Reinhold Vollbom

Grüße von Charon


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uns kurz zu dem kleinen Teich hinuntergehen«, sprach sie mit übertriebener Lautstärke. Ihre Augen huschten hierbei flink und beobachtend zu den anderen Party-Gästen hinüber.

      Martin Pantek willigte schmunzelnd ein. Er war sich darüber im Klaren, dass seine Geliebte ihm wie Butter in der Hand zerfloss. Hierfür genügte ein Wort oder ein Blick von ihm.

      Augenblicke später erreichten sie den Teich. Marlen Neumaier sah sich suchend um. »Wir sind allein, Liebling.« Gleich darauf fiel sie ihm um den Hals und küsste ihn zärtlich.

      »Vorsicht, Marlen. Pass auf, dass uns niemand sieht.«

      »Liebling, gehe mit mir fort von hier. Ich folge dir überall hin.«

      »Tut mir leid, Liebste. Aber ich kann nicht mit einer Frau Zusammensein, die auch noch von einem anderen Mann, deinem Ehemann, geliebt wird.«

      »Er hat genug Geld, er wird es verwinden.«

      »Nein! Entweder du gehörst mir allein oder gar nicht.«

      »Aber wir können Udo doch nicht einfach wegzaubern. Wie stellst du dir das vor?!«

      »Ganz einfach, er muss verschwinden. Und zwar für immer.«

      »Und wie?«

      »Nächstes Wochenende ist er allein in eurem Blockhaus. Am Samstag fahre ich hinaus und erschieße ihn dort …«

      »Martin, du willst ihn töten? Überlege doch mal, wenn sie dich schnappen, dann werden wir für immer getrennt sein.«

      »Die kriegen mich nicht. Mach dir darüber keine Sorgen, mein Schatz. Ich habe bereits einen Plan ausgearbeitet. Nächstes Wochenende ist er dran. Die Polizei wird glauben, dass der Mord mit der Überfallserie hier in letzter Zeit zu tun hat. Und du gehörst dann endlich mir, mir ganz allein.« Nach diesen Worten küsste er sie mit Hingabe.

      ◊

      Udo Neumaier war allein im Blockhaus. Der 50-jährige Geschäftsmann, mit Halbglatze und Bauchansatz, reinigte das Jagdgewehr. Auf einmal drückte jemand von außen die Türklinke herunter. Ein wenig quietschend öffnete sich die Holztür. Martin Pantek stand im Türrahmen.

      Nach einigen Sekunden des Schweigens fragte ihn Udo Neumaier verblüfft: »Du?! Was machst du denn hier?«

      »Ich liebe Marlen und werde sie heiraten.« Martin Pantek hatte seine Hände in den Manteltaschen vergraben und sah den anderen mit starren Augen an.

      Udo Neumaier schien ein wenig erstaunt über den unangemeldeten Besuch. »Du und lieben?! Du kannst doch gar keinen Menschen lieben. Du liebst dich doch höchstens selber. Und wenn du Marlen heiraten willst, dann nur des Geldes wegen. Meines Geldes wegen«, fügte er hinzu.

      Der andere zuckte mit den Achseln. »Und wenn schon. Jedenfalls wird Marlen nach deinem Tod alles erben. Ich werde sie dann heiraten und deinen Platz in der Firma einnehmen.«

      Udo Neumaier hatte die gereinigte Waffe im Laufe des Gesprächs wieder unauffällig zusammengesetzt. In Bruchteilen von Sekunden zog er das Gewehr herum und richtete es auf sein Gegenüber. Doch bevor er abdrücken konnte, zerriss ein kurzer scharfer Knall die Stille im Blockhaus.

      Udo Neumaiers Augen weiteten sich. Erstaunt tastete seine linke Hand den Bauch ab. Durch die Finger floss ein schmales Rinnsal Blut. »Wie … wieso kommst du heute schon?« Schwer atmend sah er zu Martin Pantek hinüber. »Morgen ist doch erst Samstag.«

      Der andere stutzte. »Woher weißt du, dass ich erst morgen kommen wollte?«

      »Ich habe euch letzte Woche auf der Party am Teich belauscht. Wärst du morgen gekommen, wäre es dein Tod gewesen. Ich hätte dich erschossen und der Polizei etwas von einem Jagdunfall erzählt.« Udo Neumaier sprach diese Worte mit schmerzverzerrtem Gesicht.

      »Nun bin ich heute gekommen und mein Konzept wird so ablaufen, wie ich es mir vorgestellt habe.« Martin Pantek sah den anderen grinsend an.

