Michael Born

Inländer raus


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einen gebrauchten Lada im Wert von 3000.- € und verzichtete im Gegenzug für immer und ewig auf Unterhalt. Ein genialer Schachzug. Jedenfalls für Shlomo. Mein Gott, wie dumm darf man sein.

      Doch dann wendete sich das Blatt zum Guten. Ein engelsgleicher Mann (O-Ton Lottchen) kreuzte Lottchens Lebensweg. Sven, der Schwede, auch genannt der Ikea Elch. Lotti wähnte sich schon versorgt für den Rest ihres Lebens. Gerd konnte ja nur ein Unfall, quasi ein Gau gewesen sein. Dummerweise verhielt es sich bei Lottchen ähnlich, wie bei der Atomindustrie. Der Gau passiert nur in der Theorie einmal in einer Millionen Jahre. Also kam ziemlich genau neun Monate später Vicki zur Welt. Sven ist tatsächlich ein engelsgleicher Mann, und wie Engel es mit ihrem himmlischen Status so an sich haben, hat Sven mit Arbeit nicht viel am Hut. Dezember, es regnet in Strömen. Lottchen jagt ihren Schweden hoch in den Olivenbaum, der gleitet aus, fällt vom Baum und landet im Krankenhaus. Seitdem melkt er nur noch Margarethe, die Hausziege. Ansonsten freut er sich die letzten Jahre über Besuch zum Cafetrinken und quatschen. Nebenbei koordiniert er noch die Arbeitskraft seiner Frau Lottchen

      So ganz nebenbei hält Lotti auch noch 30 Legehennen, 20 Schlachthasen, zwei Milchziegen, von denen eine nie Milch gegeben hat, je nach dem bis zu 20 Chivavagebährmaschinen inklusive einem altersschwachen Deckrüden, dessen, wie sie sich ausdrückt, schwindende Geilheit mit Nescafe kuriert wird. Er verstarb zwischenzeitlich an einem Herzinfarkt, und last but not least einen zauberhaften Hahn. Groß, weiß, und wie alles in unserem selbstgewählten Exil, hoch neurotisch. Die führte in der Folge zum sogenannten Gockelkrieg mit Alfons. Dazu gleich mehr

      Der Gockelkrieg

      Da zunächst nur Wiener an den Kampfhandlungen beteiligt waren könnte man durchaus von einem Bürgerkrieg sprechen, der sich dann allerdings ausweitete. Kommen wir zurück zu Lottchens neurotischem Hahn. Nun, wir leben hier auf dem Lande, ein Hahn beschützt seine Hühner und kräht morgens und abends. Nicht so Lottchens Hahn, der kräht rund um die Uhr. Alfons, den ihr ja schon kennt neidete wohl dem potenten Hahn sein Hahnenglück. Ihr erinnert euch. Ohne Medikamente ist Alf ein Kapaun. Alfons betrachtet das Land hier als sein persönliches Naherholungsgebiet. Da hat ein Hahn nichts zu suchen. Folglich konzentrierte er sich auf das Krähen des Hahnes. Er behauptete, es würde ihn in den Wahnsinn treiben. Den hatte er zwar schon, aber Alfons wäre nicht Alfons, wenn er nicht unverzüglich zum Gegenangriff übergegangen wäre. Alfons bearbeitete seine Alarmanlage. Ergebnis: Bei jedem Krähen ging bei Alfons die Sirene der Alarmanlage los. Beim ersten Mal rannte ich noch hoch mit durch geladener Waffe, weil ich dachte Alfons würde überfallen. Alfons erläuterte mir die Zusammenhänge. Ihr könnt euch vorstellen, die gesamte Nachbarschaft war begeistert. Besonders, wenn die Sirene die ganze Nacht durchheult. Alf war überzeugt, auf diese Art würde er Lotti weichkochen. Weit gefehlt. Die einzigen, an denen der Terror spurlos vorüberging waren Lotti, Sven und der Hahn. Im Prinzip terrorisierte Alfons vor allem sich selbst. Lottchen und Sven allerdings setzten zum Gegenstoß an. Sven rief einfach das Überfallkommando der Polizei in Pylos an mit dem Hinweis, da oben würde eingebrochen. Die rückten aus. Es sollte nicht das letzte Mal bleiben. Erst mal wurde Alfons kurzfristig verhaftet. Die vorgehaltene MP reichte aus, um jedweden Widerstand in weite Ferne rücken zu lassen. Wir erinnern uns. Alfons spricht kein Griechisch. Als dann ein Übersetzer auftauchte und geklärt werden konnte, dass Alfons der tatsächliche Besitzer sei, kam Alfons auf die geniale Idee, den Beamten sein Leid zu klagen, und warum er zu dieser Maßnahme gezwungen war. Der Erfolg war durchschlagend. Alfons musste den Polizeieinsatz bezahlen und wurde verwarnt. Er hätte also gewarnt sein müssen. Aber so schnell gibt unser Wienerle nicht auf. Folgerichtig eskalierte die Sache weiter. Alfons neueste Idee: "Ich kaufe der Ziegenhirtin den Hahn einfach ab." Wissentlich, dass Lotti ihm den Hahn nie verkaufen würde bat er mich den Deal zu machen. Alfons hatte einen Plan, der tief in mir den Eindruck verfestigte, dass man hier als Psychiater ein veritables Einkommen erzielen könnte. Griechisch steuerfrei, versteht sich. Zu seinem Plan:

      Er gibt mir das Geld für den Hahn, ich kaufe den Hahn und händige ihn ihm aus. Er erschießt den Hahn und nagelt ihn in Kreuzform an das Hinweisschild Veterinär. Das war mir dann doch ne Nummer zu derbe. Ich lehnte dankend ab, hatte aber einen Vorschlag zu machen. Mein Hund Shiva liebte Hühner. Nicht meine eigenen, die beschützte er. Er liebte die Hühner meines Nachbarn Leonidas im nächsten Tal. Im Klartext, Leonidas hatte bei mir schon einige Hühner gut. Also, mein Vorschlag: Alfons gibt mir 40€ ( ein selbst in Griechenland utopischer Preis für einen Hahn), ich kaufe den Hahn und gebe ihn Leonidas. Frieden komplett hergestellt. Dachte ich zumindest. Bei dem Preis rückte Lotti den Hahn sofort raus. Der Hahn kam immer noch krähender weise in einen Karton, ich brachte ihn direkt zu Leonidas und übergab ihn in Shivas Namen als Kompensationsgeschenk.

