Stephane Rambicourt

Irmelie, die Kräuterhexe vom Wildsee


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die Pflanze bestimmen können. Es handelte sich um Heilkräuter, die bereits im frühen Mittelalter ausgestorben sind und Silphium oder Laserpitium hießen. Die alten Philosophen hatten über die Wirkung berichtet, dass Menschen in sehr kurzer Zeit gesund wurden oder in sehr seltenen Fällen gestorben sind. Eine Pflanze die seit mehreren Jahrhunderten als ausgestorben gilt, wächst hier im Bannwald. Um sicher zu gehen pflückte sie einige Blüten vorsichtig ab und legte sie in ihren Reisigkorb. Sie schüttelte verwundert den Kopf und fragte sich wie das denn sein kann.

      „Gut, Toni, wo finde ich nun die Wurzel die du gefunden hast?“ fragte Irmelie freundlich.

      Toni und seine Familie wollten gerade durch das Pflanzenfeld gehen, das sie gerade gefunden hatten, als Irmelie erschreckt aufschrie.

      „Halt, nicht durch die Pflanzen gehen, bitte außen herum. Bitte, Bitte“, rief sie aufgeregt.

      „Schon gut, kommt wir gehen außen herum. Gleich dahinten hab ich sie gefunden“, erwiderte Toni, der jetzt sehr vorsichtig vorwärts ging.

      Zwei Minuten später waren sie an der Stelle und Toni fuhr mit seinen Keilern sanft durch den Waldboden und legte eine Wurzel frei.

      „Hier ist die Wurzel. Ich glaube Urmelda kennt die Stelle auch“, flüsterte Toni vorsichtig.

      Irmelie ging in die Knie und suchte den Anfang der Wurzel. Diese war bestimmt 10 Meter lang. Um die Wurzel nicht zu beschädigen schnitt sie 5 Seitentriebe ab, roch daran und legte sie vorsichtig in ihren Korb.

      Toni vergrub die Wurzel mit seinen Keilern wieder und sie machten sich auf den Rückweg zur Hütte.

      Als sie angekommen waren, bedankte sich Irmelie bei allen einzeln, umarmte sie innig und verabschiedete sich von ihren neuen Freunden.

      Nachdem sie noch mal kurz in ihrer Hütte war, machte sie sich sofort auf den Weg zu ihrer Wohnung in Sprollenhaus. Hier hatte sie die notwendigen Geräte und auch die richtige Literatur um eine Bestimmung der Pflanzen vornehmen zu können. Dort angekommen machte sie sich sofort an die Arbeit und holte mehrere dicke alte Fachbücher aus dem Regal, legte eine Blüte unter ihr Mikroskop und eine Blüte unter ihre Lichtlupe, dann suchte sie nach Silphium und Laserpitium. Sie fand nur sehr alte Zeichnungen der Pflanzen, war sich aber sicher ihre Funde als Silphium bzw. Laserpitium identifizieren zu können.

      Als nächstes hackte sie die Blüten klein, und gab sie in ihre Zentrifuge, gab Ethanol dazu um den Pflanzensaft zu extrahieren. Nach 5 Minuten zentrifugieren hatte sie den Pflanzenextrakt und füllte ihn mit einer Spritze in eine Ampulle. Um den Extrakt vor Sonnenlicht zu schützen wickelte sie die Ampulle in Alufolie ein und legte ihn in ihren Kühlschrank. Ebenso wie mit den Blüten verfuhr sie auch mit der Wurzel. Nach Ihren Büchern war sie sich fast zu 100% sicher, dass es sich bei der Wurzel um Madigaris handeln musste. Die Pflanze war ebenfalls schon seit vielen 100 Jahren ausgestorben. Sie zentrifugierte eine Probe und füllte auch diesen Extrakt in eine Ampulle, ein Alupapier außen herum und ab in den Kühlschrank. Ebenso verfuhr sie mit der alten Wurzel aus der Kiste. Sie fragte sich jetzt, wie es sein konnte, dass die Pflanzen bisher noch niemand entdeckt hatte.

      „Egal, jetzt ist es wichtig die einzelnen Bestandteile des Extraktes zu bestimmen. Ich muss telefonieren“, sprach Irmelie mit sich selbst. Sie nahm nun auch die Überreste der zentrifugierten Pflanzen, legte sie in ihren Kühlschrank und ging 3 Straßen weiter zur Telefonzelle.

      Irmelie rief nun ihren Bekannten in Karlsruhe an und bat ihn ihr doch einen Laborplatz nach dem Feierabend seiner Mitarbeiter für ein oder zwei Stunden zur Verfügung zu stellen. Als Erklärung für ihren Wunsch sagte sie, dass sie die Bestandteile von Pflanzen für sich privat analysieren wollte. Ihr Bekannter vereinbarte für Freitagnachmittag einen Termin mit ihr und meinte, dass er ihr gerne behilflich sein würde, weil er neue Maschinen bekommen hat, die alles bis in den Nano-Bereich messen können.

