Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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sich die in entgegengesetzte Richtungen driftende Pazifische und die Nordamerikanische Platte reiben, ist sie extrem erdbebengefährdet. Schon seit Jahren prophezeien Naturforscher und Wissenschaftler „The Big One“, das die ganze Stadt vernichten wird. Hoffen wir, dass sie sich irren.

      Erste Impressionen aus den neuen Bundesländern

      Obwohl wir in Amerika mit einem Rollstuhl beste Erfahrungen gemacht hatten, vergingen noch über 2 Jahre, bevor Gerd sich endlich zum Erwerb eines eigenen entschloss. Bis dahin waren wir nach altbewährtem Muster, viel fahren, wenig gehen, wieder mit unserem eigenen Mobi unterwegs, so oft es die Zeit erlaubte, da beide noch berufstätig.

      Nach dem so erfreulichen spektakulären Mauerfall am 9.11.89 nutzten wir z.B. die Zeit um Ostern 1990 unter Anhängung von drei Urlaubstagen dazu, unserer neuen alten Heimat einen Besuch abzustatten. Ein wunderbares Gefühl, an der ehemaligen Grenzstation hinter Lübeck ohne Formalitäten durchgewinkt zu werden direkt in das neue deutsche Bundesland MECKLENBURG VORPOMMERN. Auf zum größten Teil noch ziemlich ramponierten Straßen ging die sehr interessante Fahrt über Grevesmühlen an die Mecklenburger Bucht, über die Hansestadt Wismar, in der historischen Altstadt, die seit 2002 auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO steht, und besonders am Marktplatz viele schöne Bürgerhäuser aus Renaissance und Frühbarock und eine imposante Brunnenanlage aus der Zeit um 1600, „Wasserkunst“ genannt, ein pavillonartiges Bauwerk im Stil der Niederländischen Renaissance, gekrönt von einer kupfernen Haube mit sechseckiger Laterne.

      Weiter ging`s über das kleine Ostseebad Kühlungsborn mit vier Kilometer langem bis zu fünfzig Meter breitem feinen Sandstrand und das etwas im Landesinneren liegende Bad Doberan; 1186 gründeten Zisterziensermönche aus Westfalen dort ein Kloster, ihre Bauten, vor allem das gewaltige Doberaner Münster, errichtet im 14. Jh., Perle der norddeutschen Backsteingotik genannt, prägen noch heute das Antlitz des Ortes. Sein direkt an der Ostseeküste gelegener berühmter Stadtteil Heiligendamm, das älteste deutsche Seebad, 1793 von Friedrich Franz I., Herzog von Mecklenburg, zur Sommerresidenz erkoren, stieg auf zum Kurbad für den damaligen europäischen Adel und das gehobene Bürgertum, viele elegante klassizistische Palais (inzwischen sind etliche zu Luxushotels umfunktioniert) stammen noch aus jener Zeit und sind in ihrer ganzen Schönheit zu bewundern, besonders das 1816 erbaute Kurhaus und das daneben liegende Haus Mecklenburg, vom 6. - 8. Juni 2007 zusammen mit dem luxuriösen Grand Hotel Kempinski unter deutscher Präsidentschaft Tagungsstätte des 33. Gipfeltreffens der „Gruppe der Acht“, der wichtigsten Wirtschaftsnationen, trotz massiver Proteste ein großer Erfolg.

      Unser Tagesendziel war der alte, zu Rostock gehörende Fischerhafen

      - Warnemünde -

      wo wir direkt am westlichen Ufer des Alten Stroms, ein kleiner Seitenarm der dort in die Ostsee mündenden Warnow, mit Blick auf die dümpelnden Fischerboote übernachteten. Beim Abendessen im nahe gelegenen gemütlichen Restaurant an der wohl beliebtesten Flaniermeile in Warnemünde entlang des Alten Stroms mit ihrem besonderen Flair bekamen wir sofort Kontakt zu netten ostdeutschen Landsleuten, wodurch sich eine sehr angeregte Unterhaltung ergab.

      Unsere Erkundungstour führte uns am sonnigen Ostersonntag als nächstes zur landeinwärts liegenden Hansestadt Rostock, einigermaßen erhalten wunderschöne hohe, schmale Patrizierhäuser mit phantasievoll geschwungenen Giebeln am lang gezogenen Marktplatz, das im Barock umgestaltete gotische Rathaus mit sieben hochragenden Ziertürmchen und ebenso die prächtige Marienkirche in spätgotischem Stil.