      2 Stunden später bimmelte mein Telefon. Mein Kumpel Heinz in der Leitung. " Schönen Gruß von Leonidas, du sollst sofort den Scheißhahn wieder abholen, der fickt seine Hennen tot."

      Ich holte also den Hahn wieder ab. Im Gegenzug hatte Shiva die Genehmigung für ein Huhn.

      Und was jetzt?

      Meine Hühner hatten nen Hahn. Ich fuhr also in meiner Not ins Kafenion meines Bergdorfes, stellte den Karton hin und sagte, ich hätte einen Hahn zu verschenken. Der Hahn wurde begutachtet und erkannt. Als Lottis Neurotiker. Ich wurde den Hahn nicht los. Dann endlich hatte der alte Baba Christo Mitleid. Er nahm den Hahn und sagte Meze ( Vorspeise ) für alle.

      Klartext. Er wollte den Hahn schlachten und für alle braten. Das ging schief. Der Hahn roch den Braten und entfloh dem Beil. Und was macht der idiotische Hahn mit der neugewonnen Freiheit? Zwei Tage später hörte ich ihn bei Lotti wieder krähen. Ich zog mich aus der Sache endgültig zurück, obwohl es mich reizte Lotti den Vorschlag zu machen Alfons auszubluten und ihm wöchentlich den Hahn zu verkaufen. Halbe, halbe versteht sich. Aber bevor ich den Vorschlag machen konnte, ritt Alfons schon die nächste Attacke. Ich stand morgens quer im Bett. Hahnengeschreih in unglaublicher Lautstärke. Wohlgemerkt, Alfons ist 500 m von mir entfernt. Ich ging der Sache auf den Grund. Alf hatte als Klingelton einen Hahnenschrei vom Handy kopiert, saß auf seiner Terrasse und drückte immer nur auf den Knopf, strahlte eingedenk seiner Ausbildung als Toning. mit 5000 w zielgerichtet den Hahnenschrei auf Lottchens Haus aus. Das wiederum heizte Lottis Hahn noch mehr an. Und wieder rückte die Polizei aus Pylos an. Die armen Schweine. Da soll sich bei der Belastung noch einer aufregen, dass die bis vor kurzem mit Mitte dreißig in Rente gehen konnten. Alfons indes hatte zum Zeitpunkt des Erscheinens der Staatsmacht noch einen daraufgesetzt. Er unterbrach den Hahnenschrei mit einem ostmärkischen Hit aus der völkischen Musikszene. Jodeln und dann der Text: "Der Gockel is do".

      Justament als die Polizei anrückte drückte er aufs Knöpfchen. Die machten ihm schon ziemlich genervt unmissverständlich klar. Hähne dürfen auf dem Land krähen, elektronische Hähne nicht und zu Alfons Musikgeschmack fanden die einfach keinen Draht. Alle dachten, Alfons gäbe auf. Ein paar Tage später legte Alfons nach. Tagelang lief ich durch mein Haus. Rund um die Uhr hatte ich einen Pfeifton im Ohr. Ich ging von Tinitus aus. Die Idee meine EX anzurufen lag nahe. Psychologin. Hatte mich die Wiener Krankheit gar angesteckt? Lottchens Chivavas kläfften rund um die Uhr. Ich dachte, ich knall durch. Die Lösung: Alfons beschallte uns flächendeckend mit Ultraschall und hatte, wie auch immer, einen Nachbarn dazu gebracht mitzumachen und auch bei ihm Lautsprecher installiert. Wieder rückten die Bullen aus Pylos aus. Alf musste seine Ultraschallwaffe umgehend abbauen. Lottis ganze Familie litt an Kopfschmerzen, Übelkeit, Diabetes (möglicherweise eingebildet) und allen möglichen Krankheiten. Jetzt war die West Nord Westfront am Zuge. Lottchen zeigte Alfons wegen seiner illegalen Waffen an, die er ihr vor Jahren stolz gezeigt hatte. Bei wem wurde er angezeigt?

      Natürlich bei den armen Kerlen in Pylos. Dazu muss man sagen: Jagdwaffen sind in Griechenland weniger ein Problem, aber bei Kurzwaffen versteht man hier keinen Spaß. Dann ging die Sache Schlag auf Schlag. Der nächste Morgen. Ich saß auf der Terrasse, trank nen Ouzo und blickte verträumt in die Ferne. Zwei Berge weiter quälte sich eine Fahrzeugkolonne über den Feldweg Richtung Alfons. Zwei Polizeijeeps, zwei Zivilfahrzeuge und eine grüne Minna hinterher. Es war Punkt neun. Alfs Frühstückszeit. Da sitzt er jeden Morgen an seinem Pool und frühstückt exakt das Gleiche: Zwei Eier im Glas, zwei Scheiben Kümmelbrot aus dem Backautomaten( österreichische Backmischung aus dem Billa Markt), Blauschimmelkäse und Tee. Dazu trägt er elegant eine Badehose. Und genau