Mandy Hopka

Schwesterkomplex


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und ich zupfte an meinem Kleid herum.

       „Sieht wohl nicht so aus, oder?“, erwiderte ich schroff. Wann hatte ich ihm das du angeboten? Er sollte spüren, dass er nicht willkommen war, allerdings schien es ihm nichts auszumachen. Er nahm einen kräftigen Schluck seines Whiskys. Ekelhaftes Zeug, wenn man mich fragt. „Wieso? Freust du dich nicht für deine Schwester?“ Ich lachte laut auf. „Sagen wir mal, Jessica und ich haben nicht das beste Verhältnis zueinander.“ Ich spürte, wie seine feurigen Augen auf mir lagen, jeden Zentimeter meines Körpers begutachteten, als hätte er zuvor nicht genug Zeit dafür gehabt. „Weshalb?“, fragte er knapp und strich mit seinen langen grazilen Fingern an seinem Glas auf und ab. Wie in Trance beobachte ich ihn dabei. Ich wollte nichts lieber, als ihm mitzuteilen, was er sich da für einen Teufel in sein Haus holte, aber er wusste es ja bereits am besten – immerhin hatte er ihre Talente ja schon selbst zu Gesicht bekommen und ausgetestet. Außerdem lag mir nichts daran, ihm auch nur irgendetwas über mich zu erzählen. „Jess und ich sind einfach zu unterschiedlich. Das sehen sie doch wohl auch selbst.“

       „In der Tat, scheint ihr sehr unterschiedlich zu sein.“ Toll, weil ich bei weitem nicht so Hübsch bin, danke dafür. „Immerhin sind sie kratzbürstiger als sie.“

       „Bitte?“

       „Jessica ist ein sehr bedachter Mensch, die alles dreimal durchdenkt. In dir spüre ich weitaus mehr … Temperament.“ Was meinte er jetzt wieder damit? Und warum besaß seine Stimme diesen verführerischen Klang? Stirnrunzelnd schaute ich zu ihm auf. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, welches mein Herz hüpfen ließ, egal, wie sehr ich mich auch dagegen wehrte. Verlegen und verärgert über meine eigenen Gefühle, drehte ich mich zur Bar hinüber. Ich brauchte dringend mehr Alkohol und mein Glas war schon seitdem er hier aufgetaucht war leer. Ich nahm seinen Körper wahr, wie er sich zu mir wand. Zum Glück verdeckte ein Schleier aus meinen Haaren mein Gesicht. „Da ist mehr Feuer in deinen Augen. Mehr Gefühl. Mehr Warmherzigkeit.“ Wieder lachte ich laut auf. Wie viele Gläser hatte er schon weg? Ich zuckte zusammen, als er mit seinen Fingern meine Haare beiseite schob. Diese kurze Berührung von ihm ließ meinen Körper erschaudern. Wer hätte gedacht, dass er, der so viel stärke verströmte, zärtlich sein konnte? Ich wollte ihn nicht wieder ansehen. Ich war zu verwirrt darüber, dass ich plötzlich wieder diese Gefühle verspürte. Diese dummen Gefühle, wenn man einen Menschen traf, den man irgendwie anziehend fand.

      Aber er war es nicht wert, dass ich zuließ, weiterhin diese Empfindungen zu haben. Er war nur meine Schwester in Form eines Mannes. Vermutlich suchte er den Kick, es mit zwei Schwestern treiben zu können. „Du glaubst mir nicht.“ Blake wickelte eine meiner Locken um seine Finger, als wäre es das natürlichste der Welt für ihn. Fang dich Jane, fang dich und verpass ihm eine. „Scheinbar weißt du sehr wenig über dich selbst.“

       „Ich weiß eine Menge über mich“, fauchte ich bissig und endlich konnte ich seine Hand wegschmettern.

      Dieser Mann versprühte geradezu eine beherrschende Aura, die wohl selbst die stärkste Domina zu einer gefügigen Katze werden ließ. Sie umgab ihn und ich wusste, dass ich bei weitem nicht die einzige war, die in seiner Nähe weiche Knie bekam. Das war ein ganz normales und primitives Gefühl, rechtfertigte ich mich. Jede Single Frau, wahrscheinlich auch jede vergebene, hätte sich ihm zugewandt. Erst recht, wo er jetzt nur mit seinem Hemd hier saß und ich seine muskulösen Arme bestaunen konnte.

       „Wieso lassen sie mich nicht einfach wieder in Ruhe? Oder wollen sie mir noch mehr dinge erzählen, die sie ja besser wissen, als ich?“

       „Wieso habe ich nur das Gefühl, dass du mich nicht leiden kannst?“

      „Ja, wieso nur? Wo doch jede Frau der Welt ihnen zu Füßen liegen würde, nicht war?“ Er lachte amüsiert. „Du urteilst schnell. Immerhin kennst du mich gar nicht.“

      „Das muss ich auch nicht.“ Und will ich auch nicht.

