Jack Timber

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Ausbildung freute sich Mike schon. Er liebte es seine Fähigkeiten am Schießstand unter Beweis zu stellen und er schoss viel lieber mit echten Waffen. Seit neuem gab es auch Schießsimulatoren in der Abteilung. Aber der Rückstoß und das exakte Verhalten ließen sich nur bedingt realisieren. Dann doch lieber mit einer echten Waffe auf echte Ziele schießen. Diese hatten dann entweder schöne Einschusslöcher oder wurden in Millionen Teile pulverisiert. Im Simulator gab es nur ein grünes oder ein rotes Lämpchen, dass über den Trefferfolg Auskunft gab.

      Am Freitag stand ebenfalls ein Highlight auf dem Plan. Nahkampfausbildung. In der Regel hieß das, seinem Gegenüber ohne eine Waffe zur Strecke zu bringen. Das Interessante an der Sache aber war, dass dem Gegner alle Waffen erlaubt waren. Keine faire Sache auf den ersten Blick. Aber nur auf den ersten Blick. Sah man sich die Nahkämpfe an, tat einem eher der vollbewaffnete Gegner leid, der von den Feldagenten angegriffen wurde.

      Für heute stand nicht mehr allzu viel auf dem Programm. In Mikes Postfach hatten sich etliche Emails angesammelt. Auch Top-Agenten blieben nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub oder vom Einsatz nicht von der Emailflut verschont. Einige ließen sich schnell bearbeiten, bei anderen las sich Mike durch seitenlange Berichte von anderen Einsätzen. Das Prinzip der Abteilung sah vor, dass die Top Agenten Zugriff auf alle Einsätze hatten. Best Practice Sharing hatte Peter zu ihm gesagt, als er ihm diese Methode erklärte. Wieder eines dieser Wörter. Aber auch Fehler wurden gnadenlos aufgedeckt. Aus Fehlern lernte man am meisten, das wusste auch die Chefetage der Abteilung. Wobei Fehler eher die Ausnahme waren. Es war schon lange her, dass ein Agent im Einsatz einen wirklichen Fehler begangen hatte. Daher war es umso wichtiger, sich diese wenigen zu verinnerlichen. Einem Schnitzer im Einsatz folgte mit allergrößter Wahrscheinlichkeit der Tod. Ein einsamer Heldentod, ohne Sterbeanzeigen in der Zeitung, ohne eine Information an die Hinterbliebenen, kein Grab, gar nichts. Das einzige was auf das Ableben deutete, war ein Vermerk in der Personalkate; „M.I.A.“, Missing in Action.

      Selbstverständlich wurden die Namen und Orte anonymisiert bevor die Berichte an die Agenten weitergegeben wurden. Die Gefahr, dass ein Maulwurf die Daten aus der Abteilung schleuste, konnte nicht ausgeschlossen werden. Oder ein Agent wurde vom Feind gefangen genommen und gefoltert. Sollte es dem Feind gelingen ihn zu brechen, wären auf einen Schlag alle anderen Agenten in Lebensgefahr. Ein weiteres Prinzip der Abteilung. Man musste nicht alles wissen, sondern nur das, was für seine Arbeit wichtig war.

      Mike sichtete noch ein paar Mails, entschloss sich dann seinen ersten Arbeitstag bald ausklingen zu lassen. Er rief einen seiner wenigen Kumpels an und fragte ihn ob er nicht ein Bier mit ihm in der Sportskneipe trinken wolle. Der war einem Bier und einem netten Plausch niemals abgeneigt, also verabredeten sie sich um sieben Uhr im Rocket Wings Pub. Mike konnte es kaum erwarten, die leckeren Chicken Wings der Bar waren eine Legende. Ein kühles Blondes würde den Abend mit seinem Kumpel perfekt machen.

      7

      Zwei Wochen nach dem wegweisenden Treffen von Said und Ali kamen Bijan, Patrick, Bill und Ali einen Schritt weiter. Wie bei jedem ihrer Treffen tranken sie Tee. Aus dem Internet hatte sich Ali bereits viele Daten vom Hoover Damm herunter geladen. Wie von Said angewiesen, hackte er sich jedes Mal in verschiedene Netzwerke ein. Am einfachsten war es natürlich in den öffentlichen Internetcafes. Sein Kaffeekonsum war in den letzten Wochen rasant angestiegen. Aber auch gesicherte Netzwerke waren für Ali kein Problem gewesen. Der Laptop von Bill konnte tatsächlich in wenigen Minuten in ein geschütztes Netzwerk eindringen. Die MAC-Adresse des Laptops wurde von einem Spoofing Programm gefaked. Normalerweise konnte man an Hand der MAC-Adresse jede Netzwerkkarte in einem Computer weltweit eindeutig identifizieren. Ali nutzte ein Programm welches aber bei jedem Zugriff eine andere Adresse vorgaukelte. So war es ihm möglich, bei all seinen Datenabfragen keine zusammenhängenden Spuren zu hinterlassen. Das war so, als wenn man bei jeder Abfrage seinen Personalausweis vorlegen müsste. Nach einiger Zeit würde man ziemlich genau wissen, wofür sich die Person interessiert. Zeigte man aber jedes Mal einen anderen, gefälschten Ausweis, merkte keiner etwas und man konnte die Zusammenhänge nicht nachvollziehen.

