Bärbel Junker

Gang ohne Wiederkehr


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irre, oder?“, fragte Fiona.

      „Ja, das ist richtig. Es war eine ganz fürchterliche Geschichte.“

      „Aber jetzt meinst du doch die Tote, deren Foto im Hamburger Abendblatt abgebildet war, richtig?“

      Der Senator nickte stumm.

      „In dem Artikel stand, dass die Polizei auf diese Weise versucht die Identität der Toten herauszufinden.“

      „Das ist richtig, Liebling. Sie wissen nicht wer sie ist und woher sie genau stammt. Asien ist ihrem Aussehen nach klar. Doch Asien besteht ja nicht nur aus einem einzigen Land. Sie wurde ermordet. Und wir suchen nach dem Täter“, erklärte er ihr.

      „Wir? Was hast denn du mit der Polizeiarbeit zu tun?“

      „Na ja, man trat mit der Bitte an mich heran, ein Auge auf die Ermittlungstätigkeiten zu haben. Anscheinend verschwanden in letzter Zeit noch mehr asiatische junge Frauen, deren Leichen man dann teilweise schrecklich zugerichtet irgendwo fand. Man wolle der Sache wohl nachgehen und prüfen, ob da irgendein Zusammenhang besteht“, erzählte Ziegler sichtlich betroffen.

      „Aber das ist ja ganz entsetzlich“, erwiderte Fiona schreckensbleich.

      Der Senator musterte sie besorgt.

      „Siehst du, Schatz. Deshalb wollte ich nicht darüber sprechen. Du siehst ganz mitgenommen aus.“

      „Na ja, mit einer so schlimmen Geschichte habe ich ja auch weiß Gott nicht rechnen können. Ich bin ja auch eine Frau. Und derartige Verbrechen entsetzen mich natürlich ganz besonders“, erwiderte Fiona noch immer sichtlich mitgenommen.

      „Das verstehe ich natürlich. Und dein Mitgefühl rührt mich, denn es ist so liebenswert“, sagte Vincent Ziegler weich.

      „Du sagtest, sie sei ermordet worden“, meinte Fiona nach einer Weile, nachdem sie sich wieder etwas gefangen hatte.

      „Ja, das ist richtig. Worauf willst du hinaus?“

      „Na ja, ich dachte sie wäre einem Unfall zum Opfer gefallen. Von Mord wurde in dem Zeitungsartikel nämlich nichts erwähnt.“

      „Das wurde verschwiegen, um die Ermittlungen nicht zu gefährden“, erklärte der Senator.

      „Ach, Vincent. Das ist alles so schrecklich! Hat man denn wenigstens schon eine Spur?“

      „Ich weiß es nicht Fiona. Ich habe ja auch erst heute davon erfahren. Aber der Fall liegt in bewährten Händen. Er wird sicherlich schon sehr bald aufgeklärt werden“, versicherte der Senator.

      „Du sagtest, sie sei ermordet worden und das würde dich besonders belasten“, wiederholte sich Fiona. Aber weißt du auch wieso? Vielleicht, weil es ein ähnlich schlimmes Verbrechen wie an deiner bedauernswerten Sekretärin war?“

      „Nein, zum Glück wohl nicht. Aber es scheint alles ziemlich mysteriös zu sein. Anscheinend wurde sie von einem Mann verfolgt, dessen Hund sie übel zugerichtet hat. Sie stürzte wohl einen steilen Abhang hinunter und brach sich dabei das Genick.

      So wurde es mir jedenfalls berichtet. Aber du darfst auf gar keinen Fall darüber reden, Fiona. Denn das könnte unter Umständen großen Schaden anrichten und die Ermittlungen beeinträchtigen.“

      „Was denkst du von mir, Vincent. Ich bin doch keine Plaudertasche! Was du mir erzählst bleibt auf ewig mein Geheimnis. Das ist doch wohl selbstverständlich“, erwiderte Fiona gekränkt.

      „Entschuldige, Schatz. Es lag mir fern dich zu beleidigen. Ich weiß doch, dass ich dir vertrauen kann. Dabei glaubte ich noch vor einigen Monaten nie wieder einem anderen Menschen Vertrauen schenken zu können. Doch ich habe mich geirrt, denn du hast mich eines Besseren belehrt“, sagte der Senator zärtlich.

      Fiona strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte.

