Stephane Rambicourt

Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee


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Urmelda wissen.

      „Ja, das war so. Ich hatte in meiner Hütte gewohnt, die vor der jetzigen Hütte am gleichen Platz gestanden hat. Als ich den Grafen im Unterholz entdeckt habe, war ich gerade dabei Kräuter zu sammeln. Er war bereits tot, aber durch meine Kräuter und einen Zauberspruch, den ich von einem großen Alchimisten gelernt habe, konnte ich den Grafen wieder aus dem Totenreich zurückholen. Ich habe ihn gesund gepflegt und dann zur Burg Zavelstein gebracht. Die Martinsvögel waren sehr gefährliche Banditen musst du wissen, die das ganze Land terrorisiert haben. Und als Dank schenkte mir der Graf den Kaltenbronn und auch einige Goldstücke und Schmuck. Das alles ist jetzt dein Besitz. Wenn wir keine Nachfolge für dich finden werden, bitte ich dich dafür Sorge zu tragen, dass das Vermögen richtig verwendet wird, versprichst du mir das?“ sprach Urmelda eindringlich.

      „Ja, das verspreche ich. In der Kiste waren Samen, Blüten und Wurzeln. Was soll damit geschehen?“ fragte Irmelie. „Diese Samen, Blüten und Wurzeln tragen das Erbgut längst untergegangener Heilpflanzen in sich. Wir, alle deine Vorfahren, würden uns freuen, wenn du es dir zum Lebensinhalt machen würdest für eine Verbreitung in der Natur des Kaltenbronn zu sorgen“, erwiderte Urmelda.

      „Ich werde morgen damit beginnen. Ich freue mich schon darauf und werde Sorge dafür tragen, dass der Kaltenbronn wieder diese untergegangenen Pflanzen beherbergen darf. Ich werde aber dazu die modernen Methoden anwenden müssen“, sagte Irmelie.

      „Du weißt wie das gemacht werden muss, aber bedenke die Aussaat sollte sich an den alten Methoden orientieren und auch der Sonnen- und Mondstand haben ihre Auswirkungen. Unterschätze nie die Macht der Sonne und des Mondes, egal was du tust“, mahnte Urmelda.

      Hubertus mahnte zur Eile, „hast du noch mehr Fragen für heute?“

      „Ja Hubertus, wie kommt es, dass ich mit Tieren sprechen kann?“ wollte Irmelie gerne wissen.

      „Erinnerst du dich an die Lichtkugel in der gestrigen Nacht? Das war nur eine kleine Übung für mich. Aber jetzt müssen wir uns verabschieden. Du kannst immer wenn du möchtest hier mit uns sprechen. Wir leben alle drei in einer Zwischendimension und sind immer da, auch wenn du uns nicht siehst und Fragen können wir dir auch telepatisch beantworten. Wenn du möchtest sehen wir uns morgen wieder, liebe Irmelie“, sagte Hubertus.

      Bevor Irmelie etwas sagen konnte, schwebte Katharina schnell zu ihr hin und hauchte einen Kuss auf Irmelies Wange. Irmelie bekam Tränen in den Augen und bemerkte kaum, dass sich die drei Gestalten dematerialisierten.

      Sie blieb noch eine Weile am Ufer des Wildsees stehen. Tränen liefen über ihre Wangen. Die Begegnung mit Urmelda und Katharina hatte sie sehr tief im Herzen berührt. Langsam ging sie zurück zum Bohlenweg, zog ihre Schuhe an und ging langsam in Richtung ihrer Hütte.

      Sie war sehr aufgewühlt und hätte so gerne noch mit Urmelda und Katharina gesprochen. Plötzlich hörte sie die Stimme von Katharina, die sagte: „Sei nicht traurig Irmelie, wir sind immer an deiner Seite.“

      Irmelie drehte sich um. Was sie sah verschlug ihr im ersten Moment den Atem. Hinter ihr waren viele Tiere, Rehe, Hirsche, Füchse, Mäuse usw. die ihr leise nachgegangen waren. Irmelie kniete sich auf den Boden und die Tiere kamen zu ihr und kuschelten sich an sie, so dass ihre Traurigkeit ganz schnell verflogen war und sie wieder gut gelaunt zu ihrer Hütte zurückkehrte.

      Die folgenden Tage verbrachte Irmelie damit, das Buch genau zu studieren. Mit den Zaubersprüchen, die in dem Buch standen, hatte sie so ihre Probleme, weil sie nicht an deren Wirkung glaubte. Immer um Mitternacht ging sie zu Hubertus an den Wildsee und unterhielt sich mit ihm. Das eine oder andere Mal waren auch Urmelda und Katharina mit dabei. Sie erfuhr sehr viel über ihre Familie, Dinge die sie vorher nicht wusste oder anders bewertet hatte.

      Ihre Großmutter war von Urmelda auserwählt worden, die Nachfolge als Kräuterfrau anzutreten. Jedoch kamen der 1. Weltkrieg und die Schwangerschaft dazwischen. Auch Irmelies Mutter konnte die Nachfolge wegen des 2. Weltkrieges nicht antreten, so dass letztendlich Irmelie nachfolgte. Irmelies Großmutter und auch ihre Mutter kannten sich exzellent mit Kräutern aus und haben dieses Wissen und auch das Interesse an Irmelie weitergegeben und heute ist Irmelie die neue Kräuterfrau auf dem Kaltenbronn und sie war sehr stolz darauf.

