Rainer Rau

Mobbing Jäger


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um! Sie brauchen nur wenig für die Schädlinge zu nehmen. Und tragen Sie auf jeden Fall Handschuhe.«

      Er zog sich Handschuhe über und schüttete den gesamten Inhalt der kleinen blauen Kügelchen in eine Wasserflasche. Diese war nun gut zur Hälfte gefüllt. Den Rest füllte er mit Wasser auf und schüttelte die Flasche kräftig. Die Kugeln lösten sich auf und das Wasser nahm eine blaue Färbung an.

      Er verstaute die Flasche im Kofferraum seines Wagens. Dann rief er am Gericht an und erfuhr durch geschicktes Erfragen die Durchwahlnummer zum Büro des Richters. Diese notierte er sich.

      Im Badezimmer entnahm er dem Medikamentenschrank die Schachtel mit seinen starken Schlaftabletten und steckte sie ein. Dann fuhr er zur Wohnung des Richters. Den Wagen parkte er in einer Seitenstraße.

      Die Terrassentür, die sich auf der Rückseite des Hauses befand, wie er schon Tage vorher bemerkt hatte, war nur gekippt. Er griff hindurch und konnte die Tür öffnen. Er trat in das Wohnzimmer ein.

      Es war 10 Uhr morgens und Frau Werbusch kam voraussichtlich erst in einer Stunde nach Hause. Trotzdem beeilte er sich. Eine geöffnete Flasche Wein stand noch vom Vorabend in der Küche und war gut halb voll. Kowalski schüttete die Schlaftabletten hinein und schüttelte die Flasche.

      Er nahm eine kleine Saftflasche, die sich im Kühlschrank befand, heraus und füllte auch dort etwas von dem Schlafmittel hinein. Diese Flasche steckte er in seine Jacke. Dann ging er auf die Terrasse hinaus und zog die Tür hinter sich zu.

      Teil eins seines Planes war erfüllt. Nun versteckte er sich in dem kleinen Schuppen, der dem Richter als Unterbringung für Gartengeräte diente. Er wartete ab.

      Frau Werbusch ließ auf sich warten. Kowalskis Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Sie kam erst gegen 13 Uhr nach Hause. Ihre Tochter hatte sie von der Schule abgeholt. Sie bereitete das Mittagessen zu. Dabei goss sie sich einen großen Brandy ein und trank in kleinen Zügen das Glas leer. Sie deckte den Tisch und rief ihre Tochter, die im Kinderzimmer mit ihren Puppen gespielt hatte, zum Essen herunter. Frau Werbusch trank zum Essen den Rotwein mit dem Schlafmittel, so wie Kowalski es gehofft hatte.

      Noch bevor sie ihren Teller leer gegessen hatte, überkam sie eine große Müdigkeit.

      »Schätzchen, Mama ist sehr müde und muss sich mal einen Augenblick hinlegen. Du kannst ja etwas im Garten spielen.«

      Sie legte sich auf das für viel Geld renovierte Biedermeiersofa im Wohnzimmer nieder. Ihre Tochter holte sich noch einen Ball aus ihrem Zimmer und ging dann in den Garten. Da schlief Susanne Werbusch schon tief.

      Kowalski wartete noch einen Augenblick. Er wollte sicher gehen, dass Frau Werbusch auch wirklich schlief.

      Dann ging er ums Haus herum, vergewisserte sich, dass ihn niemand beobachtete und rief nach der Kleinen.

      Als sie ihn sah, war sie erstaunt und gleichzeitig neugierig.

      »Wer bist denn du?«

      »Ach, ich wollte eigentlich zu deiner Mama, die schläft aber jetzt, glaube ich. Sie hat was gewonnen. Ich mache eine Umfrage. Es geht um Getränke. Weißt du, wenn sie mir sagen kann, wie dieser Saft schmeckt, ob der süß oder sauer ist, gewinnt sie eine Playstation. Na ja. Nun muss ich wieder gehen. Sie schläft ja leider.«

      Kowalski drehte sich um und tat so, als ob er das Grundstück verlassen wollte. Dann drehte er sich nochmals um.

      Die Kleine sah traurig zu Boden.

      »Oder kannst du das etwa auch?«

      Sofort erhellte sich ihr Gesicht.

      »Klar kann ich das. Das ist doch derselbe Saft, den wir auch haben. Der ist süß. Und sooo lecker. Habe ich nun die Playstation gewonnen?«

      »Nein, so geht das nicht. Du musst diese Flasche schon probieren. Das ist ein neuer Saft.«

      Er öffnete den Verschluss und hielt ihr die Flasche hin.

      Sie zögerte, dann griff sie danach und trank einen ordentlichen Schluck.

