Claus Beese

Bin ich Segler, oder was?


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mein Goldstück von der Seite her an. Ich hatte ja mit Widerstand gerechnet, aber dass sie so –Batz! – gleich zwei Gegenargumente fand …! Na gut, mal hören!

      »Also, das erste Problem wird sein: Wo verstaust du die Sachen, wenn die Sonne scheint?«

      Ich holte tief Luft um es ihr zu sagen, aber da erging es mir wie Wolfgang. Ich konnte den Mund zwar öffnen, aber mangels passender Idee fehlten mir ganz einfach die Worte. Ich klappte die Luke also wieder dicht.

      »Tjaaa«, machte ich dann gedehnt und gestand so, dass auch mir dazu nichts Anderes einfiel, außer vielleicht das Boot zu unterkellern.

      »Und das zweite Problem ist: Wenn du auch nur das eben genannte Mindestmaß an Segler-Ausrüstung kaufen willst, kannst du unsere DODI gleich komplett verhökern! Hast du mal die Preise gesehen? Mein Lieber! Für einmal Segeln gehen bist du da locker einen Tausender los, ist dir das klar? Das ist unser Urlaubsgeld! Ich denke gar nicht daran, auf meinen sauer verdienten Jahresurlaub zu verzichten, bloß weil mein klimaktierender Gatte in seiner Midlife-Krise meint, den Admirals-Cup gewinnen zu müssen.«

      Ich war zerknirscht. Sie verstand es, mit ihren Argumenten meine Wünsche und Vorstellungen einfach so vom Tisch zu fegen.

      »Gut! Ich gehe Wolfgang anrufen! Ich sag ihm, dass aus dem Törn nix wird. Tut mir wirklich leid für ihn, er hatte sich so sehr darauf gefreut. Schade auch, dass ich es bin, der ihn so hängen lässt.«

       Ich schlurfte mit hängendem Kopf die Treppe nach oben um mich des denn doch etwas befremdlichen Lendenschurzes zu entledigen und mir etwas Würdigeres anzuziehen. Es gab Momente, da fragte man sich, was einen damals dazu bewogen hatte, sich in ein derartiges Frauenzimmer zu verlieben. Hartherzig und gemein gönnte sie mir nicht das kleine bisschen Spaß, mit einem Freund segeln zu gehen. Noch bevor ich aber das Telefon erreichte, kam die Hüterin meines Wirtschaftsetats hinterher.

      »Also, pass auf. Ich wäre bereit, auf einen Teil meines Urlaubsgeldes zu verzichten, aber wirklich nur auf einen Teil! Wir kaufen dir leichte, wetterfeste Kleidung und du ziehst stinknormale dicke Pullis drunter, wenn es dir zu kalt wird. Diese sündhaft teuren Thermoklamotten kommen mir nicht ins Haus!«

      War sie nicht ein Goldstück? Na gut, manchmal war ein Maulesel leichter zu händeln, aber irgendwie schnitt sie im näheren Vergleich denn doch besser ab. Nein, ganz ernsthaft! Es gab Momente, da war mir schon klar, warum ich mich damals in dieses Naturereignis verliebt hatte. Es hätte gar keine andere sein können.

       »Guter Mann!«, meinte der Verkäufer herablassend. »Die Sonderpreise für Thermo-Overalls gelten nur für Normalgrößen!«

      »He! Halt mal! Ich habe Normalgröße!«

      Der abschätzende Blick des entnervten Verkäufers dieses exklusiven Bekleidungsgeschäftes für Off-Shore-Segler traf mich wie ein Schwerthieb, und ich überlegte, ob ich meinen Wikinger-Genen freien Lauf lassen sollte, die im Geiste bereits die schwere Doppelaxt sorgfältig schliffen. So ein Blödmann von einem Verkäufer, der hatte einfach keine Ahnung.

      »Bei Ihrem Hüftumfang haben die Hersteller der Overalls an eine Körpergröße von etwa Zwometerzehn gedacht. Sie werden zugeben, dass sowohl das Eine als auch das Andere nicht ganz der Norm entspricht.«

      Meine bessere Hälfte sah den Dampf aus meinen Ohren zischen und zog mich flugs aus dem Laden, bevor ich den Verkäufer auf Zwometerzehn Körpergröße bringen konnte. Ich war davon überzeugt, dass ich ihn durch gezielte Tritte ins Hinterteil bis auf eben dieses Maß hätte wachsen lassen können.

      »Lass ihn, der steht sowieso schon über den Dingen«, besänftigte sie mich und schob mich in den nächsten Laden.

