Markus Waldmann

Die Prophezeiung


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es geschafft, Kontakt zu seinen Freunden herzustellen. Seine Leute hatten alles getan, um das zu verhindern. Rund um die Uhr bewachte man ihn, in einem wie sie glaubten abgeschirmten Verlies. Dann, als die Wache ihm Wasser und Brot brachten, verschwand er vor ihren Augen. Alle Männer vom Wachpersonal wussten zwar, was Nick für Fähigkeiten hatte, aber keinem war bewusst, wie groß diese waren. Bis zu diesem Morgen.

       “Meister, wir haben da ein kleines Problem!”

       “Ich weiß, ihr Vollidioten habt ihn entkommen lassen. Wieso habt ihr meine Anweisungen nicht bis ins kleinste Detail befolgt? Wen muss ich dafür büßen lassen, damit ihr endlich versteht, dass ihr macht was ich sage.”

       Alexej wurde immer kleiner, er wusste nicht, was auf ihn zukommen würde. Nur eins war klar, Morpheus würde keine Rücksicht walten lassen. Es klopfte an der Tür, die mehr einem Tor glich. Die kleine Burg auf der sie sich befanden war sehr alt, kaum eine Person der Umgebung wusste zu sagen, wie alt sie war. Auch wurde sie ein keinem Geschichtsbuch erwähnt, die Menschen, die in ihrer Nähe lebten, mieden sie. Aus mündlichen Überlieferungen war bekannt, dass dort das Böse lebte. In vielen Legenden hieß es, dass dort der wahrhaftige Teufel hauste. Für die Nomaden der Wüste war es ein unheilvolles Zeichen, dass die Landschaft rund um die Burg noch öder war als die Wüste ohnehin schon. Die Mauern aus schwarzem Gestein gaben den Legenden noch mehr Stoff für düstere Prophezeiungen. Seit einigen Tagen allerdings war es schlimmer geworden. In den Nächten lag ein unheimliches violettes Licht über dem Ort, und es herrschte dort tagsüber übernatürlich viel Betrieb. Da es in diesem Teil der Wüste nur noch wenige Nomaden gab, bekamen nur eine Handvoll Menschen dieses Schauspiel mit. Diese machten sich auf, in ein anderes sehr weit entferntes Gebiet zu ziehen. Keiner der Flüchtigen ahnte, dass sie ihr Ziel nie erreichen würden, Morpheus ließ jeden töten, der zu viel über seine Burg wusste.

       Die Tür öffnete sich, eine junge sehr hübsche Frau betrat den Saal. Sie hatte hüftlanges wallendes schwarzes Haar und ihr Teint war dem einer Amazone gleich. Ihr muskulöser, schlanker Körper gab ihr die Anmut einer Göttin. Morpheus Miene hellte sich etwas auf. “Samira, mein kleiner Engel, was führt dich zu mir?”

       “Vater, ich habe etwas für dich, was das Missgeschick der trotteligen Wachen etwas schmälern wird.”

       Morpheus zog die Augenbrauen hoch, er ahnte, was seine Tochter für ihn hatte. Sie war die Einzige aus seiner Brut, die mit der wunderbaren Gabe des Gedankenlesens versehen war. Nicht nur, dass sie die Gedanken der Menschen, denen sie gegenüberstand, lesen konnte, sie konnte auch die von Menschen lesen, die weiter entfernt waren. Allerdings musste sie sich dafür auf diese Person konzentrieren, was ihr nicht immer perfekt gelang.

       “Sprich mein Kind, was hast du mir zu sagen.”

       “Also ich habe mitbekommen, dass Nick Kontakt zu einer Person in Deutschland aufgenommen hat, kurz nachdem ihr ihn aufgegriffen habt.”

       Ein anerkennendes Lächeln zuckte über Morpheus Gesicht, so hatte er es sich vorgestellt. Die Zeit war gekommen, jetzt würde es geschehen. Das war der Anfang der lang herbeigesehnten Prophezeiung. Es war nicht zu erkennen, zu welcher Erkenntnis ihn diese Informationen brachten. Auf seinem Gesicht zeigte sich keine Gefühlsregung. Er wandte seinen Kopf zu Alexej, das Funkeln in seinen Augen wirkte bedrohlich.

       “Als du Nick gefangen genommen hast, war er doch in Deutschland?”

       Jetzt war es an Alexej zu hoffen, dass er noch einmal mit dem Leben davonkommen würde. Denn für brisante Aufträge außerhalb der Burg kamen nur wenig Gefolgsleute von Morpheus in Frage.

       “Ja, Meister. Wir haben ihn in Köln ausfindig gemacht.”

       “Hat sich denn Nick überhaupt nicht gewehrt?”

       “Nein, Meister. Er kam ohne zu Murren mit.”

