Frank O. Hrachowy

Volkswagen – Auf dem Weg zur Weltspitze


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waren die ersten Prototypen ohne Überrollbügel ausgekommen, bis sich die Entwickler schließlich doch dafür entschieden. Die Gründe dafür waren plausibel: Der massive Überrollbügel diente nicht nur als wichtiges Sicherheitselement, darüber hinaus versteifte er die offene Karosseriestatik des Modells, die durch das fehlende Dach stark geschwächt war. Um die Karosserie noch stabiler und verwindungssteifer zu machen, wurden bei Karmann von vorne bis hinten zusätzliche Bleche in die Rohkarosse eingeschweißt.

      Bei VW war die Kasse immer noch bestens gefüllt und der Vorstand unverändert auf der Suche nach einer Investitionsmöglichkeit. Dabei ging es letztlich darum, sich im Rahmen der Diversifizierungsbestrebungen vom Autoverkauf unabhängiger zu machen und so das Geschäftsrisiko für den VW-Konzern etwas zu mildern. Im März schließlich stieg die Volkswagenwerk AG durch eine Mehrheitsbeteiligung an der »Triumph Werke Nürnberg AG« in die Büromaschinen- und Informationstechnik ein.

      Was mit Nixdorf nicht geklappt hatte, das war dem VW-Vorstand nun mit Triumph gelungen – endlich hatte der VW-Konzern ein zweites Standbein in einer völlig anderen Branche. Denn offensichtlich war: Die Nachfrage nach Computer- und Informationstechnik würde in Zukunft steigen und damit ein riesiger weltweiter Markt entstehen. Schon kurz darauf wurde die neue VW-Tochter in »Triumph-Adler Aktiengesellschaft für Büro- und Informationstechnik« umfirmiert. Doch was so verheißungsvoll begann, sollte sich für den VW-Konzern schon bald zu einer finanziellen Katastrophe entwickeln.

      Auch auf dem Nutzfahrzeugsektor blieb VW rege. So kaufte die Volkswagenwerk AG zwei Drittel des Stammkapitals der »Chrysler Motors do Brasil Ltda.« in São Bernardo do Campo, die wenig später in »Volkswagen Caminhões Ltda.« umbenannt wurde. Mit diesem Kauf und der Entwicklung einer eigenen Lkw-Reihe stärkte VW die eigene Marktposition im Bereich Nutzfahrzeuge in ganz Südamerika.

      In Deutschland wurde unterdessen die dritte Generation des »Bulli« (Typ 2) eingeführt, der sich optisch und technisch deutlich von seinem noch auf Käfertechnik basierenden Vorgänger unterschied. Der T3 war in jeder Dimension gewachsen, was ihn deutlich geräumiger werden ließ. Gleichzeitig wurde die Ladekante um 10 cm abgesenkt. Moderner waren auch die Lenkung und das Fahrwerk – jedoch nicht die Motoren. Eingebaut waren nach wie vor der per Gebläse luftgekühlte 1,6-l-Motor mit 50 PS (37 kW) sowie der ebenfalls luftgekühlte 2,0-l-Motor mit 70 PS (51 kW), die allerdings etwas modernisiert worden waren. Ein Dieselmotor befand sich in der Entwicklung. Sofort ab Serienbeginn gab es den Typ 2 T3 in verschiedenen Karosserievarianten.

      Im VW-Konzern warteten unterdessen weitere Neuigkeiten auf ihre Präsentation. Denn: Mit dem VW Derby hatte VW bereits in der Kleinwagenklasse auf die Marktbedürfnisse reagiert, mit einem kompakten Stufenheckmodell des Golf sollte dies nun auch in der Kompaktklasse geschehen. Allerdings war immer noch unklar, unter welchem Namen das Modell auf den Markt kommen würde. Gerüchteweise verlautete der Modellname »VW Regatt«; andere meinten, dass er als »VW Hummel« käme; weitere sprachen vom Modellnamen »VW Monsun«.

      Im Sommer 1979 kam der Stufenheck-Golf schließlich auf den Markt – allerdings unter der Modellbezeichnung »Jetta«. Durch das Stufenheck war der zwei- und viertürig angebotene Jetta 40 cm länger als der Golf, darüber hinaus einige Kilogramm schwerer. Das Kofferraum-Volumen betrug stolze 520 Liter. Um den Jetta optisch ein wenig vom Golf abzugrenzen, wurden vorne rechteckige Scheinwerfer und stehende Blinkleuchten verbaut, zudem die vom Golf GTI bekannten schwarzen Kotflügelverbreiterungen. Neben der Technik wurde auch die Motorenpalette vom Golf übernommen, allerdings gab es auch den Jetta mit 110 PS (81 kW) nicht als sportlichen GTI, sondern nur als GLI.

      Nahezu unbeachtet leitete der VW Jetta eine kleine Revolution ein, denn ihm wurde als erstem Volkswagen das neue Wachsflutungsverfahren zuteil, bei dem flüssiges Wachs in die Hohlräume floss und dort die Bauteile vor Rostfraß schützen sollte. Diese Maßnahme war bitter nötig, denn die teilweise völlig verrosteten, erst wenige Jahre alten VW-Modelle passten nicht ins Selbstbild einer hohen Fertigungsqualität. Mit diesem Problem hatten allerdings nahezu alle Hersteller zu kämpfen.

