Scheibenbremsen vorn, breitere Felgen sowie Reifen mit einem höheren Geschwindigkeitsindex montiert. Damit war der Scirocco GTI geboren, der den Scirocco TS als Spitzenmodell ablöste.
Ebenfalls mit dem 110 PS (81 kW) starken Einspritzmotor wurde eine weitere Version des Scirocco ausgerüstet, die unter der Bezeichnung Scirocco GLI auf komfortorientiertes Publikum zugeschnitten war. Diese elegantere Version des Sportcoupés erhielt serienmäßig eine Metalliclackierung und getönte Scheiben. Edle, hochwertige Materialien im Innenraum sorgten für Wohlfühlambiente.
Das zweite Gerücht löste sich ebenfalls auf, denn im Juli 1976 wurde die Konzerntochter »Volkswagen Manufacturing Corporation of America« ins Leben gerufen, die eine Produktion in den Vereinigten Staaten aufbauen sollte. Geplant war, dort jährlich 200.000 VW Golf zu produzieren. Zu dieser gewaltigen Aufgabe konkretisiert der VW-Konzern: »Die neue Tochter übernimmt ein Presswerk in South Charleston, West Virginia und eine Montagefabrik in Westmoreland, Pennsylvania, wo im April 1978 die Golf-Fertigung für den nordamerikanischen Markt anläuft. Motoren und Getriebe stammen aus Deutschland, Hinterachsen und Kühler von der Volkswagen de México, die restlichen Bauteile vorwiegend aus der US-Zulieferindustrie.«32
Damit hatte VW-Chef Toni Schmücker nun schlussendlich durchgesetzt, woran sein Vorgänger Rudolf Leiding gescheitert war. Sicher spielte bei der Entscheidung des Aufsichtsrats auch eine Rolle, dass sich der US-amerikanische Staat und die Gemeinde an den Baukosten indirekt beteiligten, etwa durch erhebliche Zuschüsse aus Industrie- und Arbeitsförderungs-programmen. Für die aus Deutschland gelieferten Komponenten sollte eigens eine Freihandelszone geschaffen werden, um die Importzölle zu reduzieren. Unterm Strich sanken damit die Kosten für den VW-Konzern von errechneten 1.000 Millionen Mark (ca. 500 Millionen Euro) auf bescheidene 400 Millionen Mark (ca. 200 Millionen Euro).
Dass ein Werk im Ausland auch reichlich Probleme bereiten konnte, die im eigenen Land kaum denkbar waren, zeigte der permanente Ärger mit dem VW-Werk in Mexiko. »Volkswagen de México« war bereits 1964 gegründet worden und seit 1967 wurde dort vor allem der VW Käfer produziert. Doch das Unternehmen verharrte seit Jahren in den roten Zahlen, weil die mexikanische Regierung VW auf der einen Seite keine Preiserhöhungen erlaubte – auf der anderen Seite die Gewerkschaften mit gelockertem Zügel führte. So war das mexikanische Werk durch Lohnerhöhungen und Streiks mittlerweile vollkommen unrentabel geworden. Am liebsten, daraus machte VW-Chef Toni Schmücker keinen Hehl, wollte er dieses gleichermaßen nervenaufreibende wie kostspielige Werk loswerden.
Und auch das Werk in Brasilien, das größte und bisher erfolgreichste VW-Auslandsunternehmen, machte nun Sorgen. Der dort gebaute VW Käfer war immer schwieriger zu verkaufen, während der moderne Passat nicht in gewünschter Weise vom Publikum angenommen wurde. Einzig das in Brasilien entwickelte Modell VW Brasília, ein kompakter Kombi auf der technischen Basis des VW Typ 3 (VW 1600), ließ sich noch passabel vermarkten. Doch am meisten Sorgen machte dem Volkswagen-Vorstand, dass immer mehr Wettbewerber den brasilianischen Markt für sich entdeckten und VW massiv unter Druck setzten.
Auch das dritte Gerücht löste sich im Sommer 1976 auf: Das Gerücht um den neu entwickelten, kleinen Dieselmotor. Denn im Juni lief im Werk Salzgitter der erste Golf mit einem 4-Zylinder-Dieselmotor mit 1,5 Liter Hubraum und einer Leistung von anfangs 50 PS (37 kW) vom Band (bald schon mit 1,6 Liter Hubraum und 54 PS (40 kW)). Der als Wirbelkammer-Diesel konzipierte Motor basierte auf dem Rumpfmotor (EA 827) von Audi, dessen mechanische Komponenten für den Umbau zum Selbstzünder verstärkt worden waren. Auch die Kühlanlage war für den Dieselmotor verändert worden.
Mit einer Beschleunigung von19 Sekunden von 0 auf 100 km/h und einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h war der Diesel-Golf von seinen Fahrleistungen her nicht gerade spritzig zu fahren. Aber die Fahrleistungen standen auch nicht im Mittelpunkt dieses Antriebskonzepts, sondern seine Sparsamkeit, die sich in einem Verbrauch von rund 6,5 Litern Dieselkraftstoff niederschlug. Die große Freude beim Tanken wurde jedoch getrübt durch die geschmälerte Freude beim Fahren – die Manieren dieses Dieselmotors hinsichtlich Laufgeräusch und Vibrationen ließen noch zu wünschen übrig.
