Ed Belser

Die Frauen von Schloss Blackhill


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machte eine Pause, sein Blick fiel kurz auf die Hände von William, und er sah ihm in die Augen. „Du warst Bauer. Verstehst du auch etwas vom Brennen?“

      „Ein wenig“, antwortete William offen, „aber ich habe eine Ahnung wie man das organisiert.“

      Alan nickte mehrmals. Er schien zu überlegen, ob er das Thema weiter erörtern wollte. Dann sagte er: „Du wirst zwar als Clan-Piper immer bereit sein müssen, aber wenn ich abwesend bin, hast du viel Zeit zur Verfügung für anderes. Ich brauche einen Vertrauten, der nach meinen Brennereien sieht. Wir werden später darüber sprechen.“ Er erhob sich und lächelte. „Du wirst dich an mich gewöhnen.“ Und, als William ebenfalls aufstand und auf gleicher Augenhöhe war: „Und ich mich an dich.“ Er ging zur Tür, die der Diener schon offen hielt, und entschwand.

      10

      Einen Tag später traf William wieder in Blair Mhor ein. Mit Pferd, Wagen nebst Kutscher sowie in Begleitung von drei Soldaten hielt er vor seinem Haus. Mary hatte die Ankömmlinge gehört und stand vor der Tür. William sah ihre einfache Bauernkleidung, die ihm schon ungewohnt vorkam nach all dem Prunk auf Schloss Summerset.

      „William!“, rief sie, als sie ihn erkannte.

      Sie rannte auf ihn zu, und er stieg vom Pferd. Sie umarmten sich.

      „Wo hast du deinen Bart gelassen? Und deine Kleider? Was ist geschehen? Was wollen die Soldaten hier?“ Sie schien verunsichert, ja ängstlich.

      Der Kutscher und die Soldaten standen im Hof herum und wunderten sich. Sie wussten noch nichts von Williams neuer Aufgabe, sie ahnten nur, dass er jemand Wichtiges war, den sie zu beschützen und dem sie zur Hand zu gehen hatten. Dass es sich um einen gewöhnlichen Bauern handelte, ging ihnen nicht in den Kopf.

      William beruhigte seine Frau, und als er ihr erzählte, was auf sie beide zukommen würde, erschrak sie gewaltig und konnte ihm kaum glauben. Sie schaute ihn mit großen Augen an, dann sah sie zum Wagen und zum Kutscher, erblickte die Soldaten, die an der Hauswand hockten, und schüttelte nur langsam den Kopf, immer wieder.

      „Sollen wir unser ganzes Haus auf den Wagen laden? Platz hätte es ja.“ Sie schien ihre Fassung wiedergefunden zu haben. „Was geschieht mit meinem Vater?“

      „Er wird sich mit dem neuen Pächter auseinandersetzen müssen. Vielleicht tut ihm das ganz gut.“

      Mary schien nicht unglücklich, von ihm wegzukommen. Seit der Geschichte mit MacLysh war er unausstehlich und ließ kein gutes Haar an ihr. „Mich hält hier nichts, wir können packen und abreisen.“

      William staunte, wie rasch sich Mary auf die neue Situation eingestellt hatte. Er umfasste ihre Schultern. „Es wird nichts mehr sein wie bisher. Wir werden das schon schaffen, du und ich.“

      Eine Stunde später trieb der Kutscher die Pferde an. Der Wagen war nicht viel schwerer als vorher, außer, dass jetzt Mary darauf ihr Gleichgewicht suchte und William hinterher ritt, begleitet von den Soldaten. Marys Vater war inzwischen von der Feldarbeit zurückgekommen, hatte William zugehört, aber nichts begriffen, und schaute dem Trupp nach, wie er davonzog.

      Einige Tage später wurde William in sein neues Amt eingeführt und den Chieftains sowie den Höflingen vorgestellt. Er wurde wohlwollend begrüßt und natürlich musste er auch gleich eine Kostprobe seines Könnens abgeben.

      Am Abend meldete sich ein Bursche bei ihm. „Sir, ich bin Ihr Träger.“ Er nannte seinen Namen.

      William musterte den gepflegten jungen Mann verwundert. „Was sollst du denn tragen?“

      „Ich trage Ihr Instrument für Sie.“

      William versuchte, seine Überraschung zu verbergen. „Das kann ich wohl selbst tragen.“

      „Nein, Sir, das ist nicht üblich. Ich war schon der Träger von John Fraser. Ich werde auch Ihr Instrument pflegen, Sir.“

      „Kennst du dich darin aus?“

      Der Bursche lächelte selbstsicher. „Natürlich. Ich übe mich selbst im Dudelsackspiel. Eines Tages möchte ich so gut spielen können wie Sie.“

      Fortan verfügte William über einen persönlichen Diener, der ihm sein Instrument hervorragend in Schuss hielt und es ihm jeweils sauber vorbereitet zum Spiel überreichte. Außerdem trug er ihm seine Waffen nach, wenn es nötig war, und stand für jede Dienstbarkeit bereit.

