Michael Geigenberger

Tres Amigos 1


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die Handschellen herausangelt und Tomas bekommt seinen Wunsch erfüllt. Nun liegt er in einer ziemlich unbequemen Lage auf der Couch. „Wie fühlst du dich? Ein bisschen ungemütlich, wenn ich dich so betrachte. Los entspann dich, du hast übrigens nur noch vierzig Minuten, dann musst du zu Markus“, meint Susanne. Sie genießt es, wenn Tomas so unbeweglich vor ihr liegt. Sie blättert gelangweilt in einer Zeitschrift und betrachtet ihn von der Seite. Dann beginnt sie mit einem Gespräch, dass Tomas nicht gerne hört. Susanne erklärt ihm, dass sie wieder zurück zu ihrer Freundin ziehen wird. „Ich möchte mich zukünftig nur noch um mein Studium kümmern. Das mit dem Klauen ist auf Dauer nicht mein Ding.“ Tomas möchte etwas sagen, aber Susanne legt ihm ihre Hand auf den Mund. „Du bist jetzt mal ganz still! Ich will die Hälfte von der Summe, die wir in Salzburg erbeutet haben und dann pack ich meinen Koffer. Natürlich bleiben wir Freunde!“

      Irgendwie hat Tomas schon auf diese Eröffnung gewartet. Es kommt nicht überraschend für ihn. Einige Male hat Susanne schon Andeutungen gemacht, dass sie gerne aussteigen will. Ohne die Hand von seinem Mund zu nehmen, bringt sie ihn mit ein paar geschickten Bewegungen an den Rand des Wahnsinns. Als Tomas ein letztes Mal laut aufstöhnt, löst sie die Handschellen und lächelt ihn an. „Du musst dich beeilen, wenn du pünktlich bei Markus sein willst. Ich fahre in der Zwischenzeit zu meiner Freundin und sage ihr, dass ich wieder bei ihr einziehe.“ Tomas nickt ergeben. Fanny, die Ehefrau von Markus, kennt die Prozedere wenn ihr Mann Markus und Tomas zusammensitzen. Sie hat sicherheitshalber eine große Kanne Kaffee für die beiden bereitgestellt. Dann aber verziehen sich die beiden ins geheimnisvolle Arbeitszimmer. Markus hat sich dieses Arbeitszimmer eingerichtet, als er endlich seine Entschädigung nach seinem Unfall ausbezahlt bekam. Das Zimmer ist vollgestopft mit Spezialcomputern. Markus war schon immer ein Computer-Freak. Tomas legt die Beute vom Salzburg Event auf den Tisch und Markus beginnt darin zu wühlen. Nach und nach gibt Markus die Namen in den Computer ein um zu sehen, ob etwas Interessantes dabei ist. „Sieh mal, da ist sogar ein echter Graf dabei, den nehmen wir als Erstes!“ Es verschlägt ihnen die Sprache, als sie erkennen, wie hoch die Summe ist, um die es diesmal geht. „Fünfundzwanzig Millionen! Wow!“, ruft Tomas. „Das bedeutet Nachtschicht.“, stellt Markus lachend fest. Sie überlegen, über welchen Surfer sie gehen sollen. „Machen wir das über Ungarn?“ „Klar über Ungarn, da haben wir mehr Möglichkeiten. Außerdem können wir es von dort leichter in die Schweiz bringen.“, erklärt Markus. Am nächsten Morgen weckt Fanny die beiden und legt die Tageszeitung auf den Tisch. „Das gibt es doch nicht, das ist doch unser Graf!“, meint Tomas, als er das Titelbild sieht. „Warum euer Graf? Was habt ihr mit dem zu tun?“

      „Wir haben seine Geldbörse auf dem Tisch.“ „Lasst bloß die Finger von dem!“, warnt Fanny. „Sonst steht hier die Polizei vor der Tür.“ „Haben sie den kalt gemacht?“, fragt Markus. „Sieht so aus. Damit haben wir aber nichts zu tun“, sagt Tomas, der den Artikel überflogen hat. Der Aufmacher im Kurier ist mächtig. „Mord in der Getreidegasse?“ steht hier in dicken Lettern. Aufgeregt lesen sie weiter. „Da ist ja noch nichts geklärt! Könnte also auch nur ein Herzinfarkt gewesen sein“, kommentiert Markus trocken.

      „Also habt euch nicht so. Zuviel gesoffen wird er haben und dann hat es ihn umgehauen.“ Tomas und Markus sprechen nun nicht weiter über den Grafen und ihre Arbeit, die sie in der letzten Nacht vollbracht haben. Fanny weiß zwar, was sie tun, wenn sie im Arbeitszimmer sitzen, aber sie will damit eigentlich nichts zu tun haben. Ihr Auskommen ist über die Versicherung geregelt. Der einzige Luxus, den sie sich leisten, ist das große Wohnmobil. Damit sind sie beweglich, da Markus mit seiner Behinderung nur ungern mit dem Flieger unterwegs ist. Kommissar Broder braucht noch einige Daten und hat Ester wieder zu sich an die Rezeption rufen lassen. „Bei Ihrem Mann wurde keine Brieftasche gefunden. Ging er gestern Abend ohne Geld aus?“ „Vielleicht hat man ihn beraubt? Dass müssen sie aufklären, außerdem benötige ich unbedingt ein Protokoll für die Versicherung“, entgegnet Ester und sieht nun plötzlich einen Hoffnungsschimmer für das verlorene Geld. Sie sagt nichts über den Taschendiebstahl. Wenn es Raub ist, zahlt die Versicherung schneller, hofft sie. Aber dafür hat sie ihren Anwalt und Notar in München, der wird sich um alles kümmern. Sie ruft den Chauffeur an, dass er sie abholen soll. Sie fährt mit dem großen Wagen nur ungern, außerdem gehört er der Bank. Da fällt ihr ein, dass sie ihn wohl in den nächsten Tagen zurückgeben muss. Zwei Stunden wird es dauern, bis der Fahrer eintreffen wird. Solange wird sie noch in die Getreidegasse zu Dieter gehen. Schließlich kennt sie ihn am längsten und kann mit ihm die Beerdigung besprechen. Dann fällt ihr das Treffen mit Elvira ein. Sie wird gleich hier sein. Was soll sie ihr sagen. Am besten die Wahrheit. Schließlich gibt es ja ein Testament. Sie hat den Satz noch nicht zu Ende gedacht, da läutet das Telefon. Die Rezeption, „hier ist eine Frau Elvira…“ Ester antwortet nur kurz, „ich komme sofort, sagen sie ihr das bitte.“

