Gabriela Hofer

Das Labyrinth der Medea


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im Stich lassen, egal was passieren würde.

      Weinend sprang sie auf, umarmte alle drei: „Danke! Danke! Ich danke euch“, und an Dr. Bethany Dummeros gewandt: „Ich werde es tun! Ich werde mit zu meiner Großmutter kommen und versuchen eine gute Hexe zu werden!“ Aufatmend schauten sich die beiden Schwestern an. Wenn jetzt die Eltern einverstanden waren, konnte eigentlich nichts mehr schief gehen ...

      DAS ABENTEUER BEGINNT

      „Es ist stockfinster hier, verdammt noch mal, schon wieder diese Dornen!“ Leise vor sich hin schimpfend suchte sich George einen Weg durch die Dunkelheit. „Hab noch etwas Geduld! Prof. Prof. Scribble hat gesagt, wir sollen uns aus dem Camp schleichen und uns dann nach rechts wenden. Dass es hier so viele Dornen gibt, wird schon seine Berechtigung haben. Also unk nicht, sondern achte darauf, wohin du trittst.“ Gideon machte den Schluss und war auch nicht froh darüber, dass ihm dauernd die Äste ins Gesicht schlugen, die George losließ, doch er meckerte nicht. Plötzlich blieb Hope stehen, alle anderen prallten ziemlich unsanft gegeneinander. „Aua!“, rief Betsy. Sie hatte heftig Bekanntschaft mit Hopes Rucksack gemacht. „Warum bleibst du stehen?!“, fragte sie außer Atem. Hope machte noch ein paar Schritte nach vorne und trat dann zur Seite. „Sollen wir etwa mit diesem alten Vehikel fahren? Das ist ja uralt!“ Unterdessen waren die anderen drei aufgerückt und sahen, was Hope meinte. Vor ihnen auf einer kleinen Lichtung stand ein Oldie unter den Oldies. Hier handelte es sich um eines der ersten Produkte dieser Gattung. Es sah aus, als ob es nächstens auseinanderfallen würde, außerdem war es rundum offen. Die Kids fröstelte es schon jetzt. Bis sie das Hexenreich erreichten, würden sie schon halb erfroren sein.

      George, das technische Genie, eilte natürlich gleich zu dem Oldtimer und inspizierte interessiert das Innenleben dieses Veteranen. Doch plötzlich klappte die Motorhaube zu und klemmte George in einer sehr unbequemen Haltung fest. „Auaaa! Scheiße! Helft mir hier raus!“ Gideon musste lachen. Es sah aber auch zu ulkig aus, wie Georges Beine zappelten und vom Rest nichts mehr zu sehen war. Schnell trat er hinzu, griff nach der Haube und versuchte sie mit Kraft hoch zu reißen. Da plötzlich begann doch dieses Ding tatsächlich zu kichern. Dieses Auto kicherte! Erschrocken ließ Gideon los und sprang zurück. Hope und Betsy hatten aufgeschrien und taten es ihm gleich. George erstarrte vor Schreck. „So ist es gut, Master George, ich lasse Sie jetzt frei, aber bitte kitzeln Sie mich nicht mehr!“ Die Haube sprang auf und George war frei. Schnell trat er zurück und rieb sich seinen malträtierten Rücken: „Wer spricht denn hier?“ Er sah sich suchend um. „Ich“, kam es aus dem Inneren des Autos. Sofort streckten alle die Köpfe hinein. „Wo sind Sie denn?“ — „Ich stehe ja vor Ihnen allen!“ Wieder kicherte das Auto.

      „Sie wollen uns doch nicht weismachen, dass das Auto spricht? Wo ist der Computer?“

      Die Scheinwerfer blinkten kurz auf: „Natürlich spreche ich als Auto, und ich verbitte es mir mich als Computer zu bezeichnen. Ich weiß nicht mal, was das ist, aber es klingt nicht sehr höflich! Mein Name ist Peterson, ich bin Prof. Prof. Scribbles Diener; im Moment erfülle ich die Funktion eines Transportmittels.“ Die Stimme klang leicht empört. Völlig verwirrt ließ sich George ins Gras sinken. Ein Auto, das sprach! Das fing ja gut an! Naja, schlimmer konnte es nicht mehr kommen ... Doch, es kam schlimmer: „Bitte steigen Sie ein, wir müssen bis heute Früh in Hagith-Dorf sein. Dr. Alexis Dummeros wartet schon auf uns.“ Die vier Türen sprangen auf. „Bitte sehr!“ Peterson meinte es also tatsächlich ernst. Die zwei Jungs stiegen vorne, die beiden Girls hinten ein. „Bitte anschnallen!“ Die Kinder taten wie geheißen, und die Türen klappten zu. Der Motor ertönte stotternd. Eine schwarze Rauchwolke, die aus dem knallenden Auspuff schoss, erstickte die Kinder beinahe. Hustend versuchten sie diese zu vertreiben. Dann setzte sich das alte Auto in Bewegung, doch - die Kids erstarrten und klammerten sich urplötzlich am nächstbesten Halt fest — es fuhr nicht los, nein, es flog! Senkrecht erhob sich das Vehikel, heftig hin und her schaukelnd. Als es über den Bäumen schwebte, hörte dieses Geschaukel schlagartig auf und es flog davon. „Sie können mich nun wieder loslassen. Sicher habe ich

      morgen lauter blaue Flecken. Sie haben doch nicht etwa Angst?“ Alle vier schüttelten schnell den Kopf. „Dann ist es ja gut. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie den Flug!“