      William, ehemaliger Bauer und neu ernannter Clan-Piper, schätzte zwar die Annehmlichkeiten, aber so recht daran gewöhnen konnte er sich nicht. Der Butler hatte ihm und Mary nach und nach den notwendigen Schliff beigebracht, der Sekretär von MacLennoch hatte ihn in die Rituale und Geschichte des Clans eingeführt, ihm die Vorfahren von Alan der Reihe nach beschrieben und ihn den Höflingen und Chieftains vorgestellt. Mary lernte rasch, hatte sich daran gewöhnt, dass ihr Köchin, Diener und Zofen zur Verfügung standen, und war bald die Herrin im Hause Fraser. John junior liebte sie und war der Einzige, der sie necken durfte, wenn sie etwas nicht wusste.

      William stand an der Seite von MacLennoch, wenn er englische Adlige oder Offiziere empfing. Er begleitete ihn, wenn er seine Chieftains oder die wichtigsten Pächter besuchte. Wenn er zum Spielen aufgefordert wurde, fühlte er sich wie früher auf dem Dorf; die Zuhörer waren zwar keine Bauern, aber reagierten genau wie sie auf seine Musik.

      MacLennoch verstand es aufzutreten; er gab sich einerseits den Nimbus eines weltoffenen und aufgeklärten Fürsten, gleichzeitig aber pflegte er den Pomp eines Clan-Chiefs, worin er sich wiederum in nichts von den englischen Adligen unterschied. Im Gegenteil — wenn er auftrat, musste sich mancher Engländer noch auf die Lippen beißen.

      Wenn er gar eines der größeren Dörfer seines Reiches mit seinem Besuch beehrte, kannte der Aufwand keine Grenzen. Zuvorderst kamen jeweils die bedrohlichen Speerträger, die jedem am Weg die Lust vertrieben, zu nahe heranzutreten, gefolgt von den martialischen Soldaten, ausgerüstet mit Säbeln und Pistolen, die sie in den Highlands unbehelligt präsentierten oder die von den Engländern aus Höflichkeit akzeptiert wurden. Die meisten waren beritten, und weil Pferde öfter etwas fallen lassen, folgten ihnen die Dungpflücker, die die Hinterlassenschaften der Tiere zusammenlasen und auf die Seite schmissen. Die nächste Hilfsgruppe kümmerte sich um schwierige Übergänge bei Bächen oder steinigen Hindernissen; sie führten das Pferd des Clan-Chiefs, und wenn es allzu widrig wurde, trugen sie ihn mit vereinten Kräften weiter, bis die Hindernisse überwunden waren. Und noch vor dem Clan-Chief selbst kam William, gefolgt von seinem Träger, und er ließ sein Instrument erschallen, um allen kundzutun, wer da unterwegs war. Er hatte immer ein mulmiges Gefühl, wenn er die Bauern am Wegesrand sah, die den Kopf gesenkt hatten und ihre Mützen in der Hand hielten.

      Bei all dem Wirrwarr entdeckte man die Hauptperson erst an ihrer Aufmachung. MacLennoch ließ sich von Lady Charlotte beraten und ausrüsten, und sie hatte genügend Lieferanten von allerlei Farben und Stoffen, sodass Alan nicht im gewohnten Braungrün daher kam, sondern von Kopf bis Fuß die prächtigsten Karomuster trug, zusätzlich längs- und quer gestreift in Rot, Gelb und Blau, und unterschiedlich für Socken, Kilt oder Umhang. Nur eines hatte stets die gleiche Farbe: Seine Jacke war tiefschwarz, mit Silberfäden an Kragen und Ärmeln eingefasst sowie mit Knöpfen aus reinem Silber vorne und an den breiten Manschetten. Meistens trug er dazu einen weißen gestickten Kragen. Sein Barett war wuchtig, ebenfalls mit Silberfäden umrahmt, und die drei Federn daran stammten von den größten Adlern.

      William war ein aufmerksamer Beobachter, und er genoss sein Amt. Doch stets war er sich bewusst, dass es seine Zeit haben würde. Bald, früher oder später, würde John Fraser junior auf sein Recht der Nachfolge pochen. Und es würde ihm gewährt werden, gleichgültig, wie gut er, William, sein Amt ausübte.

Kapitel III: Schloss Blackhill

      1

      Cremor und Humphredus hatten den größten Teil ihrer Reise von der Küste in die Highlands hinter sich. Sie führten