Friederike Kielisch

Die Todgeweihten grüßen dich


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ließen ihn polizeilich suchen...er war bei mir

      Ali O. und ich waren gute Kumpels...wir teilten unseren Liebeskummer

      sie bauten mich auf

      und beide waren immer gegen das Establishment

      ich wusste nicht das Mustafa so jung war

      du dachtest ich hätte Größe...ich hätte ohne sie nicht so viel ertragen können

      sie waren einfach da...Mustafa mit seinen großen Augen

      und mir zuhörte

      Ali der mich oft einfach aufsammelte wenn ich in der Stadt war...in meinem weißen Kleid und Gedichte schrieb

      mir die Seele aus dem Laib schrieb

      du hast Katrin so sehr geliebt

      beide haben dann nie begriffen warum ich meinen Mann genommen habe

      doch ich musste meine Seele retten

      in ein normales Leben

      verstehst du das?

      E.:

      so eindrücklich wie du das erzählst bleibt einem ja keine andere Wahl

      ich war soo naiv

      ich träumte mit Mustafa

      er glaubte mir

      jedes Wort

      E.:

      wie sieht denn dein Leben jetzt aus?

      einsam

      aber gut so

      E.:

      komfortabler?

      ich sagte zu ihm. Wenn wir Abitur haben, ziehe ich nach xyz und du kommst mit

      ich studiere und du bist glücklich. Das sagte ich zu ihm

      er erzählte es seinen Eltern

      sie erklärten ihn für verrückt und schleppten ihm zum Psychologen

      dann kam sein älterer Bruder mit diesem Kurden E.

      und ich verleugnete uns

      E.:

      und sie wollten ihn nicht verheiraten mit dir?

      Ich.:

      sie wollten die Wahrheit

      doch ich sagte ich kenne nur Ali

      Mustafa dachte ich bin mit Ali

      ich wollte ihn beschützen, ich kann nicht mit nur dem untersten Rang so kämpfen

      ich denke wenn ich die Wahrheit gewusst hätte

      ich weiß bis heute nicht, ob sie uns verheiratet hätten...wahrscheinlich

      Mustafa zerbrach

      er rächte sich an Ali

      er rächte sich an alle Frauen der Welt

      E.:

      das ist doch bei diesen Türkeneltern oberstes Gebot, den Sohn mit einer Heidin zwecks Konvertierung zu verheiraten..

      und er kämpfte

      er wollte nie eine Türkin

      er verstieß gegen alle Regeln

      gegen alle der Welt

      er wollte frei sei

      und Ali genauso.

      er hat S. verloren

      und doch wir alle drei sehen uns noch in die Augen

      er redet bis heute sich bei mir wegen S. aus

      E.:

      dass kenne ich auch, bei aller großen Liebe und Fürsorge war es doch eine seelische Folterkammer in der ich leben durfte und dankbar sein musste

      immer noch..

      Ich:

      ich lasse niemanden in Stich

      verstehst du. Niemanden

      ich gehe mit allen ins Feuer

      ich werde Mustafa nie mehr verraten oder verleugnen

      E.:

      ich werde gleich ohnmächtig und muss mich nun ausloggen

      oh bitte

      e…

      verzeih mir

      ich habe solches Heimweh

      E.:

      wo zieht es dich denn hin?

      in der Zeit, als ich noch eine Oma und Vater hatte

      all die Jungs die dann nicht mehr zum Training bei dir waren, waren auf meiner Seite

      der Kurde E. und Mustafas Bruder kamen dann wegen der PKK ..ich war ja bei den Sozialisten

      deine Göttin stieg vom Olymp

      und hörten mir zu, der verrückten Dichterin

      Deutsche sagten, du schmeißt Perlen vor die Säue

      verzeih das ich dir diese Worte zumute

      davor galten immer nur deine Worte, du hast nicht mal geahnt , dass ich schreibe...parallel zu dir

      Du warst zu stark, für alle von uns.

      Doch wir haben Dich alle geliebt und verehrt.

      Erst mal wollte ich nun gar nichts mehr. Nur noch meinen Abschluss machen, arbeiten und leben. Doch ich brauchte irgendwie Wärme, Sicherheit und Geborgenheit.

      Viele Monate später fand ich einen freundlichen und warmherzigen Griechen, der bereit war, mein Mann zu werden, und für mich und meine zukünftigen Kinder zu sorgen. Er hatte auch nichts mehr zu verlieren, denn später verstarben seine beiden Eltern. So trafen sich zwei Einsame auf einer Insel, und planten gemeinsam eine Zukunft. Er war auch nicht „Der“ angestrebte Schwiegersohn, doch er passte sich unserer Welt an, erfüllte seine Rolle nach besten Wissen und Gewissen, und sein gesellschaftlicher Hintergrund war gerade mal für meine Familie akzeptabel. Ein guter griechischer Name, und der Erbe von fruchtbaren Feldern. Ein ehrlicher und fleißiger Mann, zwar nicht gerade studiert, doch tief in der Seele gnädig und treu.

      Ich wollte ihn glücklich machen, ihn seine griechische Melancholie nehmen…Doch er schaffte es nicht mehr vollständig mein Herz zu erreichen, denn ich war zwischen den Welten gestorben.

      Damals, als Mustafa nie mehr mit mir reden wollte, schwebte ich trotzdem durch die Straßen der Kleinstadt, mit ungefähr 10 Monaten des fleißigen Lernens der griechischen Sprache. Es war mein letztes Schuljahr, und nach all‘ den Prüfungen suchte ich mir wieder Jobs. Nun auch die örtlichen Griechen nahmen meine Existenz zur Kenntnis. Kaum wendete ich mich mit verletzten Gefühlen von Mustafa ab, hängte sich eine fette griechische Qualle namens Jiannis G. an mich heran. Er stalkte mich. Er verfolgte mich mit seinem goldenen Ford. Er lauerte selbst an meiner Schule, oder lief in der Stadt bis in ein Café hinter mir her, er setzte sich dreist an meinem Tisch, schnappte meine rechte Hand, um diese dann mit seinen labberigen Küssen zu bedecken. Boäh, der war so widerlich! Ich floh, dort wo ich Ergün vermutete. Wir waren immer Freunde. Zwar nun mit Differenzen, aber eben niemals Feinde. Er hatte in so Vielem mit seinen Einschätzungen Recht gehabt, er sah die Griechen in Gifhorn so wie sie wirklich waren, die Meisten waren wahre Asis. Denn die Zeit war schon vorbei, als das die Griechen als Gastarbeiter gekommen waren, die meisten waren auch schon wieder fort, und das Viertel, welches geblieben war, hatte auch in Griechenland nichts, kein Land und keine Perspektive, kein Ziel. Nun, erst arbeitete ich zwei Monate in einem Hotel, dann fuhr ich mit dem Geld mal wieder nach Griechenland, zu den „echten“ Griechen, und danach vermittelte mir eine Freundin auch wieder einen Job, in diesmal einem griechischen Café. Dort war ich dem Komplettprogramm deren nervigen lauten Lebensart ausgesetzt. (Fußball!) Der Inhaber suchte sich gern Personal zum Ausbeuten, er hatte niemals vor, Vereinbarungen einzuhalten. Einige Jahre später an der Uni, lernte ich auch