Hedwig v. Knorre

mensch MIT Gebärmutter - ein Puzzleteil zum Menschenbild


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lernte ich Männer kennen, die sich als Frauen fühlten und nach und nach zu Frauen wurden, äußerlich, mit Kleidung und Haartracht. Das fand ich spannend und erlebte es als Aufwertung von uns Frauen, die wir in der Regel von Männern unterdrückt werden. Wer wechselt schon freiwillig von der Seite der Unterdrücker auf die der Unterdrückten?!

      Ging es um Geschlechtsoperationen, hielt ich mich zurück mit der Frage nach der Gebärmutter. Sie schien für diese Menschen unerheblich. Das körperliche Erscheinungsbild mit Brust und Vagina schien auszureichen. Ein Glück! Eine funktionierende Gebärmutter implantieren, das ist bis heute noch nicht machbar. Aber wer weiß, was noch kommt.

      Titel

       ich stelle mich vor

      Mein Name ist Hedwig v.Knorre, geboren 1958 als zweites von 6 Kindern. Mehrere Jahre lang hatte ich nur Brüder, bis zum Schluss noch meine einzige Schwester auf die Welt kam. Schon als Kind war mein größter und selbstverständlicher Wunsch, selbst einmal Mutter zu werden.

      Nach dem Abitur war dann aber erst mal die Ausbildung zur Hebamme dran und anschließend die Arbeit im Kreißsaal. Im Alter von 24 Jahren war es dann endlich so weit – ich wurde Mutter: mein erstes Kind kam auf die Welt! Es folgten 3 weitere Kinder im Abstand von jeweils 3 ½ Jahren, allesamt Wunschkinder. Bei der Geburt meines jüngsten Kindes war ich 35 Jahre alt.

      Meine Familie hatte von mir erwartet, dass ich nach dem Abitur studiere. Schon als Schülerin kannte ich Studenten und den Uni-Betrieb. Sowieso war ich umgeben von AkademikerInnen in jeder Generation. Meine Großeltern waren Nervenärzte, meine Großmutter hatte eine doppelten Doktor. Bei Onkels und Tanten sah es ähnlich aus.

      Damals hatte ich den verschwommenen Eindruck, dass „Studierte“ das Leben nicht verstehen, dass ihr Kopfwissen wesentliche Zugänge zu Lebensbereichen blockiert, von denen ich ahnte, dass sie essentiell sind. Darum entschied ich mich gegen das Studieren. Ich wollte „mitten ins Leben“.

      Heute sehe ich in der Rückschau, dass ich damit einen schweren Weg gewählt habe. So schwer, dass ich es zwischendurch mehrfach bereute: „warum bin ich nicht Gymnasiallehrerin geworden! Meine Nächte wären zum Schlafen da, und von meinem Verdienst könnte ich locker leben!“

      Doch mein damaliges tiefes Bedürfnis, die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen, ist noch heute in mir lebendig. Und ja, ich habe tatsächlich vieles verstanden, was mir auf dem anderen, dem einfacheren Weg verborgen geblieben wäre.

      Im Alter von 40 Jahren studierte ich soziale Verhaltenswissenschaften mit Schwerpunkt Psychotherapie, integrativ. „Was machen Menschen – mit anderen Menschen – und warum? Was schadet Menschen – und wie kann ihnen dann geholfen werden?“ diese Fragen bewegen mich schon immer. Zu diesen Themen hatte ich mein Leben lang gelesen, Vorträge und Fortbildungen besucht. Dazu hatte ich inzwischen reiche Lebenserfahrung. Aufgrund dieses Vorwissens profitierte ich enorm von diesem Studium. Es wurde zu einer Basis auf hohem Niveau, auf der ich mich seither weiter bilde. Da halte ich es mit Pippi Langstrumpf: „man wird so alt wie eine Kuh – und lernt noch immer was dazu!“

      Bei allem Respekt vor Zertifikaten, Papieren, Bescheinigungen – mir reichen sie bis heute nicht. Selbstkritisch frage ich tiefer: Was ist mir in meinem Leben begegnet – und was habe ich daraus gemacht? Was hat „die Schule des Lebens“ mich gelehrt – wie gut habe ich da aufgepasst und mit gedacht? Oder habe ich diese „Schule“ an mir vorbei gehen lassen? Habe ich mich ablenken lassen, manipulieren lasen, blind von Blinden ins Irgendwo führen lassen?

      Ich bin Feministin. Als Hebamme, Frau und Mutter habe ich in vielen Zusammenhängen Abwertung, Ausbeutung, Mißbrauch, Überdruck, Ungerechtigkeit und Gewalt erlebt und miterlebt, einfach aufgrund unseres Frau-Seins. Das widerspricht meinem Verständnis von Gerechtigkeit und Menschenrechten sowie meinem spirituellen Verständnis vom hohen Wert gesunden friedlichen Lebens.

