Reinhold Vollbom

Grüße von Charon


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      »Wozu der Blödsinn?«

      »Anhand des Restalkoholgehaltes in Ihrem Blut können wir feststellen wie hoch Ihre Promillegrenze gestern Abend gewesen sein muss. Dann können wir auch genau belegen, dass der Promillewert mit der Anzahl der Whiskys identisch ist, die Sie zu sich genommen haben.«

      Lars Behnecke schwieg. Mit einem Mal leuchteten seine Augen auf. »Herr Kommissar, mir fällt ein, dass ich gestern Abend zu Hause eine halbe Flasche Cognac geleert habe.« Grinsend sah er die beiden Kriminalbeamten an. »Ich habe Ihnen doch gesagt, meine Herren, das es Gerhard war, der gestern Abend sein schlechtes Gewissen im Blue Moon in Whisky ertränkt hat.«

      Der Kommissar war im Begriff zu antworten, da läutete das Telefon. Er hob ab und hielt sich den Hörer ans Ohr. Es dauerte nicht lange, bis er wieder auflegte und Lars Behnecke durchdringend ansah. »Ich verhafte Sie wegen Mordes an Ihrem Geschäftspartner Gerhard Sander. Um Ihre Transaktionen kümmert sich die Steuerprüfung.«

      Lars Behnecke sprang auf den Kommissar zu. »Welchen Beweis haben Sie?«, schrie er aufbrausend.

      »Der Anruf gerade, das war ein Vorabbericht der Obduktion.« Kommissar Steffen sprach weiterhin mit geruhsamer Stimmlage. »Herr Sander hatte seit mindestens achtundvierzig Stunden keinen Alkohol getrunken.«

      Gleich darauf schlossen sich, um die Handgelenke von Lars Behnecke, zwei stählerne Ringe.

      Wer anderen eine Grube gräbt ...

      Das Telefon klingelte lange und ausgiebig, bis Freddy Hamstedt mühsam quälend den Lauthörknopf am Apparat drückte. Bequem, in seinem Lieblingssessel zurückgelehnt, fragte er merklich angestrengt: »Ja?«

      »Honey, bist du es?«

      »Ina?« Wie wachgerüttelt saß Freddy mit einem Mal aufrecht im Sessel. Honey, das sagte nur eine zu ihm. Seine ehemals größte Liebe, Ina.

      »Freddy-Boy, wie geht es dir? Wir haben lange nichts voneinander gehört.«

      »Was willst du?«, gab er sich bewusst grob. »Wie kommt es, dass du so einen armen Schlucker wie mich anrufst? Ich kann dir doch soundso nicht nützlich sein.«

      »Geht es dir immer noch so mies? Vielleicht solltest du andere Bilder malen, die sich besser verkaufen lassen. Irgendwann musst du die Kurve kriegen, Freddy. Ewig wird das Erbe deiner Eltern nicht reichen.«

      »Komm zur Sache. Was willst du?«

      »Ich lebe seit einiger Zeit mit einem sehr netten Partner zusammen, der … der, wie soll ich sagen … der nur ein bisschen zu eifersüchtig ist.«

      »Wie heißt der Kerl?«

      »Es ist kein Kerl. Der Name von diesem vortrefflich aussehenden erfolgreichen Geschäftsmann lautet Cumpax, Jani Cumpax.«

      Kurzzeitig verschlug es Freddy Hamstedt die Sprache. Mit dem Fisch an der Angel brauchte Ina sich nicht um ihre Zukunft zu sorgen. Jani Cumpax war einer der einflussreichsten und vermögendsten Personen der Stadt.

      »Hey, was ist mit dir? Bist du noch dran?«

      »Erzähl weiter«, knurrte er vor sich hin.

      »Weißt du, Jani will mich heiraten …«

      »Soll er doch!«

      »Das Problem ist, dass er mich laufend nach irgendwelchen Kerlen aus meiner Vergangenheit befragt. Natürlich kann ich ihm da kaum mit jemand dienen.«

      »So, so.«

      »Er will mich ganz für sich allein, verstehst du?! Es bringt ihn nahezu um, zu wissen, dass da noch irgendwo jemand lebt, der mich genauso liebt wie er.« Sie legte eine kurze Pause ein, bevor sie weiter sprach. »Honey, ich wollte es nicht, verstehe bitte, aber er hat mich so unter Druck gesetzt.«

      »Was soll ich verstehen? Spreche doch endlich mal Klartext. Was willst du von mir? Ist das so schwer zu sagen?!«

      »Gewissermaßen, Honey. – Er muss jeden Augenblick bei dir sein.«

      »Wer muss jeden Augenblick bei mir sein? Hast du es immer noch nicht gelernt, dich klar und deutlich auszudrücken?!«

      Die Stimme am anderen Ende der Leitung schluchzte. »Ich musste ihm deinen Namen und die Anschrift geben. Wenn er eifersüchtig ist, ist er immer so brutal und unberechenbar. Verstehe doch bitte! Jani wird jeden Augenblick bei dir aufkreuzen und dir Ärger bereiten. Und ich habe Schuld.« Aus dem Lautsprecher des Telefons drang ein ausgiebiges Schniefen.

