Matthias Rathmer

Alexander Schalck-Golodkowski


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aktive Mitarbeit für die Interessen desselben, konnte seine Zuverlässigkeit und Korrektheit festgestellt werden." 61 Zehn Tage zuvor hatte sich Schalck dem Ministerium verpflichtet. 62 Verband Schalck mit Fruck, Volpert, Libermann und Goldenberg schon in den Jahren vorher ein enger Kontakt, so wuchsen Intensität und Qualität seiner Verbundenheit mit dem Mielke-Ministerium von nun an mit jedem Auftrag, den er als KoKo-Leiter abwickelte.

      Nahezu ehrfurchtsvoll blickte Schalck auf Erich Mielke, mit dem er nicht nur berufliche sondern auch private Probleme absprach. „Lieber Genosse Minister! Vorab auf diesem Wege möchten wir Ihnen recht herzlich dafür danken, dass wir die Möglichkeit haben im schönen Berghaus erlebnisreiche Urlaubstage zu verbringen. Wir betrachten diesen Urlaub als vorweggenommene Hochzeitsreise, da wir beabsichtigen am 13. September 1976 zu heiraten (zum zweiten Mal, d.A.). Diesen bedeutsamen Schritt haben wir uns reiflich überlegt und sind überzeugt, dass wir unser gemeinsames Leben erfolgreich meistern werden. Dabei wird uns, wie bisher, unsere gemeinsame Arbeit eine solide Grundlage sein. Ihre persönlichen Ratschläge und praktische Hilfe bei der Klärung unserer persönlichen Probleme haben uns sehr geholfen. Vielen Dank. Seien Sie gewiss, werter Genosse Minister, dass wir wie bisher alles in unseren Kräften stehende leisten werden, um die uns als Genossen und Tschekisten gestellten Aufgaben in Ehren zu erfüllen. In enger Verbundenheit (...)." 63

      Der Brief, den Sigrid und Alexander Schalck ihrem Dienstherrn aus ihrem Urlaubsort geschickt hatten, landete geradewegs in die Kaderakte Schalcks. Er fühlte sich, durch alle ihm gewährten Prägungen gestärkt, als Tschekist, der im sozialistischen Verständnis einen „Angehörigen der außerordentlichen Kommission zum Kampf gegen Konterrevolution und Sabotage" bezeichnete. 1922, als die Tscheka durch die Staatliche politische Verwaltung (GPU) ausgetauscht und Stalin erster Generalsekretär der KP wurde, ersetzte man alle oppositionellen Kräfte durch zuverlässige, d.h. dem Politbüro genehme Sekretäre. Als ein solcher empfand sich Schalck, und er wusste, dass Mielke solche Zeilen gerne las.

      Nachdem Schalck im September 1983 fast siebzehn Jahre lang seine absolute Verlässlichkeit unter Beweis gestellt hatte, da beförderte ihn Erich Mielke persönlich inoffiziell in den Rang eines Generals. „Der Offizier im besonderen Einsatz (...) wäre aufgrund seiner außerordentlichen Verdienste und Leistungen zum 34. Jahrestag der Gründung der DDR zur Ernennung zum Generalmajor eingereicht worden. Unter Berücksichtigung der besonderen Tätigkeit ist die Ernennung (...) gegenwärtig nicht möglich." 64 Innerhalb der MfS-Hierarchie war Schalck zum General ernannt worden, offiziell aber hat er diesen Titel nicht geführt. Mit der Ernennung zollte Erich Mielke seinen persönlichen Respekt gegenüber einem erfolgreichen Mitarbeiter.