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       Freiheit für Menschen mit Gebärmutter

      Als Mensch mit Gebärmutter frage ich nun: wie gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei sind wir Menschen mit Gebärmutter in unserer Gesellschaft? Auf jeden Fall sind verlieren wir mit jedem Kind, das wir gebären, ein Stück Freiheit. Allerdings nicht wegen des Kindes an sich, sondern wegen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Wir haben nicht einmal Wahlfreiheit, keinen selbstbestimmten Umgang mit der Möglichkeit des Gebärens!

      Ja, Frauen mit Freiheitsdrang und Sinn für Gerechtigkeit mussten und müssen bis heute vielfach aufs Gebären verzichten. Angesichts der Nachteile, die Mütter erleben, muss bisher oftmals der Rückschluss gezogen werden „lieber nicht Mutter sein“.

      Doch das ist zu kurz gegriffen. Das mag vorläufig notwendig sein, zum Selbstschutz. Dieser Schutz ist allerdings ähnlich dem Ducken unter dem Schlag des Gewalttäters: diesem Schlag erfolgreich ausweichen, ist das schon Freiheit? Natürlich nicht!

      Freiheit von Gewalt ist die Sicherheit, dass kein nächster Schlag zu erwarten ist, nicht in einer Stunde, nicht heute Abend, nicht heute Nacht, nicht morgen und nicht nächste Woche, auch nicht nächstes Jahr.

      Eine erste Schutzmaßnahme ist noch längst keine Freiheit, keine Gleichberechtigung, keine Möglichkeit zur Selbstbestimmung!

      Trennen wir also den Gegenstand an sich von dem Missbrauch, der damit getrieben wird – auch in Bezug auf die Gebärmutter:

      Trennen wir das Mutter-Sein an sich von dem gesellschaftlichen Missbrauch, der damit getrieben wird!

      Menschen mit Gebärmutter – welche Lebensbedingungen sind nötig, damit sie gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei leben können, und zwar MIT ihrer Gebärmutter? Damit beschäftigt sich dies Büchlein.

       2. die Biologie der Menschen mit Gebärmutter

      Wir Menschen sind von unserer Biologie her Säugetiere, Rudeltiere, Winterruhetiere. Daran ändert das Vorhandenseins eines Großhirn nichts. Allerdings nützt uns dies Großhirn, um diese Zusammenhänge zu erfassen und sie zur Verbesserung unseres Lebens nutzbar zu machen.

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       biologisches Allgemeinwissen

      Wir Menschen haben alle 2 Augen und 2 Ohren, einen Mund und eine Nase, Haare auf dem Kopf und einen Magen im Bauch. Daran sind wir gewöhnt. Wie unser Körper funktioniert, darüber haben wir im Biologieunterricht einiges gelernt.

      Wir haben Muskeln, die wollen Bewegung. Wir haben einen Mund, der will essen. Wir haben ein Gehirn, das will lernen und denken, Eindrücke verarbeiten und Probleme lösen. Wir haben eine Lunge, die will atmen.

      Unser Körper hat eine Klitoris oder einen Penis, die wollen erigieren. Unser Körper hat in der Regel entweder Hoden, die Samen produzieren, oder Eierstöcke, die Eier produzieren. Genau diese Körper haben Gebärmütter. Die wollen gebären.

      Alle unsere Körperteile und Organe wollen entsprechend ihrer Bestimmung eingesetzt werden, tätig sein, „genutzt“ werden.

      Und die Gebärmutter will nun einmal gebären.

      Unser Körper hat ein Nervensystem. Das will Impulse zum Gehirn leiten und „Befehle“ vom Gehirn an die übrigen Körperteile. Unser Körper hat ein Neurotransmittersystem. Das will die Gefühle im Gleichgewicht halten.

      Unser Körper kann fühlen. Eigentlich gilt die Seele als Instanz der Gefühle. Unsere Seele ist also in unserem Körper zu Hause. Auch das ist nichts Neues.

      Wir wollen uns gut fühlen. Wie kriegen wir das hin? Da gibt es gesündere Möglichkeiten und weniger gesunde. Die Alkoholsucht gehört beispielsweise zu den ungesunden.

      Zu den gesunden Möglichkeiten gehört Bewegung. Viele gehen joggen, schwimmen oder Fahrrad fahren. Wie zufrieden kommen sie zurück! Oder die Hobbygärtner: nach ein paar Stunden Gartenarbeit – oh wie zufrieden fühlen sie sich!

      Manche