       „Weißt du, ich habe gesehen, wie du vorhin sehnsuchtsvoll zur Tanzfläche geblickt hast. Eigentlich hatte ich vor, dir deinen Wunsch nach einem Tanz zu erfüllen.“ Scheinbar hatte er das wohl missverstanden. Blake rutschte von seinem Hocker und reichte mir seine Hand. Ich dachte ja überhaupt nicht daran, meinen sicheren Barhocker zu verlassen. Eigentlich musste ich ihm ja danken, denn immerhin wusste ich jetzt, dass das Thema Liebe für mich nicht ganz so hoffnungslos war, wie ich seit 5 Jahren geglaubt hatte. „Nein, danke“, lehnte ich höflich ab. „Was haben sie zu verlieren?“, erwiderte er schelmisch. Seine Hand näherte sich der meinen und zielsicher ergriff er sie. Seine großen Finger verschmolzen mit den meinen. „Was fällt ihnen ein!“, schrie ich sauer, jedoch wehrte ich mich weniger, als ich es eigentlich sollte. Ich spürte die Blicke der anderen und wollte keine Show abliefern. Oder lag es nicht doch daran, dass ich insgeheim mit ihm tanzen wollte? Wieso nur! Wieso hatte er diese Macht auf mich? Wieso nur leuchteten seine Augen so verlangend, weshalb sprach in seinen Worten ein herrischer Unterton mit, welchem ich mich kaum widersetzen konnte. Gekonnt wirbelte er mich herum und mein Kleid wand sich um mich. Er legte seinen Arm um meine Hüfte, während die andere sich mit meinen Fingern beschäftigte. Ich wollte nicht mit im Tanzen! Er war mir viel zu nahe. VIEL. ZU. NAH! Sein Duft umgab uns und als er sich mit mir drehte, trat ich ihm auf die Füße. „Ich kann nicht tanzen. Glauben Sie mir, dass wollen Sie nicht“, entgegnete ich leicht panisch, als er sich versuchte vor und zurückzubewegen. Ich konnte tatsächlich nicht tanzen, zumindest nicht mit jemandem zusammen. Seine Lippen näherten sich meinem Ohr, während er mich enger an sich drückte. Herrgott, ich spürte seine Muskeln an meinem Körper und alles in mir verkrampfte sich schlagartig. Was für eine Hitze dieser Mann nur ausstrahlte. „Lass mich der sein, der führt. Der, der bestimmt. Dann wird es funktionieren.“ Er drängte mich nach vorn und ich versuchte mit ihm zu gehen. Seine Finger drückten die meine, als würde er mich gefangen nehmen wollen. Ich blickte nach unten, zu unseren Füßen, damit ich ihm nicht erneut auf die Füße trat. Eigentlich sollte es mir ja egal sein, immerhin zwang er mich ja förmlich hier mit ihm zu tanzen. Aber etwas in mir wollte diesen tanz. Wollte weiterhin dieses aufregende kribbeln in meinem Bauch spüren. „Sieh mich an, Jane!“ Dies war mehr ein Befehl, als alles andere. Was fällt ihm nur ein! Ich war nicht seine Marionette, nicht die, die er befehligen konnte. „Es ist ganz einfach, du musst mich nur führen lassen.“ Ich keuchte überrascht, als er sich erneut mit mir Drehte und blickte zu ihm auf, wollte protestieren aber ich konnte nicht. Diese Augen, die mir so unheilvoll erschienen, betrachteten mich, als sei ich etwas Unglaubliches. Noch nie, hatte ein Mann mich so angesehen und in diesem einen Moment, schien sich in mir etwas zu verändern. Unweigerlich wünschte ich mir, er würde mich für immer so anblicken. Da war verlangen, Begierde, Interesse und Neugierde und dann auch noch sein charmantes Lächeln dazu. Wie sollte man da nur stark bleiben? Der Rhythmus der Musik wurde schneller, gerade als es begonnen hatte, tatsächlich zu funktionieren und ich mich an die Bewegungen gewöhnt hatte. „Du hast wunderschöne Augen, Jane.“ Bitte? Ich? Sie waren gewöhnlich, nicht besonders.

      Durchschnitt eben.

      Wahrscheinlich konnte er meine Gedanken in meinem Gesicht ablesen ohne, dass ich sie aussprach. Schon wieder kam sein Kopf mir gefährlich nah, als er seine Lippen an mein Ohr legte. Wahrscheinlich tat er dies vor allem, weil die Musik und das Gelächter um uns herum ziemlich laut waren und man kaum sein eigenes Wort verstand. „Du siehst so atemberaubend in diesem Kleid aus.“ Dieses Mal berührten seine Lippen mein Ohr und ich spürte seine Zunge. Ich wollte gar nicht wissen, wo diese Zunge schon überall gewesen war, … als ich mich gegen ihn stemmte und stehen blieb, wand er seinem Kopf wieder mir zu. „Lassen Sie mich los!“, zischte ich wütend, da er seinen Griff nicht lockerte. „Oder ich schreie um Hilfe. Das was sie hier machen ist sexuelle Belästigung.“ Er lachte auf, während das Lied gerade zu Ende ging. Endlich! Ein Klavier erklang. Es war die Originalversion von River flows in you. Wie ich dieses Lied liebte. „Ich habe mit ihnen getanzt, also lassen sie mich jetzt bitte gehen“, bat ich, eigentlich viel zu nett für seine Dreistigkeit.

      „Ein Song noch“, bestimmte er. „Dann werde ich dich in Ruhe lassen, versprochen.“ Drei Minuten gegenüber noch 2 Stunden? Was konnte schlimmer werden? „Dann hören sie auch auf, mich mit ihren Augen zu stalken?“ Wieder lachte er auf. Meine Güte, gab es auch etwas, was ich an ihm nicht attraktiv fand?

      Er