      Schalck galt von Beginn als loyal, gewissenhaft und präzise. In seinem familiären Umfeld sollte sich dies indes mit seinem Aufstieg in die Nomenklatura ändern. Seine soziale Integration genügte dem Außenhändler nicht mehr. Er hatte die Welt außerhalb der Postulate von Gleichheit und Bescheidenheit kennen gelernt. Schalck begann damit, sein Leben unter den kleinlichen, für ihn oftmals beengten Verhältnissen abzulegen. Äußeres Zeichnen dafür war die Trennung von seiner ersten Frau. Selbstbewusst genug, um zu wissen, dass Standesdünkel innerhalb der regierenden Kreise der Parteifunktionäre sehr wohl den ein oder anderen Vorteil brachten, suchte er fortan zu jenen freundschaftliche Kontakte, die ihn auch in seinem beruflichen Umfeld begleiteten. Er war fest entschlossen, den einmal erworbenen Status zu festigen. Je höher Schalck aber in den folgenden Jahren aufstieg, desto distanzierter wurde die Bindung zu seiner Frau, zu seiner Familie. Namen und Titel von Bekannten und Freunden, mit denen ihr Mann verkehrte und die im Partei- und Staatsmedium „Neues Deutschland" Beachtung fanden, waren Magarethe fremd. Auf die höheren Ansprüche ihres Mannes dürfte sie sich nicht mehr eingestellt haben und der bedürfnislose Habitus seiner Ehefrau mag für den mächtigen Schalck nicht mehr zeitgemäß gewesen sein. Längst schon bewunderten auch andere, jüngere und attraktivere Frauen den Genossen Schalck.

      1965 lernte Schalck seine zweite Frau kennen, Sigrid Gutmann, Tochter der ehemaligen stellvertretenden Oberbürgermeisterin der DDR-Hauptstadt Berlin, Johanna Blecha und geschiedene Gattin des Leiters des Presseamtes beim Ministerpräsidenten Grotowohl, Kurt Blecha. Sigrid Gutmann arbeitete im Handelsunternehmen „Union", das Metallwaren und Sportartikel im- und exportierte. Sie verkaufte in der DDR produzierte Paddelboote. Schalck brachte sie schließlich in der Protokollabteilung des Außenhandelsministeriums unter, als Kollegin der Ehefrau von Harry Schutt, jenem Mann, der im Auftrag von Markus Wolf Agenten in die westlichen Geheimdienste entsandte. Später wurde Sigrid Gutmann als „wissenschaftliche Mitarbeiterin" in den unmittelbaren Wirkungskreis Schalcks versetzt und war bis zum Mauerfall für die Ausstattung der SED-Bonzensiedlung Wandlitz mit westlichen Konsumgütern aller Art verantwortlich. Erst 1975 ließ sich Schalck auf Drängen seiner Geliebten scheiden. Der sonst so zielstrebige Schalck war in seinem familiären Umfeld und seiner väterlichen Verantwortung über Jahre hinweg entschlusslos. Zuneigung und Fürsorge schenkte er seiner Familie von da an vornehmlich nur noch in Form von Bargeld, Autos, Wohnungen, Datschen und anderen materiellen Vergünstigungen.

      Schalck glaubte mit Beginn seines Aufstiegs an das sozialistische System. Er war insbesondere ein Mann des in der DDR herrschenden Kommunismus in den Strukturen seiner Partei. Mit seinem eigenen Fortkommen besaß er gleichzeitig frühzeitig tiefe Einblicke in die Wahrheiten dieser deutschen Prägung eines Arbeiter- und Bauernstaates. Rasch wurde ihm klar, dass das DDR-System, vor allem dessen marode Volkswirtschaft, nicht ohne die Hilfe und Kooperation der ökonomisch überlegenen Bundesrepublik und anderer Nationen des Kapitalismus würde existieren können. Selbstbewusst, gewissermaßen zum Trotz, aus Gehorsam, Verpflichtung und eigenen Vorteilsnahme gleichermaßen, trat Schalck seine Aufgaben an.

      So erinnerte sich der ehemalige Leiter des rechtswissenschaftlichen Forschungsinstituts, Wolfgang Seiffert: „Schalck, den ich bis dahin nie gesehen hatte, empfing mich leutselig. Ich heiße Schalck. Wer mich kennt, nennt mich Millionen-Schalck. Denn ich verschaffe der DDR die Millionen, die sie braucht, die aber das Planwirtschaftssystem nie zustande bringt." 65 Das Versagen der Planwirtschaft in der DDR wurde Schalcks Bestandsgarantie, und entgegen seines Wissens hielt Schalck an dem real existierenden Sozialismus fest. Als späterer KoKo-Leiter und Außenhändler sollte er sich kapitalistischer Methoden bedienen, um den darbenden Sozialismus der SED zu stärken. Und Schalck wäre nicht Schalck, wenn er damit nicht auch seinen persönlichen Aufstieg verknüpft hätte.

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