beide Arme? Tut es sehr weh?«
Ich setzte einen gekünstelten mitleidigen Blick auf. »Nur wenn ich alkoholfreies Weißbier trinke.«
Die Freundin überlegte, ob sie mich ernst nehmen sollte. Daniela stutzte, beugte sich über den Tisch, bis ich ihr Parfum riechen und tief in den Ausschnitt starren konnte. Ihre Hand zauselte mein Haar, so wie sie es manchmal bei meinem Vater machte, wenn sie ihn aufmuntern wollte. Doch statt wie mein Vater den Kopf wegzudrehen, lächelte ich nur zerknirscht.
Daniela lächelte zurück.
»Endlich hab ich jemanden, mit dem ich mal Spaß haben kann.«
Und dann lachten sie und ich lachte mit.
Wir blieben den Abend über dennoch an unserem Tisch alleine und Daniela, die auf den Alkohol nicht verzichten wollte, wurde langsam betrunken, während die Nacht sich wie heißer Samt auf uns senkte.
Immer wieder kicherte Daniela, wenn sie mir das Glas an die Lippen hob, und ließ mich nicht vergessen, dass ich nicht mit meinem Seelenverwandten Marcel beim Bier saß.
Meine Arme nicht bewegen zu können, machte mich wahnsinnig. Ich bewegte meine Finger und versuchte, das Jucken meiner Haut unter dem Gips zu ignorieren, wollte ich doch die anderen Gäste nicht daran teilhaben lassen, wie Daniela ein Lineal herausholte und mich damit kratzte.
Keine Minute konnte ich das Jucken ignorieren, so wenig wie die Schulter meiner Stiefmutter, ihr Lachen und ihr Haar, das mich kitzelte, wenn sie sich zu mir hinüber beugte, um mich mit dem Bier zu füttern und zu sagen, wie lustig es mit mir sei.
Mir hingegen ging es gar nicht gut, erst recht nicht gegen Ende des zweiten Bieres, als der Drang, meine Blase zu entleeren, immer stärker wurde. Wie konnte ich das in einer öffentlichen Toilette, ohne die Hilfe der Frau meines Vaters, der viel zu jungen, peinlich anbiedernden Frau, jemals bewerkstelligen? Gar nicht. Ich musste bis zu Hause warten.
Nur die Neige trennte mich noch von der Erlösung, die Frage der Bedienung, ob wir noch etwas wollten. Daniela lächelte und gab die Frage an mich weiter, ich sagte, ich sei müde und mir täten die Arme weh. Warum hatten wir nicht das Auto genommen? Jetzt mussten wir den ganzen Weg zurück laufen, durch den Park. Der Park. Ich musste im Park, musste jetzt, nicht später zuhause, jetzt.
Die Luft war noch immer warm, obwohl es schon weit nach 22:00 Uhr war. Genauer wusste ich es nicht. Mein Handy lag zerschmettert in einer Plastiktüte aus dem Krankenhaus auf meinem Schreibtisch. Ich hätte es ohnehin nicht aus der Hosentasche bekommen.
Die Parklaternen erhellten nur spärlich die knirschenden Wege. Schwarzgrüne Schatten hingen zwischen den Bäumen, ab und zu hörte ich Lachen. Bestimmt waren einige aus meiner Schule hier im Park und soffen. Jeden Sommer wurde der Park zu einem großen Festplatz, bis gegen Mitternacht die Polizei kam und alles auflöste. Nur ich war nicht dabei. Aber ich wäre, um ehrlich zu sein, auch ohne Gips nicht dabei gewesen. Ohne Marcel.
»Komisch, dass du erst einen Unfall haben musst, damit wir mal zusammen Spaß haben, oder?«, flüsterte sie mir ins Ohr. Ihre Lippen kitzelten. Deutlich spürte ich die Berührungen ihrer Brüste an meinem Arm.
»Sag nicht, das hätte dir gefehlt.«.
»Hat es. Dir nicht?«
Mir hat Daniela gefehlt, wollte ich sagen, aber man biss einfach nicht die Hand, die einen fütterte. »Irgendwie schon.«
Sie bedankte sich und küsste mich wie ein Schulmädchen auf die Wange. In meiner Hose wurde es eng. So nah war mir lange keiner gewesen.
Lachen hinter den Bäumen, der Sand knirschte. Ich musste auf Klo. Jetzt. Ich spürte jede Bewegung durch meinen Unterkörper, jeder Schritt versetzte die Blase in Erschütterung. Überall waren plötzlich Orte, an denen ich dem Druck nachgeben konnte. Es gab keine Eichen, Buchen oder Kastanien mehr - nur noch Pinkelplätze. Aus einem öffentlichen Ort wurde meine Toilette. Die Spülung rauschte, der Toilettendeckel klappte.
