Stephane Rambicourt

Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee


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traurig.

      „Doch, ich kann dir helfen. Komm her zu mir. Du musst mir nur versprechen zu niemandem ein Wort über das was du siehst, hörst oder von mir bekommst. Nicht zu Karin, nicht zu deinen Ärzten usw.“, sagte Irmelie sehr bestimmt und Franz hatte keine andere Möglichkeit als ja zu sagten.

      „Wie soll das gehen dass du mir helfen kannst und die Mediziner nicht?“ fragte Franz. „Lass das unser beider Geheimnis sein“, erwiderte Irmelie, „komm am Sonntag zu meiner Wohnung in Sprollenhaus mit deinem Auto und keine Dummheiten machen. Zu Karin sag nur, dass du für 3 oder 4 Tage weg sein wirst.“

      „Ich möchte Karin nicht hintergehen, kann sie nicht mitkommen?“ erklärte Franz.

      „Na gut, wenn du darauf bestehst. Ihr müsst aber absolut versprechen nichts weiter zu erzählen“, willigte Irmelie ein.

      „Gut, bis Sonntag in Sprollenhaus“, sagte Franz traurig.

      „Kopf hoch Franz. Glaub mir, du wirst völlig gesund werden. Also bis Sonntag. Gib Karin ein Küsschen von mir und drücke sie fest“, antwortete Irmelie und legte auf.

      Nachdem sie ihre Extrakte geholt hatte, machte sie sich auf in das Labor in Karlsruhe. Dort wurde sie schon von ihrem Bekannten erwartet.

      „Lass uns gleich loslegen“, sagte Irmelie, „reden können wir später, ich hab wenig Zeit.“

      „Okay“, war die lapidare Antwort ihres Bekannten.

      Sie betraten das Labor und Irmelie staunte nicht schlecht. Das Labor war mit 3 großen Laborautomaten der besten Hersteller ausgestattet. Das Rasterelektronenmikroskop machte sich in dieser Ausstattung wie ein längst ausgestorbenes Fossil aus, selbst die Zentrifugen oder die Spezialpipetten hatten etwas futuristisches an sich.

      „Na, was sagst du, Erika?“ fragte ihr Bekannter lächelnd, als er in Irmelies Gesicht sah.

      „Das ist ja Wahnsinn“, sagte Irmelie tief beeindruckt.

      „Hier habe ich die Präparate. Ich möchte gerne die genaue Zusammensetzung des Inhaltes haben“, erklärte sie ihrem Bekannten. Der nahm eine Pipette, entnahm von jedem Präparat etwa 1 Milliliter bzw. 1 Milligramm, gab sie in einen kleinen Glaszylinder und stellte diese dann in die Aufnahmevorrichtung des Laborautomates.

      „So in 5 Minuten wissen wir bescheid“, erklärte der Laborleiter und stellte den Laborautomaten an. Während das Gerät pumpte und zischte unterhielten sich Irmelie und der Laborleiter über das was alles neu in dem Labor möglich ist.

      „Mensch, wenn ich mal wieder ein neues Produkt habe und auf dem Markt bringen möchte, komme ich zu dir und lasse es analysieren“, sagte Irmelie beeindruckt. Der Laborleiter fühlte sich natürlich geschmeichelt und meinte: „Gerne, jederzeit. Deine Arbeit macht natürlich auch Werbung für uns, wenn wir die Analyse erstellen dürfen.“ Der Laborautomat beendete gerade seine Analyse und auf dem Bildschirm und dem angeschlossenen Laserdrucker wurde die Ergebnisse ausgespuckt.

      Der Automat hatte festgestellt, dass nur ein einziger Wirkstoff nachweisbar war, allerdings stand zu lesen: „Wirkstoff entspricht dem komplementären Nukleotids Adenosintriphosphat (ATP) einem Teilbereich der menschlichen DNA, ist aber eindeutig pflanzlicher Herkunft“. Irmelie wusste sofort einzuordnen was hier stand und sie musste nun den Laborleiter versuchen irgendwie abzulenken, was aber nicht funktionierte.

      „Was ist das für eine Pflanze?“ fragte er neugierig.

      „Brennesel, den Extrakt habe ich aus einer speziell extrahiert, sonst eigentlich gar nichts besonderes“, flunkerte Irmelie.

      „Na gut, wenn du mir nicht sagen willst was das ist, muss ich das akzeptieren, aber wenn daraus ein Medikament, Heilmittel oder was auch immer resultiert, möchte ich, dass mein Labor Erwähnung findet“, erklärte er Irmelie frustriert.

      Sie verabschiedeten sich von einander und Irmelie suchte eine gute Apotheke in Karlsruhe auf um die restlichen Zutaten für ihre Rezeptur zu besorgen und anschließend sofort heim zu fahren. Sie hatte noch so viel zu tun.

