Robert Klotz

Sünder


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Zimmer und stellte erfreut fest, dass sein Assistent wieder auf den Beinen war. Der schmale, schwarzhaarige Mann war gerade dabei, sich die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes zuzuknöpfen. Er schaute erst auf als er mit dem Ergebnis zufrieden war und sein Blick verriet nichts Gutes.

      „Sehen Sie, Monsignore?“, der hechelnde Aushilfsassistent hatte nun endlich zu dem Kardinal aufgeschlossen erstarrte aber, als er Davids Blick sah.

      Blanker Hass brannte in den Augen, die vor ein paar Tagen noch freundlich und verträumt dreinschauten.

      „David?“, begann Fermi, wurde von seinem Assistenten mit einer energischen Geste zum Schweigen gebracht.

      „David ist tot. Er hat sein Leben gegeben, mich hierherzuholen. Und jetzt, da ich endlich da bin, werde ich ihm seinen Wunsch erfüllen.“

      Er machte ein paar Schritte auf Fermi zu, griff aber an ihm vorbei und zog den blonden Aushilfsassistenten an den Haaren zu sich in den Raum. Fermi blieb erschrocken stehen und konnte nur hilflos mitansehen, wie der junge Mann mit dem blonden Haarschopf versuchte, sich aus dem Griff zu befreien.

      „David! Hör auf!“, schrie Fermi, aber sein Gegenüber schien ihn nicht einmal zu hören. Ohne zu zögern nahm er ein Brotmesser vom Tisch und rammte es dem Blonden seitlich in den Hals.

      Die Schreie des jungen Mannes verwandelten sich in ein Gurgeln und seine Hände umschlossen nun beide Handgelenke des Wesens, das einmal David geheißen hatte.

      Fermi spürte förmlich die Farbe aus seinem Gesicht weichen, als sich die Hemden der Beiden rot färbten. David starrte ihm nun mitten in die Augen, doch sein Griff ließ nicht locker. Die Hand, die den Haarschopf umklammert hielt, wies leichte, rote Kratzspuren auf und die andere hielt immer noch den Griff des Messers fest.

      Immer langsamer wurden die Bewegungen des blonden Assistenten während seine Hände noch versuchten, sich aus dem Griff zu befreien. Seine Augen schienen Fermi anzuflehen, etwas zu tun, aber der Kardinal fühlte sich wie versteinert.

      „David …“, flüsterte er.

      „Nein“, bekam er als Antwort.

      Als die Augen des Blonden glasig wurden und seine Hände hinuntersanken, ließ er ihn fallen und machte einen Schritt auf Monsignore Fermi zu.

      „Hab keine Angst, Adriano“, sprach er ruhig, bevor sich seine Hand um das Handgelenk des Kardinals schloss und ihn in das Zimmer zog.

      Kapitel 18

      Maria fühlte sich, als ob sie den Verstand verloren hätte. Die Kontur des Kindes, das auf ihrer Couch gesessen hatte, konnte sie noch immer erahnen aber nun hatte sie das Gefühl, aus allen Schatten beobachtet zu werden.

      Sie überlegte einen Moment lang, sich etwas Starkes zum Trinken zu holen, entschied sich dann aber dagegen. Alkohol würde ihr kaum gegen Paranoia helfen.

      „Wenn doch nur der Pfarrer hier wäre“, dachte sie sich, rief sich aber sofort zur Besinnung. Sie war nicht mehr zwölf Jahre alt und vor Schatten musste sie sich überhaupt nicht fürchten.

      Die junge Frau stand auf und machte sich daran, das Zimmer zu verlassen, als ihr eine Idee kam. Sie nahm ihr Mobiltelefon zur Hand und wählte die Kamera aus. Das Display des Handys zeigte nun das Wohnzimmer, und alles schien normal zu sein. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages kamen durch die zwei Fenster und zeichneten sanfte Schatten auf den Boden. Aus ihrer Perspektive schaute alles normal aus, also drückte sie auf den Auslöser.

      Der Blitz erhellte die Umgebung und die Schatten wichen für einen Moment zurück.

      Alles blieb ruhig.