Auch in der oberen Mittelklasse tat sich etwas im VW-Konzern, denn die für das anspruchsvollere Klientel zuständige Konzernmarke Audi stellte im September 1976 ihr neues Flaggschiff vor: den Audi 100 C2. Der neue große Audi löste den 1968 eingeführten Audi 100 C1 nach 827.474 gebauten Exemplaren ab. Optisch hatte das Designerteam das Modell völlig neu konzipiert. Statt rundlich-barocker Form war der vorgestellte Audi 100 nun kantig und glattflächig gezeichnet. Dabei war Helmut Warkuß für die äußere Formgebung (Exterieur) verantwortlich gewesen. Claus Luthe, der auch schon den NSU K 70 und den NSU Ro 80 geformt hatte, hingegen für die Gestaltung des Innenraums (Interieur).
Als Motoren standen Vier- und Fünfzylinder-Aggregate mit einer Leistung von 85 (63 kW) bis 136 PS (100 kW) zur Auswahl. Eine rund 180 PS (132 kW) starke Version mit einem neu entwickelten Wankelmotor befand sich noch in der Erprobung. Allerdings wurden grundsätzliche Bedenken hinsichtlich des Einbaus eines Kreiskolbenmotors in ein Modell des VW-Konzerns mittlerweile immer massiver formuliert. 1977 schließlich sollte das Projekt Audi 100 Wankel endgültig begraben werden.
War schon der alte Audi 100 als »Prokuristen-Mercedes« tituliert worden, so galt diese Einschätzung erst recht für den neuen Audi 100 C2. Er wurde in der oberen Mittelklasse direkt auf Augenhöhe der Platzhirsche Mercedes W 123 und 5er-BMW positioniert. Dabei konnte der Audi 100 im direkten Vergleich mit einem günstigen Preis und ansprechenden Fahrleistungen punkten. Das formulierte Ziel des Managements war, das Image eines Audi-Fahrers mit Hosenträgern, Hut und Wackeldackel auf der Heckablage abzustreifen. Stattdessen sollte Audi als Technologieführer im Automobilbereich aufgebaut und ganz deutlich von VW abgegrenzt werden.
Bei diesen Ambitionen mussten nicht nur Fachleute schmunzeln – dies vor allem mit Blick auf den technisch anspruchsvollen NSU Ro 80, der nur Verluste einfuhr. Und noch eine weitere Herausforderung kam hinzu: Angesichts der anspruchsvollen Klientel legte das Audi-Marketing Wert darauf, den Händlern die entsprechenden Umgangsformen zu vermitteln. Statt leutselig Sprüche zu klopfen, wurde den Verkäufern in der zu diesem Zweck aufgelegten Verkaufsfibel beispielsweise geraten, mit dem neuen Audi 100 zu Tennisvereinen, Ausflugslokalen, Pferderennen, Yacht- und Jagdclubs und so weiter zu fahren.
Mittlerweile hatte sich die neue Modellgeneration etabliert, die Trauer um die traditionellen Modelle mit luftgekühltem Boxermotor im Heck wurde immer leiser .Wie gut VW den Geschmack der Zeit getroffen hatte, zeigten alleine schon die Produktionszahlen des Golf. So verließ am 27. Oktober 1976 bereits der einmillionste Golf das Fließband in Wolfsburg. Auch die anderen Modelle der neuen Generation verkauften sich in hoher Stückzahl, wobei das Sportcoupé Scirocco als Nischenmodell von seinen Verkaufszahlen her naturgemäß nicht an den anderen Modellen gemessen werden durfte.
Das Jahr 1977 begann bei VW mit einem neuen Modell, über das schon eine Zeit lang geredet und spekuliert worden war. Im Februar schließlich rollte der erste VW Derby vom Fließband, ein Polo mit Stufenheck. Die Rücksitzlehnen waren zwar nicht mehr umklappbar, doch gleichzeitig gewann der Kleinwagen einen üppigen Kofferraum mit 515 Litern Volumen. Entwickelt wurde der Derby, der wie der Polo auf dem Audi 50 basierte, in Ingolstadt bei Audi.
Zur Wahl standen wie beim Polo drei Leistungsstufen: der 0,9-Liter-Motor mit 40 PS (29 kW), der 1,1-Liter-Motor mit 50 PS (37 kW) und der 1,3-Liter-Motor mit 60 PS (44 kW). Alle Ausführungen besaßen ein handgeschaltetes 4-Gang-Getriebe und Frontantrieb. Mit diesem Modell sollte Opel und Ford Paroli geboten werden, die mit ihren kompakten Stufenheckmodellen bislang recht erfolgreich waren.
Spätestens mit diesem – nach dem Audi 50 und dem VW Polo – dritten Kleinwagenmodell aus dem VW-Konzern wurde offensichtlich, wie stark mittlerweile der Wettbewerb zugenommen hatte. Im Zuge der Ölkrise war ein neuer Trend entstanden – der Markt der Kompaktfahrzeuge wurde offensiv durch darunter positionierte Kleinwagen angegriffen. Hier kämpften die drei Modelle des VW-Konzerns, aber ebenso ausländische Kleinwagen wie der Renault 5 oder der Fiat 127, um die Käufergunst.
Opel reagierte auf diese Entwicklung nicht mit einem eigenen kleineren Fahrzeug, hier bildete weiterhin der Kadett C in kostenreduzierter City-Ausstattung das Einstiegsmodell. Kein Zweifel, Opel war inzwischen modellpolitisch