      In ihrer Hütte angekommen, zog sie sich sofort um und machte sich auf um noch einige der Silphium-Blüten einzusammeln und von der Madigaris-Wurzel einige Gramm auszugraben. Als sie alles zusammen hatte, ging sie zurück in ihre Hütte. Dort hängte sie die gesammelten Kräuter zum trocknen auf, anschließend nahm sie das Rezeptbuch von Urmelda und studierte noch einmal die Zusammensetzung der Rezeptur. Besonders den dazugehörigen Zauberspruch sah sie sich ganz genau an.

      Plötzlich hörte sie die Stimme von Urmelda: „Das hast du heute sehr gut gemacht. Morgen früh musst du noch den Saft der Wurzel etwas fermentieren, damit die Wirkstoffe etwas gemildert werden. Ich weiß, dass du nicht an die Wirkung von Zaubersprüchen glaubst, aber um deinem Freund zu helfen musst du an die Kraft und an die Wirkung des Zaubers glauben, sonst könnte es sein, dass die Medizin nicht wirkt. Die Krankheit deines Freundes ist so schwerwiegend, da helfen Heilkräuter nicht alleine und die Zauberformel verstärkt die Heilkraft und führt die Wirkstoffe zu den richtigen, ihr sagt heute, Rezeptoren.“

      Irmelie nickte und verstand jetzt, warum sie den Zauberspruch brauchte. Die Worte Urmeldas, die sie gerade gehört hatte, hatten sie überzeugt.

      „Gut meine Kleine, Katharina und ich werden bei dir sein und dich unterstützen. Leg dich jetzt schlafen und ruhe dich gut aus. Du wirst alle deine ganzen Kräfte brauchen“, hörte Irmelie nun wieder Urmeldas Stimme, die heute so zart und warmherzig klang.

      Wie in Trance nickte sie, erhob sich von ihrem Stuhl und legte sich in ihr Bett. Sie schlief schnell und tief ein. Vor Ihrer Hütte waren Toni, der Wildschweineber und Rudolf der Uhu, die darauf achteten, dass Irmelie nicht gestört wurde.

      Noch vor 5 Uhr am Morgen wachte sie auf, frühstückte, erledigte ihre Morgentoilette an ihrer Quelle und machte sich sofort an die Arbeit. Urmelda hatte ihr gesagt, dass sie die Madigaris-Wurzel leicht fermentieren sollte. Um dies zu erledigen brauchte sie Bakterien-, Pilz- oder sonstige Zellkulturen, die die Fermentierung im Rahmen ihres enzymkatalytischen Stoffwechsels ausführten. Sie überlegte, was sie nehmen könnte.

      Da meldete sich die Stimme ihrer Ururgrossmutter Katharina: „Nicht so kompliziert Kleines, das was du brauchst ist bereits alles natürlich vorhanden, so dass es zu einer Spontangärung kommen wird. Du musst nur diesen Gärungsprozess in die Wege leiten.“ Irmelie überlegte kurz, nahm einen schon etwas älteren Apfel, der schon weich war, legte ihn mitsamt der gesammelten Wurzel in einen Topf und verschloss diesen.

      „Siehst du, so einfach kann man das auch machen Kleines. Lass das jetzt bis heute Mittag stehen, das wird reichen“, hörte sie Katharina sagen.

      Als nächstes nahm sie die gesammelten Silphium-Blüten und ging in ihre Wohnung in Sprollenhaus. Dort zentrifugierte sie die Blüten und erhielt 250 Milliliter Extrakt, den sie gleich in den Kühlschrank stellte. Jetzt hatte sie die Rezeptur von Urmelda, den Silphium-Extrakt pur und am Nachmittag würde auch die fermentierte Madigaris-Wurzel einsatzbereit sein.

      Bevor sie zurück in ihre Hütte ging, rief sie bei Franz an, der sich jedoch nicht meldete. Sie versuchte es deshalb auf seinem Handy und als er abnahm, hörte sie, dass Franz und Karin bereits auf dem Weg nach Bad Wildbad waren. Sie vereinbarten eine Uhrzeit am Nachmittag, zu welcher sie sich an ihrer Wohnung in Sprollenhaus treffen wollten. Schnell flitzte Irmelie zu ihrer Hütte und erledigte die noch notwendigen Handgriffe, um schnellstens mit der Behandlung von Franz beginnen zu können.

      Pünktlich um 16 Uhr war sie dann wieder in ihrer Wohnung in Sprollenhaus. Erst jetzt überlegte sie, wie sie Franz und Karin, oder nur Franz zu ihrer Hütte bekam, ohne dass sie wussten wo sie sind. Sie konnte ihren Freunden zwar vertrauen, aber was würde passieren, wenn die Spontanheilung von Franz publik werden würde. Dann gab es Fragen über Fragen, die die beiden zu beantworten hatten und durch die sie auffliegen konnte, auch weil sie sich ja strafbar gemacht hatte, einmal wegen der Hütte und was viel schwerwiegender war, mit der Behandlung von Franz ohne Ärztin zu sein. Sie musste unbedingt mit ihren Freunden diese Dinge zuerst besprechen, bevor sie zu ihrer Hütte gingen.

      Während sie