Alexander Winethorn

Endgame


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zu drehen.

      A2013 blickte zu seinem Kameraden und flüsterte: »Was ist das für ein Ding?«

      Peter zuckte ahnungslos mit den Schultern, er hatte selbst keine Ahnung, worum es sich bei dieser Vorrichtung handelte.

      »Das ist ein Störsender«, antwortete A1, der die Frage gehört hatte. »Er sendet Störsignale aus, mit denen wir jedes Radio-, Funk-, Internet- und Telefonsignal im Umkreis von zwei Kilometern blockieren können. Damit sollte es uns möglich sein, unsere Operation ohne Schwierigkeiten durchzuführen.«

      »Cool!«, stieß Peter hervor und sah zu, wie sich die schwarze Glaskugel immer schneller drehte und das Summen kontinuierlich lauter wurde.

      Die Mitglieder des Sirius-Kollektivs sammelten sich um ihren Anführer und warteten auf seine Befehle.

      »Wir halten uns an den Plan.« A1 deutete auf drei seiner Anhänger und befahl ihnen vorzutreten, was sie auch taten. »Ihr drei werdet euch zu den Demonstranten begeben. Wenn ihr das vereinbarte Signal hört, beginnt ihr mit eurem Angriff. Aber seid wachsam. Es werden Polizisten dabei sein. Lasst euch nicht fangen! Nehmt diese Masken.« Er gab den Männern drei Hundemasken. »Damit könnt ihr euch unbemerkt unter die Menge mischen.« Die drei Männer nickten gehorsam, dann verließen sie den Zoo, um sich an der Demonstration zu beteiligen. »Alle anderen folgen mir!«

      A1 lief mit seinen Kameraden in die Versorgungshalle, die mit Tonnen von Trockenfutter gefüllt war. Offensichtlich hatte der Zoo Hamstereinkäufe betätigt, für den Fall, dass es zu Nahrungsengpässen kommen würde.

      Sie eilten durch einen engen Korridor, der sie zu einer Abzweigung führte. A1 teilte die Gruppe auf. Die eine Hälfte ging nach links, die andere nach rechts. Peter wollte gerade mit A2013 den linken Weg nehmen, als A1 ihn an der Schulter festhielt. »Du kommst mit mir, A76667.«

      Peter verstand und nickte A2013 zum Abschied zu. Kurz danach verschwand sein Kamerad in den dunklen Korridorgängen.

      A1, Peter und noch etwa zwanzig weitere Mitglieder schlichen den rechten Gang entlang. Sie kamen zügig voran, und alles verlief nach Plan, bis das fröhliche Pfeifen eines Wachmannes an den Korridorwänden widerhallte. Zwar waren sie in der Überzahl, aber es bestand die Gefahr, dass die Wache eine Schusswaffe mit sich trug oder den Alarm auslösen würde.

      A1 blickte zu Peter. »Hast du schon einmal, eine von diesen benützt?« Er zeigte ihm eine Elektroschockpistole.

      Peter schüttelte den Kopf.

      »Dann ist es jetzt an der Zeit. Hier, nimm!« Er überreichte dem Jungen die Pistole, die er mit zittriger Hand entgegennahm. A1 verließ die Schusslinie und stellte sich hinter Peter auf. »Ruhig bleiben. Tief einatmen und vor dem Abdrücken die Luft anhalten«, flüsterte er dem Jungen ins Ohr.

      Peter tat, wie befohlen und zielte auf die Tür am Ende des Korridors. Das Pfeifen und die Schritte wurden immer lauter. Jeden Moment musste die Wache durch die Tür kommen. Peter hörte sein Herz pochen, oder zumindest bildete er sich das ein. Der Türknopf wurde nach unten gezogen, ein Mann mittleren Alters mit Schnurrbart und Brille öffnete die Tür. Der Junge hielt die Luft an, umfasste die Elektroschockpistole mit beiden Händen und drückte den Abzug. Zwei dünne Drahtfäden schossen aus der Pistolenmündung heraus. An beiden Fäden waren spitze Haken befestigt, die sich in die Brust des Wachmannes bohrten. Durch die Fäden strömten fünfzigtausend Volt direkt in den Körper des Mannes, der innerhalb von Sekunden verkrampft zusammenbrach. Der Junge ließ den Abzug los, und der Stromfluss wurde unterbrochen. Der Mann verlor das Bewusstsein. Peter, der bis jetzt die Luft angehalten hatte, atmete entspannt aus. Seine Knie fühlten sich so weich wie Wackelpudding an. Während dem Wachmann Strom durch die Adern floss, spürte er, wie Adrenalin durch seine Venen gepumpt wurde.

      A1 nahm die Waffe wieder an sich. »Gut gemacht, A76667.« Er winkte seinen Kameraden zu und sagte: »Lasst uns weiter gehen.«

      Als die Gruppe an dem bewusstlosen Wachmann vorbei rannte, zuckten dessen Muskeln noch immer unkontrolliert. Peter konnte es nicht erwarten, A2013 von dem kleinen Abenteuer zu erzählen. Unterdessen drang das Sirius-Kollektiv tiefer ins Innere des Zoos vor.

