Edgar Sigmanek

Sally - Magierin wider Willen


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grüße dich, oh große Magierin Sally aus einem fernen Land. Tritt ein, du wirst schon erwartet.”

      Mit offen stehendem Mund sah sie zu, wie sich die Tür langsam öffnete und den Blick auf einen hellen Raum freigab, in dessen Mitte an einer großen runden Tafel dreizehn Elfen saßen. Alle wandten sich Sally zu und sie bemerkte, dass zwölf von ihnen schon sehr alt sein mussten. In der dreizehnten Elfe erkannte sie Elmona wieder, die ihr zuwinkte. Ehrfurchtsvoll betrat Sally den Raum und hinter ihr schloss sich leise die Tür.

      “Nun komm schon näher, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!”, rief Elmona aufgeregt. “Es gibt Neuigkeiten. Nachdem uns Schnurz den Überfall von gestern Abend gemeldet hatte, ist eine Menge passiert.”

      Schnell kam Sally nun näher und setzte sich an den einzigen noch freien Platz.

      “Wie gesagt, gleich nachdem Schnurz uns den Überfall gemeldet hatte, begannen wir damit, unsere Schutzeinrichtungen zu überprüfen und mussten feststellen, dass diese an einer Stelle schon fast durchbrochen waren. Dadurch war es Saldera gelungen, einen ihrer Schatten in die inneren Gänge unseres Palastes zu schleusen. Du hattest Glück, dass du nur flüchtig zu dem Schatten geschaut hattest, sonst hätte er Besitz von dir ergriffen. Wir werden dir ein Amulett geben, dass dich innerhalb unserer Mauern gegen diese Art von Zauber schützt”, sagte Elmona.

      “Aber ich dachte Schnurz ist mein Beschützer?”

      Bei diesen Worten zeigte sie auf die kleine Maus, die sich plötzlich in die Tasche zurückgezogen hatte.

      “So, hat er dir das erzählt?”, fragte Elmona drohend. “Schnurz hat da wohl ein bisschen übertrieben. Sicher haben die Beschützermäuse die Gabe, die Schatten Salderas frühzeitig zu spüren, aber ausrichten können sie gegen sie nichts. Dieses Amulett hingegen schützt dich gegen den Zauber.”

      Elmona reichte ihr ein silbernes Amulett mit einer feinen silbernen Kette. Vorsichtig griff Sally nach dem Amulett, jeden Moment darauf gefasst, dass irgendetwas passiert wenn sie es berührt, etwa ein Funke überspringt oder ähnliches, aber nichts dergleichen geschah. Es war ein schönes Amulett mit fremdartigen Zeichen, die sich nicht mit einem Blick auffangen ließen. Sie schienen in ständiger Bewegung zu sein. Vorsichtig legte sie sich das Amulett um den Hals.

      “Du musst nicht so ängstlich damit sein, die Kette kann nicht reißen. Es kann dir auch niemand wegnehmen. Nur du selbst kannst es aus freien Stücken wieder abnehmen. So schützt es dich in jeder Gefahr.”

      Die Alte von gestern Abend hatte diese Worte gesprochen und nickte ihr aufmunternd zu.

      “Ich bin Montanella, die Vorsitzende des großen Rates. Wir haben dieses Amulett eigens für dich angefertigt, da du mit den Gefahren auf unserer Welt noch nicht so vertraut zu sein scheinst. Aber nun lasst uns endlich anfangen, es stehen ernste Punkte auf der Tagesordnung.”

      Nun war es wieder Elmona, die das Wort ergriff:

      “Wie ihr alle wisst, sagt die alte Prophezeiung, dass eines Tages eine große Magierin erscheinen wird, mächtiger noch als Saldera, um das Land der Elfen von dem bösen Treiben zu befreien. Sally hat es geschafft, mit bloßer Kraft der Gedanken von ihrer Welt zu unserer zu gelangen. Wer, wenn nicht eine große Magierin, wäre dazu in der Lage. Nicht einmal die böse Saldera beherrscht diesen Zauber. Ich glaube, wir alle können hoffen, dass nun endlich die Zeiten der Angst und des Schreckens vorbei sind.”

      Alle Elfen, rund um den Tisch, nickten zustimmend mit dem Kopf. Sally wurde ganz mulmig zumute.

      “Aber ihr wisst doch gar nichts über mich. Ich weiß ja selber nicht, wie ich hier hergekommen bin.”

      “Seht ihr, ich habe es euch gesagt, die Prophezeiung wird sich erfüllen. Es steht geschrieben, dass eines Tages eine mächtige Magierin erscheinen wird, nichts ahnend von ihren eigenen Fähigkeiten und dass Land von allem Bösen befreit. Diese Magierin kann nur Sally sein.”

      Mit diesen leidenschaftlichen Worten zeigte Elmona auf Sally.