      Trotz der enormen Schmerzen funkelten die Augen von Udo Neumaier vor Freude. »Dass Marlen in dich vernarrt ist, habe ich schon lange bemerkt. Im Gegensatz zu dir benötigt sie keine finanziellen Mittel, um unbesorgt zu leben. Du hättest ihr vollkommen genügt.« Hörbar atmend fuhr er fort. »Und an das Geld kommst du nicht heran, mein Lieber. Nachdem ich von deinen Mordabsichten hörte, habe ich sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet. Ich wollte auf Nummer sicher gehen.«

      »Und welche Maßnahmen sollen das sein, wenn ich fragen darf?« Martin Pantek sah gespannt zu ihm hinüber.

      »Als Erstes habe ich mich bei einem befreundeten Professor auf meinen Geisteszustand untersuchen lassen. Alles tipptopp bei mir. Sogar mit Attest.«

      »Wozu der Blödsinn?«

      »Nun, ich habe meine Firma an einen Freund verschenkt. Kurz gesagt, ich bin blank. Pleite. Offiziell ist er der rechtmäßige Eigentümer.«

      »Und inoffiziell?«

      »Läuft natürlich alles wie bisher weiter. Lediglich im Falle meines Todes …«, ein Hustenschauer übermannte ihn, »… wird Marlen nicht einen einzigen Cent erben.«

      Martin Pantek versuchte die Fassung zu wahren.

      »Allerdings soll sie nicht ganz mittellos dastehen. Sie erbt ein hübsches kleines Häuschen und monatlich erhält sie das notwendige Geld zum Leben. Einzige Bedingung: Sie darf keinen Kontakt zu dir haben. Sobald du dich ihr auf Sichtweite näherst, entfällt ihr Wohnrecht für das Haus und die monatlichen Bezüge bleiben aus.«

      »Schuft!«, entfuhr es dem anderen wutschnaubend. »Dann wird deine Marlen zukünftig ohne mich auskommen müssen.«

      »Dazu kennst du sie scheinbar nicht gut genug. Wenn Marlen sich etwas in den Kopf gesetzt hat, was sie haben will, dann will sie es auch haben. Um jeden Preis.«

      »Was meinst du damit?«

      Udo Neumaier sprach zunehmend angestrengter. »Sie will dich und nicht mein Geld. Sie möchte mit dir zusammenleben. Auch ohne den schnöden Mammon. Mehr nicht.«

      »Ohne dein Geld kann sie mir gestohlen bleiben.«

      »Wie ich meine Marlen kenne, wird sie dich dann bei der Polizei ausliefern. Du hast also die Möglichkeit den Rest deines Lebens im Gefängnis zu verbringen oder in Armut mit Marlen zu leben …« Nach diesen Worten fiel sein Kopf zur Seite.

      Der Blaue Engel

      Der Kunsthändler Gilbert Moreaud hielt sich in den letzten Tagen nach Geschäftsschluss lange in seinem bescheidenen, versteckt gelegenen Laden auf. Hierbei restaurierte er im hinteren Teil der Werkstatt die Rahmen einiger ausgesprochen hochwertiger Gemälde. Er war derart in seine Arbeit vertieft, dass er nicht bemerkte, wie zwei boxergesichtige Gestalten die Ladentür aufknackten. Gleich darauf schlichen diese Figuren nach hinten in die Werkstatt.

      »Noch am arbeiten, Meister Moreaud?«, sprach einer der breitschultrigen Kerle grinsend den verblüfften Kunsthändler an.

      Dieser sah mit Sorge erfüllt auf die runde Öffnung eines Revolvers, die ihn der andere unter die Nase hielt. »Was …, was wollen Sie?«

      »Na, überleg mal. Was können wir wollen, wenn wir zu unangemeldeter Stunde hier aufkreuzen?«

      »Ich …, ich weiß nicht«, stotterte der Kunsthändler hilflos. »Geld!«, schoss es mit einem Mal aus ihm heraus. »Sie wollen bestimmt Geld. Aber ich habe kaum etwas hier.«

      Kopfschüttelnd sah ihn der eine grinsend an. Sein Kompagnon bohrte ihm hierbei den Lauf seines Revolvers in den Mund.

      »Wir sind Kunstliebhaber«, sprach der Grinsende, »und können es einfach nicht verwinden, wenn wertvolle Gemälde in dunkle Kanäle verschwinden.«

      Mit dem Revolverlauf im Mund stammelte der Kunsthändler kaum verständliche Worte. »Bitte …, bitte bedienen Sie sich. Aber ich sage Ihnen gleich, die Bilder sind alle registriert. Die können Sie nirgends verkaufen, ohne aufzufallen.«

      Der