Robert Klotz

Sünder


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nicht aufkreuzte, würde sie den Umschlag öffnen, seinen Brief lesen und das Sparbuch finden.

      Zumindest musste er ihr nicht persönlich erzählen, warum sie ihn nicht mehr sehen konnte.

      Kapitel 16

      „Pfarrer Brahm ist auf der Polizeistation!“, schrie die junge Frau beinahe hysterisch.

      „Beruhigen Sie sich bitte“, versuchte Markus ein paar Worte hineinzubringen, aber Maria ignorierte ihn vollkommen. Sie hielt ihr Handy noch immer in der Hand und das Display zeigte, dass der Anruf noch nicht unterbrochen worden war.

      „Was soll ich jetzt tun?“

      Markus legte ihre eine Hand auf die Schulter und nahm mit der anderen ihr Handy an sich.

      „Hallo?“, klang es aus dem Gerät und Markus hob es an sein Ohr.

      „Ja, wir sind noch dran“, antwortete er.

      „Sind Sie das, Markus?“, erklang die ihm bekannte Stimme. Die Rezeptionsdame der Polizeistation war am anderen Ende der Leitung. Pfarrer Brahm musste ihn gerade verpasst haben. Er fluchte innerlich, bevor er antwortete:

      „Janine! Es sieht so aus als ob ich den guten Herrn Pfarrer gerade verpasst hätte. Ich bin gerade bei seiner Haushälterin, mache mich aber sofort auf den Weg zu Ihnen.“

      Die Dame antwortet mit einer zuckersüßen Stimme: „Frau Suttner kann sich wirklich glücklich schätzen, dass sie so einen Beistand erhält.“

      Er schielte mit einem Auge auf die immer noch schockierte junge Frau.

      „Ich tue, was ich kann. Bis gleich.“, damit beendete er das Telefonat.

      „Maria. Setzen Sie ich hin, ich fahre währenddessen zur Polizeistation. Die Leute dort kennen mich, vielleicht kann ich mehr über die Umstände herausfinden. Wenn ich etwas in Erfahrung bringen kann, werde ich mich direkt wieder bei Ihnen melden.“

      Die Haushälterin nickte ihm nur zu. In ihrem aktuellen Zustand wäre sie sowieso nicht dazu in der Lage gewesen, ein Auto zu bedienen.

      „Ach ja, das Auto!“, entfuhr es ihr.

      „Der Pfarrer hat seinen Privatwagen bei der Kirche seines Freundes stehen lassen und ist dann mit meinem Auto heute losgefahren. Wenn es irgendwie geht, bringen Sie mir das Auto bitte wieder zurück. Ich muss morgen einkaufen und …“, ihre Gedanken schweiften ab und sie verstummte. Markus führte sie ins Wohnzimmer und setzte sie auf den Lederstuhl, in dem er zuvor gesessen war.

      Die junge Frau war vollends in den Schockzustand übergegangen, was ihm aber entgegenkam. Alleine auf der Polizeistation konnte er mehr herausfinden, als wenn sie ihm die ganze Zeit über die Schulter schauen würde.

      Er kniete sich vor sie hin und sprach in einem ruhigen Tonfall:

      „Hören sie mich?“, die Augen der jungen Frau rasten weiterhin ruhelos durch das Zimmer.

      „Maria? Ich muss jetzt los. Bleiben Sie ruhig sitzen, ich bin bald wieder bei Ihnen.“

      Doch als er aufstand, fand er, dass ihre Hand sich an seinem Ärmel festgeklammert hatte.

      „Die Dame am Hörer hat mir gesagt, was er getan hat. Bitte, sagen Sie mir, dass das nicht stimmt …“, flüsterte die junge Frau.

      „Ich werde schauen, was ich herausfinden kann, mehr kann ich Ihnen leider nicht versprechen.“

      Mit diesen Worten löste er sich aus ihrem Griff und ging davon, mit seinem Handy bereits ein Taxi rufend.

      Maria hatte keine Zeit ihm noch zu sagen, dass sie jetzt auf der Couch die Form eines Kindes sehen konnte.

      Markus stürmte in die Polizeistation und rannte beinahe den Sommersprossigen Jungen um, den er heute mittags schon einmal hier gesehen hatte. Er hatte viele Fragen an den Pfarrer und womöglich nur noch wenig Zeit.