      “Ich möchte euch ja gerne weiterhelfen, aber ich weiß wirklich nicht, ob ich die bin, auf die ihr so lange gewartet habt. Im Grunde bin ich doch nur ein einfaches Mädchen. Wenn ich wüsste wie, würde ich so schnell wie möglich versuchen wieder nach Hause zu kommen. Vielleicht könnt ihr mir ja dabei helfen?”

      Hoffnungsvoll blickte Sally in die Runde. Ihr Gegenüber, eine kleine langhaarige Elfe ergriff das Wort.

      “Die Einzige, die dir helfen kann, wieder nach Hause zu gelangen wurde schon vor langer Zeit von Saldera entführt und mit einem Zauber belegt. Nur wenn es uns gelingt, Saldera zu bezwingen, hast du eine Chance wieder nach Hause zu gelangen.”

      Tränen standen in Sallys Augen. Wie sollte sie denn gegen eine böse Zauberin ankommen? Schon der Gedanke an den Zahnarzt trieb ihr Schweißperlen auf die Stirn und nun sollte sie gegen ein Wesen kämpfen, dass ihr weit überlegen war und sie wahrscheinlich mit einem Handstreich vernichten konnte.

      Aber es war die einzige Hoffnung, wieder nach Hause zu gelangen. Somit willigte sie ein:

      “Also gut, ich bin zwar keine große Magierin, wie ihr immer behauptet, aber ich will euch gerne bei eurem Kampf gegen Saldera helfen.”

      Zufrieden nickte ihr Montanella zu.

      “Wir sollten uns nun die weitere Vorgehensweise überlegen”, sagte sie. “Saldera schöpft ihre Kraft aus den Seelen derer, die sie verhext hat und in ihren dunklen Verliesen gefangen hält. Irgendwie müssen wir versuchen, diese Gefangenen zu befreien. Das Problem daran ist nur, dass sie die Anwesenheit von Elfen schon mehrere Meilen entfernt spürt. Hier bist du unsere Hoffung. Du hast schon einmal ihre Helfer überrascht, es sollte dir noch einmal gelingen. Mit deiner Hilfe können wir in den Palast kommen um die Seelen der Gefangenen zu befreien.”

      Der Gedanke daran, in Salderas Schloss eindringen zu müssen, brachte Sallys Herz zum rasen. Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet und sie brachte kein Wort hervor. Die anderen sahen dies als Zustimmung.

      “So sei es denn”, sprach Elmona. “Ziofotta wird dich bis zum Tal der verlorenen Seelen begleiten. Von da an wirst du auf dich allein gestellt sein. Ihr werdet noch heute aufbrechen.”

      Elmona hatte mit so einer Bestimmtheit gesprochen, dass Sally gar nicht wagte, zu widersprechen. Die Ratsmitglieder erhoben sich und strömten der Ausgangstür zu. Nur Elmona und Montanella blieben zurück.

      “Wir werden dich natürlich noch mit dem Notwendigsten ausstatten, aber helfen werden wir dir nicht können. Du hast ja erlebt, wie Saldera auf mich Jagd gemacht macht. Sie würde uns sehr schnell aufspüren und vernichten. Dann wäre alles umsonst gewesen.”

      Sie verließ den Raum, um wenig später mit allerlei merkwürdigen Dingen wiederzukommen.

      “Ich habe dir hier einige Sachen mitgebracht, die du sicher gut gebrauchen kannst.”

      Elmona legte ein Sammelsurium von Dingen auf den runden Tisch.

      “Da wäre zunächst einmal diese Schachtel. Gib gut auf sie Acht, denn sie versorgt dich ständig mit Essen. Solltest du sie verlieren, würdest du Gefahr laufen zu verhungern, denn es gibt eine Vielzahl von Pflanzen die giftig, den Essbaren aber täuschend ähnlich sind. Dann dieser Kristall, wenn du einmal nicht mehr weißt wo du bist, nimm ihn in deine rechte Hand, schließe die Augen und stell dir vor, er wäre ein Fenster, durch das du schaust. Du wirst dich dann selber aus einer Vogelperspektive sehen und den gewünschten Weg finden.

      Als weiteres habe ich hier diese Garnrolle. So unscheinbar sie auch wirkt, sie besteht aus einem Material, das selbst mein lieber Drache nicht zerreißen könnte. Solltest du einmal etwas brauchen, um dich abzuseilen, benutze das Garn, es wird dir sicheren Halt geben.

      Dann haben wir hier noch diese zwei Stäbe der Feuerpflanze. Reibst du sie aneinander, wird die Reibestelle glühend heiß und du kannst dir damit ein Feuer machen.

      Und dann haben wir da noch diese kleine Holzpfeife. Pfeifst du hinein, wird es mein Drache hören und zu dir kommen. Der Ton ist für uns kaum hörbar, wird aber von Drachen