Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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nach Orléans, das seinerzeit durch Jeanne d’Arc, die „Jungfrau von Orléans“, Berühmtheit erlangte, als diese im Jahre 1429 die Stadt von der englischen Belagerung befreite und damit die Wende im Hundertjährigen Krieg einleitete; ein einfaches Bauernmädchen aus Lothringen, das sich durch göttliche Berufung zu ihrer Tat bestimmt fühlte. Schon ein Jahr später wurde sie von den Engländern gefangen genommen und als Ketzerin verbrannt, erst im Jahre 1920 heilig gesprochen.

      Außer der nach ihr benannten Hauptstraße, dem altehrwürdigen Lyzeum Jeanne d’Arc aus dem 16. Jahrhundert und einem bronzenen Denkmal zeugt nichts von ihrer tapferen Tat. Sehr imposant erhebt sich die gewaltige gotische Kathedrale Sainte-Croix in der Nähe der Loire hoch aus dem grauen Häusermeer. Am schönsten zeigt sie sich vom anderen Ufer aus, an der Westfassade die beiden wuchtigen abgestumpften Stufentürme, um einiges überragt von dem schlanken spitzen Turm, der mitten aus dem steilen Dach des langen Hauptschiffes emporsteigt, sichtbar auch das riesige runde kunstvoll gestaltete Rosettenfenster über dem Hauptportal. Die beiden anderen Sehenswürdigkeiten, das alte spätgotische Rathaus, sowie das heutige, ein sehr schöner Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert, konnten wir nur im Vorbeifahren bewundern.

      Nach weiteren etwa 80 Kilometern am herrlichen Nordufer entlang fanden wir in dem kleinen Örtchen

      - Briare -

      sehr schön an der Loire und dem sie mit der etwa 100 Kilometer nördlich verlaufenden Seine verbindenden Kanal gelegen, einen idealen Platz für unser „Nachtlager“, und zwar direkt am Kai des sehr belebten Kanalhafens in enger Nachbarschaft mit einem Caravan, drei Sportbooten, die gerade dort anlegten, einem von Blumen überquellenden Wohnschiff und drei überlangen Berufsschiffen, die nebeneinander im Päckchen lagen.

      Ein nahes, mit seinen dunkelgrünen Fensterläden und den üppig bunt bepflanzten Blumenkästen vor den weißen Sprossenfenstern sehr einladend wirkendes Restaurant nutzten wir wieder einmal zu ausgiebiger Schlemmerei. Eine von dunklen Balken durchzogene Decke, rustikale alte Schränke und Truhen, attraktive Grünpflanzen in tönernen Gefäßen, bequeme gepolsterte Lehnstühle an den blank polierten Tischen, von bauchigen Windlichtern flackernd erhellt, sorgten für eine urgemütliche Atmosphäre, in der wir uns mit gutem Appetit u. a. eine weitere französische Spezialität „Coq au Vin“, ein in delikater Weinsauce mit Champignons und fein gehackten Schalotten geschmortes Hähnchen, schmecken ließen, dazu ein offener Chablis, und als krönenden Abschluss ohne Rücksicht auf die Figur, denn auswärts essen dickt ja bekanntlich nicht, eine köstliche Crème brûlée, eine goldbraun karamellisierte Eiercreme; wieder waren wir rundum zufrieden. Natürlich wählen wir zwei, wenn wir, wie man unschwer erkennen kann, einem unserer Lieblingshobbys nachgehen, nicht immer die gleichen Speisen, aber um die Beschreibungen nicht ausufern zu lassen, begnüge ich mich jeweils mit einer Menüfolge, die genügend Auskunft gibt über die Qualität des Restaurants.

      In aller Herrgottsfrühe etwas unsanft aus dem Schlaf gerissen durch das Dröhnen der Motoren der auslaufenden Berufsschiffe, fand unser Frühstück bereits zu ungewohnter Stunde um 7.00 Uhr statt, so dass wir schon eine Stunde später bei leicht bewölktem Himmel aufbrachen, nach 12 Kilometern die Loire verließen und uns in nordöstlicher Richtung in wahrer Achterbahnfahrt durch sehr hügelige Landschaft bewegten über die schöne alte, von Römern gegründete Stadt Auxerre, aus deren Häusermeer sich äußerst eindrucksvoll ein mächtiges dunkelgraues Chateau erhebt und nicht weit entfernt die imposante Kathedrale Saint-Étienne, ein Hauptwerk der burgundischen Gotik; weiter in östlicher Richtung, inzwischen wieder in hellem Sonnenschein, über Châtillon-sur-Seine, wie der Name schon sagt, sehr idyllisch an der Seine gelegen; in Chaumont die Marne überquerend und immer wieder hügelauf und -ab durch dichten Mischwald, weite, zum größten Teil schon abgeerntete Felder und blühende Wiesen, teilweise geradeaus auf steiler Strecke die Anhöhe erkletternd, um sich dann auf der anderen Seite fast senkrecht wieder „hinunterzustürzen“, bis wir am frühen Abend mit dem sehr hübschen Ort

      - Neufchâteau -

      an der Maas unsere letzte Bleibe in Frankreich ansteuerten, wie immer zog es uns wieder an das Ufer des Flusses.