      »So. Schmeckt süß. Sag ich doch. Was ist jetzt mit der Playstation? Krieg ich die nun?«

      »Ja, muss ich aus dem Auto holen. Aber die kriegst du nur, wenn du die Flasche ausgetrunken hast.«

      »Gib her. Ich habe sowieso großen Durst.«

      Sie trank die Flasche leer.

      Kowalski spielte mit dem Ball. Das Mädchen wurde neugierig und lief ihm hinterher. Dann fragte er das Mädchen, was in dem Schuppen sei.

      »Ach, nur was für den Garten.«

      »Ein Versteck? Wollen wir Verstecken spielen?«

      »Oh ja! Das macht Spaß.«

      »Gut. Dann gehe ich mal deine Playstation holen, und du versteckst dich in der Zeit.«

      Kowalski drehte der Kleinen den Rücken zu und ging auf die Straße. Aus den Augenwinkeln sah er sie in den Schuppen gehen. Sein Plan war aufgegangen.

      Nun wollte er warten, bis das Schlafmittel bei dem Mädchen wirkte. Nach fünfzehn Minuten schaute er im Schuppen nach.

      Sie lag auf einem Torfballen und schlief. Er deckte sie mit einer Gärtnerschürze, die innen an der Tür hing, zu und schloss die Tür. Dann ging er durch die Terrassentür ins Haus. Frau Werbusch lag noch schlafend auf dem Sofa. Er nahm ihren Arm, hob ihn an und ließ ihn los, worauf er runterfiel.

      Tiefschlaf!

      Nun war es an der Zeit, den Richter anzurufen.

      5. Überredung zum Tod.

      Der Anruf im Büro des Richters kam kurz vor der Kaffeepause. Nach einem langen Prozesstag, an dessen Ende der Richter einen Freispruch für einen wohlhabenden Aristokraten, der seine Frau misshandelt hatte, erwirkte, hatte Martin Werbusch gerade eine Akte beiseitegelegt und war im Begriff, seine Jacke anzuziehen. Zwar waren die Spuren der körperlichen Misshandlung der Frau von dem Notarzt bestätigt und von einem Fotografen auf Fotos festgehalten worden, allerdings konnte die Ehefrau keinen Beweis liefern, dass es ihr Mann gewesen war, von dem sie die Verletzungen hatte. Als dieser beiläufig erwähnte, dass er nicht wisse, wo sich seine Frau nächtelang herumtreibe und er aus diesem Grunde gezwungen sei, sich Erfüllung in einem Bordell zu holen, wo er auch zur fraglichen Zeit gewesen sei, war das Argument für einen Freispruch geliefert. Diesen konnte der Richter dann, ohne Gewissensbisse zu haben, aussprechen. Die Frau brach noch im Gerichtssaal mit einem Weinkrampf zusammen, was den Richter nicht im Geringsten beeinfl usste.

      Werbusch schaute missmutig auf seine Rolex, als das Telefon klingelte. Er hatte sich mit einer jungen, sehr attraktiven Rechtsanwältin in einem nahegelegenen Cafe verabredet. Er hatte sie vor kurzem bei einem Gerichtstermin kennengelernt und sich mit ihr auf ein frivoles Zwiegespräch in der Verhandlungspause eingelassen. Diese Beziehung wollte er ausbauen. Sein Werturteil bezog sich in diesem Fall auf das, wie er es nannte, rassige Fahrgestell und das gut gefüllte Oberteil der Dame. Sein Verlangen auf ein näheres Kennenlernen mit intimem Ausgang wurde auch von ihr befürwortet. Sie hatte ihm Hoffnung gemacht. Seine Gedanken drehten sich schon um die Frage, ob er sich nicht sofort mit ihr in dem kleinen Hotel verabreden sollte, in dem er schon des Öfteren mit Frauen die späten Nachmittage verbrachte.

      Nun aber befürchtete er, dass sie in letzter Minute telefonisch absagen könnte. Sollte er noch ans Telefon gehen? Eigentlich war er schon weg.

      Seine Neugierde siegte. Er hob den Hörer ab.

      »Werbusch?«

      Es klang ärgerlich und neugierig.

      Kowalski machte sich nicht die Mühe, seine Stimme zu verstellen.

      »Hören Sie zu! Ich sag es nur einmal. Ich habe Ihre Tochter entführt. Kommen Sie sofort nach Hause! Keine Polizei! Wenn ich hier Polizei sehe, stirbt die Kleine! Wenn Sie nicht sofort kommen, stirbt die Kleine! Wenn Sie auf meine Forderungen eingehen, wird ihr nichts geschehen. Ich weiß, dass Sie Ihre Tochter über