Verfügung gegen „ kleine Vermittlungsgebühr“ an solvente Westeuropäer vermittelt. Alfons lockte sich sofort ein.
Seine Anzeige: Wenn du mich im Alter versorgst erbst du mein ganzes Vermögen.
Das Vermögen wurde fürs erste von 500.000€ auf 1.5 Millionen aufgestockt.
Ein gefundenes Fressen für jene berühmt berüchtigten russischen Vermittlerfirmen.
Dachten sie.
Woher sollten sie auch wissen, dass ihr vermeintliches Opfer Alfons aus dem 13. Bezirk stammt, nicht New York, sondern Wien. Alfons erhielt Angebote gleich im Dutzend.
Die Sache aber hatte einen Haken. Er sollte natürlich in Vorleistung treten für Visa, Flüge, Versorgung der Großmutter etc... Nicht mit Alfons. Bei dem kann man von Glück reden, wenn man zum Café am Sonntag zwar eine Melange bekommt, dafür aber den selbstgebackenen Kuchen mitbringen muss. In diesen eher seltenen Fällen verzeiht er dann ausnahmsweise, wenn man den Kuchen nicht mit Finies Feinstem aus dem Billa Markt gebacken hat.
Lange Rede, kurzer Sinn, Alfons hielt über Monate die Sibirien Connection auf Trab. Die Jungs ließen sich ständig was neues einfallen und Alfons reagierte adäquat nach dem Motto „ und wanns die nix is, hoab i ka Umtauschrecht“.
Eine Woche vor seinem 67. passierte es, für mich wie auch für ihn vollkommen überraschend. Die waren mittlerweile so angefixt von der Erbschaft, dass sie ihm auf eigene Kosten ein Mädel aus Irkutsk schickten. Mit ungeahnten Folgen für beide Vertragspartner.
Für den sibirischen Part wurde die Reise zum Martyrium, ähnlich wie Jesus nach Golgatha, denn Alfons weigerte sich hartnäckig auch nur den Transferflug von Irkutsk nach Moskau (75.-€) zu bezahlen, sodass jenes arme Mädel das erste Mal Russland in seiner ganzen Breite auf der Schiene kennenlernte ( ca. 1.5 Wochen) und sich für Alfons ein Fiasko am Himmel abzeichnete.
Was sich nun zutrug kann ich kaum noch neutral schildern, da ich zu meiner Überraschung ins Zentrum der Ereignisse rückte. Auch fällt es mir schwer, Wiener Schmäh schriftlich niederzulegen
Da wird einem Normalbürger erst einmal klar, warum Kaiserin Sissi Depressionen bekam. Die hat doch in Wien kein Wort verstanden. Meine erste Begegnung mit einer Wienerin endete ähnlich. Ich sagte: „Schnacken wir ´ne Runde?“ Sie verstand schnackseln und ballerte mir eine. Fürderhin war mein Verhältnis zu Wienerinnen nachhaltig gestört.
Zurück zu Alfons. Ich sitze morgens beim „Frühstück“. Schafskäse Ouzo und eine Olive. Die Tür fliegt auf. Alfons rennt herein, von Panik getrieben. Diese Geschwindigkeit traut man Wienern eigentlich gar nicht zu. „Die kommt!“ schrie er. Freu dich doch. Alfons freute sich auch, teilte mir aber mit, er hätte da ein „kleines“ Problem. Im Verlauf des Gesprächs kristallisierte sich heraus, dass er sich um 10 Jahre verjüngt hatte in Verkennung der Tatsache, dass er, wie er meinte, in seinem Alter erhebliche Schwierigkeiten mit seinen Mozartkugeln habe. Einen Moment stutzte ich. Dann begriff ich. Alfons hatte nur noch Luft in der Röhre, quasi der Marzipan war flöten gegangen. Die Zeit drängte. Noch 3 Tage bis Di-Day. Die russische Dampfwalze rückte unaufhörlich näher. Alfons hatte im Internet so einiges über Viagra gelesen. Aber wie kommt man am Arsch des Balkans so schnell an Viagra? Ich wusste Rat, und rief meinen alten Freund Pferdedieter an. Fraß der nicht den ganzen Sommer das Zeug, um junge Touristinnen auf Reitausflügen zu beglücken, quasi den Rittmeister sehr ernst zu nehmen?
Kurzer Anruf bei Dieter. Gefolgt von einem langen Vortrag ergab:
„Es gibt besseres.“
Zyalis war das magische Wort. Ich teilte Alfons das Ergebnis meiner Recherche mit. Vor allem, dass die Apotheke in Pylos (20 km entfernt) das Zeug in ausreichender Menge auf Lager habe. Damit war die Sache für mich erstmal vom Tisch.
Dachte ich zumindest.
