den Betroffenen selbst so wahrgenommen, genauso, wie es sich bei jeder anderen plastischen Operation verhält. Würde die Gesellschaft die Betroffenen so akzeptieren, wie sie geschaffen sind, würde ihnen viel Leid erspart. Denn meist sind es gerade der Druck, akzeptiert werden zu wollen, und die Diskriminierung durch die Gesetzgebung, die nur die Mann-oder-Frau-Registrierung kennt, die erst die Probleme wie Unzufriedenheit bis hin zu Hass, Ekel und Abscheu gegen den eigenen Körper auslösen und damit den Entschluss für eine Geschlechtsoperation noch begünstigen. Ob die Betroffenen über mögliche psychische Störungen bis hin zu Depressionen als Folge einer Operation ausreichend informiert sind, interessiert anscheinend niemanden wirklich. Die traurige Bilanz, dass die Selbstmordrate bei Transsexuellen erheblich höher liegt als bei den übrigen suizidgefährdeten Personen, ist ein klares Indiz dafür. Eine Mitschuld trägt nebst den religiösen Fanatikern auch die Humanmedizin mit ihren teilweise unsinnigen Theorien, die bereits erwähnt wurden. Die Akzeptanz von Transsexuellen entspräche nicht nur sozialer Gerechtigkeit, sondern stellte zudem eine Bereicherung dar. Es ergäben sich sozusagen bunte Farbtupfer im Schwarz-Weiß-Gemälde unserer Gesellschaft. Dass diese Toleranz möglich ist, beweist die Praxis in liberal denkenden Zivilisationen wie beispielsweise in Thailand.
Seit geraumer Zeit werden immer wieder Bemühungen unternommen, die berühmte Mona Lisa von Leonardo da Vinci als Mann zu „entlarven“. Neulich sah ich in einem TV-Beitrag eine Animation, die mithilfe von Röntgenstrahlen und modernsten Instrumenten beweisen wollte, dass es sich tatsächlich um einen Mann handelt. Die Direktion des Louvre in Paris, wo das Gemälde aufbewahrt wird, tat dies vehement als völligen Unsinn ab. Was aber, muss man sich fragen, spricht denn dagegen, eine solche Erkenntnis anzuerkennen? Würde das Werk etwa plötzlich an Wert verlieren? Könnte es nicht sein, dass der künstlerische Wert sogar gesteigert würde? Beobachtet man noch den unverhohlen respektlosen Journalismus in manchen Modemagazinen, den beleidigenden Umgang von Juroren einer bekannten deutschen Castingshow mit den Kandidaten und zu guter Letzt noch die primitiven Kommentare im Internet, muss man sich nicht wundern, wenn Vorurteile gegen Minderheiten noch geschürt werden. Hier spiegelt sich das Denken der Mehrheit unserer Gesellschaft. Ist das im Sinne der Presse- und Meinungsfreiheit? Wo bleiben da der Gerechtigkeitssinn, das Gesetz gegen Diskriminierung und der Schutz der Betroffenen? Sind Menschenrechte eine Einbahnstraße und nur für jene geschaffen, die den bestmöglichen wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen? Es scheint so, wenn man die derzeitige Weltpolitik betrachtet.
Das Phänomen
Transsexualität ist nicht eine unbedeutende Seltenheit. Eine holländische Studie, eine der zuverlässigsten, besagt, dass auf 10 000 Personen ein Transsexueller mit psychisch weiblicher Identität und auf 30 000 ein solcher mit psychisch männlicher Identität kommt. Die Studien gehen allerdings von den konkreten Zahlen der Operierten und Operationswilligen aus. Nimmt man an, dass sich nur etwa ein Drittel bis höchstens die Hälfte der Betroffenen zu einer Operation entschließt, ist einfach zu erkennen, dass die Anzahl der Transsexuellen weit höher liegen muss. Des Weiteren ist festzustellen, dass die Anzahl Transsexueller mit weiblicher Identität und männlichen Geschlechtsmerkmalen die Zahl derer mit männlicher Identität und weiblichen Geschlechtsmerkmalen übertrifft im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel.
Ursachen
Dass die Ursachen für Transsexualität bis heute weitgehend unbekannt sind, ist meines Erachtens auf zwei Gründe zurückzuführen: Zum einen ist es die Forschung in der Humanmedizin, die nur die physische Substanz als den wahren Menschen betrachtet und die Psyche sozusagen als integrierten Bestandteil des organischen Gehirns sieht. Würde man sich einmal die Mühe geben, die Verhaltensweisen und Bewegungsabläufe, wie oben beschrieben, näher in Betracht zu ziehen, müsste man auch in diesen Wissenschaftskreisen zur Kenntnis gelangen, dass die Annahme, die Psyche sei integrierter Bestandteil des organischen Gehirns, nicht stimmen kann. Denn Psychotiker, als die Transsexuelle noch heute oft abgestempelt werden, könnten unmöglich all diese, der geschlechtsgebundenen Anatomie widersprechende Verhaltensweisen willentlich nachahmen.