       Morpheus Miene verdunkelte sich wieder ein bisschen. Seine Gedanken kreisten jetzt nur noch um eins, könnte es wirklich sein, dass Janus wusste, wer der Auserwählte war?

       “Alexej, du machst dich sofort mit Leon und Said auf den Weg nach Deutschland, dort bekommst du weitere Anweisungen.”

       Leon der Franzose war schon sehr lange im Dienst von Morpheus. Ebenfalls Said, beide waren von ähnlicher Statur wie Alexej, nur dass dieser um einiges jünger war. Alle Drei befehligen einen Teil des riesigen Heeres von Morpheus. Jeder der Drei war für einen bestimmten Bereich der Erde zuständig. Leon für Westeuropa und Amerika, Said für die arabischen und afrikanischen Länder. Alexej hatte das östliche Europa sowie den halben asiatischen Kontinent unter sich, einzig in China war es ihm bisher unmöglich gewesen, Fuß zu fassen. Alle hatten sie außergewöhnliche Kräfte und ein unglaubliches Geschick, Menschen auf die Seite von Morpheus zu ziehen. Nun machte sich Alexej Gedanken, denn wenn sie alle Drei geschickt wurden, konnte das nur bedeuten, dass der Auserwählte gefunden worden war, und zwar von Janus. Der Krieg stand unmittelbar bevor, Lampenfieber überkam Alexej. Leon und Said hatten schon einige Kriege zwischen Janus und Morpheus mitgemacht, nur war dieser hier wohl der letzte. Wenn, dann würde er auch mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln geführt. Dieser Gedanke ließ ihn erschauern, er freute sich auf das Ende der Menschheit. Auch wenn er sich gelegentlich fragte, ob er auch auf der richtigen Seite stand, jedoch hatte Morpheus auch bei ihm ganze Arbeit geleistet. Nur selten waren Menschen gegen die Anziehung von Morpheus immun. Er war es jedenfalls nicht ganz, ein kleiner Teil in ihm versuchte sich schon seit Jahren zu wehren, doch Alexej bekam diesen Funken immer wieder erstickt.

       Alexej schüttelte sich, er war mit seinen Gedanken wieder im Hier und Jetzt. Sie hatten zwar Nick nicht mehr gefunden, doch konnten sie ein eng mit ihm befreundetes Pärchen beseitigen. Das sollte Nick zeigen, mit wem er es zu tun hatte.

       Der Ort, in dem Alexej sich befand, war einer, an dem sein Meister als Hexer im Mittelalter verbrannt wurde. Morpheus hatte ihm diese Stationen seines Lebens gezeigt, doch für Alexej war der Ort noch aus einem anderen Grund interessant. Während der Zeit der russischen Besatzung, wurde eine geheime Basis hier errichtet. Nach dem Zerfall der Sowjetunion geriet sie in Vergessenheit. Alexej hatte während seiner Dienstzeit davon erfahren und schmiedete schon Pläne für die Nachkriegszeit.

       Kapitel XIV

       Jens behielt recht, sie kamen zwar langsam voran, aber sie kamen voran. Schon nach einer halben Stunde konnte Jasmin den Kopf durch das Loch stecken. Je größer das Loch wurde, umso besser kamen sie voran.

       „Schon eigenartig, dass bisher niemand auf die Idee gekommen ist, hier ein Loch hinein zu schlagen.“

       „Wieso? War doch gut versteckt, und bis vor einigen Jahren war das alles hier militärisches Sperrgebiet. Davor haben die meisten Menschen den Berg gemieden, vor allem die aus seiner näheren Umgebung. Immerhin ist das der Blocksberg und früher hatten die Menschen noch Angst vor Hexen.“

       Jasmin fand es toll, dass Jens solche Dinge wusste. Sie hatten das Gefühl, schon einige Zeit an dem Durchgang gearbeitet zu haben, als das Loch groß genug war, um hinein zu klettern.

       „Oh, geht meine Uhr noch richtig oder haben wir tatsächlich gerade mal zwei Stunden gebraucht?“

       Jens sah ebenfalls auf seine Uhr und bestätigte es mit einem Nicken.

       „Habe ich dir doch gesagt, dass es nicht lange dauern würde.“

       Jens holte zwei Taschenlampen aus dem Rucksack und reichte Jasmin eine davon.

       „Ich gehe vor, hoffentlich sind wir wirklich die Ersten.“

       Jasmin folgte ihm durch die Öffnung, geschützt durch die Sträucher blieb diese für Wanderer trotzdem verborgen. Vorsichtig tastete sich Jens voran, er erkannte die Höhle wieder, überall waren alte Zeichnungen.

       „Wenn das hier vorbei ist, muss ich diese Entdeckung unbedingt mit meinem Professor besprechen, das hier ist faszinierend.“

       Sie fanden die verschiedensten Zeichnungen und teilweise sogar Schriften, am Ende der Höhle wurde Jens dann endlich fündig.

       „Hier scheint es zu sein.“