Frater LYSIR

Magisches Kompendium - Der Mors Mystica, andere Tode und Initiationen


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den Abyss erleben sie nur in entfernten Ausläufern, denn es muss unwahrscheinlich bleiben, dass ein unbedarfter Geist überhaupt in die Sphäre jenseits des Abgrunds vordringen kann. Wie oft wird man sich aufgeben, wie oft wird man sich selbst zerlegen, wie oft wird man weinen, bluten und schwitzen? In diesem Kontext sind es noch nicht einmal Metaphern. Doch wer lieber mit Metaphern arbeiten will, dem sei gesagt, dass die Götter des Seins, vor dem Erfolg, bekanntlich den Schweiß gesetzt haben, sodass man auf der Reise zum „Thron des Schöpfers“ sich von allem befreit.

      Um den Mors Mystica auch in den höheren Ebenen bewusst zu erleben und hierdurch einen Einfluss auf seine Evolution zu nehmen, muss man in die Kabbalah kurz eintauchen. Der Grund hierfür sind die passenden Fachvokabeln, denn schließlich wird die ganze Zeit von der Sphäre Daath gesprochen, nicht wahr? Wer also die Sphäre Daath bzw. vorher den Abyss, erreichen will, kann aus seiner Schönheit, seiner Harmonie starten. Dies bedeutet, dass man aus der Sephirah Tiphereth beginnt, um sich dann irgendwann den brennenden Fluten des Abyss gegenüber zusehen. Diese Fluten muss man erst einmal mit „heilem Astralkörper“ überqueren, was nicht immer einfach ist. Man wird in diesen Phasen feststellen, dass selbst Energiekörper so etwas wie Schaden, Blessuren oder Verletzungen erfahren können, auch wenn dies nichts Physisches ist. Dennoch wird man dies in seiner Physis spüren, denn die Energiekörper sind mit allen Ebenen und Körper verbunden. Dies kann einer der entscheidenden Wegpunkte auf der Reise sein. Diesen Wegpunkt kann man mit dem „manifestierten Schleier der Existenz“ betiteln, den es zu zerreißen gilt. Doch es würde zu weit führen, diese Thematik hier aufzuschlüsseln, da es vom Tod und vom Mors Mystica fortführen würde. Wer mehr über diese „besondere Paradoxie“ erfahren will, kann dies im Werk „Liber Abyssos; ISBN: 978-3-7375-2198-7 beginnen und in Daath damit enden.

      Prüfungen gibt es immer, das ganze Leben ist voll von Prüfungen, doch eine Art „Würdigkeitsprüfung“ erfährt man selten. Gut, wenn man es etwas übertreiben will, ist jedes Bewerbungsgespräch eine Würdigkeitsprüfung, genauso so wie jedes Gespräch, was dazu führt, in eine bestehende Gruppe integriert zu werden, doch man kann sich sicher sein, dass eine Würdigkeitsprüfung, in Bezug auf energetisches Arbeiten und kosmische Anteile, anders verläuft, als in der realen Welt. Man kann sich hier leider auch nichts vorstellen und jegliche Beschreibung wäre witzlos, da sich diese Beschreibung auf die eigene Bildsprache bezieht und die persönlichen Triggerpunkte anspricht. Wenn man sich irgendetwas vorstellen will, dann ist es die Erfahrung, dass die Prüfung des Abgrunds sich erst im letzten Moment offenbaren wird, wenn man bereist nicht mehr umkehren kann. Der Rest besteht nur aus vagen und abstrakten Schemen, die hinter dem undurchschaubaren Schleier tanzen und einen narren. Gut, Schemen und Schatten werden einen unerschrockenen Magier sicherlich nicht abhalten, oder? Oder ist es möglich, dass jeder Mensch seine Wundmale hat, die genau durch diese Schemen und Schatten angesprochen werden.

      So muss der Reisende seinen Mut zusammennehmen, und sich seinen eigenen Schatten und Schemen stellen, sodass man hier wieder eine Verbindung zur klassischen Selbsterkenntnis und der eigenen Schattenarbeit schlagen kann. Wer die eigene große Wahrheit erkennen will, wird irgendwann erkennen, dass die Wahrheit die Lüge ist, die sich im Schleier der Illusion verbirgt. Gleichzeitig wird man erkennen, dass es den Schleier nicht gibt, denn es gibt keine Existenz, da die Existenz selbst die große Täuschung ist, die meisterhafte Lüge, die wir uns als Menschen und lineare Wesen auferlegt haben. Dennoch kann ohne diese Lüge nicht das Reich jenseits der Manifestation erfahren werden, da sie sich bedingen. Auch dies ist wieder ein Paradoxon und auch hier ist es wieder nicht das erste oder das einzige Paradoxon, welches man im Abgrund treffen wird. Die Sphäre Daath und auch der eigene Mors Mystica, der in diesen Tiefen vollzogen wird, sind die Quelle, aus der alles entspringt. Daath und der eigene Mors Mystica sind der Akt der Schöpfung, aus dem heraus Ordnung in das Chaos gebracht wurde und wird. Es geht hier nicht mehr um eine Dualität, weil es das Nichts ist, dass sich offenbaren wird, sodass man in eine Unität fällt – für eine Sekunde und für eine Existenzspanne, denn Zeit ist Illusion.

