Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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      Weiterhin atemberaubend ging es in westlicher Richtung aus dem Park hinaus, auf einsamer Straße noch eine ganze Weile durch imposante Hochgebirgslandschaft, pittoreske Städtchen boten eine willkommene Abwechslung, bis wir Richtung Norden abbogen und die Straße sich durch hügeliges saftig grünes Weideland schlängelte, auf dem riesige Rinderherden friedlich grasend dahin zogen und rassige Pferde beim näher Kommen unseres Ungetüms mit hoch erhobenen Schweifen davongaloppierten. Schmucke weit auseinander liegende weiße Farmhäuser mit ihren dekorativen schneeweißen Zäunen belebten das Bild. Einige Male ging es in langsamer Fahrt durch hübsche kleine Orte, wie Kulissen aus Hollywoodfilmen im Kleinstadtmilieu wirkend.

      Nach etwa 185 km bogen wir kurz hinter Jackson auf einen wieder recht einsamen Highway ab, der uns nach weiteren 100 km in sehr engen Kehren über den 2.613 m hohen Carson Pass brachte. Nach der dritten scharfen Kurve lautes Poltern hinter uns, die Türsicherung des Kühlschranks hatte sich gelöst und der gesamte reichhaltige Inhalt sich bis in die letzten Ecken verteilt, na toll! Auf dem nächsten Parkplatz wurde der Schaden in mühevoller Kleinarbeit behoben. Noch wenige Meilen, dann breitete er sich in 2.000 m Höhe in voller Schönheit vor uns aus, der tiefblaue, als Reiseziel äußerst beliebte

      - Lake Tahoe -.

      Er ist knapp 35 km lang, bis zu 19 km breit und bis 490 m tief. Mit einer Gesamtfläche von 518 Quadratkilometern ist er damit ähnlich groß wie der Bodensee. Die selbst noch im Sommer schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada und der Carson Range erheben sich mehr als 1.200 m hoch über den Wasserspiegel. Der See liegt zu einem Drittel in NEVADA und zu zwei Dritteln in KALIFORNIEN. In dem zentralen Ort dieses Gebietes, in South Lake Tahoe, den wir nach etwa 10 km erreichten, verläuft die Grenze genau durch die Mitte. Dementsprechend ändert sich die Szenerie von einer Straßenseite zur anderen, in Kalifornien zahlreiche Motels und Geschäfte, Klein Las Vegas auf der anderen Seite mit luxuriösen Großhotels und Spielkasinos.

      Wir fuhren zur Stehplatzsuche schnurstracks zur State Recreation Area am Sand Harbour Beach. Laut Auskunft eines Rangers war jedoch eine Übernachtung dort verboten. Also weiter in nördlicher Richtung auf der den See umrundenden Ringstraße, kein Campingplatz in der Nähe, und es wurde schon fast dunkel. Ein von der Straße her durch dichtes Buschwerk geschützter

      - Scenic View Place -

      kam uns da gerade recht. Wir verkrochen uns in die äußerste Ecke. Alle Vorhänge zur Straßenseite hin wurden geschlossen, um ja nicht entdeckt zu werden. Unser leckeres Abendessen verzehrten wir mit Blick auf Tausende von blinkenden Lichtern am weit entfernten kalifornischen Ufer des in tiefer Dunkelheit liegenden Sees, der Mond war hinter dicken Wolken verschwunden, keine Menschenseele weit und breit, auch keine Ortschaft in der Nähe. Über das Wasser fegte ein heulender Wind heran und versetzte unser Mobi in kräftige Schwingungen, etwas unheimlich! Da es auch empfindlich kalt wurde, krochen wir schon um 9.30 p. m. mit zusätzlicher Decke in unser wärmendes Bett und ließen uns in den Schlaf schaukeln.

      Der nächste Morgen zeigte sich wieder sonnig, aber mit etwa 18°C sehr viel kühler, außerdem war es immer noch ziemlich stürmisch, weiße Schaumkronen, so weit das Auge blickte. Um 9.00 a. m. ging es wie immer gut gelaunt on the Road, immer direkt längs des Seeufers, streckenweise durch dichten Nadelwald, d.h. zum größten Teil hoch oben, wieder dicht an abgrundtiefen Schluchten entlang mit wundervollen Ausblicken auf die herrliche Landschaft. An der nördlichen Spitze erreichten wir die kalifornische Seite und damit eines der beliebtesten Skigebiete der Amerikaner. Die Hochgebirgswelt ist optimal für den Wintersport erschlossen. Das in einem reizvollen Hochtal gelegene Squaw Valley war 1960 Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Am Ufer reiht sich ein Ort an den anderen, mehrere sehr schöne Badestrände locken auch im Sommer viele Gäste an. Vom hoch gelegenen Sugar Pine Point aus genossen wir noch einmal das überwältigende Panorama. Der Wind hatte sich gelegt, und als wir an der Südspitze einen letzten Blick über die Emerald Bay warfen, schimmerte sie in ihrer schönsten blaugrünen Farbe.

