Mandy Hopka

Schwesterkomplex


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groß, aber durch unsere ganze Familie, wohl dennoch etwas zu klein. Als ich den Buffettisch sah, riss ich mich von Hilde –meiner Cousine, los. Klar, die meisten von ihnen waren wirklich okay. Aber ich mochte diese Familientreffen dennoch nicht. Wenn dich jeder fragt, wie es dir geht, was dein Job macht und ob du endlich auch einen Mann getroffen hast, kann dir das ziemlich auf die Nerven gehen. Besonders diese ständigen Fragen, nach meinem Liebesleben, nicht das es eines gäbe, nervten gewaltig. Natürlich gab es damals jemanden, aber an diesen jemand, wollte ich mich am liebsten nie wieder erinnern. Aus meinem Gedächtnis streichen, alles ungeschehen machen und so tun, als wäre nie etwas passiert … Das wäre wohl zu viel Glück für mich. Ich ermannte mich, nicht daran zu denken, denn jedes Mal, fühlte ich die innere Kälte in mir aufsteigen und sich um mein Herz legen. Manchmal wünschte ich mir, ich wäre so empfindungslos wie meine Schwester. Vielleicht mochte ich diese Fragerei deshalb nicht.

      Liebe war eben nicht mehr mein Thema. Und ich mochte es lieber, nicht daran denken zu müssen, wie einsam ich in meinem inneren war. Liebe gehörte nicht mehr zu meinem Leben. Wie sollte ich auch jemand anderes lieben können, wenn ich mich nicht mal selbst Akzeptierte? Seitdem das geschehen war, hatte ich nie wieder etwas für einen Mann empfinden können. Traurig aber ich hatte mich an die Einsamkeit gewöhnt, die sich jede Nacht heranschlich, wie ein kleiner, tot bringender Teufel. Aber es war meine Schuld, meine ganz allein, dass es jetzt so ist, wie es ist. Warum nur fanden sie es bei mir schlimm, dass ich seitdem – und das ist jetzt gute 5 Jahre her, keinen Freund mehr hatte, aber bei Jess war es egal, dass sie jedes Wochenende einen anderen hatte. War das etwa besser? Wohl kaum!

       „Sie müssen Jane Roth sein, Jessicas Schwester.“

       Ich drehte mich zu dieser tiefen, rauen Stimme herum, die Männlicher nicht sein konnte. Herrgott, das war kein Mann, das war Adonis in menschlicher Form. Ich konnte nicht anders, als ihn zu mustern. Seine Augen durchstachen mich und hielten mich gefangen, ließen mich zu Eis erstarren, während das Blut in mir zu kochen begann. Seine Haltung signalisierte Überlegenheit. Sein kantiges Gesicht, mit den vollen Lippen, seinen großen Augen und den hohen Wangenknochen sprachen von Selbstbewusstsein, vielleicht auch Arroganz. Diese dunklen, blauen Augen, strahlten etwas Sinnliches aber zugleich auch Unheilvolles und gefährliches aus. Umrahmt wurde dieses so markante Gesicht von kurzgeschnittenen, pechschwarzen Haaren. Ich wusste nicht genau warum, aber er wirkte einschüchternd auf mich. Vielleicht ja deshalb, da er so groß und breit war? Oder aber wegen diesen alles verschlingenden blicken. Er trug einen Smoking, in einem ebenfalls dunklen blau. Da er so viel anhatte, konnte ich diesen Körper nur erahnen, der sich darunter verbergen musste. Dennoch ragten gute 2 Meter Muskelmasse vor mir auf und ich musste denn Kopf beugen, um ihn anzusehen.

      Dieser Mann war der Inbegriff von Stärke und Macht und ich spürte, dass man sich mit ihm lieber nicht anlegen sollte, da ich glaubte, dass diese starken Arme nicht nur den Einkauf tragen konnten.

       Er strich sich durch seine kurzen Haare und dabei lächelte er so verdammt charmant, dass mein Herz zu rasen begann und ein Kribbeln durch meinen Körper jagte. Sowas war mir gänzlich neu. Ich hätte niemals gedacht, dass mein Herz jemals so schlagen würde. Dass mein Atem aus meiner Lunge wich und ich nicht dem Tode geweiht war, sondern einfach nur wie eine bekloppte vor einem Mann stand, der sich bestimmt gerade fragte, was ich für ein Problem hatte. Ich hatte bis jetzt immer geglaubt, dass ich nun gänzlich gefühllos gegenüber Männern wäre … Hatte es vor ein paar Minuten noch gedacht, bis er mich aus meinen Gedanken gerissen hatte. Nun aber kreisten sie einzig und allein um ihn hier. Mister Adonis, der seine Hände lässig auf seiner Hüfte liegen hatte, zumindest, bis er mir eine entgegenstreckte. Nur Zugern wollte ich sie entgegennehmen, aber sein intensiver Blick, ließ mich nicht. Hielt mich noch immer in meiner starre gefangen. Ich hatte noch nie zuvor einen Mann getroffen, der eine so einschüchternde Aura besaß. „Wenn ich mich vorstellen dürfte, Damien Blake, der neue Arbeitgeber ihrer Schwester.“ Ich spürte, wie ich ihn mit offenem Munde anstarrte. Blickte auf seine starke Hand, die nun weniger einladen auf mich wirkte. „Hallo“, sagte ich knapp während die Luft in meine Lungen zurückkam. Jetzt ergab alles einen Sinn.