      Auch den Umgang mit den Tieren und dass sie mit ihnen sprechen konnte war für sie normal geworden, und dass gesunde Tiere ihre kranken oder verletzten Freunde zu ihr brachten, machte Irmelie großen Spaß.

      Heute hatte sie eine Exkursion in Begleitung von Karl, dem Hirsch, in Richtung Kaltenbronn gemacht, um sich auch dort ein wenig umzusehen. Sie kartierte alles was sie sah und fand in ihrer topografischen Karte und kehrte spät am Abend wieder in ihre Hütte zurück.

      Nachdem sie begonnen hatte die Karte auszuwerten fiel ihr plötzlich ein, dass am nächsten Tag ihr Ex-Chef und Freund mit seiner Ehefrau nach Bad Wildbad kommen würden. Sie musste sich noch genau überlegen, wie weit sie die beiden in ihr neues Leben einweihen durfte. Die Geschichten mit Hubertus, Urmelda und Katharina und auch die Sache mit den Tieren durfte sie nicht weitergeben. Ebenso mussten der Gold- und Schmuckschatz, sowie das Zauberbuch geheim bleiben. Letztendlich blieb nur noch die Angelegenheit mit der Erbschaft übrig und wie bzw. mit welchem Anwalt die Durchsetzung der Erbschaft möglich ist und ob es überhaupt Sinn machen würde auf eine formelle Eigentumsübertragung zu pochen. Außerdem wollte sie mit ihm besprechen, wie sie am sinnvollsten vorgehen sollte, wenn sie neue Produkte entwickeln würde.

      In der Nacht unterhielt sie sich mit Hubertus, der ihr noch verschiedene Stellen nannte, an denen ganz besondere Heilkräuter wuchsen. Rudolf würde sie am nächsten Tag zu diesen Plätzen begleiten. Irmelie erzählte Hubertus von ihrem Besuch und erklärte ihm auch, über was sie mit ihrem früheren Chef und Geschäftsführer sprechen wollte. Hubertus teilte ihre Meinung, dass sie sich Unterstützung von einem „Advokaten“ holen sollte, der sich mit solchen Dingen auskennt. Zum Schluss zeigte Hubertus Irmelie noch, wie sie schnell und sicher Rudolf oder Karl zu sich bitten konnte. Sie musste sich nur eine kleine Pfeife aus dem Schilf, das direkt am Wasserrand wächst herstellen. Deshalb nahm sie auch gleich einen großen Schilfhalm mit in ihre Hütte.

      Kapitel 2

      Am folgenden Morgen machte sich Irmelie auf den Weg in die Stadt. Sie hatte mit ihrem Ex-Chef vereinbart, ihn im Restaurant des Hotels Post zu treffen. Irmelie hoffte, dass auch ihre Freundin Karin, Ehefrau ihres Ex-Chefs, mit kommen würde, weil sie sich schon sehr lange nicht mehr gesehen hatten.

      Aus diesem Grund zog sie sich adrett an, um sich nicht zu blamieren. Außerdem wollte sie heute, ausnahmsweise, mal wieder über den Sommerberg und die Bergbahn in die Stadt hinunter gehen. Irmelie fühlte sich sehr wohl und hüpfte zwischendurch wie ein kleines Kind auf ihrem Weg entlang und pfiff ein fröhliches Lied vor sich hin.

      Als sie gegen 11 Uhr am Hotelrestaurant angekommen war, musste sie feststellen, dass ihre Freunde noch nicht da waren. Sie setzte sich an einen schönen Fensterplatz, mit Blick auf die Enz und schaute den Kanufahrern zu, die auf dem wilden Wasser flussabwärts fuhren. Bei der Bedienung hatte sie sich ein stilles Mineralwasser bestellt, das sie auch schnell erhielt.

      Die Bedienung war kaum wieder weg, da hörte sie die sonore Stimme von Dr. Franz Steiner und auch die Stimme seiner Ehefrau und ihrer Freundin Karin. Freudig sprang sie auf und ging den beiden entgegen.

      Nachdem sie sich herzlich mit Küsschen auf die Wangen begrüßt hatten, setzten sie sich an den Tisch, den Irmelie ausgesucht hatte.

      „Jetzt erzähl mal“, lachte Franz Steiner, „von dir hört man ja tolle Dinge. Vor einiger Zeit hat Dr. Müller aus der Firma bei mir angerufen und erzählt, dass du gekündigt hast? Was ist denn passiert?“

      „Ja, das stimmt. Ich hab gekündigt. Ich bin oder besser ich war total ausgebrannt und fertig. Jetzt wohne ich hier in Bad Wildbad und kann es mir richtig gut gehen lassen. Ich wandere viel, sehe viel und, und, und, und vor allem ich lebe jetzt wieder“, erklärte Irmelie freudig.

      „Das sieht man dir an. Du siehst so richtig gut erholt und gesund aus. Ich glaub dir bekommt die Gegend hier?“