      Auch im historischen Stadtkern der alten Hafen- und ehemaligen Hansestadt Stralsund mit seinen mittelalterlichen Straßenzügen, ebenfalls seit 2002 auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO, reihen sich Bürgerhäuser aus vielen Jahrhunderten aneinander. Am Alten Markt erhebt sich, weithin sichtbar, die kunstvoll gegliederte Fassade des Rathauses, ein prachtvolles Beispiel für die späte norddeutsche Backsteingotik, überragt von den markanten Doppeltürmen der ältesten Stralsunder Pfarrkirche St. Nikolai, der nördliche mit flachem Dach, der südliche besticht durch eine mächtige Barockhaube.

      Nachdem wir all diese Sehenswürdigkeiten langsam mit kurzen Fotostopps abgefahren hatten, nutzten wir den uns noch verbleibenden Nachmittag für einen Ausflug auf die durch den Rügendamm mit der Stadt verbundenen Insel Rügen. Kreuz und quer, zum Teil über holpriges Kopfsteinpflaster, erkundeten wir Deutschlands größte und wohl auch schönste Insel. Sie bietet einfach alles, was zu einer Ferienlandschaft am Meer gehört, lange Sand- und schmale Kiesstrände unter leuchtend weißen Klippen; auf einen Blick über die berühmtesten steil ins Meer abfallenden Kreidefelsen vom 117 m hohen Königsstuhl mussten wir wegen der weiten Wege vom Parkplatz aus allerdings verzichten, aber das haben wir inzwischen während eines Urlaubs auf dieser herrlichen Insel mit dem Rolli ausgiebig nachgeholt.

      Es gibt quirlige Seebäder, aber auch stille Dörfer mit Reetdachhäuschen, mit alten Kastanien und Federvieh auf den Gassen. Man fährt durch weite Felder und Wiesen, Wälder, Heidelandschaften und Moore. Wie schön, dass diese Perle wieder allen deutschen und natürlich auch ausländischen Besuchern offen steht.

      Gegen 18.00 Uhr kehrten wir nach

      - Stralsund -

      zurück, wo wir schon bald im Hotel Baltic ein ausgiebiges Abendessen genossen, zusammen mit einem jungen Pärchen aus Rostock, das sich zu uns an den Tisch setzte. Es wurde ein ausgesprochen lustiger Abend, sie war Gärtnerin, gebürtige Ostberlinerin mit entsprechender Klappe, und er ein grundsolider Mecklenburger Fischer mit herrlichem trockenen Humor. Ihre Ansichten zur Wiedervereinigung waren ein Feuerwerk an witzigen Sprüchen, vor allen Dingen bedauerten sie das EDV = Ende der Versorgung. Zuletzt verlegten wir unsere angeregte Unterhaltung in unser Mobi, wo wir bei Schokoladenostereiern, Keksen und Fruchtsaft den Fall der Mauer bis weit nach Mitternacht feierten. Geschlafen wurde auf einem schon vorher auserkorenen Parkplatz direkt am Fahrgasthafen mit Blick auf die ein- und auslaufenden Fähren und vom Fang zurückgekehrten Fischerboote.

      Der ebenfalls sonnige Ostermontag brachte uns zunächst in die Universitäts- und ehemalige Hansestadt Greifswald, die Heimat des bekannten romantischen Malers Caspar David Friedrich, dessen berühmtes Bild von den Kreidefelsen auf Rügen wohl jedem Kunstkenner ein Begriff ist. Die Gute Stube dieser Stadt ist der Markt, umgeben von schmucken Giebelhäusern aus Gotik, Renaissance und Barock, darunter auch das markante rote Rathaus, zusammen mit dem legendären Fischmarkt mit seinem Skulpturenbrunnen und den gemütlichen Caféterrassen; ebenfalls gut erhalten die Backsteinkirchen St. Jacobi, die Marienkirche und der imposante Dom St. Nikolai.

      Weiter ging die Fahrt am romantischen Greifswalder Bodden entlang, ein Randgewässer der südlichen Ostsee, hinüber zum Städtchen Wolgast, auf einer Brücke über die Peene auf die Halbinsel Usedom, durch die kleinen Seebäder Heringsdorf und Ahlbeck, in denen wir inzwischen schon einen herrlichen Sommerurlaub genossen haben, bis an die polnische Grenze bei Swinemünde. Leider ließ man uns ohne Visum nicht rüber, ein sehr netter neugieriger Grenzbeamter kam jedoch zu uns an Bord, und bei angeregter Unterhaltung erfuhren wir auch seine durchweg positiven Gedanken zur Wiedervereinigung.

      Wir verließen die