Alfons spricht naturgemäß kein Wort griechisch. Also hatte er sich folgendes Szenario ausgedacht:
Er fährt mich nach Pylos und ich gehe in die Apotheke. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Wenn ich da reingehe und Potenzmittel kaufe, weiß das in 30 Minuten halb Messenien.
„Der Born kann nicht mehr.“
Mein Freund Heinz lehnte ebenfalls dankend ab. Er kennt zumindest Spiros, den Sohn des Apothekers. Es wurde ein abendliches Treffen ausgemacht. Vier Tabletten gegen 44 €. Das Treffen fand nach Einbruch der Dämmerung auf einem Parkplatz außerhalb Finikoundas statt. Abgeblendete Scheinwerfer. Man hätte meinen können, hier würde Heroin vertickert.
Die russische Front rückte näher.
Da von Alfons nur widerwillig pekuniäres zu erwarten war, beschlossen wir ihm seinen Geburtstagsfick zu schenken.
Feierlich wurde ihm das Päckchen überreicht.
Dann kam der große Tag.
Abends bekam ich dann einen empörten Anruf. Alfons.
Das Zeug wirke nicht.
Ich rief mal wieder Dieter an. Dieter meinte, es müsse ein motorisches Problem vorliegen. Auf Nachfrage teilte Alfons mir mit, es läge kein motorisches Problem vor. Beim nächsten Anruf tat mir Dieter schon ziemlich leid. Er fragte an, wann Alfons die Tablette denn gefuttert habe. Ich also wieder Alfons an der Strippe, „Wann?“ Viertel Stunde vorher. Jetzt wieder Dieter, die arme Sau. Ob Alfons bescheuert wäre und den Beipackzettel nicht gelesen habe. Sechs Stunden vorher. Alfons konnte natürlich den griechischen Beipackzettel nicht lesen. Als ich dann Alfons informierte, hörte ich in der Muschel nur den Satz:
„ Scheiße, ich hab´ schon die zweite drin.“
Epilog
Alfons wurde süchtig nach der doppelten Portion und begann alle Mädels zu begrabschen.
Der T-34 floh nach 14 Tagen zurück nach Irkutsk.
Alfons lud uns zum Dank in ein schniekeres Restaurant ein. Wir ließen wohlweislich die Geldbörsen zu Hause.
Seine zehn Jahre älter flogen auf, weil natürlich einer mal wieder nicht die Schnauze halten konnte. Ich ließ meine Freundin nicht mehr unbewacht vor die Tür.
Alfons hat nach dem 20. Anlauf tatsächlich ´ne Russin (so blöd muss man mal sein) geheiratet.
Und der Apotheker in Pylos verdient sich dumm und dämlich.
Die West-Nordwest zu Westfront
Langsam wird glaube ich deutlich, was ich mit Viennagrad meine. Schussentfernung 400m. Bei Westwind verkürzt sich der Kampflärm um 300 m.
Lottchen. Lottchen ist unsere hiesige Tierärztin, natürlich, ihr könnt es euch schon denken, Wienerin und mindestens genauso neurotisch wie Alfons.
Übrigens auch eng mit ihm verfeindet. Lottchen wollte über Bienen promovieren. Eingedenk der Tatsache, dass sie hoch allergisch gegen Bienengift ist, eine glänzende Wahl. Der Dr. Titel hatte sich also relativ schnell zerstochen. Lottchen ist der größte Hektiker, der mir im Leben über den Weg gelaufen ist, und das will schon etwas heißen. Termine mit ihr scheitern in der Regel, weil sie die vergisst, oder so viele Termine auf die gleiche Uhrzeit legt, dass sie keinen wahrnehmen kann. Übrigens ist sie die einzige mir bekannte Medizinerin, die hartnäckig behauptete, sie könne vom Vögeln nicht schwanger werden. Eine fatale Fehleinschätzung, wie sich ganz zur Freude meines jüdischen Freundes Shlomo Wasternak und seiner bibelforschenden Frau und Zeugin Jehovas Esther herausstellte. Deren zweitjüngster Spross Elias war durch die ständigen Besuche im Königreichssaal im Glauben so gefestigt, dass er davon ausging, Kinder könnten nur durch die unbefleckte Empfängnis entstehen, aber kaum durch lustige, kleine Sexspielchen mit einer Wiener Katholikin. Das Ergebnis heißt Gerd. Da Elias nichts auf der Naht hat tauchte unweigerlich nach Lottchens Niederkunft die Unterhaltsfrage auf. So eineinhalb Jahre später etwa, denn Lottchen hatte auch diese Dinge einfach verplant und als sich Elias nach Deutschland absetzte wurde es ernst. Shlomo, als vermeintlicher Großvater, lehnte jede Zahlung ab mit der historischen Feststellung:
Dieses Kind könne keinesfalls von seinem Sohn abstammen,