Detlef Wolf

Geschwisterliebe


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Ihr beiden, jetzt wollen wir mal nach der Musik sehen“, sagte Stephan, nachdem sie die Spuren ihres Festmahls beseitigt hatten.

      Im Wohnzimmer zog er eine Schublade mit den CDs auf und nahm eine Scheibe heraus. „Ich nehm jetzt einfach mal eine. Was das alles ist, erzähl ich Euch nachher. Aber zuerst gucken wir uns mal die Geräte an. Geduldig erklärte er ihnen die Bedienung der verschiedenen Geräte.

      „Ganz schön kompliziert“, meinte Nicole am Ende. „Aber ich glaub, wir haben’s kapiert. “Sie sah ihren Bruder an.

      Kevin nickte.

      „Natürlich“, meinte Stephan. „Ihr seid ja nicht blöd. Ganz im Gegenteil. Aber jetzt zu den CDs. Die DVDs mit den Filmen brauch ich ja nicht zu erklären. Was das für ein Film ist, steht ja drauf. Aber bei der Musik ist das was anderes. Da steht’s zwar auch drauf, aber man muß schon wissen, was für eine Art Musik das ist.“

      Schublade für Schublade ging er mit ihnen durch, zeigte ihnen die verschiedenen Gattungen von Musik und spielte ihnen immer wieder Beispiele vor. Es war eine sehr gemütliche Runde. Selbst die Katzen kamen herein und machten es sich auf den Sesseln der anderen Sitzgruppe bequem. Stephan und die Kinder saßen derweil auf dem Fußboden und hatten eine ganze Reihe von CDs zwischen sich ausgebreitet. Gebannt hörten sie zu, was er ihnen erklärte. Sie waren wirklich interessiert, stellten Fragen und wollten immer noch mehr Beispiele hören. Irgendwann unterbrach Stephan allerdings seinen Vortrag. Er legte seine Hand auf Nicoles nackten Oberschenkel.

      „Du, Mäuschen, kannst Du mir einen Gefallen tun? Sei doch so lieb und zieh Dir rasch ein Höschen an. Du siehst zwar ganz bezaubernd aus, aber irgendwie irritiert mich das doch, wenn Du so gar nichts anhast unter Deinem Röckchen.“

      Sie bekam einen roten Kopf. „Tut mir leid, Stephan. Aber ich hab mir nichts dabei gedacht.“

      Stephan nahm ihre Hand. „Das weiß ich doch, und es muß Dir auch nicht leid tun. Es ist nur so, daß Du ein ziemlich aufregendes Mädchen bist.“

      „Aber Du darfst mich doch ruhig immer ansehen. Du tust mir doch nix.“

      „Eben, mein Schatz. Und damit das auch so bleibt, ziehst Du Dir jetzt besser mal ein bißchen was an. Den Rock kannst Du ja meinetwegen weglassen. Mit der Zeit gewöhn ich mich sicher dran, wenn Du gar nichts anhast, aber im Moment macht mich das noch ziemlich nervös. Okay?“

      Während Nicole in ihr Zimmer ging, um sich umzuziehen, sprach Stephan mit Kevin weiter über die Musik. Seltsamerweise interessierte sich der Junge sehr für die klassische Musik. Insbesondere die Klavierkonzerte hatten es ihm angetan.

      „Darf ich mir das auch mal ganz anhören?“ fragte er vorsichtig.

      Stephan strich ihm liebevoll über den Kopf. „Natürlich mein Junge. Wann Du willst und so oft Du willst. Hier oder oben in Deinem Zimmer. Da gibt’s nämlich auch eine Musikanlage. Hast Du sicher schon gesehen. Die funktioniert genauso wie die hier unten.“

      „Weißt Du, das mit dem Klavier find ich so toll“, schwärmte er. „Das würd ich auch gern können.“

      Stephan legte ihm den Arm um die Schultern. „Hör’s Dir erstmal an. Und wenn Du dann wirklich willst, dann sehen wir mal, ob Du Klavierstunden nehmen kannst. Das Instrument steht ja hier.“ Er deutete auf den großen Flügel, der im Wohnzimmer stand.

      Nicole kam zurück und setzte sich wieder. Sie trug jetzt, wie ihr Bruder auch, einen Slip und ein T-Shirt. „Besser?“ fragte sie.

      Stephan nickte. „Jetzt siehst Du immer noch ganz, ganz süß aus, Mäuschen, aber nicht mehr ganz so aufregend.“

      Er tätschelte wieder ihren Oberschenkel. Sie lächelte ihn an. „Soll ich Dir sagen, was mir gefällt?“

      „Ja, mach mal“, antwortete Stephan.

