Ed Belser

Die Frauen von Schloss Blackhill


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sie an ihm vorbeikamen. Cremor hielt den Atem an; der Geruch erinnerte ihn an die Fleischerei, wenn dort geschlachtet wurde.

      MacAreagh hatte die Gesellschaft zum Schweigen gebracht, ging auf die beiden Ankömmlinge zu und begrüßte sie überschwänglich, als ob er sie schon seit Langem kennen würde. Die anderen Männer guckten mehr oder weniger neugierig, als MacAreagh sie zum Tisch führte.

      Osgar war erstarrt und verblüfft. Ronald hatte ihn nicht eingeweiht.

      „Hört zu! Wir haben heute wichtige Entscheidungen getroffen! Unsere Freunde in Frankreich haben uns nicht im Stich gelassen. Wir werden schon in den nächsten Tagen die erste Lieferung von Säbeln, Gewehren und Uniformen erhalten. Das hier sind die Männer, die uns unterstützen werden. Beide sind Offiziere unserer französischen Freunde, beide von unserem Blute. Das ist Cremor, Chirurg und Fechtmeister ... “, er schaute die beiden an, und als Cremor nickte, wies er mit der Hand auf ihn, „und das ist Humphredus, Hauptmann“, und er zeigte auf den anderen, womit dieser auch gleich befördert war.

      Die Männer schienen verwundert, einmal über Cremors seltsamen Namen und über seine schwarzen Augen, aber auch über das jugendliche Alter von beiden, besonders von Humphredus, der lang und schlaksig und überaus elegant gekleidet war. Gleichzeitig bewunderten sie ihren Clan-Chief, der offensichtlich über gute Kontakte zu Frankreich verfügte und die beiden Männer herbeordern konnte. Mit den Waffen würde man ja noch sehen, und welche Aufträge die Kerle hätten, auch noch. Doch als MacAreagh den beiden am Ende des Tisches ihren Platz zugewiesen hatte und die Diener hieß, sie zu bedienen, wandten sie sich wieder dem Whisky zu.

      MacAreagh genoss den Moment und nahm sich einen großen Schluck, während er aus den Augenwinkeln Osgar beobachtete. Dieser starrte immer noch in sein Glas.

      Dem habe ich gezeigt, wer hier der Meister ist, dachte Ronald.

      Doch irgendwie war die Stimmung weg, auch der Dudelsackspieler war verstummt.

      Cremor und Humphredus fühlten sich kaum mehr beachtet und konnten sich nach Tagen der Entbehrung endlich wieder einmal die Bäuche vollschlagen.

      Als sich MacAreagh zurückgezogen hatte, verschwanden auch die anderen nach und nach. Keiner hatte sich von Humph oder Cremor verabschiedet. Einige gingen in ihre Schlafräume, die anderen weckten in der Eingangshalle ihre Soldaten und ließen sich in ihre eigenen Häuser zurückbringen, halb schlafend zu Pferd oder in einer Kutsche.

      7

      Humphredus hatte sich am anderen Tag zeitig zurechtgemacht. Cremor schlief noch tief.

      Humph weckte ihn: „Steh endlich auf!“

      Cremor brummelte unzufrieden vor sich hin, erhob sich dann aber aus dem Bett, griff sich an die Stirn und schaute im Raum umher, als ob er ihn das erste Mal sehen würde.

      „Wie bin ich in dieses Bett gekommen?“

      „Es war nicht leicht, dich dahin zu bringen. Du hattest einen Schluck zu viel.“

      Cremor steckte den Kopf kurz in die Waschschüssel, wischte sich die Augen ab und schaute zu Humph auf. „Und, was steht heute an?“

      „Zuerst wollen wir etwas Anständiges in den Magen kriegen, meine ich. Dann schauen wir uns hier erst einmal um.“

      Sie gingen hinunter zur Eingangshalle und fragten sich durch zum Speiseraum. Soldaten in unterschiedlichen Uniformen saßen an dicht besetzten Tischen, aßen Haferbrei oder warteten am Eingang zur Küche auf ihre Portionen. Offiziere waren keine darunter. Aufmerksame Blicke verfolgten sie und beobachteten, wie nach einer Weile der Hofverwalter auftauchte, mit den beiden sprach und die drei zusammen weggingen.

      „Ihr gehört nicht hierher.“ Er wies auf die Tür. „Ich zeige euch den Weg zur Offiziersmesse.“

      Dort trafen sie den Sekretär von MacAreagh sowie den einen oder anderen der Chieftains, die im Schloss übernachtet hatten. Der Sekretär lud sie an seinen Tisch ein und ein Diener brachte ihnen Brot sowie Käse und stellte zwei große Karaffen mit Wasser und Wein dazu. „Heute Morgen könnt ihr euch im Schloss etwas umsehen. Verlasst es nicht. Ihr kommt zwar hinaus, aber nicht wieder hinein. Man kennt euch noch nicht. Ich gebe euch dann noch Passierscheine.“

      Cremor und Humph aßen schweigend.