      Quer durch bizarre Gebirgslandschaft leitete uns die Straße direkt gen

      - Sacramento -

      die Hauptstadt Kaliforniens, unser Tagesziel, in der wir um 14.30 p. m. eintrudelten. Wir stießen sofort auf eine hübsch angelegte Recreation Area direkt am Sacramento River, was wir natürlich endlich einmal wieder zu einer ausgiebigen Kuchenpause nutzten. Die anschließende Sightseeing Tour führte uns zunächst zu dem vom deutschstämmigen Johann (John) August Sutter im Jahre 1839 im von den Indianern übernommenen schlichten Adobe-Stil erbauten Fort, aus dem nach dessen Aufsehen erregendem Fund im Jahre 1848 und dem sich daraus ergebenden Goldrausch die spätere Metropole erwuchs. Das alte Festungswerk wurde nach Originalplänen detailgetreu wieder aufgebaut und bietet guten Anschauungsunterricht über die Landesgeschichte Kaliforniens und die Lebensweise der Pioniere vor dem Goldrausch.

      Ein Blickfang im Stadtkern mit seinen von Bäumen gesäumten Straßen ist das von einem großen gepflegten Park umgebene Capitol, das zwischen 1860 und 1874 entstand und vor einigen Jahren liebevoll restauriert wurde. Das neoklassizistische Gebäude wird von einer riesigen vergoldeten Kuppel gekrönt, die in der Sonne glitzerte. Wegen der weiten Wege vom Parkplatz aus verzichteten wir auf eine ausführliche Besichtigung, ich schoss jedoch einige sehr schöne Erinnerungsfotos.

      Weiter ging’s zum Historic Distrikt , etwa 1 km westlich vom Capitol am Flussufer des Sacramento River, mit seinen gemütlichen alten Häusern von Anfang bis Mitte des 19.Jahrhunderts, sehr hübsch restauriert. Als wir einen am Straßenrand in seinem Streifenwagen sitzenden Sheriff nach der Möglichkeit fragten, auf einem der vielen Parkplätze übernachten zu dürfen, bedauerte er, die Frage verneinen zu müssen, war aber sehr nett und geleitete uns zu einem RV-Parkplatz direkt unter einem stark befahrenen Freeway. Unmöglich, das war nichts für uns! Wir also über den Sacramento River zu einem KOA Campground, den wir uns schon vorher rausgesucht hatten. Inzwischen war es schon 7 p. m. und fast dunkel. Nachdem wir uns kurz verfahren hatten, fanden wir ihn endlich, er entpuppte sich aber als schrecklicher Platz, die Motorhomes standen dicht an dicht, 21 Dollar for nothing, nicht mit uns; also gewendet und nichts wie weg. Nach einigem Suchen stießen wir zu unserem Glück auf ein sehr hübsches Restaurant. Der Manager hatte nichts dagegen, dass wir nach dem Dinner die Nacht auf dem dazugehörigen Parkplatz verbrachten.

      Für 26 Dollar incl. Tip und einer Karaffe Chablis genossen wir ein ausgesprochen leckeres Menü mit drei Gängen, ein wiederum sehr schöner Tagesabschluss.

      Unser nächstes Ziel war die noch etwa 150 km entfernte Bodega Bay an der Pazifikküste. Wir fädelten uns also gegen 10 a. m. in den stark befahrenen Freeway Richtung San Francisco ein, bogen aber schon nach kurzer Zeit auf einen angebotenen Scenic Drive ab, der uns auf wunderschöner hügeliger Strecke durch das Sonoma Valley führte, das wie das benachbarte Napa Valley für seinen Weinanbau bekannt ist. So weit das Auge blickte, saftig grüne Rebstöcke, hübsch anzusehen die oft schlossähnlich wirkenden Weingüter. Die Sonne verwöhnte uns wieder mit warmen 25°C, also landeten wir am frühen Nachmittag in bester Urlaubsstimmung an der pazifischen Küste. Da wir so zeitig dran waren, ergatterten wir auf dem riesigen sehr hügeligen

      - State Dunes Park -

      einen der drei vorhandenen Plätze mit Aussicht auf die tief unten liegende weite Bodega Bay. Die Kuchenpause wurde mit kalten Drinks nach draußen verlegt. Während mein Schatz sich mit Fernglas und Lesestoff gemütlich auf seinem Lehnstuhl in der Sonne niederließ, machte ich zunächst einen kurzen Erkundungsgang. Da der Platz kein Restaurant besaß, deckte ich mich in dem kleinen Supermarkt mit den Zutaten für ein Abendessen an Bord ein.

      Den Rest