      „Warum trägst du denn schwarz?“, fragt Elvira, als sie Ester sieht. „Stell dir vor, der Maximilian ist letzte Nacht…“ „Oh Gott, jetzt hab ich gar nicht mehr mit ihm gesprochen. Er sollte mir doch mit dem Darlehen helfen…“ „Du denkst wohl nur an dein Geld!“, sagt Ester erbost. „Das musst du zukünftig mit meinem Anwalt diskutieren.“ Sie dreht sich um und lässt Elvira einfach in der Hotelhalle stehen. Ester macht sich nun auf den Weg zu Dieter und überlegt, was sie mit ihm zu besprechen hat. Natürlich weiß auch Dieter schon Bescheid. Er hat die neuesten Zeitungen gelesen, hat sogar schon mit dem Kommissar Broder gesprochen. Er denkt, dass er sich dadurch eine bessere Position verschaffen kann.

      Da gibt es schließlich noch ein Konto in Salzburg, von dem nur er ganz alleine weiß. Bei diesem Gedanken hat es Dieter nun plötzlich eilig. „Du entschuldigst, ich muss noch einiges erledigen“, sagt er zu Ester. Geldautomaten sind sehr praktisch, findet Dieter. Doch als er kurz darauf die Karte in den schmalen Schlitz schiebt, muss er feststellen, dass es kein Konto mehr gibt. Ein zweiter Versuch führt dazu, dass die Karte vom Automaten eingezogen wird. „Scheiße, hab ich den falschen Pin eingegeben? Oder hat Maximilian die Nummer geändert ohne mich zu verständigen?“, sagt er laut vor sich hin. Er kann es nicht mehr klären. Das Geld, mit dem er gerechnet hat, ist für ihn wohl für immer verloren. Elvira sieht nach dem Zerwürfnis mit Ester, keine Möglichkeit mehr für eine Verständigung, da muss doch ein Anwalt her und der ist wohl am besten in München zu finden. Sie nimmt den nächsten Zug und hat nun viel Zeit zum überlegen, wie sie weiter vorgehen wird. Es wird ja wohl ein Testament geben. Wenn nicht, hat sie keine Chance auf eine Regelung ihrer finanziellen Probleme. Im schlimmsten Fall muss sie das Haus verkaufen. Elvira beschließt in München zu bleiben, bis eine Klärung erreicht ist. Ohne Geld kann sie ohnehin nicht nach Hause fahren. Die Konten sind leer. In München hat sie eine Freundin, die sie noch vom Studium her kennt. Elvira ist Deutschlehrerin und hat dadurch auch eine zusätzliche Anstellung in Ipswich. Dreimal die Woche erteilt sie dort in einer Schule Unterricht. Natürlich hat sie auch im Golfclub den Vorteil, dass sie die deutschen Kunden bestmöglich betreuen kann. Kaum in München eingetroffen ruft sie bei ihrer Freundin an um ihr von der neuesten Entwicklung zu erzählen. Sie verabreden sich für den Abend in einem Restaurant um einen Ausweg aus ihrer Situation zu suchen. Gleich morgen wird sie bei dem Notar anrufen, den ihr Maximilian vor etlichen Jahren einmal genannt hat. Er hat auch damals den Vertrag mit ihrer Mutter abgefasst.

      Aber zuerst muss sie nun an Geld kommen, schließlich muss sie ja auch noch ihre Hotelrechnung bezahlen. Nachdem ihn der Geldautomat im Stich gelassen hat, sucht Dieter nun Ester im Hotel auf. Jetzt bleibt ihm nichts anderes übrig, als ihr von seinen Geldnöten zu erzählen. Ester hört ihm schweigend zu. „Du kannst mir doch helfen, nicht wahr?“, sagte er und schenkt ihr sein gewinnendes Lächeln. „Das ist doch für dich nur eine Kleinigkeit. Aber mir rettest du damit das Leben.“ „Dieter sei mir nicht böse, ich kenne mich in Maximilians Geldangelegenheiten nicht aus. Mein Notar wird sich bei dir in den nächsten Tagen melden.“ Bevor Dieter noch etwas sagen kann, steht sie auf und meint, „und jetzt entschuldige mich, ich muss noch einiges erledigen, ich weiß ja schon gar nicht mehr wo mir der Kopf steht.“

      Kapitel: 3 „Kommissar Wildfang muss nach Salzburg“

      In einer Stunde wird Kommissar Gerd Wildfang eintreffen. Er wurde von der hiesigen Behörde verständigt, das regelt ein Grenzüberschreitendes Abkommen. Ein