(Mein kummervolles Auge hatte
gerade einen fetten jungen Schlächtergesellen am äußeren Rand
der Menge wahrgenommen.) »Sie sagt, der Schlächtergeselle
wäre der glückliche Mann. Wo ist er?«
Die Leute stießen den errötenden Schlächtergesellen nach vorn,
und es gab ein Gelächter, und der Schlächtergeselle fühlte sich
verpflichtet, die Hand in die Tasche zu stecken und die Partie zu
nehmen. Wenn man so einen aus der Menge heraussucht, fühlt er
sich meistens verpflichtet, die Partie zu nehmen. Dann hatten wir
noch eine Partie, die Wiederholung der ersten, und verkauften
sie um sechs Pence billiger, was den Leuten immer großen Spaß
macht. Dann kamen die Brillengläser dran. Sie sind keine
besonders einträgliche Partie, aber ich setze sie auf, und ich sehe,
um wieviel der Finanzminister die Steuern senken wird, und ich
sehe, was der Liebste des jungen Mädels mit dem Tuch gerade
zu Hause treibt, und ich sehe, was beim Bischof zu Mittag
aufgetragen wird, und noch allerhand andere Sachen, die selten
verfehlen, sie gut gelaunt zu machen; und je besser die Laune,
desto besser die Angebote. Dann 13
kam die Damenpartie dran – die Teekanne, die Teebüchse, die
Zuckerdose aus Glas, ein halbes Dutzend Löffel und der
Warmbierbecher –, und die ganze Zeit über gebrauchte ich
ähnliche Vorwände, um nach meinem armen Kind zu sehen und
ihm ein paar Worte zuzuflüstern. Gerade als die zweite
Damenpartie das Publikum gefesselt hielt, fühlte ich, wie die
Kleine sich an meiner Schulter ein wenig aufrichtete, um über die
Kleine sich an meiner Schulter ein wenig aufrichtete, um über die
finstere Straße zu blicken.
»Was fehlt dir, Liebling?«
»Nichts fehlt mir, Vater. Ich fühle mich ganz ruhig. Aber sehe ich
nicht dort drüben einen hübschen Friedhof?«
»Ja, mein Kind.«
»Küsse mich noch einmal, Vater, und lege mich dann auf das
Friedhofsgras zum Schlafen hin, das so weich ist.«
Ihr Haupt sank auf meine Schulter nieder, und ich wankte in den
Karren hinein und sagte zu ihrer Mutter:
»Rasch. Schließ die Tür! Damit es diese lachenden Leute nicht
sehen!«
»Was gibt's?« schreit sie.
»O Weib, Weib«, sage ich zu ihr, »du wirst meine kleine Sophy
niemals wieder bei den Haaren reißen, denn sie ist von dir
weggeflogen!«
Vielleicht klangen diese Worte härter, als ich sie gemeint hatte;
aber von dieser Zeit an begann mein Weib tiefsinnig zu werden.
Sie konnte stundenlang mit gekreuzten Armen und die Augen auf
den Boden geheftet im Karren sitzen oder neben ihm hergehen.
Wenn ihre Wutanfälle kamen (und sie waren jetzt seltener als
Wenn ihre Wutanfälle kamen (und sie waren jetzt seltener als
früher), so nahmen sie jetzt eine neue Form an, und sie schlug auf
sich selbst los in einer Weise, daß ich sie festhalten mußte. Auch
trank sie ab und zu ein wenig, was nicht dazu beitrug, daß es
besser mit ihr wurde. So pflegte ich denn in den folgenden
Jahren, während ich neben dem alten Gaul herschritt,
Betrachtungen darüber anzustellen, ob es wohl viele Karren auf
der Landstraße gäbe, die so viel Traurigkeit wie meiner
enthielten, obwohl man zu mir als dem König der fahrenden
Händler emporblickte.
So traurig ging unser Leben weiter bis zu einem Sonnabend, als
wir aus dem Westen Englands nach Exeter hineinkamen. Da
sahen wir, wie eine Frau grausam auf ein Kind einschlug,
während das Kind schrie: »Schlag mich nicht! O Mutter, Mutter,
Mutter!« Da hielt sich mein Weib die Ohren zu und lief wie von
Sinnen davon, und am nächsten Tag zog man sie aus dem Fluß.
Ich und mein Hund waren jetzt die einzigen Bewohner, die im
Karren zurückgeblieben waren. Ich brachte dem Hund bei, ein
kurzes Bellen auszustoßen, wenn sie nicht bieten wollten, und
noch einmal zu bellen und mit dem Kopf zu nicken, wenn ich ihn
fragte:
»Wer hat eine halbe Krone gesagt? Sind Sie der Gentleman, Sir,
der eine halbe Krone geboten hat?«
Er wurde ungeheuer beliebt, und man wird mich nicht von dem
Er wurde ungeheuer beliebt, und man wird mich nicht von dem
Glauben abbringen, daß er es sich ganz von selbst beibrachte,
jeden in der Menge anzuknurren, der bloß sechs Pence bot.
Aber er war schon sehr bejahrt, und eines Abends, als ich ganz
York mit den Brillengläsern in Lachkrämpfe versetzte, verfiel er
gerade auf dem Trittbrett neben mir in einen Krampf von ganz
anderer Art, und das war sein Ende.
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Da ich von Natur ein zartes Gemüt habe, so fühlte ich mich jetzt
schrecklich einsam. Wenn ich auf dem Trittbrett stand und
verkaufte, konnte ich zwar meine Gefühle unterkriegen, denn ich
hatte einen Namen aufrechtzuerhalten (ganz abgesehen davon,
daß ich mich selbst zu erhalten hatte). Aber im Privatleben
drückten sie mich nieder und fielen über mich her. So geht es oft
mit uns Leuten der Öffentlichkeit. Wenn ihr uns auf dem
Trittbrett seht, dann möchtet ihr gleich alles, was ihr habt,
hingeben, um an unserer Stelle zu sein. Seht uns aber einmal an,
wenn wir abgetreten sind, und ihr würdet noch eine Kleinigkeit
zugeben, um von dem Handel wieder loszukommen. So war
meine Stimmung, als ich mit einem Riesen Bekanntschaft machte.
Ich wäre vielleicht ein bißchen zu fein dafür gewesen, um mich
mit ihm zu unterhalten, wären nicht meine Einsamkeitsgefühle
gewesen. Denn bei uns fahrenden Leuten ist die Scheidelinie
dort, wo die Verkleidung anfängt.
Wenn ein Mann sich nicht auf seine unverkleideten Fähigkeiten
Wenn ein Mann sich nicht auf seine unverkleideten Fähigkeiten
verlassen kann, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, dann
sieht man ihn als auf einer tieferen Stufe stehend an. Und wenn
dieser Riese auf den Brettern stand, so trat er als