      Ali hatte viele Fotos vom Damm und der Umgebung heruntergeladen. Auch über die Bauweise und die Technik im Inneren wurde im Internet ausführlich berichtet. Der Damm wurde in den Jahren 1931 bis 1935 gebaut, um den Wasserhaushalt in der Region besser kontrollieren zu können. Die Staumauer wurde nach dem 31. Präsidenten der USA, Herbert C. Hoover, benannt. Der dabei aufgestaute Lake Mead war immer noch der größte Stausee in den Vereinigten Staaten von Amerika. Für die Wüstenregion ein Segen, da hier das goldene Nass Mangelware war. Umso unverständlicher für Ali, dass die Amerikaner das Wasser in der nahegelegenen Glückspielmetropole Las Vegas so vergeudeten. Er hatte sich die Bilder von den protzigen Hotels angesehen. Eines hatte eine Südseelagune mit Wellenmaschine, bei einem anderen gab es riesige Wasserfontänen und noch ein weiteres hatte einen botanischen Bestand, der einzigartig auf der Welt war. Und das mitten in der Wüste.

      Ali hatte auch herausgefunden, dass bis vor kurzem noch der gesamte Straßenverkehr direkt über den Hoover Damm geführt hatte. Nach den ersten Terroranschlägen waren größere Autos allerdings auf Bomben untersucht worden. Inzwischen verlief der Verkehr aber über eine Brücke über die Schlucht. Auch ein beeindruckendes Bauwerk, fand Ali. Vielleicht konnte man dies gleich mit zerstören?

      Die Umleitung über die Brücke war aber kein großer Nachteil. Patrick und Bill fanden heraus, dass selbst ein bis an die Decke mit Bomben vollgestopfter Lastwagen den Damm nur oberflächlich ankratzen könnte.

      Die beiden riesigen Überlaufrohre an den Flanken faszinierten alle vier. Mit ihren 17 Metern im Durchmesser konnten sie jede Überschwemmung, die eine Gefahr für den Damm wäre, problemlos umleiten. Selbst wenn eines der beiden Rohre zum Beispiel durch ein Erdbeben verschüttet wäre, könnte das andere der Situation Herr werden. Ursprünglich waren sie gebaut worden, um das Wasser des Colorado Flusses während der Bauzeit umzuleiten.

      An der Dammkrone führten zwei Brücken zu den Wassereinlauftürmen.

      „Man merkt, dass die Leute vor 100 Jahren noch nicht wirklich etwas von Gebäudekonstruktion verstanden hatten“, bemerkte Bijan. „Wenn man sich den Damm anschaut, könnte man meinen, man hat die ganze Schlucht einfach ordentlich mit Beton zugegossen. Heutzutage würde man nur einen Bruchteil an Material verbauen, um dasselbe Ergebnis zu erhalten. Schaut euch doch mal die Zahlen an. Die ganze Mauer ist über 200 Meter hoch. Die obere Dicke beträgt stolze 14 Meter. Aber unten ist die Mauer über 200 Meter breit. Mit anderen Worten die ist genauso breit wie hoch. Verrückt.“

      Patrick, der Waffenexperte, meldete sich zu Wort. „Das macht eine Zerstörung extrem schwierig. So viel Material muss erst mal weggesprengt werden. Eigentlich alles, was man tragen kann, einschließlich tragbarer Luftabwehrraketen, würde nur an der Oberfläche kratzen.

      Wollen wir mit Sprengstoff etwas erreichen, dann brauchen wir schon extrem viel und müssen das auch noch an der richtigen Stelle platzieren. Mir würde nur einfallen, mit einem randvoll mit C4 beladenen Truck, die Brücke herunter zu stürzen. Wobei ich bezweifle, dass der Truck nahe genug an den Damm herankommen würde. Als die Amerikaner die Brücke gebaut haben, war der Schutz des Dammes sicherlich auch ein wichtiger Aspekt.“

      „Genau deshalb hat Said uns ja zusammengetrommelt. Jeder von uns ist ein Profi in seinem Bereich. Wir müssen alle Möglichkeiten in Erwägung ziehen und diese am Ende bewerten. Selbst wenn wir hundert schwachsinnige Ideen haben, und eine brillante, haben wir unser Ziel erreicht“, sagte Ali.

      „Was wäre mit einem kleinen Flugzeug? Könnten wir das in den Damm stürzen lassen?“, fragte Ali in die Runde.

      Patrick antwortete als Erster. „Das wäre eine Möglichkeit. Stellen wir uns vor, wir könnten vor dem Einschlag zwei Raketen auf die schwächste Stelle schießen und das Flugzeug würde in der verwundeten Stelle den Rest geben.“

      „Das sollten wir uns auf jeden Fall notieren. Ich kann das mal berechnen.“ Bijan gefiel die Idee sichtlich. Insgeheim fragte er sich, wer das Flugzeug fliegen sollte, aber er beschloss diese Frage nicht zu seinem Problem zu machen. Ihre Aufgabe war es nur die Möglichkeiten aufzuzeigen.

      „Ich finde, Patrick und Bill sollten sich die Anlage mal aus nächster Nähe