... wo bist du gewesen?“
„Wie gesagt, meine Freundin und ich saßen vor dem Fernseher und dabei habe ich gemütlich Rotwein genossen. Dann bekam ich noch den Drang raus zu gehen und bin dann im Römer hängen geblieben!“
Bei Lust auf Bier und Krawall empfehle ich immer folgende Therapie, man geht in den Römer. Römer steht für Römertopf. Das heißt, man sucht den anarchistischen Brennpunkt auf, eine alternative Kneipe, wo hauptsächlich klangliche Ekstasen aus den frühen 70er Jahren den Raum beschallen. Zudem ist dieser Ort bei jedem Furz in der Stadt bekannt dafür, dass man sich hier dem Drogenumsatz frönt. Anscheinend nur nicht bei der Polizei.
In dieser Pinte sind die Leute teilweise so zugedröhnt, dass man ihnen Haribo-Konfekt als Designer-Droge andrehen kann. Das nenne ich dann immer den Haribo-Effekt. Der Wirt erlangte traurige Berühmtheit, weil unter seiner Hand schon einige Berggaststätten südlich der Alpen erfolgreich heruntergewirtschaftet wurden. Einst dienten die Räumlichkeiten der Kneipe als Tanzlokal, eine frühere Form einer Dötze. Heute ist eine Dötze ein meist recht großer Raum mit oft recht lauter rhythmischer Beschallung, nach der sich – gerne Samstagnacht – Menschen verschiedener Couleur mehr oder weniger geschickt zu bewegen versuchen. Von Kiffen halte ich übrigens überhaupt nichts. Kiffen erweitert lediglich das Bewusstsein bei Menschen mit verkleinertem Großhirn ...
„Und wann warst du wieder zu Hause?“
„Meine Freundin meinte so gegen vier ...“
Meisen und ich machen uns an einem stürmischen, teilweise regnerischen Samstag auf den Weg Richtung Krefeld, um dort mit Schimpfkampagnen die gegnerische Mannschaft in Psychoterror zu versetzen und sportlich in die Knie zu zwingen. Als Fortuna-Düsseldorf-Fan hat man ein fest umrissenes Weltbild. Gegnerische Fans aus dem Osten sind alle faul und arbeitslos. Und die 1.-FC-Köln-Fans sind von Geburt an allesamt homosexuell.
Das Problem unter den Fußballfans ist: Da sind so wenig Grundgesetzbefürworter darunter. Solche Leute schreiben auch auf Toilettenwände Auslendär raus. Das sind dann meistens die Leute, die auf der Schule eine ganz besondere Karriere gemacht haben. Während eines Fußballspieles offenbart sich der wahre Mann. Hasstiraden, Schmähungen und Mittelfinger sind an der Tagesordnung. Soll mal jemand erzählen, Männer könnten keine Gefühle zeigen ...
Wir tuckern gemütlich auf der A57 Richtung Norden und lassen uns bei 130 von niederländischen Lkws überholen. Wir selber überholen einen Harley-Fahrer, der wahrscheinlich auf dem Weg nach Holland ist, um im Coffie-Shop von Amerika zu träumen. Von Kiffen halte ich übrigens ..., aber das hatten wir schon. Eine Motorjacht kaufen und besoffen sein in Amsterdam, von diesem alten Menschheitstraum bin ich zeit meines Lebens gefangen. Meisen und ich haben mal Holländisch gelernt. Damals bei Sylvester Bauer, dem Niederländisch-Lehrer der VHS, mussten wir alle sagen, weshalb wir die Sprache erlernen möchten. Mein Freund meinte dann: Ik leer nederlands, omdat ik kann better flirten met de nederlandse meisjes in Spanje. Ich hatte eigentlich den gleichen Grund, gab aber an, das niederländische Fernsehen besser verstehen zu wollen. Apropos Spanien. Ich habe schon meinen Sommerurlaub gebucht und werde mich wieder in den Reisebus setzen und an die Costa Brava tuckern. Und dort angekommen werde ich im Poolbereich des Hotels mit dem Handtuch bewaffnet den krebsroten und alkoholisierten Engländer zum Duell um den letzten noch freien Liegestuhl herausfordern ...
Ich schieb die Toten-Hosen-Kassette rein, weil im Radio gerade ein politisches Thema diskutiert wird. Politik interessiert mich nur am Rande. Meisen interessiert das überhaupt nicht. Von Politik hat der so viel Ahnung wie ich von afghanischem Erbschaftsrecht. Worin Meisen allerdings ein Experte ist, ist das Auspacken diverser Hi-Fi-Geräte aus Originalverpackungen. Besonders derer, die vom Laster gefallen sind ...
„Mir ist schlecht“, japst Meisen.
Ich nehm ihn nicht ernst.
„Halt mal an. Ich glaub, ich muss kotzen.“
„Ich kann hier nicht so einfach anhalten. Warte noch! Gleich kommt eine Raststätte.“
Meisen kriegt schwere Probleme und fängt an zu suchen. Er öffnet das Handschuhfach und hält sich die Tüte vor den Mund. Dann legt er in bester Manier los. So kennt man ihn. Dass die Tüte eingerissen ist, merkt er im Eifer des Gefechtes nicht. Auch Kotze gehorcht dem Gesetz der Schwerkraft und geht den Weg des geringsten Widerstandes. Mithilfe von Papiertaschentüchern bekommen wir Autositz sowie Hose von Meisen wieder einigermaßen gesäubert. Auch der Schal weist einige Spuren auf. Aber das stört Meisen nicht ...
Fußballspiel wird gewonnen. Schiedsrichter ist deshalb weder schwul noch schuld. Schimpfkampagnen waren erfolgreich. Bin stolz – habe nur jetzt einen dicken Hals. Meisen wird der bekotzte Schal von einem hochalkoholisierten Fortunafan im Freudentaumel vom Hals gerissen und mitgenommen. „Scheiß auf den Schal. Hauptsache Fortuna schafft den Aufstieg in die dritte Liga.“
Meisen grinst zufrieden.
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