Bettina Lorenz

Yasirahs Erbe - Die Prophezeiung


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bevor sie antwortete:

       «Ich weiß nicht, was du meinst»

       Zu spät wurde ihr klar, dass ihre Stimme leicht gereizt klang.

      Jetzt bloß nicht zu ihr hinsehen, sonst weiß sie sofort Bescheid und hört nicht mehr auf, dachte sie genervt bei sich.

      Krampfhaft versuchte sie ihren eigenen Rat zu befolgen und starrte den hässlichen grauen Linoleumboden an. Aber das nützte ihr natürlich gar nichts.

       «Ich rede von deinem Abgang gerade eben und außerdem hast du ihn einfach so angesprochen, das passt doch gar nicht zu dir», fuhr sie unbeirrt fort.

       «Ich hab ihm nur geantwortet. Das macht man so, wenn man schon einmal etwas von Anstand gehört hat.»

       Toll jetzt kling ich auch noch schnippisch...Fantastisch!

      «Ich hab gar nicht gehört, dass er was gesagt hat», sagte Anne nachdenklich.

       Celina wurde ganz komisch, aber sie hoffte einfach, dass Anne die Sache auf sich beruhen ließ. Natürlich lag das einfach nicht im Rahmen des Möglichen.

       Wieder fing sie an:

       «Naja, vielleicht hab ich nur nicht richtig zugehört. Kann schon sein. Trotzdem würde ich gern mal wissen, seit wann du überhaupt mit Jungs sprichst. Wer bist du und was hast du mit meiner schüchternen Freundin gemacht? Versteh mich bitte nicht falsch. Ich hab mir schon langsam Sorgen um dich gemacht und…»

       Barsch fiel Celina ihr ins Wort:

       «Keine Ahnung, was heute mit mir los ist. Ich wollte einfach nur hilfsbereit sein. Das hab ich jetzt davon. Würdest du bitte aufhören, mich zu verhören? Lass uns einfach kein Wort mehr darüber verlieren. Okay?»

       Anne versuchte ein dickes Grinsen zu verbergen und folgte ihr schweigend. Naja, sie versuchte es zumindest. Mal abgesehen von ihrem nervigen Glucksen.

       Dieser Zustand hielt genau so lange an, bis sie das Gebäude verlassen hatten.

       Nächste Runde…

      «Ich kann dich ja verstehen. Der Typ hatte zwar etwas Gefährliches an sich, aber irgendwie war der schon heiß. Vielleicht könnte der endlich mal deinen Ansprüchen genügen», feixte sie.

       «Noch einmal zum Mitschreiben, nur für dich: ich bin NICHT zu anspruchsvoll. Mir ist einfach noch keine Junge begegnet, der mich wirklich interessiert hat und nur weil ich mit Aaron, oder wie der heißt, gesprochen habe, bedeutet das noch lange nicht, dass ich mich ihm gleich an den Hals werfe, wie gewisse andere Personen das tun würden.»

       Sie streckte Anne die Zunge raus und stolzierte davon. Diese lachte laut hinter ihr und auch sie konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen.

       Anne konnte einen echt auf die Palme bringen, aber Celina liebte sie wie eine Schwester.

      Der Traum

      Langsam wurde der tägliche Gang zur Uni wieder zur Routine.

       Eigentlich war alles beim Alten geblieben, nur eine Sache hatte sich verändert:

       Immer wieder begegnete Celina Aaron.

       Er besuchte exakt die gleichen Kurse und auch sonst schien er immer in ihrer Nähe zu sein. Nach ihrem peinlichen Abgang gleich am ersten Tag hatte er zwar kein weiteres Wort mit ihr gewechselt, aber sie spürte seine Blicke und irgendwie beruhigte es sie. Wahrscheinlich hätte es sie mehr stören müssen, aber absurder Weise fühlte sie sich sicherer, wenn er da war.

      Celina und Anne saßen gerade in der noch fast leeren Cafeteria und genossen den ersten Kaffee des Tages, als ihre beste Freundin begann, nervös auf ihrem Hintern herumzurutschen.

       Merkwürdigerweise passierte das nur dann, wenn Aaron sich in der Nähe befand.

       «Er ist schon wieder da», murmelte Anne und bestätigte damit Celinas Beobachtung.