      »Was Wasserfestes zum Segeln? Haben wir! Haben wir! Wenn sie da mal eben hineinschlüpfen würden?«

      Mit sicherer Hand hatte der Verkäufer ins Regal gegriffen und Hose und Jacke aus wirklich wasserdicht gummiertem Gewebe in Kreischgelb herausgezogen. Das gebündelte Paket knallte er mir vor den Latz, dass mir die Luft wegblieb. Er wusste, dass ich jetzt längere Zeit beschäftigt sein würde und wandte sich anderen Kunden zu.

      Mein Bekleidungswart half mir nach Kräften, in die unhandliche Gummipelle zu kriechen. Und dann stand ich mit hochrotem Kopf vor ihr wie ein überdimensionaler Kanarienvogel.

      »Piep! Piep!«, machte ich. »Du musst mich jetzt füttern!«

      Aus dem ansonsten absolut wasserdichten Anzug lief mir inzwischen der Schweiß in Sturzbächen aus den Hosenbeinen.

       »Na also! Passt doch wie angegossen«, freute sich der Verkäufer und gab mir einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Er konnte nicht ahnen, dass der Vorgang des ›Mal-eben-hineinschlüpfens‹ mich sämtliche Kraftreserven gekostet hatte. Ich schoss also davon, quer durch zwei Kleiderständer, purzelte über zwei Grabbeltische und landete in einem Regal, auf dem ›Second-Hand – nicht mehr ganz neu‹ stand.

      Der Verkäufer stand wie erstarrt da und betrachtete fassungslos seine Hand. Dann räusperte er sich und wandte sich an meine Bordfrau.

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       »Ich weiß ja nicht, um wie viel es im Testament geht, aber vielleicht sollten sie ihn in dem geschwächten Zustand nicht auf See lassen.«

      Mein treu sorgendes Eheweib kniete sich neben mich und pellte mich aus der Gummiwurst.

      »Liebling«, hauchte ich entkräftet. »Ich glaube, ich möchte auch gar nicht mehr segeln gehen!«

      »Du wirst segeln gehen! Hah! Und wie du segeln gehen wirst! Das wäre doch gelacht, wenn wir für dich nix finden würden«, lachte sie bitter und anhand ihres Tonfalls ahnte ich nichts Gutes. Sie brauchte nicht lange, um festzustellen, dass der Teil ihres Urlaubsgeldes, den sie freiwillig diesem guten Zweck zu opfern gedachte, bei weitem nicht ausreichte, mir etwas zu kaufen, was auch nur entfernt an Seglerkleidung erinnerte. Mir war es mittlerweile völlig schnuppe. Meine Wikinger-Gene hatten mir klargemacht, dass die ollen Kämpen lange vor mir die Ostsee auch ohne Seglerkleidung befahren hatten. Wenn es kalt wurde, zogen sie ihre Fellwesten über, und wenn es nass wurde, dann wurden sie eben nass. Bei Thor und Odin!

      Es waren halt harte Zeiten damals, aber dafür waren sie ja auch harte Kerle!

      Und wenn ich mir eine Lungenentzündung holte – ich würde meinen Freund nicht im Stich lassen! Haha! So weit käme das noch! Den Nachfahren eines Wikingers konnten so kleine Unwägbarkeiten doch nicht umschmeißen, da mussten die Götter mit ganz anderen Dingen aufwarten.

       Es war so weit. Ich warf den prallgestopften Seesack in den Kofferraum des Wagens, dass die Stoßdämpfer empört aufquiekten, und schmetterte den Deckel zu.

      »Weib! Hüte mein Hab und Gut während ich auf Wikingfahrt bin! Du wirst es aus der Presse erfahren, wenn wir London erobert haben. Sollten wir noch ein wenig Zeit haben, überfallen wir noch schnell Paris, und ich bringe dir dann ein Gewand von Dior mit, edelste aller Edlen.«

      »Mama! Bist du sicher, dass wir ihn wieder hereinlassen werden, wenn er zurückkommt?«

      »Lass es uns entscheiden, wenn wir sehen, wie viel Beute er gemacht hat!«

      »Tochter! Öffne das Tor, damit sich meinem Streitwagen nichts in den Weg stelle. Hier kommt Hägar, der Allerschrecklichste!«

      Gutgelaunt küsste ich meine beiden Seejungfrauen zum Abschied und lenkte den Wagen vom Hof auf die Straße in Richtung Abenteuer, und dann immer geradeaus!

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