      Da wir am nächsten Tag Frankreich verlassen würden, wollten wir uns zum Abschied noch einmal von einem französischen Koch so richtig verwöhnen lassen. Wieder erschien uns ein elegantes Hotelrestaurant, wunderschön an einem Park gelegen, als das passende Objekt, und abermals wurden wir nicht enttäuscht. Ein sehr freundlicher Ober geleitete uns über den weichen Teppichboden, vorbei an kostbaren Antiquitäten, zu einem am Fenster zum Park gelegenen Tisch, eingedeckt mit glänzendem weißen Damast, edlem Silber und Kristall, in schlanker hoher Vase eine einzelne duftende rosa Rose, an den hellen Wänden kunstvolle Ölgemälde in breiten Goldrahmen. Gedämpftes Licht und der flackernde Schein der vom Ober sofort entzündeten Kerze sorgten für eine gemütliche Atmosphäre in dem schon recht gut besuchten Restaurant. Bei leiser Musik aus geschickt verborgenen Lautsprechern ließen wir uns drei Stunden lang das fünfgängige „Menu du Chef“ auf der Zunge zergehen, das gleich zu Beginn gereichte „Amuse gueule“, eine köstliche Kleinigkeit auf Kosten des Hauses, nicht mitgerechnet. Jeder einzelne Gang ein Gedicht, die Entenpastete im Teigmantel, die Hummercremesuppe mit Cognac und Rahm, das zartrosa Chateaubriand mit frischem Gemüse der Saison und Sauce Bearnaise, die Auswahl an französischem Käse und last not least eine umwerfende Dessertkreation des Kochs; dazu ein trockener roter Bordeaux, besser konnte der „offizielle“ Abschluss unserer Sightseeingtour durch Frankreich nicht gelingen!

      Der Freitagmorgen zeigte sich zunächst bedeckt, aber schon eine Stunde später schob die Sonne sich aus den Wolken und begleitete uns den ganzen Tag auf unserem Weg über das Städtchen Epinal, idyllisch an der Mosel gelegen, die in den südlichen Vogesen entspringt, deren herrliche bewaldete Höhen wir von West nach Ost teilweise in engen Serpentinen überquerten, bevor wir uns nach etwa 180 Kilometern kurz hinter Mühlhausen endgültig von Frankreich verabschiedeten, und nach einem kleinen Schlenker über die SCHWEIZ inklusive Rundfahrt durch das schon oft besuchte Basel mit seinen vielen historischen Bauwerken, sehr schön zu beiden Seiten des Rheins gelegen, hatte die Heimat uns wieder.

      Fast fünf Tage konnten wir uns für die endgültige Rückkehr Zeit lassen. Zunächst durchs wunderschöne Wiesental im dunkel aufragenden Schwarzwald, über seine mit 1.493 m höchste Erhebung, den Feldberg, hinunter zum romantischen, von bewaldeten Hügeln umgebenen

      - Titisee -

      an dessen Ufer wir natürlich unseren nächste Nacht zubrachten. Weiter ging’s bei anhaltend schönem Wetter durch das wild zerklüftete Höllental, steil aufragend karg bewachsene Felswände; u. a. über Freiburg im Breisgau mit Besichtigung des imponierenden Münsters aus dem 13. Jahrhundert; kurzer Abstecher über die nahe FRANZÖSISCHE GRENZE nach Straßburg mit seiner wunderschönen, seit 1988 zum Weltkulturerbe gehörenden Altstadt, geprägt von malerischen Fachwerkhäusern und Renaissancebauten, überragt vom berühmten Münster, das wir zu unserer Freude auch von innen bewundern konnten mit seinen prachtvollen Fenstern und einer riesigen Weltzeituhr; als Kontrast dazu der hypermoderne, um eine große gepflegte Rasenfläche gruppierte Gebäudekomplex des Europaparlaments.

      Für die Nacht Rückkehr auf die DEUTSCHE SEITE mit Stehplatz am Yachthafen im genau gegenüberliegenden

      - Kehl am Rhein -.

      Noch einmal, weil es so schön war, Überquerung der Schwarzwaldhöhen bis Freudenstadt, um danach die äußerst romantische Schwarzwaldtälerstraße zu genießen, hinübergewechselt zur