       Ihr Blick war auf die Tischplatte gerichtet und sie sprach ganz leise weiter:

       «Er scheint wieder nicht mit dir reden zu wollen. Ich versteh echt nicht, warum er dich die ganze Zeit so komisch anstarrt. Anfangs war das ja vielleicht noch ganz süß, aber mittlerweile finde ich es einfach nur noch schräg. Wenn er so weiter macht, solltest du dir ernsthafte Gedanken machen.»

       Celina warf einen kurzen Blick über die Schulter, aber er hatte sich schon drei Tische weiter mit dem Rücken zu ihnen gesetzt.

       Flüsternd nahm sie das Gespräch mit Anne wieder auf:

       «Wieso? Er macht doch gar nichts!»

       «Genau das ist ja auch das Problem. Sein Verhalten ist echt fraglich. Entweder hast du jetzt einen neuen Verehrer oder einen Stalker. Egal ob das Eine oder das Andere, denkst du nicht, dass du langsam mal was unternehmen solltest?»

       Celina hatte wirklich keine Ahnung, wo genau Annes Problem lag. Deshalb sah sie diese fragend an und schnaubte, bevor sie ihr antwortete:

       «Und was genau soll ich jetzt deiner Meinung nach tun? Die Campuspolice rufen oder was genau hattest du dir vorgestellt?»

       Anne hielt sich die Hand vor den Mund und begann laut loszuprusten. Sie brauchte eine ganze Weile, bis sie weitersprechen konnte:

       «Vielleicht würde es ja schon helfen, wenn du dich endlich mal trauen würdest, mit ihm zu reden, bevor wir zu den ganz drastischen Maßnahmen greifen. Was hältst du davon?»

      Das kommt ja sowas von überhaupt nicht in Frage, dachte Celina, aber die Antwort fiel dann doch ein bisschen sanfter aus:

      «Nicht wirklich viel…»

       «Naja, du wirst wohl kaum eine andere Wahl haben. Es sieht nämlich so aus, als ob er dieses Mal wirklich zu uns rüberkommen würde», verkündete sie grinsend.

       Bitte nicht!

      Celina wurde sofort nervös und ihr Kopf kam ihr ganz plötzlich so unendlich schwer vor. Was sollte sie bloß sagen? Sie spürte, dass er näher kam, doch noch ehe sie ernsthaft in Panik verfallen konnte, machte er einen Bogen und verließ das Gebäude.

       So lief das jedes Mal ab.

       Er war zwar immer irgendwie da, aber er vermied es, mit ihr zu reden oder ihr auch nur zu nahe zu kommen.

       Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm und auch Anne hatte nicht viel über ihn herausgefunden. Das wiederrum war wirklich erstaunlich und machte Aaron in Celinas Augen umso sympathischer.

       Sonst wusste ihre sensationsgierige Freundin immer alles über jeden, noch ehe sie überhaupt mit Demjenigen gesprochen hatte.

       Das Wenige, was sie in Erfahrung bringen konnte, hatte sie ihr gleich am Tag nach der ersten Begegnung brühwarm serviert:

       Aaron hatte vorher in Milwaukee gelebt und war in den Semesterferien auf ihre Uni gewechselt. Jetzt lebte er bei seinem Onkel – Samuel Laurent. Als Celina das hörte, lief es ihr eiskalt den Rücken herunter. Das Anwesen der Laurents -Laurent Manor- war den meisten Leuten aus der Gegend unheimlich. Früher hatte sie sich immer vorgestellt, dass die Bewohner des Hauses der Adams Family nicht ganz unähnlich sein konnten, wenn auch nur die Hälfte der Sachen stimmte, die sich die Einwohner von Fort Kain erzählten.

       Es lag abgeschieden im Wald und keiner der klar bei Verstand war, verirrte sich jemals dorthin. Es kursierten sogar Geschichten, dass Menschen sich nur in die Nähe des Hauses verirrt hatten und seitdem spurlos verschwunden sind.

       Seit Celina Aaron kannte, war sie sich sicher, dass das alles nur alberne Horrorgeschichten sein konnten. Aber dass die Familie Laurent etwas zu verbergen hatte, bestätigte sich schon allein durch Aarons merkwürdiges Verhalten.

       Es musste einen Grund dafür geben, dass er sie bewusst auf Abstand hielt und sie war sich nicht sicher, ob sie diesen Grund wirklich wissen wollte.

       Etwas in ihr warnte sie davor, tiefer zu graben und deshalb wollte sie auch nicht mit Aaron sprechen.

       Es war ihr dabei auch herzlich egal,