort hinfahren und es sich ansehen. Der Pachtvertrag ist auf eine

      „Freizeit AG“ in Köln ausgestellt. Sie wird dort anrufen und um einen Termin bitten. Nachdem es bereits halb fünf ist, entschließt sie sich für diese Nacht hier zu bleiben und sich das Bett zu richten. Zum Abendessen wird sie das nahe gelegene Edel-Restaurant das sich gleich um die Ecke befindet aufsuchen. Gerd Wildfang ist aufgeregt und läuft schnellen Schrittes durch die Gänge des Präsidiums. Endlich eine Wende in diesem verrückten Fall, denkt er. Walter Broder hat Probleme ihm zu folgen und ringt bereits nach Luft. „Jetzt renn doch nicht so!“, schreit er ihm nach. Da reißt Wildfang die Türe seines Büros auf und ruft: „Wo sind die Unterlagen?“ „Auf ihrem Schreibtisch“, kommt es leise aus dem Nebenzimmer. „Wo ist denn die Sophie?“, will Wildfang wissen. Sophie ist seine Sekretärin und rechte Hand. Ohne sie ist er so viel wie hilflos und aufgeschmissen. „Der haben Sie für heute freigegeben“, meint die zweite Schreibkraft.

      Gerd Wildfang muffelt seinen Freund Walter an und meint ungeduldig, „Broder, setzt dich irgendwo hin, aber stehe mir jetzt nicht im Weg!“ Wildfang wählt die Nummer seines Frankfurter Kollegen um Näheres zu erfahren. „Hallo, ist da der Lauenstein?“ „Sag mal, du kennst mich wohl nicht mehr, ich bin es, der Dietmar. Die Polizeitagung in Schruns… Hast du es vergessen?“ „Entschuldige, aber ich hörte nur Lauenstein. Also Dietmar, dann erzähl mal, was gibt es zu berichten!“ „Viel wissen wir auch noch nicht, aber die Zeugen sagen, dass der Graf Weißenhahn mit über zweihundert über die Autobahn ist und dann plötzlich nach rechts an einen Betonpfeiler knallte.

      Aber das seltsame ist, dass die Zeugen behaupten, es saß eine weitere Person im Wagen, die ihm eine Waffe an den Kopf, hielt.“ „Du hast nicht zufällig einen zuviel getrunken?“, fragt Gerd Wildfang spöttisch. „Sicher nicht, du kennst mich ja.“ „Eben drum!“ „Du musst herkommen! Ich bin in der Sondereinheit, Hauptwache Frankfurt, Abteilung Autobahnüberwachung.“ „Sag mir noch, sind beide tot?“ „Nein, der Graf hat überlebt, aber es ist noch nicht sicher, ob er durchkommt. Er liegt auf der Intensivstation im Koma. Die Beifahrerin ist inzwischen verstorben. Ach noch etwas, die Beifahrerin hatte einen australischen Pass und heißt Dorothea Gräfin von Weißenhahn.“ „Ich komme, das muss ich selbst sehen.“ Eine knappe Schilderung folgt, so dass Broder informiert ist. „Ich muss da hin“, sagt Wildfang mit aufgeregter Stimme.

      „Tut mir leid, da kann ich dich nicht begleiten, mein Einfluss endet hier in München, wie du weißt, aber du wirst mir doch Nachricht geben?“, fragt Broder. „Aber klar“, meint Wildfang und sein Kollege aus Österreich fährt deshalb mit der Bahn nach Salzburg. Wildfang ist erstaunt, „Da gibt es tatsächlich eine weitere Familie von Weißenhahn die Hans-Heinrich auch noch mit einem Revolver bedroht. Was ist da nur los?“ Walter Broder sitzt im Taxi zum Bahnhof und überlegt, wie die Personen zusammen gehören und was sie mit einander verbindet. Aber er stellt auch fest, dass er heute nichts mehr recherchieren kann, und tröstet sich damit, dass das Mittagessen vorzüglich war.

      Kaum hat Broder auf seinem Sitzplatz im Zug Platz genommen, beginnt er ein kleines Nickerchen zu halten, er meint zu sich selbst, dass er sich das längst verdient hat. In Salzburg angekommen schreckt er hoch. Für ein kleines Nickerchen war der Schlaf wohl doch etwas zu lang und zu tief. Noch völlig schlaftrunken winkt er einem Taxi und denkt, wie gut, dass es Ausländer sind, wären es Österreichische Grafen, hätte er längst das Innenministerium am Hals. Gerd Wildfang wird morgen Früh den ersten Zug nach Frankfurt nehmen, dann kommt er rechtzeitig zum Mittagessen dort an. Endlich wird er alles erfahren, da ist er sich sicher. Vielleicht ist ja diese ominöse Dorothea die Mörderin vom Grafen und von Elvira und vom Sohn sowieso? Vielleicht lässt sich recherchieren, seit wann sie in Deutschland ist? Alles Fragen, auf die er in Frankfurt von seinem Kollegen Dieter Lauenstein eine Antwort erwartet. Mit den