Mitten im Park, zwischen zwei Laternen, deren Lichtkegel weit voneinander gelbe Schneisen in die Nacht schnitten, bemerkte Daniela meine Unruhe. »Was ist los? Musst du auf Klo?«
»Tut mir leid«, begann ich.
»Komm, dann mach doch schnell hier.«
»Aber...«
»Oder schaffst du es noch bis nach Hause?«
»Nein, aber hier?«
»Sieht doch keiner.«
Das stimmte. Das wussten aber auch die ganzen Alkoholiker, die sich hier bei diesem Wetter herumtrieben. Unsere Schritte knirschten. Jetzt. Hier. Nach links verließ ich den Weg, geradewegs auf zwei Toilettenbäume zu. Über den Rasen. Das schwarze Gras raschelte trocken. Im Stockdunkel hätte ich nicht einmal die Hundehaufen erkennen können. Tief hängende Äste streiften mein Gesicht. War es eine Kastanie? Unter dem schützenden Dach blieb ich stehen. Der Stamm war schwarz und perfekt, um dort mein Wasser abzuschlagen, die Blase zu retten, den Damm zu brechen.
»Schnell«, zischte Daniela. Und dann war ihre Hand auch schon an meiner Hose. Sie öffnete den Reißverschluss meiner Jeans, griff mir in den Slip und holte meinen Penis heraus. Die Blätter kratzten im Gesicht, Meine Mutter kicherte noch immer wie ein Schulmädchen. Mit einer schnellen Bewegung legte sie die Eichel frei, und Sekundenbruchteile später erleichterte ich mich an den Stamm.
Die ganze Zeit über spürte ich die Finger meiner Mutter. Daumen, Zeige- und Mittelfinger und hielten mit sanftem Griff meinen Penis in der Waagerechten. Manchmal drückte sie mit dem Daumen mehr zu, manchmal mit dem Zeigefinger. Ich starrte an den dunklen Stamm vor mir. Es war eine Kastanie.
Immer wieder spürte ich die Haare meiner Mutter an der Wange, hörte ihren leisen Atem und wurde gewahr, dass sie sich von Zeit zu Zeit umdrehte und zum schwach erleuchteten Weg hinter uns blickte. Doch niemand störte mich. Ein letztes Mal spannte ich die Beckenmuskeln an. Das Plätschern verstummte.
»Fertig?«, fragte sie. Ich brummte zustimmend. Viel zu lange schüttelte sie mit den drei Fingern den letzten Tropfen ab. Ihre Berührungen waren viel zu fest und zu konkret, um sie zu ignorieren. Würde es Sophie auch so machen? So konnte es sich anfühlen, wenn sie hier wäre. So ähnlich. So gut.
Der Versuch, meinen Penis wieder in der Hose zu verstauen, wurde zu einem Desaster. Umständlich fingerte sie an mir und der Hose herum, bis sich meine Lust nicht länger verborgen ließ. Die harte, aus meiner Hose ragende Erektion rieb an den Zähnen des Reißverschlusses. Ob ihr Ungeschick gespielt war oder sich die Hose tatsächlich nicht schließen wollte, spielte keine Rolle. Wieder kicherte sie, diesmal deutlich verlegen.
»Entschuldigung, das wollte ich nicht«, kicherte sie.
»Macht nichts. Warte einen Moment«, flüsterte ich zurück, ohne sie auch nur aus den Augenwinkeln anzusehen. Mein Herz schlug bis zum Hals. Ihr Atem streifte meine Wange. Ich dachte an Mathe, meine uralte Kunstlehrerin und mein kaputtes Handy. Nichts half. Schließlich konzentrierte ich mich auf den sanften Schmerz, den der Reißverschluss an meiner empfindlichsten Stelle verursachte, und die Erektion fiel langsam zusammen.
»Jetzt«, zischte ich hervor. Daniela griff zu und verstaute, diesmal erstaunlich schnell und routiniert, meinen Penis in der Hose. Das Ratschen des Reißverschlusses war das Signal zum Aufbruch. Auf dem Weg nach Hause redeten wir über den Biergarten, meine Freunde in der Schule, die Mädchen, auf die ich stand, doch ich konnte mich kaum auf das Gespräch konzentrieren, da meine Hoden unbefriedigt schmerzten.
Bis spät in die Nacht saß ich an meinem Laptop und tippte mit einem Bleistift im Mund mühsam Updates auf Facebook. Zu schreiben, mein Handy sei kaputter als meine Arme, und wer mich anrufen wolle, müsse wohl mit der Frau meines Vaters sprechen, dauerte bis weit nach Mitternacht.
Als mir der Nacken weh tat und mein Mund trocken war, klappte ich mit dem Kinn den Laptop zu. Umständlich kroch ich in mein Bett, versuchte vergeblich, den dünnen Bezug mit den Zähnen zu packen und über mich zu ziehen, und starrte unbefriedigt zur Zimmerdecke. Der volle Mond lugte bereits durch das Fenster und warf blaue Schatten in mein Zimmer.