      Maria schaute sich das eben gemachte Bild genauer an, aber auch hier konnte sie keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Enttäuscht, aber erleichtert, legte die junge Frau das Handy wieder auf den Beistelltisch und ging aus dem Zimmer.

      Sie wollte noch eine Ladung Wäsche in die Waschmaschine werfen, erinnerte sich dann aber daran, dass der Herr Pfarrer aktuell keine frisch gewaschenen Hemden benötigen würde.

      Trauer überkam sie erneut und sie entschloss sich dazu, das Büro des Pfarrers noch einmal gründlich zu putzen.

      Markus würde bald zurückkehren und dann hätte sie wenigstens Gewissheit, was genau mit Herrn Brahm passieren würde.

      Als sie das Zimmer betrat, welches bis vor ein paar Stunden als Büro gedient hatte, standen ihr die Nackenhaare zu Berge. Die Atmosphäre hatte sich hier definitiv verändert. Irgendwie wirkte es bedrohlich, dunkel. Obwohl die Vorhänge zugezogen waren, erschienen ihr die Schatten dennoch viel zu dunkel, viel zu greifbar.

      Ein eiskalter Schauer lief der jungen Frau über den Rücken und sie wollte sich gerade umdrehen, und loslaufen, als sie etwas an den Haaren packte.

      Die Berührung war zögerlich, beinahe sanft doch der Schock ließ Maria wie angewurzelt stehenbleiben. Eine leiste Stimme schien aus dem Nichts an ihr Ohr zu dringen:

      „Helfer. Schuldig.“

      Maria drehte sich ruckartig herum und starrte ins Leere.

      „Wem hab‘ ich geholfen?“, forderte sie den leeren Raum vor sich auf.

      „Schänder“, erwiderte die Stimme.

      „Pfarrer Brahm ist kein schlechter Mensch! Lass ihn in Ruhe!“, schrie sie.

      Doch diesmal bekam sie keine Antwort, was auch immer sie an den Haaren gepackt hatte, riss an. Maria reagierte schnell. Sie warf sich vorwärts, in Richtung des Fensters und die einzelnen Haare blieben wie von Geisterhand in der Luft hängen. Mit einer schnellen Bewegung zog sie die Vorhänge auf und konnte der Strähne dabei zusehen, wie sie zu Boden glitt.

      Kapitel 19

      „David?“, fragte der rothaarige Assistent vorsichtig.

      „Markus! Fermi hier! Hör mir genau zu. Was auch immer hinter den Priestern her ist, es ist jetzt im Vatikan“, der Mann am anderen Ende der Leitung schien nur unter großer Anstrengung reden zu können.

      „Was ist mit David?“, unterbrach ihn Markus.

      „Es tut mir leid. Er ist tot. Ich weiß, wie viel er dir bedeutet hat, aber wir müssen jetzt stark sein. Dieses Ding hat sich einen Körper geschnappt und tötet jetzt die Menschen, die es für schuldig hält …“

      Markus hörte die letzten Worte gar nicht mehr. Tränen schossen in seine Augen und er fühlte sich alleingelassen. Er fühlte sich schuldig. Wenn er doch nur dort gewesen wäre, vielleicht hätte er etwas tun können.

      „Markus? Bist du noch dran? Markus?“, tönte es aus dem Handy.

      „Ja“, brachte er nur hervor.

      „Hör mir jetzt bitte zu. Wir haben keine Zeit zum Trauern. Dieses Ding läuft in Davids Gestalt herum und tötet Menschen! Bleib weg, bring dich in Sicherheit.“

      „Aber …“, wollte er gerade Antworten, als der Kardinal ihm barsch ins Wort fiel.

      „Kein ‚aber‘. Das Monster hier ist der Anführer, aber die anderen sind immer noch dabei, Geistliche zu ermorden. Und nicht nur das, jeder, der einem der Priester hilft, ist auch sofort auf ihrer Liste. Die Schweizergarde ist bereits informiert und du kannst hier nicht helfen. Bitte, halte dich raus und versteck dich irgendwo. Tu’s für David.“

      Monsignore Fermi legte auf und nun war Markus wirklich auf sich alleine gestellt.

      Irgendetwas war mit Fermi passiert. Er hatte den alten Mann niemals so gereizt gehört. Seine nächsten Schritte musste sich Markus nun