Kurt Pachl

Bodos zornige Seele


Скачать книгу

Ihr Freund schon gegangen?«, sagte er laut.

      »War etwas nicht in Ordnung?«

      Matt Craig blickte neugierig zu Bodos Tisch. Ihre Blicke trafen sich.

      Der alte FBI-Agent tastete mit seinen Augen rasch Bodos Tischnachbarn ab. Einige Sekun­den später griff er gespielt ruhig nach seiner Speisekarte und setzte ein Pokerface auf.

      Doch Bodo war sicher, dass dieser erfahrene Agent auch Marco und Bradly erkannt hatte.

      Für wenig Geschulte sah es jetzt so aus, als ob Craig seinem Kollegen ein Gericht in der Speisekarte erklären wollte. Craigs Kollege war nicht so taff, wie Ole dies eingeschätzt hatte. Es waren nur kurze Blicke. Doch die genügten. Bodo war sich sicher, dass der junge FBI-Beamte nun die wichtigsten Informationen kannte. Eine Minute später stand er auf, und ging nach draußen. Jetzt konnte es extrem gefährlich werden.

      Ganz sicher würde der junge FBI-Beamte die Zen­trale informieren, und weitere Beamte anfordern. Bodo nahm das Handy nicht auf, sondern drückte lediglich auf die Wiederholungstaste. Er hatte zuvor Oles Nummer aufgerufen. Einige Sekunden später hatte er Ole in der Leitung. Bodo ließ die Serviette fallen. Während der sich nach ihr bückte, sagte er dicht über dem Handy kurz und knapp:

      »Der Jüngere kommt. Ausschalten.« Er legte die Serviette auf den Tisch und schaltete dabei das Handy wieder aus. Es durfte später nicht zu einer unpassenden Zeit klingeln. Das war die mit Ole oftmals einstudierte Vorgehensweise.

      Matt Craig blickte gebannt zum Ausgang. Er wollte damit verhindern, dass seine Blicke sich wieder mit denen von Bodo trafen, und ihn verraten könnten. Bodo reagierte rasch. Er flüsterte Marco zu: »Du zahlst. Halte mir um Gottes willen den Wirt vom Leibe.«

      Danach stand er auf, und zog Bradly mit der linken Hand hoch. Gleichzeitig griff er mit der rechten Hand nach einem Messer und einer Serviette.

      »Du zeigst notfalls, was du in der Army gelernt hast«, zischte er.

      Matt Craig bemerkte die beiden erst, als diese links und rechts neben ihm standen. Reflexartig versuchte er, nach seinem Revolver zu greifen. Bodo drückte das Messer, welches mit der Serviette verdeckt war, in Craigs Rücken; als Ersatz für eine Pistole.

      »Keine dumme Bewegung Craig.« Seine Stimme war leise und ließ nicht den Hauch eines Missverständnisses zu. »Stehen Sie ganz langsam auf. Wir haben draußen etwas zu besprechen.«

      Craig schaute sich hilfesuchend im Restaurant um. Aber alle Augen richteten sich auf das Fernsehgerät, wo soeben die Sprecherin des CNN wieder zu sehen und zu hören war. Niemand blickte in die Richtung des vorderen Bereiches der Terrasse.

      Der FBI-Mann stand auf und tat, als wolle er sich seinem Schicksal ergeben. Doch plötzlich ließ er sich fallen; in der Hoffnung damit Aufmerk­samkeit zu erregen. Blitzartig griff Bodo zu und fing ihn auf.

      Als die drei Männer das noble Fischrestaurant verließen, dämmerte der Tag, und es war draußen bereits ruhig geworden. Das Restaurant lag etwas abseits der Hauptstraße. Bodo sah Ole kurz die Hand heben. Craig erkannte sofort, dass der winkende Mann neben dem FBI-Fahrzeug stand. Von seinem Kollegen war weit und breit nichts zu sehen. Der alte Agent wusste instinktiv, was dies bedeutete.

      »Ich habe immer nur meinen Job gemacht«, begann er leise, und mit erstaun­lich ruhiger Stimme. »Als einer von euch mich zusammengeschlagen hatte, und ich erst nach drei Monaten wieder aus dem Krankenhaus kam, hatte ich eine Stinkwut im Bauch. Das kannst du doch verstehen, Cron. Oder?«

      Bodo machte eine teilnahmslose Miene.

      »Mensch Cron, überlege genau, was du tust. Einen FBI-Mann zu erledigen. Das ist dein Todesurteil – und auch das deiner Leute.«

      Bodo grinste in sich hinein. Dieser raffinierte alte Agent wusste doch genau, dass sein junger Kollege tot war, und wahrscheinlich im Kofferraum des FBI­-Autos lag. Sie waren am Fahrzeug angelangt.

      »Gib mir seinen Revolver«, befahl Bodo.