      „Das hast du aber wirklich schön gesagt, Vincent. Deine Worte machen mich sehr glücklich. Was meinst du, trinken wir noch ein Glas Wein oder hast du keine Zeit?“

      „Ich habe nachher noch ein wichtiges Treffen mit dem Finanzausschuss, deshalb muss ich einen klaren Kopf behalten. Es wäre mir lieber, wir verschieben den Wein auf einen anderen Tag, Liebling.“

      „Kein Problem. Ich weiß doch wie eingespannt du in deine Arbeit bist. Ich habe es da ja weitaus besser“, erwiderte Fiona verständnisvoll.

      „Zum Glück habe ich ausgezeichnetes Personal, das mir einen Großteil der Arbeit abnimmt. An und für sich kommt mir dein heutiges Gespräch sogar entgegen. Zum Wochenende hat sich nämlich eine größere Gesellschaft angekündigt, für die noch so einiges zu regeln ist.“

      „Dann fahr ich jetzt mal lieber los. Sehen wir uns morgen Abend? Irgendwann sollten wir vielleicht eine andere Lösung für unser Zusammensein finden als jetzt“, deutete der Senator an.

      „Wir wollen lieber nichts überstürzen. Wir kennen uns ja noch nicht sehr lange“, bremste ihn Fiona. Und als sie seinen gekränkten Gesichtsausdruck gewahrte, fügte sie lächelnd hinzu: „Das Wichtigste ist doch, dass wir uns lieben und uns vertrauen. Alles andere kommt dann irgendwann ganz von selbst.“

      DER ANRUF

      Als die Kommissare Heckert und Jansen an diesem Morgen im Dezernat erschienen, erwartete sie eine Überraschung.

      „Ihr bekommt um zehn Uhr Besuch“, kündigte Kommissar Benno Schuster an.

      „So? Und wer will uns besuchen?“, wollte Hauptkommissar Heckert wissen.

      „Auf das Foto im Hamburger Abendblatt hat sich ein Vietnamese gemeldet, der die Tote identifizieren kann. Daraufhin gab ich ihm diesen Termin. Ich hoffe, Chef, dass das in Ordnung ist.

      „Natürlich, Benno“, erwiderte Heckert.

      „Na, da bin ich aber mal gespannt“, meinte Markus Jansen skeptisch.

      Um Punkt zehn Uhr öffnete sich die Tür zu Hauptkommissar Heckerts Zimmer, in dem dieser gemeinsam mit Kommissar Markus Jansen auf den angekündigten Besucher wartete.

      „Herr Kommissar Heckert?“, frage der Besucher höflich.

      „Der bin ich. Und das ist mein Kollege Kommissar Jansen. Treten Sie doch bitte näher“, erwiderte Kommissar Heckert nicht minder höflich.

      Er musterte interessiert den schlanken, mittelgroßen Mann mit dem lackschwarzen Haar und den schmalen, dunklen Augen.

      „Mein Name ist Nguyan Duc Chung. Ich komme aus Vietnam“, stellte sich der Besucher vor und verneigte sich.

      „Nehmen Sie doch bitte Platz“, erwiderte Heckert freundlich.

      Der Vietnamese Chung kam der Aufforderung nach.

      „Ich komme wegen des Fotos. Ich kenne die Frau, Herr Kommissar. Sie ist eine Landsmännin von mir. Wir wuchsen im selben Dorf auf. Ihr voller Name ist Tram Anh Huong.“

      „Dann ist ihr Vorname also Tram, richtig?“, fragte Heckert.

      „Ich bitte um Entschuldigung, Herr Kommissar, aber der Rufname steht bei uns Vietnamesen immer zuletzt. Tram ist der Familienname, Anh der Zwischenname und Huong der Rufname“, erklärte Chung freundlich.

      „Dann habe ich wieder etwas dazu gelernt. Ich danke Ihnen Herr …“, Heckert stockte bei dem ungewöhnlichen Namen seines Besuchers.

      „Sprechen Sie mich bitte mit Chung an, Herr Kommissar“, sagte der Vietnamese lächelnd, dem derartige Probleme seiner westlichen Gesprächspartner nicht fremd waren.

      „Leben Sie in Deutschland?“, fragte Heckert interessiert.

      „Nein, ich besuche hier Verwandte“, erwiderte Chung.

      „Wo