      Peterson flog eine Kurve und sie verschwanden in den Wolken. „Es wird einige Zeit dauern, bis wir in Hagith ankommen. Es wird dann schon dämmern.“

      Betsy sprach leise aus, was alle dachten: „Hoffentlich überleben wir diese Katastrophe. Dieses Ding fällt ja nächstens auseinander.“ Das Auto machte einen wütenden Hopser: „Ich muss doch sehr bitten, Miss McMore! Ich mag zwar nicht mehr jung sein, doch bin ich noch durchaus in der Lage die mir auferlegten Aufgaben zu erfüllen!“ Betsy entschuldigte sich sogleich für ihren Ausrutscher. Stille senkte sich über die Kids. Sie waren müde, es war ein langer Tag gewesen und in der Nacht hatten sie auch beinahe keinen Schlaf bekommen. Dies machte sich nun bemerkbar. Langsam glitten sie in die Traumwelt hinüber.

      Wach wurden sie erst wieder, als das Schaukeln erneut begann. Verwirrt öffneten die Kids die Augen. Wo waren sie hier denn bloß? Schnell setzten sie sich auf, da kam die Erinnerung schlagartig zurück. Sie saßen ja in diesem alten Auto! „He, seht mal, wir sind hier mitten in einem Hexenmärchen gelandet.“ Mit großen Augen sah sich Hope um. Auch die anderen konnten sich nicht satt sehen. Um sie herum herrschte reges Treiben. Peterson stand wahrscheinlich mitten auf dem Dorfplatz. Es musste sich um eine Art Busbahnhof handeln, denn es stand rechts von ihnen ein ebenso altes Teil wie das, in dem sie saßen, allerdings handelte es sich da um einen Bus. Der sah aus wie ein englischer Doppeldecker, nur war dieser hier kürzer, aber dafür vierstöckig. Mann, musste die Aussicht oben toll sein! Der Fahrer war nicht anwesend. Vorne stand ein Schild mit der Aufschrift „Hagith-School“. Etwas abseits, links von ihnen, stand ein altes verlottertes Bushäuschen, daran hingen — ja, es sah tatsächlich aus, als hingen dort Steckbriefe! Oben am Bushäuschendach war eine große Tafel angebracht, auf der stand: „Banish — no return!“ Was dies wohl zu bedeuten hatte?

      Dieser Teil sah auf jeden Fall sehr düster aus. Es stand auch niemand dort.

      „Mr. Peterson, was bedeutet dieses Banish?“, fragte die immer neugierige Betsy.

      „Es tut mir schrecklich leid, Miss Betsy, aber ich darf darüber nichts sagen. Dr. Dummeros wird Ihnen zu gegebener Zeit alles erklären. So viel aber kann ich Ihnen erzählen: Wir sind hier - wie Sie wahrscheinlich schon bemerkt haben — am Busbahnhof von Hagith-Dorf. Heute ist Markttag, da ist immer sehr viel los. Das Dorf ist nicht sehr groß, es hat aber sämtliche wichtigen Läden. Sie werden alles ansehen können, nachdem sie sich in der Registratur gemeldet haben. Ah, dort hinten sehe ich Dr. Dummeros. Sie spricht noch mit Mr. Bone, das ist der Busfahrer, der zwischen der Schule und hier hin und her fährt.“ Die Kinder reckten die Köpfe, um über all die vielen Stände und Leute sehen zu können. Tatsächlich, dort weit hinten war ein bekanntes Gesicht. Doch was war das für eine seltsame Gestalt neben Dr. Dummeros? Die vier Kids sahen sich an und prusteten los. Der sah ja wie ein Skelett aus, sehr viel Haut war nicht dran und dann diese Haare! Grasgrün und wirr vom Kopf abstehend. Er gestikulierte wild mit seinen langen klauenartigen Händen. Sein langes Gewand leuchtete in einer grellen grünen Neonfarbe. „Der sieht aus wie ein Skelett, das sich in die Punkerszene verirrt hat!“, brachte Gideon nach Luft japsend hervor. Wieder lachten alle vier schallend.

      „Ich weiß gar nicht, weshalb Sie den armen Mr. Bone auslachen! Er ist ein sehr lieber Mann und außerdem ein sehr guter Busfahrer!“, echauffierte sich Peterson.

      Hope, die sich als Erste wieder erholte, meinte: „Das glauben wir Ihnen sofort, Mr. Peterson, aber Sie müssen uns entschuldigen, so etwas gibt es bei uns zu Hause eben nicht.“ Dr. Dummeros hatte sie erblickt, verabschiedete sich von Mr. Bone und kam auf direktem Weg auf sie zu. Eigentlich war es erstaunlich, denn es herrschte ein riesiges Gedränge um die Stände herum. Überall standen Hexen und Zauberer in Gruppen zusammen, ins Gespräch vertieft oder um Waren feilschend.

      Die vielen farbigen langen Gewänder ergaben ein frohes Bild, die großen Hexenhüte wippten lustig hin und her.

      Obwohl alle irgendwie beschäftigt waren,