      Mit einer geschulten Bewegung fischte Ole Craigs Waffe aus dessen Schul­terhalfter und übergab diese an Bodo. Danach tastete er den Gefangenen weiter ab. Nach alter Schule hatte Craig eine 22er im Fußhalfter stecken. Ole übergab Bradly einen Schlüssel. Es konnte sich nur um den Wagenschlüssel handeln. Unaufgefordert setzte sich Bradly hinter das Steuer. Bodo half Craig auf den Bei­fahrersitz. Danach gab er Ole ein Zeichen, hinter Craig Platz zu nehmen. Dieser wusste, was sein Freund ihm damit sagen wollte.

      Nachdem Bodo eingestiegen war, fuhr Bradly rasch los.

      »Langsam. Langsam. Wir wollen keine Aufmerksamkeit erregen«, sagte Bodo. »Und jetzt zur Yacht.«

      Im Hafen waren keine Menschen zu sehen. Lediglich von einigen Yachten kamen leise Musik und Stimmen. Es war windstill, und angenehm warm. Bradlys Yacht war in Sicht. Matt Craig wusste, dass dieser warme April-Abend sein letzter Tag auf dieser Erde sein würde.

      »Bitte nehmt meinen Revolver. Das geht schneller«, bettelte er.

      »Halte da vorne rechts«, befahl Bodo.

      Dieser Bereich lag im Lichtschatten der spärlichen Hafenbeleuchtung. Die Sonne war nun hinter dem Horizont verschwunden, und färbte die kleinen Wölkchen in viele Rot- und Brauntöne.

      Ole hätte warten können, bis Bradly und Bodo das Fahrzeug verlassen hatten. Doch Bodo schwieg. Damit stand für den norwegischen Luchs fest, dass Bodo seinem Freund Bradly eine Lektion erteilen wollte. Ohne Bodo würde dieser Schwächling vielleicht nicht mehr leben. Oder er würde in der Gosse dahinvegetieren. Bodo brauchte geradlinige Kämpfer - mehr denn je.

      Die Schlinge der Garrotte blitzte leicht im Dämmerlicht. Eine Sekunde später zog Ole die Schlinge hinter Craigs Kopf rasch zu.

      »Verdammte Scheiße«, schrie Bradly, und versuchte die Fahrertüre zu öffnen. Bodo reagierte schnell. Ein fester Griff hinderte Bradly daran, dass FBI-Fahrzeug zu verlassen.

      »Türe zu«, sagte er erstaunlich ruhig.

      Craigs Todeskampf war kurz. Für Bradly war es eine Ewigkeit. Im Auto breitete sich rasch der Gestank von Craigs Exkrementen aus. Nachdem Bodo seinen Griff gelockert hatte, stürzte Bradly nach draußen. Noch während des Gehens musste er sich übergeben.

      Eine Stunde später waren Bodo und Bradly im Hotel.

      Bradly war mit zitternden Beinen, eine Viertelstunde mit der Yacht in die Nacht hinausfahren.

      Das kam ab und zu vor. Einige Angler bestanden hin und wieder auf das Erlebnis des Nachtangelns.

      Die beiden Leichen hatten sie in aufblasbare Schwimmbarrieren verpackt und an Bord gebracht.

      Dass diese großen Plastikbündel auf Boote verladen wurden, war in diesen Tagen nicht unge­wöhnlich; selbst zu dieser Uhrzeit.

      Diese Bündel wurden an Bord mit schweren Tauchergürteln versehen und sanken rasch. An dieser Stelle war das Meer dreitausend Meter tief, versicherte Bradly. Bodo bestand auch darauf, dass Bradly und Ole ihre Oberbekleidungen und ihre Schuhe noch in der gleichen Nacht entsorgten.

      Oles Aufgabe war es, dass im FBI-Fahrzeug keine Spuren zu finden waren. Er ging kurz auf sein Zimmer, um einige Utensilien zu holen. Danach verschwand er in der Nacht.

      In einem stillen Industrieviertel brachte er einen Zeitzünder unter dem Tank des Fahrzeuges an. Er wollte mindestens zwanzig Minuten entfernt sein, wenn der Sprengsatz detonierte, und die Explosion und das Feuer alle DNA-Spuren vernichtete.

      Die sieben Meilen zum Hotel, legte er im Dauerlauf zurück. Als er später unter der Dusche stand, war er mit sich und mit Gott zufrieden.

      Entgegen seinem Versprechen ging Bradly mit einer Flasche Whiskey ins Bett.

      Marco hatte gewartet, bis Bodo wieder zurück war.

      Bodo tätschelte seinem IT-Freund sanft auf die Wange.

      »Schlaf gut mein Freund«, sagte er mit warmer Stimme.

      In seinem Zimmer packte Bodo seine gesamte Kleidung –