      Freddy Hamstedt stutzte. »Er will hier vorbeikommen und mir Ärger machen? Warum, weil ich eine Zeit lang mit dir zusammengelebt habe? Das kann doch nicht sein! So ein reicher Pinkel kann sich eine Schlägertruppe leisten, wenn er mir an den Kragen will.«

      »Hier geht es um seine verrückte Mannesehre. So etwas muss er selber erledigen, meint er. Zum anderen ist er der Meinung, dass ein Jani Cumpax keine Konkurrenz dulden muss. Und du bist für ihn ein Wettbewerber, verstehst du jetzt? Er muss jeden Moment da sein. Bitte, Honey, hole den Revolver aus der Schreibtischschublade. Ich weiß, dass du ihn dort liegen hast. Schnell hole ihn, bevor es zu spät ist … bitte! Im Zorn ist Jani zu allem fähig.«

      Freddy Hamstedt saß weiterhin aufrecht in seinem Sessel. »Blödsinn, warum soll er was von mir wollen, oder gar mich töten? Ich kenne ihn doch gar nicht. Nur aus der Zeitung.«

      Auf einmal läutete es an der Wohnungstür. Am Telefon war ein knapper Aufschrei zu hören.

      Freddy Hamstedt stand auf, um die Tür zu öffnen. Auf halbem Weg dorthin blieb er stehen, wog kurz ab, und begab sich zum Schreibtisch. Dort öffnete er die Schublade, entnahm seinen Revolver und überprüfte, ob er geladen war. Gleich darauf steckte er ihn in den Hosenbund und schritt zur Wohnungstür, um sie zu öffnen.

      Kaum das die Tür einen Spaltbreit geöffnet war, erhielt sie einen kräftigen Schub und öffnet sich komplett. Ein schwarz gelockter, breitschultriger Enddreißiger betrat in aller Gelassenheit die Wohnung. Mit gemächlichen Schritten bewegte er sich direkt auf Freddy Hamstedt zu. Dieser wich ihm mit gleichem Tempo rückwärtsgehend aus.

      Im Wohnzimmer angekommen blieben beide, wie verabredet, urplötzlich stehen. »Sie kennen mich und wissen, warum ich hier bin?«

      »Nachdem was mir Ina geschildert hat, müssen Sie dieser Cumpax sein. Deswegen weiß ich aber immer noch nicht, was Sie von mir wollen.«

      Bei dem Wort Ina zuckte der andere merklich zusammen. »Du wirst Ina nie mehr berühren, das sage ich dir.« Seine Stimme zitterte vor Erregung.

      Freddy Hamstedt fiel auf, wie sein Gegenüber die Fäuste ballte. »Dadurch, dass Sie jetzt verrücktspielen, können Sie die Vergangenheit nicht ändern. Ich habe Ina geliebt und liebe sie noch immer, das ist richtig. Aber ich bin mir auch im Klaren darüber, dass ich bei ihr nicht mehr die geringste Chance habe.«

      »Und warum versuchst du Lump es immer wieder und lässt sie nicht in Ruhe?!«

      »Ich habe Ina das letzte Mal vor einem Jahr gesehen. Vielleicht liegt es auch schon zwei Jahre zurück.«

      »Du Lügner!«, schrie Jani Cumpax. »Ich habe Beweise dafür, dass du gestern Abend mit meiner Ehefrau zusammen warst, als ich zu einem Geschäftsessen war.«

      Die Wortgewaltigkeit und der starre Blick mit dem Jani Cumpax ihn ansah, erschreckte Freddy Hamstedt am meisten. »Ich weiß nicht, mit wem Ina gestern Abend zusammen war, mit mir jedenfalls nicht. Und überhaupt, wieso Ihre Ehefrau?«

      »Ich werde dich lehren mich nicht für dumm zu verkaufen.« Bei diesen Worten stürzte sich Jani Cumpax auf sein Gegenüber.

      Freddy Hamstedt schien mit der Reaktion gerechnet zu haben. Mit einer flinken Handbewegung griff er in den Hosenbund und zog den Revolver hervor. Kurz darauf zielte er direkt auf den Oberkörper des Angreifers und drückte ab. Ein scharfer Knall peitschte durch das Zimmer.

      Mehrere Augenblicke war es totenstill im Raum. Sekunden später