      Da Mittwoch war, hatte sie Zeit eine Kühltasche und Kühlakkus zu kaufen und vielleicht würde sie beim Einkaufen auch die Frau des Bürgermeisters treffen, damit sie ihr gleich absagen konnte. Irmelie nahm ihren Einkaufskorb und machte sich auf den Weg zum Supermarkt. Sie ging gerade in den Supermarkt hinein, als sie schon die Stimme der Ehefrau des Bürgermeisters hörte. „Hallo Frau Dr. Lang, haben sie meinen Brief bekommen? Ich denke das wäre eine sehr gute Sache. Was meinen sie?“ fragte die Frau des Bürgermeisters.

      „Oh, schön dass ich sie sehe. Aber ich muss leider absagen. Ich habe soviel zu tun und wollte doch eigentlich hier in Wildbad zur Ruhe kommen“, antwortete Irmelie ruhig.

      „Sind sie wieder an einer neuen Salbe? Oder an einer neuen Kosmetikserie? Ich würde gerne mehr wissen“, bohrte die aufgedrehte Frau bei Irmelie nach.

      „Nein, einer meiner besten Freunde ist krank und braucht meine Hilfe“, erwiderte Irmelie.

      „Ach so, vielleicht ergibt sich irgendwann mal eine Möglichkeit. Ich wäre sehr gerne ihre Schülerin. Vielleicht melden sie sich mal oder wir sehen uns hier im Supermarkt“, sagte die Frau enttäuscht und verließ das Geschäft. Irmelie erledigte ihre Einkäufe und fand die gewünschte Kühltasche mit den passenden Akkus. Als nächstes ließ sie an der Tankstelle und Autovermietung, die sich neben dem Supermarkt befand, für Freitag ein Auto reservieren. Anschließend machte sie sich wieder auf den Heimweg zu ihrer Hütte.

      In ihrer Hütte blätterte sie in Urmeldas Kräuterhexenbuch und suchte explizit nach Silphium bzw. Laserpitium und Madigaris. Sie fand tatsächlich Rezepturen und Heilanzeigen der Pflanzen. Sie musste allerdings in ihrem Kopf die Krankheitsbezeichnungen von damals in die heutige Zeit transformieren. Jetzt hatte sie alles bei einander. Die notwendigen Zutaten für die Rezepturen konnte sie leicht in Karlsruhe in einer guten Apotheke einkaufen. Nur mit dem dazugehörigen Zauberspruch hatte sie noch so ihre Probleme, wollte ihn aber trotzdem anwenden um Franz zu helfen.

      Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem sie sich sicher war Franz helfen zu können. Sie würde am Freitag, wenn sie nach Karlsruhe fahren würde, vorher noch mit Franz und Karin telefonieren und vor allem Karin nach dem Befinden und den Diagnosen von Franz ausfragen. Irmelie kannte eigentlich bereits die Diagnose, wollte aber sicher gehen.

      Die restliche Zeit des Tages legte sie sich in ihre Hängematte und hing ihren Gedanken nach. Plötzlich hörte sie wieder eine innere Stimme: „Das hast du sehr, sehr gut gemacht mein Kind“, hörte sie Urmelda zu ihr sagen, „verzeih wenn ich zuletzt ein wenig heftig war, aber ich weiß leider, dass dein Freund nicht mehr lange leben wird. Hol ihn zu dir in die Hütte und du wirst sehen in weniger als einer Woche ist er wieder völlig gesund und jetzt ruhe dich aus. Das hast du dir heute verdient.“

      Das waren die ersten lieben und freundlichen Worte, die sie von Urmelda gehört hatte. Ja, sie hatte heute alles richtig gemacht. Um Mitternacht ging sie wieder zu Hubertus, der ihr sagte, dass er jetzt für ein paar Tage nicht mehr zu sehen sein würde, aber immer eng mit ihr verbunden sein wird. Irmelie fühlte in sich eine Zufriedenheit aufkommen und ging beschwingt in ihre Hütte. Unterwegs hatte sie Jäger bemerkt, die wohl auf der Jagd waren. Sie versteckte sich, bis die Männer weg waren und ging dann endgültig nach Hause. In der Nacht hörte sie keine Schüsse mehr, was sie sehr froh machte. Sie legte sich gleich in ihr Bett und schlief auch sofort ein.

      Kapitel 3

      Der nächste Tag verging wie im Flug mit den Vorbereitungen für die Analyse und die Herstellung der Rezeptur. Am Freitagmorgen ging sie zu der Tankstelle neben dem Supermarkt, übernahm das Auto und fuhr zu ihrer Wohnung in Sprollenhaus. Bevor sie ins Haus ging, suchte sie die Telefonzelle auf und rief bei ihren Freunden Franz und Karin in Luzern an. Franz war als erster am Telefon und gab ihr die Telefonnummer einer Rechtsanwaltskanzlei in Stuttgart, die die Besitzverhältnisse des Kaltenbronns klären würden. Er hatte bereits mit dem Inhaber der Kanzlei gesprochen und ihn auf Irmelie vorbereitet.

      Unvermittelt fragte Irmelie nun Franz direkt: „Hast du deine Diagnose bekommen?“

      „Woher weißt du?“ fragte Franz.

      „Das spielt keine Rolle. Ich kann und möchte dir helfen, aber dazu musst du zu mir kommen, ohne Karin. Wäre das für