      Nicoles Geschmack war etwas moderner. Obwohl das was ihr gefiel auch schon ein wenig in die Jahre gekommen war.

      „Das ist so eine Richtung“, erklärte Stephan. „Glenn Miller, Count Baisey, Benny Goodman, und dann hier, Frank Sinatra, Sammy Davis Junior und Dean Martin. ‚The Rat Pack’ hat man die drei genannt, weil sie oft zusammen aufgetreten sind und wahnsinnig tolle Shows gemacht haben, so daß die Leute völlig aus dem Häuschen geraten sind. In Las Vegas war das, in den USA. Oder in New York, in der Radio City Music Hall.“

      „Das ist der echte Wahnsinn“, sagte Nicole. „Da kann man überhaupt nicht mehr stillsitzen und kriegt echt gute Laune, wenn man das hört.“

      Stephan lachte. „Dann solltest Du’s Dir vor allen Dingen anhören, wenn Du mal nicht so gut drauf bist.“

      „Dann brauch ich mir’s nie anzuhören“, meinte sie. „Bei Dir ist man immer gut drauf.“

      Stephan zog sie zu sich heran und nahm sie in den Arm. „Du bist so ’ne Süße, mein Mäuschen, weißt Du das?“ Dann sah er Kevin an und nahm ihn in den anderen Arm. „Und Du auch, Großer. Ihr beiden seid wohl so ziemlich das Beste, was mir passieren konnte.“

      Er hielt sie eine Weile fest, bevor sie sich wieder der Musik zuwandten. Irgendwann merkte er, daß Kevin immer stiller wurde. Erschrocken stellte er fest, daß der Junge ganz blaß geworden war. Er zog ihn wieder zu sich heran. „Ich glaub, Du gehst jetzt mal besser ins Bett, mein Junge. Du siehst ja ganz blaß aus.“

      Kevin nickte. „Kommst Du mit?“ bat er leise.

      Stephan sah ihn an. „Na klar.“ Er legte ihm den Arm um die Schultern und brachte ihn in sein Zimmer. „War ’n bißchen viel für Dich heute, was?“ Er zog dem Jungen das T-Shirt aus. „Soll ich Dich noch schnell eincremen?“

      Wieder nickte Kevin bloß. Er zog seine Unterhose aus und beugte sich nach vorne. Stephan cremte ihn mit der Wundsalbe ein.

      „Das sieht aber schon gar nicht mehr so schlimm aus“, stellte er fest.

      „Es tut auch kaum noch weh.“

      „Und die Striemen hier?“ Stephan verteilte die Salbe auf dem Rücken und der Brust des Jungen.

      „Die auch nicht.“

      Als er im Bett lag, streckte er die Hand nach Stephan aus. Stephan nahm sie und setzte sich zu ihm aufs Bett. „Was gibt’s denn noch?“

      „Danke, Stephan“, sagte der Junge. „Für alles.“

      Stephan streichelte sein Gesicht. „Schon gut, mein Junge. Und jetzt schlaf mal schön, damit Du mir schnell wieder gesund wirst.“

      Noch einmal strich er ihm über den Kopf, dann stand er auf und ging hinaus. Kevin schaltete das Licht aus und wickelte sich in seine Decke. Er weinte. Vor Glück.

      Nicole hatte inzwischen aufgeräumt. „Ich glaub, ich geh jetzt auch ins Bett“, sagte sie, als Stephan ins Wohnzimmer zurückkam.

      „Mach das, Mäuschen. Soll ich Dich auch bringen?“

      Sie nickte. „Wenn’s Dir nichts ausmacht. Ich müßte auch noch eingecremt werden. Wenn Du das machen könntest, weil Kevin doch jetzt schon im Bett liegt.“

      Stephan schüttelte den Kopf. „Wenn’s mir nichts ausmacht“, wiederholte er, was sie gesagt hatte. „Wie Du redest. Natürlich macht’s mir nichts aus. Jetzt komm schon, Du Maus, bevor die beiden Raubtiere da Dich kriegen.“

      Nicole lachte. Stephan klatschte in die Hände. „Raus hier, Ihr beiden“, rief er. Die beiden Katzen stoben davon. Stephan nahm Nicoles Hand. Er schloß die Wohnzimmertür hinter sich und ging mit ihr die Treppe hinauf. Die Katzen saßen in der Halle und beobachteten sie.

      „Was wird jetzt mit denen?“ fragte Nicole.

      „Och die verziehen sich gleich, wenn’s hier nichts mehr zu sehen gibt“, antwortete Stephan. „Dann gehen sie raus und versuchen, richtige Mäuse zu fangen.“

      Nicole zog sich gleich aus, als sie in ihrem Zimmer ankamen.

      „Daß