      „Der General will euch am Nachmittag sehen.“

      „Wer ist der General?“, fragte Cremor.

      „Osgar. Ihr habt ihn gestern Abend gesehen. Er ist der Kommandant der Leibgarde von MacAreagh und führt die Offiziere hier auf dem Schloss. Wenn wir im Felde sind, ist er der Kommandant über alle, auch über die Chieftains.“

      „Wie ist er so?“, fragte Humph.

      „Ihr werdet ihn schon noch kennenlernen. Wenn ihr etwas braucht, sagt es mir oder dem Hofverwalter.“ Dann verabschiedete er sich.

      Ihren morgendlichen Ausritt begannen sie dort, wo sie am Abend zuvor angekommen waren. Sie ritten ein Stück den Weg hinunter, bis der Blick zum Fluss und auf die Brücke, die sie bei der Ankunft überquert hatten, frei war. Wie am Vorabend tummelten sich mehrere Soldaten am Brückenkopf. Sie hockten am Boden oder standen in Gruppen herum. Dann kehrten sie um, ritten zurück und wandten sich links der Mauer entlang, um die Burg und das Schloss im ganzen Umfang zu erkunden. Bald merkten sie, dass sie von einem Reiter in einigem Abstand verfolgt wurden.

      Sie ritten eine ganze Weile auf dem breiten Weg, der mit Gemüsegärten und Pferchen für Pferde, Rinder und Schafe gesäumt war. Hier und da standen Scheunen, kleine Hütten und Häuser, Frauen kümmerten sich um die Feldarbeit. Die hohe Mauer versperrte die Sicht auf die Umgebung.

      Als sie das halbe Areal umrundet hatten, kamen sie beim Hauptzugang des Schlosses an. Das riesige Tor aus dicken eisenbeschlagenen Stämmen stand offen. Davor und auf den zwei flankierenden steinernen Türmen befanden sich mehrere Wachtposten. Cremor und Humph stiegen ab und traten zum Tor, um endlich einen Blick hinaus auf die Landschaft werfen zu können.

      Die Soldaten musterten sie wachsam und schienen bereit sie daran hindern, sich vom Schloss zu entfernen. Ihr Bewacher war stets in der Nähe, hielt jedoch Abstand. Die Gegend vor ihnen war weit und schien fruchtbar, der breite Weg, der aus dem Schloss führte, wand sich zwischen Feldern und verlor sich in der Ferne. Als sie zu den Pferden zurückkehrten, sahen sie das Schloss von vorne. Es wirkte noch dunkler, massiver und unnahbarer, als von der rückwärtigen Seite.

      Sie setzten ihren Rundgang fort. Den Hauptweg zurück zum Schloss säumten größere Gebäude, an deren Zugängen sich Pförtnerhäuser mit Wachen befanden. Ein hoher, geschlossener Holzzaun umfasste die ganze Siedlung. Ab und an konnten sie in der Morgensonne einen Blick hinter die Zäune erhaschen und sahen Gruppen von Frauen und Kindern sowie etliche Diener. Die Frauen saßen um Tische herum, eine schien Kinder zu unterrichten.

      „Schau, da vorne!“ Cremor zeigte auf das größte der Gebäude. „Dieses weiße Haus haben wir doch gestern Abend schon gesehen.“

      Sie ritten näher, und weil das Gebäude leicht erhöht stand, konnten sie es gut einsehen. Es war zweistöckig und wies große Fenster auf; über dem wuchtigen Eingang befand sich eine Veranda, die die ganze Länge der Vorderfront einnahm. Das Haus war umgeben mit schön angelegten Gärten. Zu sehen war niemand, außer einer Person, wahrscheinlich ein größeres Mädchen, das mit einem Pferd beschäftig war.

      „Das muss die Villa von MacAreagh sein. Seine Frau heißt Margaret, natürlich Lady Margaret. Sie haben eine Tochter, Shauna.“

      „Woher weißt du das schon wieder?“, fragte Humph.

      „Von unserem Freund in Frankreich. Lewis hat von Margaret geschwärmt. Sie soll eine Schönheit sein.“

      Humph sah ihn schräg an und ließ die Zügel seines Pferdes gehen.

      Vom Schloss her ertönte die tragende Melodie eines Dudelsacks. Als sie zum Eingang zurückkamen, sahen sie, wie der Clan-Piper gemessenen Schrittes hin und her marschierte. Er nahm keine