      Ich drehte mich erneut zu dem Tisch herum, da ich seinen intensiven Blicken nicht länger standhalten konnte und griff als Ablenkung nach einem Glas Sekt, die auf einem Tablett hübsch angeordnet waren. Ich hatte ihn mir nicht nur älter vorgestellt, bei weitem auch irgendwie … ekelhafter. Wie diese Leute eben sind, die für Sex jemanden eine solch kostspielige Party spendierten. „Ihre Schwester hat nie erwähnt, dass sie so attraktiv sind.“ Beinahe hätte ich den Schluck, den ich gerade genommen hatte, wieder in mein Glas zurück gespuckt. „Sie nehmen auch kein Blatt vor den Mund“, erkannte ich abwertend und ohne mich ihm wieder zuzuwenden. So gutaussehend dieser Mann auch war, es war nicht zu übersehen, das er ein Womanizer war und vermutlich alles Vögelte, was nicht bei drei verschwunden war. Ich hatte anfangs gedacht, er sei der neue von Jess und nicht ihr Chef! War er dafür nicht zu Jung? Ich schielte zu ihm hinüber, als ich bemerkte, dass er mich noch immer musterte. Dieser Mann passte zu meiner Schwester, keine Frage. Aber warum nannte er mich dann attraktiv? Ich war bei weitem nicht sein Beuteschema, also was wollte er von mir?

      „Ich bin nun mal sehr ehrlich.“ Er kam einen Schritt auf mich zu und unweigerlich spannte sich mein ganzer Körper an, als er sich nach vorne beugte, mich mit seinem Arm streifte und sich ebenfalls ein Glas nahm. Ich roch sein würziges Parfum, welches wohl so schnell nicht mehr aus meinen Gedanken verschwinden würde. War ich jemals einem Mann wie ihm begegnet? Bestimmt nicht, er gehörte in Kreise, die mir niemals zugänglich sein würden. Er hatte das Leben, was sich meine Schwester wohl schon immer gewünscht hatte. Wahrscheinlich hatte er genauso wenig Charakter, wie sie. Dann kannte er nicht einmal die Bedeutung von Ehrlichkeit.

      „Kann ich Sie etwas fragen?“, begann ich und lächelte dabei gespielt freundlich. „Sicher, fragen Sie was immer Sie wollen.“ Auch er setzte erneut dieses charmante lächeln auf, welches gleichermaßen verschmitzt aber durchaus interessiert wirkte. „Wieso geben sie so viel Geld, für ihre neue Mitarbeiterin aus?“ Ich konnte einfach nicht anders. Ich erwartete nicht von ihm, dass er es zugab, aber ich wollte wissen, wie er sich erklärte. Amüsiert ließ er den Sekt in seinem Glas umher kreisen, während er mich nicht aus den Augen ließ. „Was denken sie warum?“ Mein Lächeln wurde durchtriebener. „Ich hoffe nur, es hat sich für sie auch gelohnt.“ Ich zog die Augenbrauen hoch, leerte mein Glas mit einem Zug und schritt davon. In diesem Moment sah ich garantiert genauso stolz aus, wie meine Schwester. Nur mit dem Unterschied, dass ich so etwas wie Würde besaß, Jess nicht. Ich spürte seine Blicke hinter mir. Dieser Mann war in der Tat ein Jäger und meine Schwester sein Opfer. Wahrscheinlich würde er sie fallen lassen, wenn es ihm mit ihr zu langweilig werden würde.

      Dieser Abend war genauso, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Onkel Oliver war bereits kurz nach 20 Uhr sturzbetrunken und unterhielt damit die Menge. Die kleinen tanzten mit ihren Luftballons und schmissen das Konfetti, welches sie immer wieder vom Boden aufhoben, in die Luft. Woher sie nur ihre ganze Energie nahmen …

      Die Erwachsenen tranken, redeten und Tanzten zu alten und neuen Liedern. Ich fragte mich, warum sie keinen DJ angeheuert hatten, sondern die Musik lediglich von CDs abspielten. Aus großen Lautsprecherboxen drang der Rhythmus von Foxtrott. Meiner Meinung nach hatten sie da an der falschen Stelle gespart, denn bei einem DJ hätte man sich wenigstens beschweren können. Ich beobachtete meine Eltern von der Bar aus. Wie sie eng umschlungen tanzten, als seien sie 16. Ich konnte nicht anders, als sie sehnsüchtig anzublicken. Nicht jeder hatte das Glück, nach so vielen Jahren noch so verliebt zu sein. Erst recht nicht mit zwei Kindern, die sich auf den Tod nicht ausstehen konnten. „Darf ich?“ Diese Frage schien keine zu sein, da Blake im gleichen Zuge, sich bereits auf den Barhocker neben mich setzte und sich einen Drink bestellte. Dieser Mann war einfach mehr als dreist. Diese Veranstaltung hier war seit mehr als 3 Stunden im Gange und dieser Kerl schien mich zu Stalken. Denn überall wo meine Augen landeten, trafen sie auf ihn und das lag nicht an mir, zumindest nicht nur … Ich gab zu, dass ich ihn ab und an ebenfalls in der Masse gesucht hatte und mein Herz sich erneut zu Wort gemeldet hatte, als er sich sein Jackett ausgezogen und die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt hatte. Aber ich war sicher nicht diejenige, die ununterbrochen seine Nähe suchte. Auf ihn konnte ich jetzt gut und gerne verzichten, zumal ich sah, dass Jess uns – oder wohl besser ihn, beobachtete. Ganz ehrlich, in diesem