      ****

      »Da ist nichts mehr zu machen. Das Funkgerät ist tot«, stellte Adam fest und steckte das Gerät frustriert in seine Gürteltasche. Das Walkie-Talkie hatte plötzlich ohne ersichtlichen Grund den Geist aufgegeben. Das rote Lämpchen auf dem Funkgerät leuchtete auf, dementsprechend mussten die Batterien in Ordnung sein, sobald er jedoch auf den Sendeknopf drückte, gab das Gerät nur ein lautes, klackendes Geräusch von sich. Selbst das Wechseln auf eine andere Frequenz zeigte keinerlei Wirkung. Nach mehreren Versuchen bekam er noch immer keine Antwort.

      Adam schätzte, dass so um die tausend Demonstranten auf dem Parkplatz versammelt waren, wenn nicht sogar mehr. Den Sichtkontakt zu seinen Kollegen hatte er schon seit längerem verloren, und vom Blonden fehlte auch jede Spur.

      Wahrscheinlich suchen sie uns genauso wie wir sie, dachte er frustriert. Ohne funktionierenden Funk waren sie auf sich selbst gestellt. »Wir müssen irgendwie Kontakt herstellen«, sagte er und schlug verärgert mit dem Fuß gegen die verschlossene Eingangstür des Zoos.

      »Lass mich einmal versuchen«, sagte Lukas und nahm sein Handy aus der Tasche.

      Adam bemerkte wieder das ungewöhnliche Design des Telefons, er dachte sich aber nichts weiter dabei und behielt die Demonstranten im Auge. Die Polizisten waren hoffnungslos in der Unterzahl, und aus dem Polizeihauptquartier kam auch keine Verstärkung. Wo waren die anderen Transporter? Warum kam niemand? Mit nur 13 Mann eine Menge von über Tausend zu kontrollieren, war nicht nur unmöglich, es war Wahnsinn.

      Adam studierte eine Karte des Areals, die hinter einer Glasvitrine neben dem Zooeingang aufgehängt war. Das Gebiet mit dem Tiergarten, dem Biodom und dem Aquarium war größer, als er gedacht hätte. Da die Demonstranten eine Runde um den Zoo marschieren wollten, würde es eine entsprechend lange Wanderung werden. Adam fragte sich, wie sein viel zu junger und dürrer Kollege den Protestmarsch überstehen sollte. Lukas schien nicht gerade jemand zu sein, der in seiner Freizeit Marathonläufe absolvierte, und ohne Training würde er früher oder später schlappmachen.

      Die letzten paar Tage gehörten zu den heißesten des Sommers, und besonders bei hohen Temperaturen konnte die Schutzausrüstung zu einem Hitzeschlag führen und eine Dehydrierung verursachen. Glücklicherweise fand die Demo nicht am helllichten Tag statt, sondern in einer schwülen Sommernacht. Selbst Adam begann, unter dem Schutzhelm und der Ausrüstung zu schwitzen. Der durchsichtige Schild bestand zwar aus Polycarbonat, einem leichten und widerstandsfähigen Kunststoff, aber das änderte nichts daran, dass er mit jeder Minute schwerer wurde. Da sie noch einen langen Fußmarsch vor sich hatten, entschied er sich dafür, es Lukas gleich zu tun und den Schild an die Wand anzulehnen. Die Demonstranten schienen in eher friedvoller Stimmung zu sein – jedenfalls jetzt noch.

      »Ich hab’s!«, rief Lukas.

      »Was? Was hast du?«, fragte er seinen jungen Kollegen, der das Handy triumphierend in die Höhe hielt.

      »Das Störsignal!«

      »Welches Störsignal?«, fragte Adam verwundert.

      »Das Störsignal, das unseren Funk blockiert«, antwortete Lukas, der eifrig an den Tasten seines Telefons herumdrückte.

      »Warum sollte jemand unser Signal blockieren?«, fragte Adam.

      »Keine Ahnung«, erwiderte Lukas, »aber wir sind nicht die Einzigen, deren Signal gestört wird. Die da …«, Lukas zeigte auf die Demonstranten, »… können auch nicht mit ihren Handys telefonieren. Sie befinden sich noch im Einflussbereich des Störsignals. So eine große Reichweite haben eigentlich nur die Geräte vom Militär.«

      »Kannst du den Ursprung des Signals lokalisieren?«, wollte Adam wissen, dem die ganze Sache merkwürdig erschien.

      »Es müsste mir möglich sein«, sagte Lukas und tippte weiter auf die Tastatur des Handys.

      »Einen Moment!«, stieß Adam misstrauisch hervor, der nach kurzer Überlegung seinen jungen Kollegen streng