      Dieser gleichermaßen aufwändige wie wirksame Rostschutz wurde fortan allen Fahrzeugen von VW und Audi zuteil, so dass die Volkswagenwerk AG als erster Großserienhersteller eine sechsjährige Garantie auf die Karosserie gewährte. Um im Genuss dieser Garantie zu bleiben, musste der Fahrzeugbesitzer lediglich alle zwei Jahre die Karosserie in einer VW-Werkstatt kontrollieren lassen. Neben der mangelhaften Rostvorsorge musste auch die Stahlqualität verbessert werden, denn die von den europäischen Herstellern verwendeten Bleche, die häufig aus billigem Recyclingstahl mit einem hohen Kupferanteil bestanden, rosteten extrem schnell. Auch hier hatte VW bereits reagiert: Seit 1978 wurde für den Karosseriebau höherwertiges Stahlblech mit einem deutlich geringeren Altmetallanteil verwendet.

      Opel reagierte in der Kompaktklasse mit einem von Grund auf neu konzipierten Modell. Das war notwendig, denn der technische Abstand zum Golf war unverkennbar geworden. So kam im Sommer 1979 mit dem Kadett D (D = 4. Generation) frischer Wind in das Marktsegment der Kompaktfahrzeuge. Der Kadett D war zwar der erste Fronttriebler von Opel, wohl aber folgten die Ingenieure dem bei anderen Herstellern längst bewährten Muster, die Motoren vorne quer einzubauen und sie mit Getriebe und Differenzial zu verblocken.

      Auch darüber hinaus orientierte sich der kantig geformte Kadett D mit seinem Fließheck an den Modellen der Wettbewerber. Der Kadett D war zwar mit einer Länge von 3.998 mm knapp 130 mm kürzer als sein Vorgänger, doch bot er im Innenraum mehr Platz als dieser. Optisch wirkte der neue, in klaren Linien gezeichnete Kadett gefällig und modern. Auch beim Fahrwerk hatten sich die Ingenieure ins Zeug gelegt und den Kadett D als gutmütigen Untersteuerer abgestimmt.

      Die Verantwortlichen hatten es auch nicht versäumt, dem Kadett D moderne Motoren mit auf den Weg zu geben. Zur Markteinführung waren drei verschiedene Aggregate erhältlich. Diese modernen, per Zahnriemen gesteuerten Motoren besaßen einen Querstrom-Zylinderkopf aus Aluminium, eine obenliegende Nockenwelle sowie Hydrostößel. Besonders sinnvoll war die in ihrer Lagerung drehbare Wasserpumpe konstruiert, denn sie diente gleichzeitig als Spannelement für den Zahnriemen. Die Wartungsintervalle konnten beim Kadett D von 10.000 km auf 15.000 km Fahrstrecke erweitert werden.

      Der Opel Kadett D wurde von der Fachpresse ausgiebig getestet und freudig kommentiert. Und das aus gutem Grund, denn das Raumangebot war gegenüber dem alten Kadett C spürbar besser geworden, die Straßenlage war überhaupt nicht mehr zu vergleichen, auch die neuen modernen Motoren sorgten für Begeisterung. Opel war mit dem neuen Kadett – darin zeigten sich die Fachmagazine einig – mindestens wieder auf Augenhöhe mit den anderen deutschen Wettbewerbern. Der Kadett D wurde auch von den Kunden sehr gut aufgenommen und erreichte hohe Verkaufszahlen. Er etablierte sich sofort als schärfster Wettbewerber des VW Golf, dessen Zulassungszahlen er aber nicht erreichen konnte.

      Während bei Opel mit dem Kadett D eine Schwachstelle im Verkaufsprogramm ausgeglichen wurde, fehlte den Rüsselsheimern nach wie vor ein Einstiegsmodell in der Kleinwagenklasse. Schon zu dieser Zeit zeigte sich, dass GM auf die Marktentwicklungen in Europa nicht immer angemessen reagierte. Mit anderen Worten: Alle Wettbewerber von Opel hatten in Deutschland einen Wagen unterhalb der Kompaktklasse im Programm. Aus Japan, Frankreich und Italien kamen seit Jahren günstige Kleinwagen in großer Menge nach Deutschland – nur von Opel gab es unterhalb des Kadett D nichts Vergleichbares zu kaufen.

      Als weiterer, aufwändig beworbener, neuer Rivale des VW Golf kam aus Frankreich der kompakte Talbot Horizon. Als »Weltauto« wurde er in Europa anfangs als Chrysler-Simca Horizon sowie in den USA als Dodge Omni und Plymouth Horizon verkauft. Das im Herbst 1978 eingeführte, formal gut gelungene Kompaktmodell wurde in Deutschland im Jahr 1979 sogar zum »Auto des Jahres« gewählt. Kurios dabei: Der Horizon, der als direkter Wettbewerber zum Golf konstruiert und positioniert worden war, wurde in den USA mit den Motoren des VW Golf ausgerüstet, weil Chrysler keine passenden Aggregate im Portfolio hatte. Erst später kamen Motoren von Peugeot zum Einsatz.

      Die Fahrzeuge von Chrysler-Simca bzw. später Talbot waren zwar kostengünstig, komfortabel und gut ausgestattet – doch veraltete Motoren, anfällige Getriebe, massive Rostprobleme und eine nachlässige Verarbeitung hatten den Ruf von Chrysler-Simca