      Wenn man sich dies alles einmal mit einem neutralen Bewusstsein anschauen will, um zu versuchen, den Zustand „Mors Mystica in der Sphäre Daath“ zu umschreiben, müsste man – ungeachtet der Übersetzung aus dem hebräischen (Wissen bzw. Allwissen) – den Begriff der „Grausamkeit“ wählen. Denn wenn man ehrlich ist, dann sind die ganzen Beschreibungen alles andere als fröhlich. Grausamkeit? Hatten wir das nicht schon? War nicht auch „Mutter Natur“ grausam, wenn man es aus menschlichen Augen und durch menschliche Systeme betrachtet? Nun, diese Grausamkeit von Daath und im Mors Mystica bezeichnet lediglich den Akt der Schöpfung, die Erschaffung der Dualität und der Materie. Grausamkeit ist eine Tatsache in Daath – die Grausamkeit der Schöpfung. Sieht man genau hin, unter der Fragestellung, was Schöpfung ist und warum sie von einer „Grausamkeit“ durchzogen ist, muss man erkennen, dass die Schöpfung die erste große Tatsache der Existenz war / ist / sein wird, ohne die eine Manifestation unmöglich ist. So ist jede Art der Schöpfung eine Formgebung, was wiederum zu einer Begrenzung und einer Verdichtung von Energie führt, was wiederum eine Beschneidung der göttlichen Quelle ist. Dies ist Grausamkeit, die jedoch vollkommen bewusst gewählt wurde, gewählt, um die ungebändigte, ewig fließende und alles umfassende Energie, welche ohne Begrenzung und Beschränkung existiert, die ewig und unsterblich ist, zu verstehen und zu erfahren.

      Eine Bindung an Gesetze, Moral oder Beschränkungen ist ein Akt der Grausamkeit, doch nur so kommt die Schöpfung über diese allgegenwärtige Kraft hinaus, nur so kann eine Fragmentierung vollzogen werden, nur so kann sich die Unität, die göttliche Quelle erfahren, nur so ist es möglich, dass die Energie, die aus sich selbst heraus fließt und sich selbst entreißt, ihren eigenen Teil erfährt. Dieser Teil, der wie die Quelle selbst ist – ewig ungebändigt und unbeschränkt – eröffnet eine Form, eine Form für etwas Ewiges, was wiederum in der Grausamkeit der Beschränkung endet, denn die Ewigkeit wird in diesem Fall begrenzt, begrenzt durch ein viel zu enges Korsett aus Existenz, Sein, Gesetz und dem Joch der Materie. Deshalb kann man eine Grausamkeit in der Schöpfung sehen, denn wie sonst soll sich die Ewigkeit erfahren, wenn es keine Trennung zu sich selbst, keine Begrenzung und keine Gebundenheit gibt? Allein zu existieren, alles auf sich selbst zu beschränken, ohne die Verbindung zum Alles, das ist die Grausamkeit der Schöpfung, eine Grausamkeit, die vom Schleier der Täuschung umhüllt wird. Wenn man nun die vorherigen Gedanken nimmt, wenn man sich nun vorstellt, wie die Quelle selbst diese Grausamkeit benötigt, wird man ein Schritt weiter sein, wenn man dann noch das Wort und den Gedanken „Quelle“ durch sein eigenes Sein ersetzt, wird man einen winzigen Blick in seine Ewigkeit werfen können, denn die Ewigkeit stirbt im Bewusstsein der Endlichkeit, sodass sie nicht existieren kann. Deshalb muss dieses Bewusstsein genommen werden, um mit dem Schleier der Täuschung eine Gnade in der Grausamkeit der Schöpfung zu erfahren, eine Gnade, die ein wahrer Liebesdienst ist, ein Liebesdienst der Schöpfung, unter dem Joch der Manifestation. Die Ewigkeit, die Quelle, das eigene Sein – alles kann sich selbst diese Gnade erweisen, und alles erweist sich diese Gnade, auch wenn es hier bereits das Gewebe der Angst und der Furcht gibt.

      Angst und Furcht sind im Kontext des Mors Mystica immer ein sehr wichtiges und essenzielles Thema, ein Thema, das im wahren Sinne des Wortes über Leben, Tod und Wiedergeburt entscheidet, und auf dass immer wieder zurückkommen wird. Die Angst wird die gesamte Reise durch den mystischen Tod und durch den Abyss als treuster aller Begleiter vorhanden sein. Die Angst wird den Menschen führen, sie wird ihn vorantreiben, doch sie wird ihn nicht täuschen. Dies ist die Furcht. In diesem Zusammenhang muss man eine klare Unterscheidung treffen. Die Angst ist in der Selbstevolution und somit im Mors Mystica hilfreich. Diese Angst lehrt den Menschen neue Dinge, denn sie zeigt auf die gefährlichen Bereiche, die kommen werden, und schärft die Sinne. Die Furcht jedoch, spielt mit dem Menschen.

      Es wird ein Spiel der Illusionen, der Täuschungen, des Verrats und des Leids werden. Wenn man allein auf die Wortbedeutungen, die Synonyme und die Herkunft achten will, hat die eigene Ratio recht, dass Begriffe wie Angst, Furcht, Schrecken, Entsetzen, Kleinmut, Verzagtheit, Phobie, Argwohn, Feigheit, Panik, Beklemmung oder Mutlosigkeit im Grunde das Gleiche ausdrücken. Nun, die Ratio wird im mystischen Tod schnell verstummen, denn Vokabeln und Energien sind nicht identisch. Wörter sind nur Hilfswerkzeuge und sie können niemals die Wahrheit im Mors Mystica enthüllen, dennoch will ich versuchen – mit ein paar Kniffen und Tricks – die Ratio zu wecken,