Der zweite Grund liegt in der psychiatrischen Beurteilung, die zwar die Psyche als etwas Eigenständiges sieht und deshalb davon ausgeht, dass eben die Anatomie angepasst werden müsse. Sie anerkennt den Wunsch der „Patienten“ als substanzielles Bedürfnis an, gleichzeitig aber bedenkt sie nicht, dass dies keine befriedigende. Lösung sein kann. Auch sie sieht Transsexualität als eine Art Krankheit oder Störung im Verlaufe der Entwicklung des physischen Körpers, die es zu korrigieren gilt. Oft ist es auch nur die Hilflosigkeit gegenüber dem Phänomen, weshalb die Psychiatrie dem Wunsch nach einer sogenannten Geschlechtsanpassung zustimmt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass auf diesem Weg keine wirkliche Antwort gefunden werden kann, weder seitens der Humanmedizin noch der Psychiatrie. Eigenartigerweise werden Hermaphroditen nicht als psychisch krank, sondern als Opfer eingestuft, denen die Natur offenbar aus einer unerklärlichen Laune heraus einen Streich gespielt hat und den es schleunigst operativ zu korrigieren gilt. Das Resultat dessen kennen wir. Das Erstaunliche ist nur, wie ich immer wieder betonen muss, dass weder grundlegende Einsicht noch Erkenntnisse über den Menschen als Gesamtheit erworben wurden.
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Eine Erklärung zu diesem Phänomen könnte in der Theorie der Wiedergeburt zu finden sein. Der Buddhismus beispielsweise lehrt die Wiederverkörperung der Seele nach dem Tod, um sich vom angesammelten schlechten Karma zu befreien. Das schlechte Karma entsteht durch schlechte Taten und den unlauteren irdischen Lebenswandel, hervorgerufen durch negative Emotionen wie Hass, Zorn, Eifersucht, Neid, Habgier etc. Nun kann der Mensch durch gute Taten und einen lauteren Lebenswandel gutes Karma ansammeln und damit das schlechte abbauen. Emotionen sind in der Seele angesiedelt. Somit werden sowohl das schlechte als auch das gute Karma sowie alles sinnlich Empfundene als Erinnerung im geistigen Menschen, der Seele, gespeichert. Überwiegt jedoch das schlechte Karma, was nach dem ersten Lebensdurchlauf meist der Fall ist, kann der Mensch in neuen Verkörperungen dieses tilgen.
Um jedoch kein falsches Bild entstehen zu lassen, muss berücksichtigt werden, dass der Begriff „schlechtes“ Karma nicht notwendigerweise etwas Böses meint. Schlechtes Karma steht ebenso für die Taten, die nicht gut sind, also nicht dem Fortschritt des geistigen Menschen dienen. So gesehen wäre der Begriff „negatives“ Karma meines Erachtens zutreffender, wobei zu berücksichtigen ist, dass das schlechte oder negative Karma unterschiedlich schwer wiegt. Die Ausführung eines schweren Verbrechens beispielsweise wird nicht ebenso negativ bewertet wie das Nichtverhindern desselben. Auch spielt eine Rolle, ob die Tat vorsätzlich durch Triebe motiviert war oder im Affekt verübt wurde.
Ein Hinweis für die Existenz des seelischen Erinnerungsvermögens liefern auch die Phantomschmerzen (siehe ausführliche Beschreibung in meinem Buch „Glück ist kein Zufall, das Unglück auch nicht, 3. Kapitel: „Die geistige Haltung und die Gesundheit“). Darin habe ich den schweren Unfall eines meiner Freunde beschrieben, dem nach einem schweren Unfall ein Arm amputiert werden musste und der jetzt, Jahre danach, an diesem Arm oft starke Schmerzen des Unfalls verspürt; an dem Arm also, der gar nicht mehr da ist. Ein weiteres Phänomen ist, dass er manchmal ebenso die Schmerzen an demselben Arm verspürt, die bei einem früheren Unfall zugefügt wurden, wobei ihm dieser Arm mehrfach gebrochen worden war. Wie ist also so etwas möglich, wenn nicht durch die gespeicherten Erinnerungen im geistigen Menschen, in der Seele? Und weshalb, sei die Frage erlaubt, bringen die medizinischen Behandlungsmethoden nicht den gewünschten Erfolg, die auf der Theorie von Irritationen der abgetrennten Nerven und deren Falschinformationen an das organische Hirn fußen? Würde diese Theorie stimmen, wären schlechtestenfalls die Schmerzen des amputierten Arms fühlbar, niemals jedoch diejenigen des ersten Unfalls, da ja seit der Amputation keine organischen Verbindungen mehr zum früheren Ereignis bestehen.
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Der nachfolgende Text ist ein vereinfachter, auf ein Minimum beschränkter Umriss, um das Thema Wiedergeburt aus anthroposophischer Erkenntnis verständlicher zu machen. Die anschließenden Fragen sind hypothetisch gestellt und sollen die Leserin und den Leser zum Nachdenken animieren.
Auch die Anthroposophie lehrt die Wiedergeburt, die Wiederverkörperung als Weg zur Tilgung des Karmas, um höhere Stufen des Geistes zu erlangen. Im Gegensatz zur einfachen buddhistischen Lehre präzisiert die anthroposophische Lehre