      „Herr Markus! Jetzt waren Sie aber schnell!“, tönte es von Janine, die noch immer die Eingangshalle hütete.

      „Grüß Gott, Janine“, antwortete er schnell und fügte gleich hinzu: „Ist der Herr Pfarrer noch hier?“

      „Natürlich. Er ist in einer der kleinen Zellen, zumindest bis wir alles abgeklärt haben. Morgen werden wir ihm dem Haftrichter vorführen, dann wissen wir Genaueres.

      Ich habe die Fotos gesehen, sagen Sie mir, wie kann jemand solche Grausamkeiten vollbringen?“

      „Das müssen sie Gott fragen. Ich bin hier um mit dem Herrn Pfarrer zu reden. Es gibt ein paar Sachen, die ich Ihn unbedingt fragen muss.“

      Die Frau blinzelte ein wenig erschrocken und antwortete:

      „Es tut mir sehr leid, aber ich glaube nicht, dass wir das zulassen können. Der Herr Pfarrer steckt so schon in genug Schwierigkeiten, da wäre es nicht gut, wenn Sie der Polizei in die Arbeit pfuschen.“

      Damit hatte Markus nun wirklich nicht gerechnet. Er versuchte es nochmals:

      „Kommen Sie schon, Janine. Sie haben meinen Brief heute Mittag schon gelesen. Ich bin im offiziellen Auftrag hier, und der besteht auch darin, mit dem Pfarrer zu reden. Leider darf ich Ihnen keine Details nennen, aber Sebastian Brahm ist ein überaus wichtiges Puzzleteil.

      Ich will hier niemandem die Arbeit erschweren, sondern muss dem Herrn Pfarrer ein paar einfache Fragen stellen. Bitte.“

      Die Dame stieg von einem Bein auf das Andere, anscheinend hin- und hergerissen.

      „Na gut“, sagte sie dann, „aber nur für ein paar Minuten, und nur durch die Türe.“

      „Sie wissen gar nicht, wie sehr Sie mir gerade geholfen haben. Ich werde meinen Vorgesetzten davon erzählen, vielleicht finden wir einen Weg, wie wir uns erkenntlich zeigen können.“

      Sie errötete und trat hinter dem Tresen hervor.

      „Kommen Sie mit, und machen Sie es schnell.“

      Die große Uhr am Empfang zeigte nun schon beinahe 17 Uhr, was auch die sehr schwache Polizeipräsenz im Gebäude erklärte. Auf dem Weg zu den Zellen fanden die Beiden nur einen Polizisten vor, der auf die Zellen aufpasste.

      Janine wechselte ein paar kurze Worte mit ihm und er widmete sich wieder seiner Zeitung.

      „Die letzte Zelle, linke Seite“, sprach sie und machte eine Geste, dass er alleine weitergehen solle.

      Der Trakt, wenn man ihn so nennen konnte, war ganz in Weiß gehalten und beinhaltete nur 8 kleine Zellen. Die häufigsten Besucher waren wohl Betrunkene, die ausnüchtern mussten.

      Die Türen hier drinnen verströmten auch keinen allzu großen Charme. Sie alle bestanden aus dickem Metall, mit einem Sichtschlitz in Augenhöhe, der von einer Klappe abgedeckt war und einer Klappe, durch die man dem Gefangenen Essen reichen konnte.

      Er öffnete den Sichtschutz und schaute in das Innere der Zelle.

      Sie schien ungefähr 12 m² groß zu sein, mit einem grauen Linoleum-Boden und sonst weiß gestrichenen Wänden. Eine Pritsche, ein Waschbecken und ein Klo standen dem Gefangenen hier zur Verfügung und der Pfarrer kniete direkt in der Mitte des kleinen Raumes.

      Er war mit gefalteten Händen tief in ein Gebet versunken und nur seine Lippen schienen sich unablässig zu bewegen. Im Licht der Leuchtstoffröhre wirkte die Figur alt und gebrechlich, geradezu Mitleiderregend.

      „Herr Brahm?“, fragte Markus, aber der Gefangene unterbrach sein Gebet nicht.

      Der Assistent versuchte es erneut und wieder bekam er weder Antwort noch ein Zeichen, gehört worden zu sein.

      „Ich